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  • Vegan und Depressionen
14 min

Sind Veganer häufiger depressiv?

Es gibt Studien, die zeigen, dass es in den Gruppen der vegan oder vegetarisch lebenden Menschen mehr Depressive gibt als bei den Allesessern. Das aber bedeutet nicht, dass eine vegane oder vegetarische Ernährung depressiv macht, sondern hat höchstwahrscheinlich ganz andere Gründe.

Fachärztliche Prüfung: Gert Dorschner
Aktualisiert: 10 Januar 2024

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Depressionen durch Fleisch oder vegane Ernährung?

In unserem Artikel Fleisch und Wurst erhöhen Risiko für Depressionen stellen wir eine Metaanalyse aus dem Jahr 2020 vor ( 1 ). Darin hatte sich anhand der Daten aus 17 Studien mit insgesamt über 240.000 Teilnehmern ergeben, dass das Risiko für Depressionen umso höher war, je mehr Fleisch und Wurst gegessen wurden. Bitte lesen Sie unter obigem Link (auch anhand vieler weiterer Studien), wie genau Fleisch zu Depressionen beitragen kann bzw. warum eine pflanzenbasierte Ernährung Depressionen verhindern oder lindern kann.

Gleichzeitig wird uns immer wieder ein Artikel aus Focus gesendet, der die folgende Überschrift trägt: „Kein Fleisch kann unglücklich machen – Veganer erkranken eher an psychischem Leiden als Fleischesser“ ( 5 ). Der Artikel hat weder eine Angabe zum Autor noch besitzt er in irgendeiner Form eine Quellenangabe. Vermutlich bezieht man sich darin jedoch auf diese Studie: ( 6 ).

Studie: Häufiger Depressionen bei veganer Ernährung

Darin hatten Forscher der University of Bristol 9.668 männliche Partner schwangerer Frauen zu ihren Ernährungsgewohnheiten und möglichen depressiven Symptomen befragt. Es zeigte sich, dass in der Gruppe der Vegetarier eher depressive Symptome vorlagen als bei den Nicht-Vegetariern. Mögliche andere Risikofaktoren für eine Depression (Alter, Familienstand, Beschäftigungsverhältnis, Wohnsituation, Kinderzahl, Religion, Depression in der Familie, Rauchen, Alkohol etc.) wurden in der Analyse berücksichtigt.

Vegetarier, die gar keine sind

Allerdings waren die als Vegetarier eingestuften Männer teilweise nicht wirklich Vegetarier, denn 7,4 Prozent gaben an, dass sie gelegentlich Würstchen und Burger assen, bei über 10 Prozent gehörten Fleischpastete und Geflügel zum „vegetarischen“ Speiseplan und bei annähernd 60 Prozent gab es regelmäßig Fisch.

Und selbst wenn es sich um Vegetarier gehandelt hätte, so lässt sich das Ergebnis nicht zwangsläufig auf Veganer übertragen, da sich beide Ernährungsformen stark unterscheiden können.

Die britische Studie ist jedoch nicht die einzige, die bei vegan bzw. vegetarisch Essenden ein erhöhtes Risiko für Depressionen beobachtete. Auch in einer Meta-Analyse der University of Southern Indiana von 2021 ( 4 ) zeigte sich anhand einer Auswertung von 20 Studien mit insgesamt über 170.000 Teilnehmenden, dass in der Gruppe der Fleischesser Depressionen und Angstzustände weniger häufig auftraten als in der Gruppe der Leute, die auf Fleisch verzichteten.

Mögliche Gründe, warum Vegetarier zu Depressionen neigen

Zwar schreiben die Forscher auch, dass ein umgekehrter Zusammenhang nicht auszuschließen sei, dass also manche Leute erst Depressionen hatten und dann ihre Ernährung umstellten, z. B. weil sie keinen Appetit mehr auf tierische Produkte hatten oder auch gehört hatten, dass eine pflanzliche Ernährung bei Depressionen hilfreich sein kann.

Falls dies aber nicht der Fall sein sollte, dann kämen – so die Wissenschaftler – die folgenden möglichen Gründe für die erhöhte Depressionsneigung bei Vegetariern in Frage:

  1. Ein Mangel an Omega-3-Fettsäuren, da Veganer keinen Fisch essen würden und man wisse, dass die Gabe von Omega-3-Fettsäuren sogar direkt antidepressiv wirke
  2. Ein Mangel an Vitamin B12, der mit Depressionen in Verbindung stehe
  3. Ein Mangel an Vitamin B12 und Folat erhöhe den Homocysteinspiegel, was Depressionen begünstige (ZDG-Redaktion: Gerade aber Veganer/Vegetarier sind infolge ihres hohen Gemüseverzehrs meist bestens mit Folat versorgt.)
  4. Zu hoher Nussverzehr – Nüsse enthielten viele Omega-6-Fettsäuren, die das Risiko für Depressionen erhöhten
  5. Eine Belastung mit Pestiziden könnte Depressionen begünstigen (Obst und Gemüse seien stark mit Pestiziden belastet, weshalb Veganer/Vegetarier stärker mit Pestiziden belastet seien als Allesesser)
  6. Hoher Phytoöstrogenblutspiegel (durch viele Sojaprodukte)

Wie sind diese Überlegungen einzuschätzen? Nun sollte man natürlich auch bei einer pflanzenbasierten Ernährung darauf achten – wie bei jeder Ernährung – mit allen Vitalstoffen gut versorgt zu sein, wozu auch eine gezielte Nahrungsergänzung mit insbesondere Omega-3-Fettsäuren und Vitamin B12 gehören sollte. Hier finden Sie weitere Tipps dazu: Regeln der veganen Ernährung.

Nüsse, eine Pestizidbelastung oder gar Phytoöstrogene zählen jedoch nicht zu den möglichen Gründen einer Depression, wie Sie im Folgenden erfahren.

Warum Nüsse nicht depressiv machen

Da die in der britischen Studie als Vegetarier bezeichneten Männer häufiger Nüsse zu sich nahmen als die Nicht-Vegetarier, wurde in der Studie nun fälschlicherweise geschlussfolgert, dass es die Nüsse sein könnten, die depressiv machten.

Denn Nüsse enthielten viele Omega-6-Fettsäuren (Linolsäure) – und ein Überschuss dieser Fettsäuren gelte als Risikofaktor für Depressionen, so die Forscher. Als Beleg dafür wird eine Studie genannt ( 9 ), in der man auch tatsächlich herausgefunden hatte, dass ein Übermaß an Omega-6-Fettsäuren diesbezüglich problematisch sein könnte.

Doch werden in dieser Studie nicht ein einziges Mal Nüsse genannt, so dass man davon ausgehen kann, dass ganz andere Omega-6-Quellen problematisch sind, z. B. Fastfood, wie eine Liste bei Nutritiondata zeigt ( 11 ), wobei kaum eines der dort aufgeführten Lebensmittel vegetarisch, geschweige denn vegan ist.

Je mehr Nüsse, umso seltener eine Depression

Abgesehen davon gilt: Je mehr Nüsse man isst, umso weniger wahrscheinlich entwickelt man eine Depression – so beispielsweise eine chinesische Studie vom November 2016 ( 7 ). Auch auf Menschen im Westen trifft diese Korrelation zu, wie eine Studie aus 2019 zeigte, die in Nutrients erschienen war. Darin heißt es sogar schon in der Einleitung:

Zahlreiche Studien haben gezeigt, dass die mediterrane Ernährung, die sich besonders durch reichlichen Olivenöl- und Nüsseverzehr auszeichnet, mit einem geringeren Risiko für Depressionen einhergeht.

Im Ergebnis der Studie heißt es dann, dass sich anhand der Daten von über 26.000 Teilnehmern folgendes ergeben habe:

Depressive Symptome waren signifikant seltener in der Gruppe der Nüsse-Esser und ganz besonders niedrig in der Gruppe der Walnuss-Esser – verglichen mit jenen, die keine Nüsse mochten ( 8 ).

Nüsse sind ein vollwertiges und gesundes Lebensmittel, das keinesfalls auf nur einen Inhaltsstoff reduziert werden kann. Denn Nüsse – und hier gerade Walnüsse – enthalten auch Omega-3-Fettsäuren sowie viele andere Vitalstoffe, z. B. Zink, Magnesium, Calcium, Eisen, Vitamin E und reichlich B-Vitamine.

Falls Sie denken, Nüsse müssten vor dem Verzehr eingeweicht werden, lesen Sie unseren entsprechenden Artikel dazu (siehe voriger Link), wo wir erklären, warum das nicht der Fall ist.

Pestizidbelastung bei veganer und vegetarischer Ernährung

In der britischen Studie wird erklärt, dass eine Pestizidbelastung das Risiko für Depressionen erhöhe und Vegetarier stärker mit Pestiziden belastet seien, weil sie mehr Obst und Gemüse essen – und gerade Obst und Gemüse seien wiederum mit Pestiziden belastet.

Belegt wird diese Aussage mit einer Untersuchung von 2017, in der man lediglich 42 Leute aus einer bestimmten Siedlung in Israel überprüft hatte ( 16 ). Diese Ergebnisse sind jedoch nicht generell auf Vegetarier oder Veganer übertragbar. So könnte es z. B. sein, dass man genau an diesem Ort in Israel verstärkt entsprechende Pestizide einsetzte.

Bei hohem Antioxidantien-Verzehr werden Pestizide besser verkraftet

Überdies ist zu bedenken, dass allein eine Pestizidbelastung noch keine Aussage über die Auswirkungen dieser Belastung zulässt. So könnte es z. B. sein, dass man mit dem verstärkten Verzehr von konventionell erzeugtem Obst und Gemüse zwar mehr Pestizide zu sich nimmt, diese sich aber nicht schädlich auswirken, weil man gleichzeitig sehr gut mit Vitalstoffen und Antioxidantien versorgt ist (die wiederum schädliche Auswirkungen verhindern können/oxidativen Stress neutralisieren) sowie über gesunde Ausleitorgane (Darm, Leber, Nieren) verfügt, die zu einer guten Ausleitung der Schadstoffe beitragen.

Veganer sind weniger mit Schadstoffen belastet

In einer französischen Studie hatte man im Jahr 2017 außerdem festgestellt, dass Veganer sogar weniger mit Chlorkohlenwasserstoffen, weniger mit den sog. persistenten (langlebigen, also schwer abbaubaren) organischen Schadstoffen und auch weniger mit manchen Schimmelpilzgiften belastet sind als die übrige Bevölkerung. Sie seien eher einer höheren Belastung mit z. B. Cadmium und Aluminium ausgesetzt ( 19 ).

Vegane Ernährung schützt vor schadstoffbedingten Schäden

Schon 2006 aber erklärten slowakische Forscher, dass Veganer und Vegetarier zwar stärker mit Cadmium belastet seien, das theoretisch zu verstärktem oxidativem Stress und so zu Leber- und Nierenschäden beitragen könnte, dass aber gerade die pflanzenbasiert Essenden höhere Antioxidantienspiegel hätten, die nun wiederum vor cadmiumbedingten Schäden schützen ( 20 ).

Was das Aluminium angeht, so gibt das Bundesinstitut für Risikobewertung im Vergleich zu Allesessern keine höhere Belastung bei vegetarisch lebenden Menschen an ( 18 ).

Studie: Vegetarier weniger pestizidbelastet als Allesesser

Erst im Sommer 2021 erschien außerdem eine neuere Studie zu diesem Thema (in Food and Chemical Toxicology), in der sich anhand von mehr als 34.000 Personen zeigte, dass vegetarisch lebende Menschen sogar weniger stark mit Pestziden belastet sind als allesessende Menschen – nicht zuletzt dadurch, dass vegetarisch essende häufig biologisch erzeugte Lebensmittel bevorzugen ( 15 ).

Hoher Gehalt an Phytoöstrogenen bei veganer Ernährung

In der britischen Studie wird auch der hohe Phytoöstrogengehalt der veganen oder vegetarischen Ernährung als möglicher Grund für das erhöhte Depressionsrisiko in der vegan und vegetarisch lebenden Personengruppe genannt. Phytoöstrogene sind – in Form von Isoflavonen – besonders in Sojaprodukten enthalten.

In den allermeisten Studien zu diesem Thema aber wird gerade das Gegenteil diskutiert, nämlich ob man Sojaisoflavone nicht therapeutisch gegen Depressionen einsetzen sollte, wobei die erforderliche Dosis – so eine Untersuchung aus 2016 – auch einfach über eine sojahaltige Ernährung eingenommen werden könnte ( 21 ).

Je mehr Soja, umso seltener Depressionen

Im März 2018 zeigte sich an 1745 schwangeren Frauen, dass Depressionen umso seltener vorkamen, je mehr Sojaprodukte die Frauen zu sich nahmen (Tofu, Tofuprodukte, fermentierte Sojabohnen, gekochte Sojabohnen, Misosuppe) ( 10 ).

Sojaprodukte kein Risikofaktor für Depressionen

Laut einer Untersuchung von 2021 konnte die Gabe von isolierten Sojaisoflavonen bei Ratten den Neurotransmitterspiegel, der – wenn er niedrig ist – mit Depressionen in Verbindung steht, erhöhen und außerdem die Darmflora so beeinflussen, dass auch über diesen Weg eine antidepressive Wirkung entstehe ( 13 ). Weder Sojaprodukte noch isolierte Phytoöstrogene scheinen also ein Risikofaktor für Depressionen zu sein.

Kreatinmangel als Risikofaktor für Depressionen?

In letzter Zeit wird Veganern und Vegetariern häufiger empfohlen, Kreatin einzunehmen. Denn Kreatin ist ein Stoff, der fast nur in Fleisch, Wurst und Fisch und in geringerer Menge auch in Milchprodukten vorkommt, aber so gut wie gar nicht in pflanzlichen Lebensmitteln. Könnte ein Kreatinmangel bei Veganern zu Depressionen führen?

In einer Studie von 2020 ( 3 ) heißt es, dass in der Gruppe der Wenig-Kreatin-Esser pro 100 Personen 10 an Depressionen leiden. Bei den Viel-Kreatin-Essern waren es nur etwa 6 pro 100. Daraus könnte man nun schließen, dass ein Kreatinmangel mit ein Grund für Depressionen sein könnte.

Korrelation ja, Kausalität nein

Im Grunde ist diese Studie jedoch nur ein weiterer Hinweis dafür, dass in der Gruppe der Leute, die wenig Kreatin und damit wenig Fleisch zu sich nehmen, etwas häufiger Depressionen vorkommen. Es bedeutet aber nicht automatisch, dass wenig Kreatin oder wenig Fleisch auch die Ursache dieser Depressionen sind. Wir haben hier also vermutlich eine Korrelation ohne Kausalität.

Kreatin wird vom Organismus selbst hergestellt

Denn Kreatin kann vom Körper selbst hergestellt werden – und zwar nicht nur in der Leber und den Nieren, sondern auch im Gehirn. In einer Studie aus 2014 untersuchte man dazu konkret die Kreatinversorgung des Gehirns bei Vegetariern im Vergleich zu Normalessern.

Auch hier ergab sich logischerweise, dass die Vegetarier deutlich weniger Kreatin mit der Nahrung zu sich nahmen als die Allesesser. Nichtsdestotrotz war der Kreatinspiegel im Gehirn bei beiden ähnlich, ja, er war sogar bei den Vegetariern etwas höher. Das Gehirn ist also in Sachen Kreatinversorgung autark und nicht von der Kreatinzufuhr über die Nahrung abhängig. Es bildet hingegen sein eigenes Kreatin ( 17 ) – und zwar aus den drei Aminosäuren Arginin, Glycin und Methionin.

Achten Sie daher lediglich auf eine ausreichende Proteinversorgung, so dass Ihr Körper aus den entsprechenden Aminosäuren (Arginin, Glycin und Methionin) auch genügend Kreatin herstellen kann.

So wirkt Kreatin

Kreatin ist ein wichtiger Stoff im Energiestoffwechsel. Zur Energieversorgung der Zellen wird in den Mitochondrien (Kraftwerke der Zelle) von der energiereichen Verbindung ATP ein Phosphatteilchen gespalten. Energie wird frei. Damit die Energie nie ausgeht, bringt nun ein kreatinhaltiges Enzym (die Kreatinkinase) das Phosphat wieder zurück zum ATP, damit dieses erneut Energie produzieren kann.

Kreatin wirkt in hohen Dosen antidepressiv

Allerdings gibt es auch Studien, in denen sich zeigte, dass in manchen Gehirnarealen der Kreatinspiegel abfällt und dass die Einnahme von Kreatin – ganz gleich ob von Veganern, Vegetariern oder Allesessern – in manchen Fällen antidepressiv wirken kann ( 12 ).

Wenn Sie daher an Depressionen leiden, können Sie neben vielen anderen natürlichen Maßnahmen auch testen, ob die Einnahme von Kreatin helfen könnte (z. B. täglich 5 g über 6 Wochen hinweg).

Wollte man diese Dosis mit einer fleisch- oder fischreichen Ernährung zu sich nehmen, müsste man täglich 1 kg Fleisch oder Fisch essen, da darin pro 100 g nur etwa 0,5 g Kreatin enthalten sind. Ein normal essender Allesesser würde die antidepressive Dosis also allein mit seiner fleisch- und fischhaltigen Ernährung auch nicht erreichen.

*Ein laborgeprüftes Kreatin-Pulver finden Sie hier unter diesem Link.

Der wirkliche Grund dafür, warum Veganer häufiger depressiv sind als Allesesser

Die vegane Ernährung macht also nicht depressiv. Warum sind dann vegan oder vegetarisch essende Menschen häufiger als Allesesser von Depressionen betroffen?

(Hinweis: Das Folgende trifft auf ethisch motivierte Veganer und Vegetarier zu und nicht auf Menschen, die aus rein egoistischen Gründen vegan essen, weil sie z. B. hoffen, damit eine Krankheit heilen zu können, damit abzunehmen, zu entschlacken oder was auch immer.)

Menschen, die sich in erster Linie aus ethischen Gründen für eine vegane oder vegetarische Ernährungsweise entscheiden, sind sensibler, zarter besaitet und mit mehr Mitgefühl ausgestattet als allesessende Menschen. Sie ertragen es nicht, am Leid oder Tod anderer Wesen beteiligt zu sein, während Allesesser diesbezüglich entweder entsprechend abgehärtet sind oder diesen Aspekt einfach verdrängen und gar nicht erst darüber nachdenken.

Veganer und Vegetarier sind empathischer

Wissenschaftler der Universitätsklinik San Raffaele in Mailand gingen schon 2010 davon aus, dass Veganer und Vegetarier, die sich aus ethischen Gründen für ihre Ernährungsweise und Lebensform entschieden hatten, anders auf menschliches Leid und/oder Tierleid reagieren als Allesesser.

Anhand von MRT-Aufzeichnungen der Gehirnreaktionen beim Betrachten von Bildern mit Menschen- und Tierleid, zeigten sich hier auch deutliche Unterschiede. Das Gehirn von Veganern und Vegetariern zeigte sowohl bei menschlichem Leid als auch bei Tierleid andere Reaktionen als das Gehirn von Allesessern.

Bei Veganern und Vegetariern konnte man Reaktionen beobachten, die auf deutlich mehr Empathie Tieren gegenüber hinweisen. Auch beim Betrachten von Bildern mit menschlichem Leid wurde bei den Veganern und Vegetariern (im Vergleich zu den Allesessern) verstärkt jene Gehirnareale aktiviert (z. B. der ACC = Anteriore Cinguläre Cortex), die mit Ethik und Moral oder auch Fehlererkennung in Verbindung stehen ( 2 ).

Gleichzeitig weiß man, dass Läsionen in diesem Bereich zu einer emotionalen Instabilität, zu Aufmerksamkeitsstörungen und Depressionen führen können. Wer also z. B. bereits einen empfindlichen ACC hat (und daher auf das Leid anderer stärker reagiert), kann in diesem Bereich natürlich auch leichter Erkrankungen ausbilden.

Veganer und Vegetarier leiden unter Mobbing

Zehn Jahre später – im Juni 2020 – erschien ein interessanter Artikel im Fachjournal Current Opinion in Food Science. Darin besprechen zwei Psychologen – John Nezlek (Professor an der University of Social Sciences and Humanities in Poznań/Polen) und Catherine Forestell (Professorin am College of William & Mary in Virginia) – die Hintergründe und Motivation des Vegetarismus und geben auch zwei mögliche Gründe dafür an, warum es den entsprechenden Menschen psychisch in manchen Fällen nicht so gut geht wie allesessenden Menschen.

Der erste Grund: Vegetarier seien eine Minderheit und machten in den meisten industrialisierten Ländern weniger als 10 Prozent der Bevölkerung aus. Über Minderheiten aber werde gerne gelästert, man reißt gerne Witze über sie, diffamiert sie, nimmt sie nicht ernst oder glaubt, vegan Lebende hielten sich für moralisch überlegen. Verständlich, wenn bei den Opfern eines solchen Mobbings dann auch die Psyche leidet.

Veganer und Vegetarier sind sozialer und machen sich mehr Sorgen

Da vegan und vegetarisch Lebende andere Wertvorstellungen haben und auch sozialer eingestellt sind – so der zweite Grund, den die beiden Psychologen nennen – belastet es sie selbstverständlich sehr viel stärker als einen allesessenden Menschen, wenn sie tagtäglich Ungerechtigkeiten und Gewalt gegenüber anderen (ob Mensch oder Tier) erleben.

Auch neigen vegan Essende mehr dazu, sich über die Umwelt Sorgen zu machen, über die Erderwärmung, die zerstörten Regenwälder, die vom Aussterben bedrohten Tierarten, die tobenden Kriege in vielen Regionen der Erde etc.

Je sozialer ein Mensch eingestellt ist, umso größer die Gefahr, dass sein psychisches Wohlbefinden leidet – so weiß man aus Studien. Wer z. B. sehr stark Ungerechtigkeiten oder die Bedrohung der Umwelt wahrnimmt, fühlt sich mental nicht so gut.

Natürlich sind allesessende Menschen nicht unsensibel, was die genannten Probleme angeht, doch zeigen Untersuchungen ganz klar, dass vegan und vegetarisch lebende Menschen sensibler sind als allesessende, so dass auch deren Wohlbefinden stärker darunter leidet als jenes der Nicht-Vegetarier.

Fazit: Vegane Ernährung macht NICHT depressiv

Die spontane Schlussfolgerung, eine vegane Ernährung könne depressiv machen, nur weil in der Gruppe der vegan und vegetarisch essenden Menschen etwas häufiger Depressionen vorkommen, ist also nicht korrekt. Im Gegenteil:

  1. Veganer und Vegetarier essen deshalb vegan bzw. vegetarisch, weil sie von Haus aus sensibler und empathischer sind. Dies ist auch der Grund dafür, dass sie zur Personengruppe gehören, die stärker zu Depressionen neigt.
  2. Wer sich bisher normal ernährte, kann mit einer pflanzenbasierten Ernährung seine Depressionen sogar lindern.
  3. Kreatin kann in die Therapie von Depressionen integriert werden. Dazu sind jedoch Dosen nötig, die im Allgemeinen nicht einmal mit einer fleisch- und fischhaltigen Ernährung erreicht werden können. Man müsste dazu Fleisch und Fisch in sehr hohen Mengen essen (1 kg täglich), was dann aber wieder andere Nachteile hätte.

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Dieser Artikel wurde auf Grundlage (zur Zeit der Veröffentlichung) aktueller Studien verfasst und von MedizinerInnen geprüft, darf aber nicht zur Selbstdiagnose oder Selbstbehandlung genutzt werden, ersetzt also nicht den Besuch bei Ihrem Arzt. Besprechen Sie daher jede Massnahme (ob aus diesem oder einem anderen unserer Artikel) immer zuerst mit Ihrem Arzt.