Zentrum der Gesundheit
  • Magenkrebs durch Magenschutzmedikamente
5 min

Magenkrebs durch Magenschutzmedikamente

Vorsichtig sollten Patienten sein, wenn Sie bestimmte Säureblocker verschrieben bekommen. Das Magenkrebsrisiko kann sich deutlich erhöhen.

Fachärztliche Prüfung: Gert Dorschner
Aktualisiert: 25 März 2022

Kostenlosen Newsletter abonnieren

Mit Ihrer Anmeldung erlauben Sie die regelmässige Zusendung des Newsletters und akzeptieren die Bestimmungen zum Datenschutz.

Magenschutzmedikamente bergen Magenkrebsrisiko

Wenn Ihnen Säureblocker oder sog. Magenschutzmedikamente verschrieben oder empfohlen werden, sollten Sie hellhörig werden und erst einmal prüfen, ob es nicht Alternativen gibt. Denn der Begriff „Magenschutz“ ist mehr als irreführend.

Die entsprechenden Medikamente – Sie erkennen sie an der Endung -prazol – unterbinden lediglich die Säurebildung in den Magenschleimhautzellen. Genau das aber hat für den Körper weitreichende Folgen und kann – wie Forscher Ende Oktober 2017 im Fachjournal Gut (dt. Darm) schrieben – das Risiko für Magenkrebs verdoppeln. Denn die Magensäure ist ein lebenswichtiger Bestandteil unserer Gesundheit ( 1 ).

Die Nebenwirkungen

Leider reduzieren Magenschutzmedikamente die Magensäurebildung nicht etwa ein wenig. Nein, oft wird sie dank der Medikamente fast völlig eingestellt. Die Magensäure schützt den Organismus jedoch vor schädlichen Mikroorganismen, die mit der Nahrung im Magen eintreffen und verhindert daher Infektionen.

Die Magensäure sorgt ausserdem für eine optimale Verdauung. Fehlt es an Magensäure, kann es nicht nur zu Verdauungsbeschwerden kommen. Es kann sich überdies ein Vitalstoffmangel entwickeln, denn viele Vitamine und Mineralstoffe werden ohne Magensäure nicht mehr gut resorbiert.

Nimmt man die Magenschutzmedikamente langfristig ein, dann ist ein Vitamin-B12-Mangel mit all seinen Folgen für Gehirn, Blut, Nerven sowie Herz-Kreislaufsystem schon fast programmiert. Osteoporose wird infolge schlechter Calcium- und Magnesiumresorption wahrscheinlicher.

Und da Säureblocker vom Typ der Protonenpumpenhemmer auch noch die Darmflora schädigen, kann es zu sämtlichen Konsequenzen einer Darmflorastörung kommen: Allergien, Nahrungsmittelunverträglichkeiten, Autoimmunerkrankungen. Auch die Leber und die Nieren können von den Magenschutzmedikamenten geschädigt werden, das Risiko für Lungenentzündungen, Herzinfarkt und Schlaganfall steigt, ja sogar das Sterberisiko klettert in die Höhe, wenn man diese Arzneimittel langfristig einnimmt.

Je länger die Einnahme und je höher die Dosis, umso schädlicher für den Magen

Besonders dramatisch aber ist, wenn sich zeigt, dass Medikamente, die man explizit zum Schutz des Magens einnehmen soll, dem Magen in Wirklichkeit schaden können – und zwar so stark, dass sich ein Magenkrebs bilden kann.

Das Team um Wai Keung Leung vom Queen Mary Hospital in Hongkong stellte fest, dass das Magenkrebsrisiko durch Einnahme von Magenschutzmedikamenten umso stärker stieg, je länger man die Mittel nach Eradikation des Helicobacter pylori einnahm und je höher die Dosis war.

Unter Eradikation ist die Antibiotika-Therapie gemeint, die man bei einer Helicobacter-Infektion verordnet bekommt. Man nennt sie auch Triple-Therapie, da man drei Medikamente nehmen muss: zwei Antibiotika und besagte Magenschutzmedikamente. Nimmt jemand übrigens die Magenschutzmedikamente allein, also ohne Antibiotika, z. B. gegen Sodbrennen, dann steigt sein Risiko, überhaupt erst an einer Helicobacter-Infektion zu erkranken, wie wir im ganz unten verlinkten Artikel „PPI – Der Teufelskreis der Säureblocker“ erklärt haben.

Das Helicobacter pylori wird deshalb so massiv bekämpft, da es eine häufige Ursache von Magenschleimhautentzündungen und auch Magenkrebs ist. Schafft man es, die Helicobacter-Infektion erfolgreich zu behandeln, dann sinkt das Magenkrebsrisiko bei vielen Betroffenen beträchtlich, jedoch nicht bei allen. Bei manchen nämlich scheint der Einsatz von Säureblockern wie eine Entscheidung zwischen Sodom und Gomorrha zu sein.

H2-Rezeptor-Antagonisten nicht so problematisch

Die Forscher um Wai Keung Leung verglichen ( 3 ) nun die Auswirkungen der Säureblocker vom Typ der Protonenpumpeninhibitoren mit jenen einer anderen Säureblocker-Gruppe, den sog. H2-Rezeptor-Antagonisten. Sie erkennen diese Medikamentengruppe an der Endung -tidin, z. B. Ranitidin, Cimetidin o. ä.

Die Daten von über 63.000 Patienten standen zur Verfügung. Alle hatten zwischen 2003 und 2012 die Triple-Therapie hinter sich gebracht.

5 Prozent der Teilnehmer hatten PPI als Magenschutzmedikament eingenommen, 30 Prozent die anderen Säureblocker. Weniger als 1 Prozent entwickelte schliesslich einen Magenkrebs, obwohl niemand mehr Helicobacter-positiv war.

  1. Wer PPI täglich nahm, hatte gar ein mehr als vierfach erhöhtes Risiko für Magenkrebs im Vergleich zu jenen Patienten, die nur einmal wöchentlich zu den Magenschutzmedikamenten griffen.
  2. Wer PPI länger als 1 Jahr nahm, hatte ein fünffach erhöhtes Risiko für Magenkrebs.
  3. Wer PPI länger als 2 Jahre nahm, hatte ein sechsfach erhöhtes Risiko.
  4. Wer PPI länger als 3 Jahre nahm, hatte ein achtfach erhöhtes Risiko, einen Magenkrebs zu entwickeln.

H2-Rezeptor-Antagonisten zeigten hingegen kein erhöhtes Magenkrebsrisiko.

Erhöhtes Magenkrebsrisiko war aus Tierversuchen bekannt – man schenkte ihm nur keine Beachtung

Ein Grund für das wachsende Magenkrebsrisiko durch Protonenpumpenhemmer könnte sein – so die Forscher – dass Magenschutzmedikamente die Produktion von Gastrin ankurbeln, eines Hormons, das die Aufgabe hat, in den Magenschleimhautzellen die Bildung der Magensäure anzuregen.

Denn wenn plötzlich keine Magensäure mehr da ist, versucht der Körper alles zu unternehmen, damit wieder genügend dieser wichtigen Flüssigkeit gebildet wird. Das aber gelingt in diesem Fall nicht, da die Magenzellen aufgrund der sie blockierenden Medikamente nicht auf das Gastrin reagieren können.

Also wird immer mehr Gastrin ausgeschüttet – und schliesslich kommt es zu einer sog. Hypergastrinämie (einem zu hohen Gastrinspiegel). Gastrin jedoch gilt zusätzlich als kraftvoller Wachstumsfaktor und kann somit bösartige Entartungen fördern.

Aus Tierversuchen weiss man das schon lange. Da jedoch Studien im Zusammenhang mit Menschen fehlten, schenkte man ersteren keine Beachtung, was sich nun im Nachhinein als nicht besonders klug herausstellte.

Da Magenschutzmedikamente einen so deutlichen dosis- und zeitabhängigen Zusammenhang mit dem Magenkrebsrisiko zeigen, lässt sich eine ursächliche Wirkung kaum leugnen. Die Wissenschaftler o. g. Studie raten daher den Ärzten wieder einmal, Magenschutzmedikamente vom Typ der PPI nicht langfristig zu verordnen, sondern genau zu prüfen, ob und wie lange diese Mittel genommen werden müssen.

Folge von Magenschutzmedikamenten – nicht nur Magenkrebs, auch Sodbrennen und Reflux

Nun werden Sie vielleicht sagen: Dann nehme ich die Mittel eben nur so lange wie nötig, z. B. ein paar Wochen und setze sie dann wieder ab. Genau das aber ist gar nicht so einfach. Denn Magenschutzmedikamente können zu einer gewissen Abhängigkeit führen. Man benötigt immer höhere Dosen, um die erwünschte Wirkung zu erzielen – und setzt man sie ab, kann es sein, dass Symptome, die man zuvor hatte (Sodbrennen, Reflux) stärker einsetzen als je zuvor.

Hatte man zuvor jedoch keine Magenprobleme und nahm die Magenschutzmedikamente z. B. begleitend zu einer Antibiotika- oder Schmerztherapie ein, dann kann es sein, dass man beim Absetzen der Säureblocker plötzlich Magenprobleme bekommt, da sie langfristig – wie man aus Studien weiss – bei Gesunden zu Sodbrennen, Reflux oder Krebs führen ( 2 ).

Weitere Nebenwirkungen der Säureblocker und wie man von ihnen wieder loskommt, wenn man bereits PPI-abhängig ist, finden Sie hier erläutert: PPI – Der Teufelskreis der Säureblocker

Natürliche Massnahmen zur Bekämpfung des Helicobacter pylori finden Sie hier: Helicobacter pylori bei Magenbeschwerden

🌟 Bewerten Sie unsere Arbeit 🌟

Auf unserem Portal Zentrum der Gesundheit haben wir mittlerweile mehr als 2700 Artikel zu zahlreichen Themen rund um Gesundheit, Ernährung und Naturheilkunde veröffentlicht. Wenn Sie Zeit und Lust haben, freuen wir uns über Ihre Bewertung unseres Portals bei Trustpilot.

Wichtiger Hinweis

Dieser Artikel wurde auf Grundlage (zur Zeit der Veröffentlichung) aktueller Studien verfasst und von MedizinerInnen geprüft, darf aber nicht zur Selbstdiagnose oder Selbstbehandlung genutzt werden, ersetzt also nicht den Besuch bei Ihrem Arzt. Besprechen Sie daher jede Massnahme (ob aus diesem oder einem anderen unserer Artikel) immer zuerst mit Ihrem Arzt.