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6 min

Können Obst und Gemüse krank machen?

Obst und Gemüse zählen zu den gesündesten Lebensmitteln. Im Netz jedoch kursieren immer wieder Schlagzeilen, die Obst und Gemüse als ungesund oder sogar giftig und tödlich bezeichnen. Wir zeigen, wie Sie Fake-News dieser Art erkennen.

Fachärztliche Prüfung: Gert Dorschner
Aktualisiert: 28 Februar 2024

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Vorsicht Fake-News: Obst und Gemüse machen natürlich nicht krank

Im Nachrichtenportal news.de las man am 25. März 2018: „Von wegen gesund! Vorsicht! DIESE Obst- und Gemüsesorten machen KRANK“ ( 1 ). Obst und Gemüse sei "Ernährungsexperten zufolge der Schlüssel zu Gesundheit und Wohlergehen“. Doch so manche Frucht könne „richtig krank machen“. Ja, „eine heimtückische Gefahr“ schlummere darin, so dass der Obst- und Gemüseverzehr mehr Schaden als Nutzen bringen könne. Im ersten Absatz werden Avocados, Kiwis und Bananen als Lebensmittel mit tödlichen Eigenschaften vorgestellt.

Avocados, Kiwis und Bananen seien eine Gefahr – allerdings nur für Latex-Allergiker

Doch schon nach der Lektüre der Überschrift wird klar, was hier gespielt wird. Denn Avocados, Kiwis und Bananen seien eigentlich nur für jene Personen problematisch, die an einer Latexallergie leiden. Dann nämlich könnten sog. Kreuzreaktionen mit bestimmten Lebensmitteln auftreten, deren Eiweiße den Latexallergenen ähneln.

Derartige Kreuzreaktionen können im Falle der Latexallergie jedoch nicht nur nach Avocados, Kiwis und Bananen, sondern auch nach dem Verzehr von Ananas, Maroni, Feigen, Kartoffeln, Mangos, Melonen, Papayas, Passionsfrüchten, Pfirsichen, Spinat und Tomaten auftreten. Warum werden diese Lebensmittel nicht genannt?

Will man ferner Allergiker vor ihren Allergenen warnen, dann darf man getrost nahezu alle Lebensmittel dieser Erde aufführen, da es kaum eines geben wird, gegen das nicht irgendwo auf der Welt jemand eine Allergie entwickelt hätte.

Bananen seien hochgradig gefährlich – für schwer Nierenkranke

Bananen seien jedoch noch aus einem anderen Grunde höchstgefährlich, nämlich für die Nieren. Glücklicherweise wird erwähnt, dass dies nur für Nierenkranke zutrifft. Gesunde können also bereits aufatmen und sich ihre tägliche Banane schmecken lassen.

Für Nierenkranke seien Bananen deshalb so hochgradig toxisch, weil sie viel Kalium enthalten – und man sich bei Niereninsuffizienz schließlich kaliumarm ernähren müsse ( 6 ).

Doch selbst bei einer Niereninsuffizienz ist eine kaliumarme Kost erst im fortgeschrittenen Stadium nötig. Das Problem ist hier also nicht das Kalium und schon gar nicht die Banane, sondern die eingeschränkte Nierenfunktion, die sich vermutlich überhaupt erst entwickeln konnte, weil jahrzehntelang ungesund, nämlich obst- und gemüsearm gelebt wurde.

Abgesehen davon, dass Kalium ein äußerst wichtiger Mineralstoff ist, ohne den im Organismus so gut wie gar nichts läuft und eine gesunde Ernährung grundsätzlich sehr kaliumreich ist, enthalten Bananen mit etwa 400 mg Kalium pro 100 g nicht einmal übermäßig viel Kalium. Aprikosen enthalten mit 440 mg deutlich mehr, Trockenfrüchte durchschnittlich 1200 mg, Fenchel 780 mg, Spinat 660 mg, Champignons 520 mg und so weiter. Vor allen diesen Lebensmitteln aber warnt news.de in diesem Zusammenhang nicht.

Kirschen seien tödlich – jedoch nur, wenn man die Kerne zerkaut

Kirschen seien tödlich, lautet die nächste Schlagzeile. Denn Kirschkerne würden einen Giftstoff enthalten, das sog. Cyanid. Will man sich also mit Hilfe von Kirschen vergiften, muss man die Kerne zerbeißen und diese vor dem Schlucken gründlich kauen.

Haben Sie schon einmal versucht, einen Kirschkern zu zerbeißen? Es ist keinesfalls einfach und die meisten werden eher einen Zahn verlieren, als den Kirschkern zu knacken. Niemand wird somit am Kirschverzehr sterben, denn selbst wenn man alle Kirschen mit Kern verspeisen würde, kämen die Kerne vollkommen unverändert auf der Toilette wieder zum Vorschein. Sie sind gänzlich unverdaulich. Man müsste sie schon mit einer Spezialmühle zu Mehl vermahlen und dieses löffelweise einnehmen, um in die tödliche Wirkung von Kirschen zu gelangen.

Grapefruits nicht bei hohem Cholesterinspiegel essen

Schließlich wird noch vor der guten alten Grapefruit gewarnt, nämlich dann, wenn man einen hohen Cholesterinspiegel habe. Das Problem ist jedoch auch hier nicht die Grapefruit, sondern das, was Menschen tun, wenn sie einen hohen Cholesterinspiegel haben: Statine (Cholesterinsenker) schlucken.

Grapefruits nämlich können deren Wirkung beeinflussen, so dass die Medikamente stärker wirken als erwünscht und somit natürlich auch stärkere Nebenwirkungen haben. Dass sich Grapefruits (besonders die rosafarbenen) im Grunde äußerst positiv auf den Cholesterinspiegel auswirken würden – wie eine israelische Studie ( 2 ) an 60 Patienten schon im Jahr 2006 ergeben hatte – wird bei news.de natürlich nicht erwähnt…

Auch stellt sich die Frage, warum nur auf die Wechselwirkung mit Statinen hingewiesen wird. Denn Grapefruits und Grapefruitsaft sollte man auch nicht zusammen mit Blutdrucksenkern und Herzmedikamenten (Calciumkanalblocker) nehmen, genau so wenig mit manchen Immunsuppressiva, Beruhigungsmitteln, Schlafmitteln, Schmerzmitteln, Krebsmedikamenten, Anti-Allergika, Wurmmitteln, Epilepsiemedikamenten sowie nicht mit Cortison und auch nicht mit Viagra – um nur eine kleine Auswahl zu nennen.

Kohlgemüse solle man bei Schilddrüsen-Problemen meiden

„Grünkohl, Blumenkohl, Rohkostsalat: Finger weg bei Schilddrüsen-Problemen!“ – so die letzte Schlagzeile in den Fake-News von news.de. Ja, man solle „einen großen Bogen“ um diese Gemüse machen, heißt es. Kohlsorten enthielten sog. Goitrogene, also Stoffe, die sich hemmend auf die Schilddrüsenhormonproduktion auswirken würden. Patienten mit einer Schilddrüsenunterfunktion sollten daher Kohlgemüse „von ihrem Speiseplan streichen“.

Kohlgemüse jedoch sind extrem gesunde Lebensmittel, die vor zahlreichen Krankheiten schützen. Sie enthalten krebshemmende, antioxidative und antientzündliche Stoffe, so dass es äußerst ungesund wäre, eine Ernährung ohne Kohlgemüse zu praktizieren. Dass die Problematik mit goitrogenen Substanzen vollkommen überbewertet wird, haben wir bereits in unserem Artikel über Weißkohl beschrieben.

Auch Sojaprodukte werden als goitrogen beschrieben. Zu diesem Thema haben wir einen kompletten Artikel verfasst, der erklärt, dass nicht einmal Soja bei Schilddrüsenunterfunktion gemieden werden muss, im Gegenteil, dass eine sojahaltige pflanzenbasierte Ernährung der Schilddrüse dabei hilft, wieder gesund zu werden.

Superfoods solle man keinesfalls essen

Besagte Seite rät in weiteren Artikeln außerdem dringend vom Verzehr von Superfoods wie Chiasamen und von Gojibeeren ab. Gojibeeren wird der hohe Fruchtzuckergehalt vorgeworfen und die Tatsache, dass sie u. U. die Wirkung blutverdünnender Medikamente verstärken können. 

Ein hoher Fruchtzuckergehalt aber ist bei Trockenfrüchten nichts Besonderes und auch kein Problem. Fruchtzucker ist lediglich in isolierter Form bedenklich, z. B. in Softdrinks oder Süßigkeiten. Zur Blutverdünner-Angelegenheit haben wir bereits ausführlich in unserem Artikel über natürliche Blutverdünner aufgeklärt.

Chiasamen seien riskant – weil sie so kalorienreich sind

Chiasamen würden stark aufquellen, was zu Verdauungsbeschwerden führen könne, so die Warnung. Gerade das Quellvermögen jedoch zählt zu den vorteilhaften Eigenschaften der Chiasamen. Das Quellvermögen ist es dann auch, das aus Chiasamen so wertvolle darmreinigende und verdauungsfördernde Lebensmittel macht, natürlich nur, wenn man sie mit ausreichend Flüssigkeit zu sich nimmt, was news.de vielleicht nicht wusste.

Genau wie Avocados so seien auch Chiasamen unglaublich kalorienreich, lautet der nächste Vorwurf, der dazu beitragen soll, dass man die beiden Superfoods auf gar keinen Fall mehr isst. Die Zeiten, in denen Lebensmittel allein nach ihrem Kaloriengehalt beurteilt werden, sind jedoch glücklicherweise vorbei. Und da man Chiasamen oft sowieso ganz und gequollen als Verdauungshilfe verzehrt, merkt man von den Kalorien so gut wie gar nichts, da das enthaltene Fett kaum verdaut wird.

Mahlt man Chiasamen, um an die gesunden Omega-3-Fettsäuren zu gelangen, liefern sie nicht mehr Kalorien als Nüsse, Mandeln, Sonnenblumenkerne und viele andere hochgradig gesunde Lebensmittel mit hoher Nährstoff- und Vitalstoffdichte, vor denen bei news.de erstaunlicherweise nicht gewarnt wird. Stopp, vor Mandeln wird natürlich gewarnt.

Mandeln seien giftig – aber nur, wenn es Bittermandeln sind

Laut news.de-Text „Vorsicht, diese gesunden Lebensmittel können tödlich sein“ vom August 2017 solle man Mandeln besser nicht essen, nämlich dann nicht, wenn es sich um Bittermandeln handelt, obwohl ein Foto von gebrannten Süßmandeln abgebildet ist ( 3 ). Von den Bittermandeln nun solle man nicht mehr als 50 bis 60 Stück verzehren, sonst würde es giftig werden.

Schon beim Verzehr der ersten Bittermandel vergeht einem jedoch die Lust auf mehr, so grässlich ist der Geschmack. Allenfalls Personen, die an einem Verlust des Geschmacksinns leiden, sollten hier vorsichtig sein und unbedingt mitzählen.

Lustig, dass news.de keine vier Monate später „die leckersten Rezepte für Superfood-Plätzchen“ präsentiert und einem dabei wärmstens Chia-Cookies und Gojibeeren-Bananen-Taler empfiehlt (die Seite wurde inzwischen gelöscht). Durch die Superfoods würden aus den Plätzchen die reinsten „Kalzium- und Antioxidantien-Booster“, was die Glaubwürdigkeit der Seite auf eine harte Probe stellt, zumal man diese Superfoods ja unbedingt meiden sollte.

Im Grunde geht es bei Seiten wie der genannten um nichts als Effekthascherei. Damit lassen sich leicht die Zugriffzahlen erhöhen und mit wenig Aufwand viel Umsatz generieren. Wir hoffen, Sie durchschauen die Strategie und lassen sich nicht irritieren.

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Wichtiger Hinweis

Dieser Artikel wurde auf Grundlage (zur Zeit der Veröffentlichung) aktueller Studien verfasst und von MedizinerInnen geprüft, darf aber nicht zur Selbstdiagnose oder Selbstbehandlung genutzt werden, ersetzt also nicht den Besuch bei Ihrem Arzt. Besprechen Sie daher jede Massnahme (ob aus diesem oder einem anderen unserer Artikel) immer zuerst mit Ihrem Arzt.