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  • Verschiedene Brotsorten, die Weizenprotein enthalten
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Weizenprotein, aber nicht immer Gluten, verursacht Entzündungen

Weizenproteine können im Darm Entzündungen verursachen. Das ist nichts Neues. Neu aber ist aus wissenschaftlicher Sicht, dass Weizenproteine über den Darm hinaus zu chronischen Entzündungsprozessen beitragen und auf diese Weise chronische Krankheiten verursachen oder beschleunigen können.

Aktualisiert: 24 März 2024

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Weizenproteine: Ursache chronischer Entzündungen

Wie Weizengluten zur Autoimmunerkrankung der Schilddrüse – Hashimoto Thyreoiditis – beitragen kann, hatten wir bereits hier erklärt: Gluten heizt Hashimoto an.

Eine weitere Studie zeigt nun erneut, dass eine weitere Gruppe von Weizenproteinen (also nicht das Gluten) für chronische Entzündungsprozesse verantwortlich sein kann – und zwar besonders bei chronisch entzündlichen Erkrankungen wie Multipler Sklerose, Asthma und rheumatoider Arthritis, die allesamt mit autoimmunen Reaktionen in Verbindung stehen.

Wissenschaftler rund um Professor Detlef Schuppan von der Johannes-Gutenberg-Universität in Mainz entdeckten, dass besagte Weizenproteine zur Entwicklung der zöliakieunabhängigen Glutensensitivität beitragen können ( 1 ).

Sie stellten ihre Erkenntnisse bei der UEG Woche 2016 in Wien vor. UEG steht für United European Gastroenterology. Bei diesem Meeting treffen sich alljährlich Spezialisten, um sich über die neuesten Forschungsergebnisse im Bereich der Magen-Darm- und Leber-Krankheiten auszutauschen.

Obwohl Weizen erst seit ungefähr 12.000 Jahren zur Ernährung des Menschen gehört, wurde er sehr schnell zu einem der wichtigsten Grundnahrungsmittel, das heutzutage nicht nur pur in Back- und Teigwaren Verwendung findet, sondern auch in viele andere Produkte gemischt wird – ob das nun Dressings, Saucen oder Süssigkeiten sind.

Schädliche Proteine im Weizen: Die ATIs

Eine bestimmte Proteingruppe im Weizen jedoch – die sog. Amylase-Trypsin-Inhibitoren (ATIs) – können erwiesenermassen Immunreaktionen im Darm auslösen, die sich dann aber nicht nur auf den Darm beschränken, sondern sich vom Darm aus in andere Gewebe des Körpers ausbreiten können.

ATIs sind pflanzliche Proteine, die dazu da sind, das Weizenkorn vor Schädlingen zu schützen. So hemmen sie beispielsweise die Verdauungsenzyme von Mehlwürmern, Mehlkäfern oder anderen Kornparasiten und bewahren das Korn vor schnellem Verderb. ATIs spielen überdies eine wichtige Rolle bei der Entwicklung des Samenkorns im Stoffwechsel der Pflanze.

Viele der in der Vergangenheit durchgeführten Studien konzentrierten sich auf den Einfluss von Gluten auf das Verdauungssystem. Prof. Detlef Schuppan jedoch zeigt, wie wichtig die Rolle des ATIs ist, wenn es nicht nur um die Gesundheit des Verdauungssystems, sondern um die Gesundheit des gesamten Organismus geht.

* Hier finden Sie unseren glutenfreien Ernährungsplan

ATIs können im ganzen Körper zu Entzündungen führen

ATIs machen nur einen kleinen Teil des Weizenproteins aus – nur etwa 4 Prozent. Dennoch ist die Immunreaktion, die sich durch die ATIs entwickelt, beachtlich. Sie beeinträchtigt bei manchen Menschen die Lymphknoten, die Nieren, die Milz und das Gehirn und führt überall dort zu Entzündungen.

ATIs können daher – so wird vermutet – Krankheiten wie rheumatoide Arthritis, Multiple Sklerose, Asthma, Lupus und sogar die nichtalkoholische Fettleber sowie chronisch entzündliche Darmerkrankungen ( CED )verschlimmern oder an deren Entstehung beteiligt sein.

Professor Schuppan erklärt:

Genauso wie ATIs zur Entstehung von Entzündungsprozessen im Darmbereich führen, können sie auch ausserhalb des Darms zu chronischen autoimmunen Entzündungsprozessen führen."

Zöliakieunabhängige Glutensensitivität möglicherweise gar nicht vom Gluten verursacht

Manche Menschen erleben Magenbeschwerden, wenn sie Lebesmittel essen, die Gluten enthalten – wie z. B. Weizen, Gerste oder Roggen – auch dann, wenn sie keine Zöliakie haben. Man nennt das Beschwerdebild daher zöliakieunabhängige Glutensensitivität.

Man glaubte bisher, dass die Betroffenen zwar auf Gluten reagieren, aber eben nicht mit einer Zöliakie, bei der man nach Glutenverzehr Schäden an der Darmschleimhaut beobachten kann, was bei der zöliakieunabhängigen Glutensensitivität nicht der Fall ist.

Die Art der Darmentzündung, die man bei der zöliakieunabhängigen Glutensensitivität beobachten kann, unterscheidet sich also deutlich von jener bei Zöliakie.

Professor Schuppan ist nun der Ansicht, dass die zöliakieunabhängige Glutensensitivität (NCGS) gar nicht vom Gluten ausgelöst wird.

Stattdessen zeigten wir, dass es die ATIs aus dem Weizen sind (die auch im reinen Gluten stecken können, das z. B. als Backzutat im Handel ist), die im Darm, aber auch in anderen Geweben bestimmte Immunzelltypen aktivieren und auf diese Weise Entzündungsprozesse initiieren oder die Symptome von bereits bestehenden entzündlichen Erkrankungen verschlimmern."

Wo Gluten ist, sind auch ATIs

Bislang gibt es noch keine verlässlichen Biomarker für die NCGS, um eine konkrete Diagnose zu stellen. Basierend auf dem aktuellen Stand der Dinge, kann bei Leuten mit NCGS kein konkreter Schaden im Darm beobachtet werden, wenn diese Gluten gegessen haben. Daher ging man bisher so vor, dass man einfach das Befinden nach einer mehrwöchigen glutenfreien Diät als Anhaltspunkt dafür nahm, ob jemand nun eine NCGS hat oder nicht. Denn wenn jemand auf Bestandteile im Getreide mit Beschwerden reagierte, dann ging es ihm bald besser, sobald er kein glutenhaltiges Getreide mehr ass.

Auch wenn es also nicht das Gluten ist, das zum NCGS führt, profitieren die Betroffenen natürlich von einer glutenfreien Ernährung. Viele ihrer Symptome – Bauchschmerzen, Verdauungsstörungen, Kopfschmerzen, Ekzeme – verbessern sich rasch, wenn glutenfrei gegessen wird, was jedoch nur daran liegt, dass die ATIs meist gemeinsam mit Gluten vorhanden sind.

Prof. Schuppan regt daher an, dass man für die NCGS eine andere Bezeichnung finden sollte:

Der Begriff zöliakieunabhängige Glutensensitivität impliziert, dass allein das Gluten hier ein Problem darstellt und die Entzündung auslöst, was aber ja nicht der Fall ist."

* Hier finden Sie unseren glutenfreien Ernährungsplan

Glutenfreie Ernährung: Bald Standard in der Therapie von Autoimmunerkrankungen

Forscher bereiten derzeit verschiedene Studien vor, um die Wirkungen der ATIs auf chronische Krankheiten weiter zu erforschen. Professor Schuppan:

Wir hoffen, dass unsere Forschungsarbeit uns so weit bringen wird, dass wir bald soweit sein werden, eine ATI-freie Ernährung empfehlen zu können, um eine Vielzahl an ernsthaften Autoimmunkrankheiten zu behandeln."

Die Arbeiten von Professor Schuppan und Team beweisen einmal mehr, dass die Beschwerden, die viele Menschen nach dem Verzehr von glutenhaltigen Getreideprodukten verspüren, nicht auf Einbildung beruhen, wie manche Schulmediziner immer noch zu glauben scheinen oder auch wie in den Medien immer wieder behauptet wird, wenn vom Hype der glutenfreien Ernährung die Rede ist.

Wir hatten kürzlich schon hier von verschiedenen Forschungsarbeiten aus den letzten Jahren berichtet, die ebenfalls zeigen, dass Beschwerden nach Getreideverzehr absolut real sind: Glutensensitivität – keine Einbildung mehr.

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Wichtiger Hinweis

Dieser Artikel wurde auf Grundlage (zur Zeit der Veröffentlichung) aktueller Studien verfasst und von MedizinerInnen geprüft, darf aber nicht zur Selbstdiagnose oder Selbstbehandlung genutzt werden, ersetzt also nicht den Besuch bei Ihrem Arzt. Besprechen Sie daher jede Massnahme (ob aus diesem oder einem anderen unserer Artikel) immer zuerst mit Ihrem Arzt.