Zentrum der Gesundheit
  • Avocadokerne essbar oder schädlich?
9 min

Avocadokerne: Sind sie essbar oder schädlich?

Lange las man, dass Avocadokerne zum Wegwerfen viel zu schade seien. Man solle sie stattdessen essen. Jetzt heisst es, sie seien giftig. Sind sie nun essbar oder sind sie schädlich?

Fachärztliche Prüfung: Dr. med. Jochen Handel
Aktualisiert: 21 Januar 2024

Kostenlosen Newsletter abonnieren

Mit Ihrer Anmeldung erlauben Sie die regelmässige Zusendung des Newsletters und akzeptieren die Bestimmungen zum Datenschutz.

Sind Avocadokerne gesund?

Das Fruchtfleisch der Avocado soll aufgrund des hochwertigen Fettes sehr gut für die Herz-Kreislauf-Gesundheit sein – und das Avocadoöl wird erfolgreich bei Hauterkrankungen eingesetzt. Ein besonderer Avocadoextrakt (ASU) ist ausserdem als Nahrungsergänzung gegen Arthrosebeschwerden auf dem Markt. (Mehr dazu lesen Sie hier: Avocadoextrakt ASU hemmt Knorpelabbau und fördert Knorpelaufbau bei Arthrose)

Bis vor kurzem las man zudem im Netz, dass man auch die Avocadokerne unbedingt essen und keinesfalls wegwerfen solle. Denn sie seien unglaublich gesund. Inzwischen hat sich das Blatt gewendet und nun wird vor dem Verzehr der Avocadokerne gewarnt. Was ist also dran am Avocadokern? Ist er gesund oder eher schädlich?

Sind Avocadokerne tatsächlich so nährstoffreich?

Hauptargument für den Verzehr des Avocado Kerns ist im Allgemeinen, dass er der nährstoffreichste Teil der ganzen Frucht sei. Das stimmt zwar auch, ist aber keine Besonderheit, denn der Samen einer Frucht ist grundsätzlich nährstoffreicher als das jeweilige Fruchtfleisch.

Wenn also überall der Satz erscheint, dass der Avocadokern 70 Prozent der Aminosäuren der gesamten Frucht enthalte, so ist das völlig normal, da der Samen immer einen sehr viel höheren Proteingehalt als das Fruchtfleisch aufweist – ob man nun den Wassermelonenkern betrachtet, den Kürbiskern oder den Birnenkern.

(Falls Sie gerade Lust auf ein cremiges Avodadorezept haben, dann finden Sie im folgenden Link alle unsere Rezepte mit Avocados - köstlich, pflanzlich und gesund!)

Diese 10 Vorteile soll der Avocadokern haben

Dem Avocadokern werden sehr viele gesundheitliche Vorteile nachgesagt. Einige davon werden auch in einer Studie ( 3 ) aus dem Jahr 2013 aufgeführt. Forscher der Pennsylvania State University schrieben seinerzeit, dass der Avocadokern laut damals aktueller Untersuchungen einen hohen Cholesterinspiegel, Bluthochdruck, entzündliche Erkrankungen und Diabetes bessern könne. Zusätzlich verfügten die Kerne über antimikrobielle Eigenschaften und enthielten insekten- und pilzabwehrende Substanzen.

Im Internet findet man hingegen Listen wie diese: Der Avocadokern...

  1. Ist reich an Antioxidantien
  2. Beugt Krebs vor
  3. Heilt Verdauungsbeschwerden
  4. Senkt den Cholesterinspiegel und beugt damit Herz-Kreislauf-Erkrankungen vor
  5. Verhindert Heisshungerattacken und hilft beim Abnehmen
  6. Reguliert den Blutzuckerspiegel
  7. Wirkt entzündungshemmend
  8. Verbessert die Hautgesundheit
  9. Hemmt Pilzinfektionen
  10. Ist eine sehr gute Kaliumquelle

Manche Aussagen sind zweifellos wahr (z. B. reich an Antioxidantien), andere hingegen sind kaum belegt und vermutlich reine Schlussfolgerungen. Zwei Beispiele dazu:

  1. Da der Kern antioxidantienreich ist und entzündungshemmende Stoffe enthält ( 1 ) ( 2 ), geht man davon aus, dass er Krebs vorbeugt und dem Herz-Kreislauf-System nützt.
  2. Da der Avocadokern zudem ballaststoffreich ist, vermutet man, er müsse auch gut für den Darm sein sowie Heisshungerattacken bremsen können und folglich beim Abnehmen helfen.

Konkrete Studien gibt es dazu aber nicht, schon gar nicht am Menschen. Meist sind es Untersuchungen an Zellkulturen. Vereinzelt existieren auch Tierstudien. So z. B. die folgende:

Der Avocadokern senkt Cholesterin, ist aber u. U. giftig

Im Jahr 2012 ( 7 ) konnte man zeigen, dass der gemahlene Avocadokern bei Mäusen den Cholesterinspiegel bei cholesterinreicher Ernährung senken kann. Der Cholesterinspiegel sank um 33 Prozent (Gesamtcholesterin) und um 39 Prozent (LDL-Cholesterin).

Das Ergebnis blieb dasselbe, ganz gleich ob die Mäuse nun 125, 250 oder 500 mg Avocadokernmehl pro Kilogramm Körpergewicht erhalten hatten. Erhielten die Tiere jedoch knapp 1800 mg des Mehls pro Kilogramm Körpergewicht, starb die Hälfte der Mäuse binnen eines Monats. Die hilfreiche Dosis scheint also von der toxischen Dosis nicht so sehr weit entfernt zu sein.

Cholesterinspiegel besser auf andere Weise senken!

Wahrscheinlich sei es nur der hohe Ballaststoffgehalt im Avocadokern (35 Prozent) – so vermuteten die Forscher in obiger Studie – der gemeinsam mit der antioxidativen Kapazität des Avocadokernpulvers (173,3 μmol TE/g Trockengewicht) den Cholesterinspiegel sinken liess.

Auf einen ganzen Kern von z. B. 30 g Frischgewicht bezogen (entspricht 12 g Trockengewicht = 40 Prozent vom Frischgewicht ( 8 )) wäre das eine antioxidative Kapazität von 2.079 µmol TE pro Avocadokern. Da könnte man aber besser einen kleinen Apfel (100 g) der Sorte Red Delicious (mit Schale) essen, der bereits über 7.700 µmol TE liefert ( 13 ).

Und was die Ballaststoffe angeht, so liegt auch der Apfel gleich hoch mit dem Avocadokern, so dass es im Alltag sinnvoller und gesünder scheint, den Apfel zu verspeisen, der eindeutig weniger zweifelhafte Stoffe enthält als der Avocadokern.

Das Avocadogift Persin

Gewarnt wird im Zusammenhang mit dem Avocadokern im Allgemeinen vor dem Pflanzenstoff Persin ( 12 ), doch nirgendwo findet man Angaben zur konkreten Persinmenge im Avocadokern. Meist heisst es, die Schale der Avocado und die Avocadoblätter enthielten Persin. Vom Kern ist nicht die Rede, was allerdings auch bedeuten kann, dass man seinen Persingehalt noch nicht bestimmt hat. Zudem soll Persin zwar für die verschiedensten (Haus-)Tiere schädlich sein, nicht aber für den Menschen (von Überdosen abgesehen).

Möglicherweise steckt in Persin auch ein gewisses Heilpotential in Sachen Krebs: Im Jahr 2006 entdeckte man in einer Studie ( 10 ) an menschlichen Brustkrebszellen, dass isoliertes Persin – direkt zu den Zellen gegeben – selektiv die Apoptose dieser Zellen einleiten kann, was bedeutet, dass nur bestimmte Zellen – die Krebszellen – vom Persin veranlasst werden, ihr Selbstmordprogramm wieder zu aktivieren und so zu sterben ( 11 ).

Wie viel Persin bzw. Avocadokerne nötig wären, um beim lebenden Menschen einen bestehenden Brustkrebs zu bekämpfen, ist nicht bekannt, auch nicht welche Nebenwirkungen hier u. U. auftauchen könnten.

Viele Wirkstoffe liegen in der Haut des Avocadokerns

Im Jahr 2017 zeigten Forscher der University of Texas Rio Grande Valley in Edinburg ( 9 ), dass der Avocadokern Stoffe enthielt, die Viren bekämpfen könnten, Herzprobleme und sogar Krebs. Doch fanden sie diese Stoffe in der Haut des Kerns und damit in jenem Teil, der gerade von den Avocadokern-Essern oft entfernt wird.

Aufgezählt wurden z. B. Behenylalkohol, Heptacosan und Laurinsäure. Ersteres wird in Medikamenten gegen Viren verwendet, Heptacosan scheint Krebszellen zu eliminieren, und Laurinsäure kennen Sie sicher bereits als wichtige mittelkettige Fettsäure aus dem Kokosöl. Laurinsäure ist jedoch im Kokosöl in sehr viel höheren Mengen enthalten als im dünnen Häutchen des Avocadokerns, so dass man - will man sich mit Laurinsäure eindecken - selbstverständlich Kokosöl isst, aber sicher keinen Avocadokern.

Im Wachs der Kernhaut fand man BHT (Butylhydroxytoluol), jenes eigentlich chemisch hergestellte Konservierungsmittel (für Kosmetika und fettreiche Lebensmittel), das im Verdacht steht, Allergien und Krebs verursachen zu können und daher weder in Naturkosmetik noch in Bio-Produkten Verwendung findet.

Die Mengen dieser Stoffe sind in der Haut eines einzelnen Avocadokerns in sehr geringen Mengen enthalten, so dass man sehr wahrscheinlich weder deren schädliche noch deren nützliche Eigenschaften bemerken wird, wenn man dieses Häutchen mitisst.

Avocadokerne sind eher Heilmittel, weniger Lebensmittel

Forscher der renommierten Pennsylvania State University schrieben schon im Jahr 2013 in ihrer Studie, dass der Avocadokern in den Heimatländern der Frucht schon sehr lange genutzt wird – und zwar eher als Heilmittel denn als Lebensmittel ( 6 ).

Seine Pflanzenstoffe können somit für den Menschen unter Umständen tatsächlich hilfreich sein, doch kennt man – wie oben erklärt – die Grenze zwischen noch nützlicher und schon schädlicher Dosierung nicht.

Sicher spricht nichts dagegen, dann und wann einen Avocadokern zu essen oder das Mehl bei Beschwerden kurweise für ein paar Wochen in kleinen Mengen anzuwenden. Doch würden wir davon abraten, täglich Avocadokerne zu essen. Denn der Avocadokern ist definitiv KEIN Lebensmittel, sondern vielmehr Medizin.

Warum der Avocadokern plötzlich gegessen wird

All die Studien, die derzeit zu Avocadokernen veröffentlicht werden und wurden, sind übrigens nur deshalb durchgeführt worden, weil die Lebensmittelindustrie Möglichkeiten finden will, Müll möglichst gewinnbringend zu verwerten. Denn bei der Avocadoölproduktion fallen tonnenweise Avocadokerne an, die bisher in den Abfall wanderten und für die man nun lohnende Einsatzmöglichkeiten sucht, z. B. indem man einzelne Stoffe daraus isoliert und als Medikament verkauft.

Das Volk aber nimmt diese ersten Studien dankbar auf, bezeichnet den Kern kurzerhand als Superfood und wirft ihn täglich in den Smoothie.

Wie wird der Avocadokern zubereitet?

Falls Sie den Avocadokern dennoch probieren möchten, dann ist das die einfachste Möglichkeit:

  1. Entfernen Sie die feine Haut, die den Kern umgibt, mit einem Messer. Wenn Sie genau die Stoffe haben möchten, die sich in der Haut befinden, dann essen Sie die Haut natürlich mit.
  2. Schneiden Sie den Kern in kleine Stückchen und legen Sie diese Stücke zum Trocknen aus (mind. 3 Tage). Sie können die Stücke auch im Dörrgerät oder im Backofen bei niedriger Temperatur trocknen.
  3. Die trockenen Stücke können jetzt fein gerieben oder gemahlen werden, z. B. im Mixer oder einer entsprechenden Küchenmaschine.
  4. Das Pulver sollte nach Lufttrocknung entweder sofort verbraucht oder ausgebreitet und nachgetrocknet werden. Gemischt wird es am besten in Smoothies, Smoothie Bowls oder Shakes. Sie können es aber auch (in kleinen Mengen) in Crackerteigen oder anderen Gebäckteigen verarbeiten.

Der Kern kann auch frisch verarbeitet werden, getrocknet lässt er sich nur leichter mahlen/reiben.

Wie pflanzt man einen Avocadokern?

Am besten gar nicht! Der Avocadobaum ist in den Tropen und Subtropen zu Hause und erreicht die Grösse eines Walnussbaumes. Wer also keinen mindestens 10-Meter-hohen Wintergarten hat, sollte auch keine Avocadopflanze ziehen – zumindest dann nicht, wenn ihm das Wohlergehen der Pflanze am Herzen liegt. Denn im Blumentopf auf der Fensterbank einer mitteleuropäischen Behausung würde das Bäumchen lediglich mühsam dahin vegetieren und früher oder später eingehen.

Abgesehen davon kann der Kern auch dann keimen, wenn er einfach nur in der Erde liegt, wie jeder andere Samenkern auch. Den typischen Zahnstocher-Wasserglas-Aufwand, der in zig Videos und Artikeln beschrieben wird, kann man sich hingegen tatsächlich sparen. Die Methode ist nicht nur extrem unnatürlich und kompliziert, sie verspricht ausserdem keinen schnelleren Erfolg als das Keimen in der Erde. Bei beiden Varianten muss man mit mehreren Wochen (mindestens vier) bis zu einigen Monaten warten, bis der Kern zu keimen beginnt.

Mit Avocadokernen Kleidung färben 

Avocadokerne enthalten Farbstoffe, die früher in den Heimatländern der Avocado als Tinte zum Schreiben verwendet wurden (3). Man kann damit aber auch ohne grossen Aufwand helle Kleidung und Stoffe in ein wunderschönes Rosa bis Pink einfärben. Pro 500 g Kleidung/Stoff benötigen Sie 3 bis 5 Avocadokerne und einen grossen Kochtopf ( 5 ).

Der zu färbende Stoff wird zuvor mit etwas Natron gewaschen (ohne Waschmittel) und dann noch feucht in den Kochtopf gegeben, in dem man zuvor die Avocadokerne 20 bis 40 Minuten lang geköchelt hat. Der Topf sollte gross genug sein, dass die zu färbenden Stoffe darin Platz haben und vollständig mit Wasser bedeckt werden können.

Man lässt die Stoffe nun mindestens 30 bis 120 Minuten oder auch über Nacht darin liegen – je nachdem, wie intensiv man färben möchte. Anschliessend wird der Stoff gründlich gespült, mit einer milden Seife gewaschen und zum Trocknen aufgehängt. Details zur Vorgehensweise finden Sie unter dieser Fussnote (5) oder anderweitig im Netz.

Sind Avocados überhaupt noch ökologisch vertretbar?

Falls Sie sich von den vielen im Netz kursierenden Artikeln beeinflussen liessen und nun der Meinung sind, Avocados könne man sowieso nicht mehr guten (ökologischen) Gewissens kaufen, dann lesen Sie hier weiter: Avocado: Superfood oder Ökokatastrophe?

Ein Unternehmen in Mexiko – es liegt inmitten einer Avocado-Anbauregion – verarbeitet inzwischen täglich 15 Tonnen Avocadokerne (die andernfalls auf der Mülldeponie landen würden) zu vollständig biologisch abbaubarem Besteck und kompostierbaren Trinkhalmen. Innerhalb von 240 Tagen wird daraus gute Komposterde, während herkömmliches Plastik schätzungsweise 500 Jahre benötigt, bis es sich zersetzt hat ( 4 ).

Fazit: Ist der Avocadokern nun essbar oder schädlich?

Der Avocadokern ist essbar und gleichzeitig schädlich, da es auf die verzehrten Mengen ankommt. In kleinen Mengen könnte der Avocadokern dann und wann verwendet werden, als tägliches Lebensmittel eignet er sich jedoch nicht. Der Avocadokern ist eher Medizin als Lebensmittel.

🌟 Bewerten Sie unsere Arbeit 🌟

Auf unserem Portal Zentrum der Gesundheit haben wir mittlerweile mehr als 2700 Artikel zu zahlreichen Themen rund um Gesundheit, Ernährung und Naturheilkunde veröffentlicht. Wenn Sie Zeit und Lust haben, freuen wir uns über Ihre Bewertung unseres Portals bei Trustpilot.

Wichtiger Hinweis

Dieser Artikel wurde auf Grundlage (zur Zeit der Veröffentlichung) aktueller Studien verfasst und von MedizinerInnen geprüft, darf aber nicht zur Selbstdiagnose oder Selbstbehandlung genutzt werden, ersetzt also nicht den Besuch bei Ihrem Arzt. Besprechen Sie daher jede Massnahme (ob aus diesem oder einem anderen unserer Artikel) immer zuerst mit Ihrem Arzt.