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Ungesunde Darmflora wird vererbt

Wenn sich die Eltern ungesund ernähren, dann betrifft das nicht nur den direkten Nachwuchs, sondern auch die Enkel und Urenkel – so eine Studie, die im Januar 2016 im Fachmagazin Nature veröffentlich wurde.

Fachärztliche Prüfung: Gert Dorschner
Aktualisiert: 03 März 2024

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Ernährung der Oma entscheidet über die eigene Gesundheit

Wen interessiert es schon, wie sich die Grossmutter oder womöglich die Urgrossmutter ernährt hat? Doch kann die Ernährung der Vorfahren die eigene Darmflora dermassen beeinflussen, dass man nun selbst beispielsweise an Allergien, Arthritis, hoher Infektanfälligkeit oder sonstigen chronischen Beschwerden leidet – und zwar ganz gleich, wie gut und gesund man sich selbst auch ernähren mag.

Darmflorastörung wird vererbt – bis mindestens zur 4. Generation

In einer Studie stellten Wissenschaftler der Stanford University School of Medicine fest, dass die typische ballaststoffarme Ernährung in den Industrieländern zu derart gravierenden Mängeln und Gesundheitsstörungen führen kann, dass diese an die nächsten Generationen weiter gegeben, also vererbt werden ( 2 ).

In der vorliegenden Studie hatte sich gezeigt, dass eine ungesunde Ernährung nicht nur die Darmflora beim jeweiligen Menschen aus ihrem gesunden Gleichgewicht bringt, sondern gar zu einem solch irreversiblen Verlust der Bakterienvielfalt im Darm führt, dass diese nun reduzierte Vielfalt an die nächsten mindestens drei bis vier Generationen vererbt wird.

Gesunde Ernährung hilft dann nicht mehr

Sobald einzelne Leitkeime aus der Darmflora vollständig verschwunden (ausgestorben) sind, dann hilft auch die richtige Ernährung nicht mehr, um die Darmflora wieder zu regenerieren und mit den richtigen Darmbakterien zu bestücken – so liess sich aus der Studie erkennen. Offenbar seien von einer nachhaltigen Darmflorastörung (Dysbakterie) bereits viele Menschen aus den industrialisierten Nationen betroffen.

Heutiger Ballaststoffverzehr: Nur 10 Prozent des Ballaststoffverzehrs unserer Ahnen

Mit der immer stärker verarbeiteten Nahrung sank der Ballaststoffverzehr seit Mitte des 20. Jahrhunderts auf etwa 15 Gramm täglich pro Person.

Das aber ist lediglich ein Zehntel jener Ballaststoffmenge, die unsere Ahnen als Sammler und Jäger oder auch später noch als Bauern zu sich genommen haben, erklärt Dr. Justin Sonnenburg, Professor für Mikrobiologie und Immunologie sowie Leiter der Stanford-Studie, die am 13. Januar 2016 im Fachmagazin Nature veröffentlicht wurde ( 1 ).

Ballaststoffe: Nahrung für die Darmflora

Nahezu alle Gesundheitsexperten sind sich mittlerweile darin einig, dass ballaststoffarme Ernährungsweisen ungeeignet sind, um langfristig gesund zu bleiben. Ballaststoffe, die bekanntlich von den Verdauungsenzymen nicht verdaut werden können, sind die Hauptnahrungsquelle der Darmflora. Verständlich, wenn ein eingeschränktes Nahrungsangebot nun auch zu einer stark dezimierten Darmflora führt.

Je gestörter die Darmflora – umso höher das Krankheitsrisiko

Je dezimierter und gestörter aber die Darmflora ist, umso höher ist die Gefahr für chronische Krankheiten nahezu jeder Art. Tausende verschiedener Bakterienstämme leben normalerweise im Dickdarm gesunder Menschen. Ganz ohne diese Bakterien wäre es schwierig, überhaupt am Leben zu bleiben, sagt Dr. Sonnenburg.

Die Darmbakterien vertreiben Krankheitserreger, trainieren das Immunsystem und lenken sogar das Wachstum sowie die Regeneration und Heilprozesse nach Verletzungen und Krankheiten.

In der Darmflora moderner Menschen fehlen manche Bakterienstämme völlig

Auch wenn jeder ungeborene Mensch noch überhaupt keine Darmflora besitzt, ändert sich das während und nach der Geburt sehr schnell. Das Baby nimmt die Bakterien der Mutter und später auch – durch engen Körperkontakt – die der anderen Familienmitglieder auf.

Untersuchungen haben nun ergeben, dass die Vielfalt der Bakterienstämme, die einst die Därme unserer als Sammler und Jäger oder als Bauern lebenden Vorfahren besiedelten, ganz enorm jene Vielfalt der heutigen Durchschnittsdarmflora übertraf. Ja, in der Darmflora des aktuellen Zivilisationsmenschen glänzen zahlreiche Bakterienstämme mit totaler Abwesenheit.

Dabei handelt es sich um Bakterienstämme, die grundsätzlich zur menschlichen Darmflora gehören, also schon immer im Darm unserer Vorfahren gegenwärtig waren – und zwar ganz gleich ob sie in Afrika, Südamerika oder Papua Neuguinea lebten.

Ursachen der verbreiteten Darmflorastörungen

Dr. Erica Sonnenburg (Frau und Forscherkollegin von Dr. Justin Sonnenburg) nennt mögliche Gründe dieser heute so weit verbreiteten Darmbakterienausrottung:

"Der routinierte Einsatz von Antibiotika, immer häufiger durchgeführte Kaiserschnitte und die Entscheidung der Mütter gegen das Stillen sind wichtige Faktoren, die zur beschriebenen so gravierenden Darmflorastörung führten."

Doch scheint der mit Abstand am ausschlaggebendste Grund die ballaststoffarme Ernährung zu sein.

Ballaststoffarme Ernährung führt nach kurzer Zeit zu Darmflorastörungen

In der Studie der Sonnenburgs wurden zwei Probanden-Gruppen eingesetzt. Ursprünglich war ihre Darmflora identisch. Dann aber erhielt eine Gruppe ballaststoffreiche Nahrung, die andere eine ballaststoffarme. Beide Ernährungsweisen waren jedoch in Bezug auf Proteine, Fett und Kalorien absolut identisch.

Schon wenige Wochen später erkannte man eine massive Änderung in der Darmflora der ballaststoffarm ernährten Gruppe. Diese bestand aus viel weniger Darmbakterienstämmen. Bei mehr als der Hälfte der Stämme war ein Schwund von über 75 Prozent zu beobachten und viele Stämme waren ganz ausgestorben.

Regeneration der Darmflora allein durch Ernährungsumstellung nicht mehr möglich

Nach einigen Wochen ernährten sich die bisher ballaststoffarm essenden Probanden ballaststoffreich. Doch konnte sich die Darmflora nur teilweise erholen, vermutlich weil während der ungesunden Ernährungsphase manche Stämme komplett verschwunden waren und sich diese aus dem Nichts nicht mehr regenerieren können.

Ein Drittel der ursprünglich vorhandenen Darmbakterien schaffte es somit nicht wieder, sich anzusiedeln – auch dann nicht, wenn sich die Betroffenen gesund und ballaststoffreich ernährten.

In der Gruppe jener Teilnehmer, die sich dauerhaft ballaststoffreich ernährten, konnte man keine Änderungen in der Darmflorazusammensetzung beobachten.

In jeder weiteren Generation zeigen sich noch grössere Darmflorastörungen

Im weiteren Verlauf der Studie zeigte sich nun aber, dass nicht nur die sich ungesund ernährenden Individuen von den Darmflorastörungen betroffen waren, sondern auch deren Kinder, Enkel und Urenkel. Mit jeder Generation schien die Zahl der noch vorhandenen Darmbakterienstämme weiter abzunehmen.

In der vierten Generation waren bereits drei Viertel jener Stämme, die noch im Darm der Urgrosseltern vorhanden waren, verschwunden. Ernährte sich diese vierte Generation nun gesund, dann blieben weiterhin zwei Drittel der bei den Ahnen noch vorhandenen Stämme weiterhin abwesend, was auf ein endgültiges Aussterben dieser Stämme hindeutet.

Letzte Rettung: Stuhltransplantation

Eine vollständige Regeneration der Darmflora mit erfolgreicher Wiederansiedlung der ausgestorbenen Stämme war nur möglich, wenn man bei den Betroffenen eine Stuhltransplantation durchführte. Hier werden kleine Stuhlmengen gesunder Individuen in den Darm derjenigen mit Darmflorastörungen eingebracht.

Gleichzeitig war eine konsequente Ernährungsumstellung auf eine ballaststoffreiche Ernährungsweise notwendig. Erst jetzt konnte sich die gesunde Darmflora wieder einstellen und auch halten.

"Stuhltransplantation" mag für manche Ohren äusserst ungewöhnlich und wenig ansprechend klingen. Doch konnte genau diese Massnahme schon Menschen das Leben retten, die an antibiotika- und therapieresistenten Darminfektionen litten und daran andernfalls gestorben wären.

Die Darmflora eines gesunden Menschen aber konnte die resistenten Erreger im Todkranken binnen kurzer Zeit unschädlich machen.

Darmflora aufbauen: Hände nicht mehr waschen!

Was aber kann der Einzelne nun tun? Die Ernährung der Oma lässt sich heute ja nicht mehr ändern. Die eigene Ernährungsumstellung scheint nicht viel zu bringen. Und eine Stuhltransplantation ist vielleicht auch nicht so jene Massnahme, die man gerne durchführen lassen würde, wenn man nicht gerade lebensbedrohlich erkrankt ist.

Dr. Justin Sonnenburg rät zu interessanten Alternativen:

"Die extrem ballaststoffarme Ernährung in den Industrienationen wird uns in den nächsten Generationen enorme Verluste in Sachen Darmflora-Vielfalt und damit auch in Sachen Gesundheit einbringen. Wir sollten manche unserer Hygieneregeln hinterfragen, da genau diese noch dazu beitragen, dass die Vielfalt der gesunden Bakterien in uns so drastisch abnimmt. Erste Schritte in Richtung gesunder Darmflora könnten z. B. sein, die Hände nach der Gartenarbeit eben nicht zu waschen – und auch nicht nach dem Schmusen mit dem Hund oder der Katze. Natürlich sollten auch Antibiotika nur im Notfall verwendet werden."

Darmflora schützen und aufbauen: Mit Probiotika

Eine Vielzahl der wichtigsten Leitkeime, die bei unseren Ahnen noch ganz selbstverständlich in der Darmflora zugegen waren, lassen sich heute jedoch auch mit Hilfe von hochwertigen Probiotika einnehmen (z. B. mit Combi Flora SymBIO, einem Probiotikum in Bio-Qualität).

Darin finden sich neben den üblichen Lactobacillen und Bifidobakterien beispielsweise auch Lactobacillus helveticus (schützt vor Blasenentzündungen, Scheidenpilz, Candida, gefährlichen Darmbakterien und erhöht die Knochendichte) oder Lactobacillus reuteri (schützt Zähne und Zahnfleisch und vermindert Allergierisiko) oder auch Lactobacillus rhamnosus (hilft beim Abnehmen).

Diese Probiotika können einfach kurweise in Kapselform eingenommen werden. Details zum richtigen Aufbau der Darmflora finden Sie hier: Die Darmflora aufbauen

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Wichtiger Hinweis

Dieser Artikel wurde auf Grundlage (zur Zeit der Veröffentlichung) aktueller Studien verfasst und von MedizinerInnen geprüft, darf aber nicht zur Selbstdiagnose oder Selbstbehandlung genutzt werden, ersetzt also nicht den Besuch bei Ihrem Arzt. Besprechen Sie daher jede Massnahme (ob aus diesem oder einem anderen unserer Artikel) immer zuerst mit Ihrem Arzt.