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  • Frau steckt Ärztin Geld für die Manipulation ins Hemd
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Manipulation in der Wissenschaft

Jährlich werden Hunderte von wissenschaftlichen Veröffentlichungen ohne Begründung zurückgezogen. Während es sich bei vielen Studien aus der Biomedizin um Flüchtigkeitsfehler handelt, weisen andere ein hochgradiges wissenschaftliches Fehlverhalten auf. Was verleitet Wissenschaftler zu solchen Datenfälschungen? Welchen Studien kann man vertrauen?

Aktualisiert: 05 März 2023

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Betrug in der Wissenschaft: Hunderte gefälschte Studien

Manchmal hören wir von Studienergebnissen, die uns an unserem gesunden Menschenverstand zweifeln lassen. Altbekanntes wird plötzlich umgekehrt oder erscheint schier unlogisch und nicht nachvollziehbar. Andere Studienergebnisse und Statistiken nehmen wir wiederum fraglos hin, schliesslich handelt es sich um Wissenschaft.

Die Wissenschaft bemüht sich um Fakten und Beweise. Oder etwa nicht? Wie vertrauenswürdig sind wissenschaftliche Studien wirklich? Wie gross ist der Spielraum zwischen Wahrheit und Betrug, wenn wirtschaftliche Interessen, persönliche Vorteile und der damit verbundene Publikationszwang ins Spiel kommen?

Das Fachmagazin Nature machte bereits im Jahr 2011 darauf aufmerksam, dass jährlich etwa 300 wissenschaftliche Publikationen zurückgezogen werden. Als Begründung werden zumeist Flüchtigkeitsfehler angegeben. Tatsächlich soll es sich jedoch in vielen Fällen um bewusste Fälschungen von Daten aus wirtschaftlichen Motiven handeln.

Hinter manipulierten Ergebnissen stecken häufig Forschungsförderungen in Millionenhöhe. Anstatt für solche Geldgeschäfte jedoch angemessene Strafen zu erhalten, müssen überführte Wissenschaftler mehrheitlich nicht einmal Stellung beziehen und dürfen sogar ihre Tätigkeit weiter ausüben. Wie kann das sein?

Untersuchung deckt wissenschaftliche Fälschungen auf

Die vielen abgelehnten bzw. zurückgezogenen wissenschaftlichen Berichte insbesondere aus dem biomedizinischen Bereich werfen Fragen auf. Dr. Arturo Casadevall vom New Yorker Albert Einstein College of Medicine, Dr. Ferric C. Fang von der University of Washington und R. Grant Steen von der University of North Carolina gingen den Ursachen auf den Grund.

Ihre Analyse, die in der Fachzeitschrift Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS) veröffentlich wurde, umfasste insgesamt 2.047 Artikel, die von Fachmagazinen abgelehnt oder von Forschern selbst zurückgenommen wurden. Drei Viertel dieser Artikel liessen ein eindeutiges wissenschaftliches Fehlverhalten erkennen. Bei 158 Arbeiten handelte es sich jedoch nicht nur um Flüchtigkeitsfehler, sondern um vorsätzliche Täuschungen aus finanziellen Beweggründen.

In einer Presseerklärung kritisierte Dr. Casadevall die manipulierten Daten als Reflektion einer falschen wissenschaftlichen Moral. Die Wissenschaft sei von einer Kultur durchdrungen, welche die Veröffentlichung von Artikeln in wichtigen Fachzeitschriften mit hohen Geldsummen, Forschungsmitteln, leitenden Positionen und weiteren Vergünstigungen belohnt.

Gefährlich würde es dann, wenn beispielsweise Medikamente vermarktet werden, deren Sicherheit auf falschen Befunden basieren. Für Patienten könnte die Einnahme solcher Arzneimittel fatale Folgen haben.

Milde Strafen für überführte Wissenschaftsbetrüger

In dubiose Forschungsarbeiten war auch der Wissenschaftler Dr. Boris Cheskis verwickelt. Cheskis arbeitete für das Forschungszentrum eines Pharmaunternehmens und publizierte mit seinen Kollegen zwei Arbeiten über den Nutzen von Östrogen-Therapien.

Die Erkenntnisse dieser Studie stiessen in wissenschaftlichen Kreisen auf Widerspruch. Als die kritischen Fragen zu laut wurden, zogen Cheskis und sein Forschungsteam ihre beiden Veröffentlichungen zurück - mit der Begründung, dass einige ihrer Daten nicht „belastbar“ seien. Das United States Department of Health and Human Services drückte diesen Umstand vor zwei Jahren drastischer aus: Cheskis habe die erhobenen Zahlen und Daten bewusst gefälscht.

Die Ungeheuerlichkeit besteht darin, dass Cheskis sich weder für sein wissenschaftliches Fehlverhalten rechtfertigen noch die bereits bewilligten Forschungsgelder zurückzahlen musste. Cheskis kassierte mit den gefälschten Daten nicht nur unrechtmässig Geld, sondern spielte auch mit der Gesundheit unzähliger Frauen, die derartige zweifelhafte Östrogen-Präparate einnahmen.

Anstatt jedoch suspendiert zu werden, musste sich der Wissenschaftler lediglich bereit erklären, zwei Jahre lang nicht in beratender Funktion für den United States Public Health Service tätig zu werden und seine Forschungsprojekte einer Aufsicht zu unterstellen.

Auch in Europa wurden derartige wissenschaftliche Machenschaften bekannt. Die holländischen Medien berichteten im September letzten Jahres von einem Skandal um Diederik Stapel von der Universität von Tilburg. Der renommierte Sozialpsychologe soll sich mit falschen Daten Forschungsgelder in Höhe von 2,2 Millionen Euro von der Regierung erschlichen haben.

Während Stapel nach Abschluss der polizeilichen Untersuchungen eine Gefängnisstrafe droht, kommen amerikanische Wissenschaftler meist glimpflicher davon.

Kaum Schuldsprüche gegen Wissenschaftsfälscher

Tatsächlich wurden im Laufe der vergangenen Jahre lediglich zwei Gefängnisstrafen gegen amerikanische Wissenschaftler verhängt. Der Anästhesist Scott Reuben soll unzählige Patientendaten gefälscht haben. Mindestens 21 seiner Studien gelten als manipuliert.

Finanziert wurden Reubens Forschungsarbeiten zu grossen Teilen von einem bestimmten Pharmakonzern. Es mag nicht überraschen, dass diese Studien die Wirksamkeit zweier Schmerzmittel aus den dazugehörigen Laboren bestätigen. Der Betrug flog im Frühjahr 2009 auf und Reuben wurde zu einer relativ milden Haftstrafe von sechs Monaten verurteilt.

Der Wissenschaftler Eric Poehlman von der University of Vermont, der sich auf dem Gebiet Fettsucht und Alterungsprozesse einen Namen gemacht hatte, brachte es mit frei erfundenen Daten zu Forschungsgeldern in Höhe von 2,9 Millionen Dollar.

Dank der Gewissenhaftigkeit eines Laborassistenten konnte Poehlman im Jahr 2006 überführt werden. Trotz der schweren Anschuldigungen der Staatsanwaltschaft, Poehlman hätte sich persönlich mit den Forschungsgeldern bereichern wollen, verbrachte der Wissenschaftler nicht mehr als ein Jahr und einen Tag hinter Gittern. Staatsanwalt David V. Kirby erklärte:

Dr. Poehlman hat in betrügerischer Absicht Millionen von Dollars abgezweigt. Damit standen mehrere Millionen Dollar für valide wissenschaftliche Forschungszwecke nicht mehr zur Verfügung. Wie das hier gefällte Urteil beweist, wird ein solches Verhalten seitens der Regierung nicht mehr toleriert.

Die Analyse von Casadevall und seinen Kollegen kann diese Aussage nicht bestätigen. Schuldsprüche gegen Wissenschaftler wie Poehlman und Reuben sind nach wie vor die Ausnahme. Diese Handhabung ist mit Sicherheit auch ein Grund dafür, weshalb noch immer unzählige gefälschte Studien an die Öffentlichkeit gelangen.

Welche Studien sind vertrauenswürdig?

Die Bewertung der Rechtmässigkeit wissenschaftlicher Studien dürfte vielen Lesern schwer fallen. Natürlich kann man ein Augenmerk auf den entsprechenden Auftrag- und Geldgeber richten, um die Unabhängigkeit der entsprechenden Studie besser einschätzen zu können – doch sicher kann man sich nie sein, ob eine Studie nun richtige oder falsche Ergebnisse beinhaltet.

Es ist jedoch bestimmt nicht falsch, sich seinen gesunden Menschenverstand und das Vertrauen auf Erfahrungswerte zu bewahren. Seien Sie kritisch und hinterfragen Sie die Dinge!

Die Menschheit verlernt leider immer mehr, sich auf Werte wie den gesunden Menschenverstand oder das so genannte Bauchgefühl zu verlassen – obwohl uns diese in vielen Fällen richtig leiten würden. Stattdessen vertrauen viele Menschen nur noch auf wissenschaftlich belegte Fakten.

Die Wissenschaft ist an sich nicht schlecht, solange sie unabhängig eingesetzt wird. Sie kann unter bestimmten Umständen mit Sicherheit eine Bereicherung für die Menschen darstellen – solange wir sie nicht ohne nachzudenken mit Wahrheit gleichsetzen. Wissenschaftler sind Menschen und Menschen machen bekanntlich Fehler (was diese nicht entschuldigen soll). Menschen haben subjektive Empfindungen, persönliche Interessen und nehmen Dinge unterschiedlich wahr. Dies sollte man niemals ausser Acht lassen.

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Dieser Artikel wurde auf Grundlage (zur Zeit der Veröffentlichung) aktueller Studien verfasst und von MedizinerInnen geprüft, darf aber nicht zur Selbstdiagnose oder Selbstbehandlung genutzt werden, ersetzt also nicht den Besuch bei Ihrem Arzt. Besprechen Sie daher jede Massnahme (ob aus diesem oder einem anderen unserer Artikel) immer zuerst mit Ihrem Arzt.