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Wie Jod vor Radioaktivität schützt

Bei Nuklearkatastrophen kann radioaktives Jod entweichen. Radioaktives Jod kann zu aggressivem Schilddrüsenkrebs führen. Durch die rechtzeitige Einnahme von Jod kann man dieser Gefahr vorbeugen. Wir erklären, ob und wie Jod vor Radioaktivität schützen kann.

Fachärztliche Prüfung: Gert Dorschner
Aktualisiert: 29 Januar 2023

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Jod einnehmen und vor Radioaktivität geschützt sein

In Krisensituationen kaufen viele Menschen Jodtabletten oder Jodtropfen und nehmen das Jod ein, um sich im Falle eines Falles vor Radioaktivität schützen zu können. Denn bei Unfällen in kerntechnischen Anlagen oder auch bei terroristischen Anschlägen auf Kernkraftwerke kann radioaktives Jod entweichen.

Schilddrüsenkrebs und Kalte Knoten durch radioaktives Jod

Radioaktives Jod (Jod-131) kann die Schilddrüse schädigen und Schilddrüsenerkrankungen verursachen – etwa gutartige Schilddrüsentumoren („Kalte Knoten“), aber auch Schilddrüsenkrebs. Laut Studien sollen es sogar ganz besonders aggressive Schilddrüsenkrebsformen sein, die nach radioaktiver Exposition entstehen können. Sie streuen schnell und bilden Metastasen in den Lymphknoten ( 1 ) ( 2 ).

Normalerweise erkranken jedes Jahr etwa 13 von 100.000 Personen neu an Schilddrüsenkrebs. Nach dem Kontakt mit radioaktivem Jod steigt diese Rate stark. Im Fachjournal Cancer erschien 2014 eine Studie dazu, in der man 11.664 Menschen aus Belarus über mehr als zwei Jahrzehnte lang wissenschaftlich beobachtet hatte. Die Probanden waren als Kinder oder junge Erwachsene während der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl im Jahr 1986 radioaktivem Jod ausgesetzt gewesen.

Risiko für Schilddrüsenkrebs steigt um mehr als das 100-Fache

Im Laufe von 20 Jahren nach dem Supergau erkrankten in der Probandengruppe 158 an Schilddrüsenkrebs, was bedeutet, dass die Schilddrüsenkrebsrate um mehr als das 100-Fache gestiegen war (auf 1354 Betroffene pro 100.000 Personen). Besonders der Verzehr von Kuhmilch trug zur Belastung bei, da diese stark kontaminiert war, so dass gerade Menschen, die seinerzeit in ihrer Kindheit viel Kuhmilch erhalten hatten, Jahrzehnte später ein überdurchschnittlich hohes Krankheitsrisiko hatten.

Risiko für andere Schilddrüsenerkrankungen ist gering

Das Risiko für andere Schilddrüsenerkrankungen, wie eine Schilddrüsenunterfunktion, eine Schilddrüsenüberfunktion oder eine chronische Schilddrüsenentzündung (Hashimoto Thyreoiditis) ist nach radioaktiver Exposition durch einen nuklearen Unfall nicht sonderlich erhöht. Nach Bestrahlung (Strahlentherapie gegen Krebs) hingegen zeigt sich ein deutlich erhöhtes Risiko für die genannten Schilddrüsenerkrankungen ( 4 ).

Warum radioaktives Jod der Schilddrüse schadet

Die Schilddrüse ist eines der strahlungsempfindlichsten Organe des menschlichen Körpers. Zudem ist die Schilddrüse jenes Organ, das mit Abstand am meisten Jod benötigt und dieses zu lebenswichtigen Stoffwechselhormonen verarbeitet – zu Thyroxin (T4) und zu Trijodthyronin (T3). Zur Herstellung von T4 benötigt der Organismus 4 Jod-Atome, zur Herstellung von T3 sind es 3 Jod-Atome.

Jod ist also ein essentielles Spurenelement, das zwingend mit der Nahrung oder mit Nahrungsergänzungsmitteln eingenommen werden muss, da der Körper nicht in der Lage ist, Jod selbst herzustellen.

Nimmt man nun mit der Nahrung und/oder mit Nahrungsergänzungsmitteln täglich um die 200 µg Jod zu sich, dann gilt die Schilddrüse offiziell als gut versorgt. Sie kann daraus ausreichend Hormone bilden und auch ihren Speicher – der 10 bis 20 mg Jod umfasst – regelmässig auffüllen.

(Hinweis: Manche Experten (Dr. Guy Abraham, Dr. David Brownstein und Dr. Jorge Flechas) raten zur Einnahme von viel höheren Joddosen, z. B. in Form von Lugol’scher Lösung (täglich 1 mg), was jedoch ein anderes Thema ist und hier nicht näher besprochen wird, evtl. in einem baldigen weiteren Artikel zur Jodthematik).

Da die Schilddrüse nun dazu neigt, so viel Jod wie nur möglich aufzunehmen, nimmt sie bei einer Exposition mit radioaktivem Jod dieses bis zu ihrem absoluten Limit auf und speichert es. Das radioaktive Jod kann nun im Laufe der Zeit die Zellen der Schilddrüse schädigen, dort zu Entartungen und so zu Schilddrüsenkrebs führen. Die Schilddrüse von Kindern und jungen Menschen ist diesbezüglich besonders anfällig.

Jodblockade: So schützt Jod die Schilddrüse

Nimmt man rechtzeitig vor dem Eintreffen der radioaktiven Jod-Wolke eine hohe Joddosis ein, dann ist die Schilddrüse bereits mit nicht-radioaktivem Jod gesättigt und kann – auch wenn man von radioaktivem Jod umgeben ist – dieses beim besten Willen nicht mehr aufnehmen. Man bezeichnet diese Prävention mit nicht-radioaktivem Jod als Jodblockade. 

So viel Jod ist nötig, um die Schilddrüse zu schützen

Zur Jodblockade gibt es spezielle Tabletten, die pro Tablette 65 mg Kaliumiodid (= 50 mg Jod) enthalten. Die erforderlichen Dosen sehen folgendermassen aus:

  1. Kinder unter 1 Monat: 16,25 mg Kaliumiodid (eine viertel Tablette)
  2. Kinder zwischen 1 Monat und 3 Jahren: 32,5 mg Kaliumiodid (eine halbe Tablette)
  3. Kinder zwischen 3 und 12 Jahren: 65 mg Kaliumiodid (eine ganze Tablette)
  4. Personen zwischen 12 und 45 Jahren (auch Schwangere und Stillende): 130 mg Kaliumiodid (zwei Tabletten)
  5. Personen über 45 Jahren – so heisst es – sollen keine Jodtabletten einnehmen. Bei Älteren würden die Nachteile überwiegen (etwa Stoffwechselentgleisungen oder Nebenwirkungen auf die Schilddrüse). Auch entwickle sich ein Schilddrüsenkrebs bei Älteren nicht mehr so oft und es dauere überdies etliche Jahrzehnte, bis ein Schilddrüsenkrebs entstehe, so dass man wohl davon ausgeht, dass die meisten der über 45-Jährigen den Zeitpunkt einer Krebsentstehung gar nicht mehr erleben.

Jodtabletten können in Wasser aufgelöst werden

Für Kinder und Personen, die keine Tabletten schlucken können/wollen, können die Tabletten in Wasser oder Saft aufgelöst werden. Die Flüssigkeit muss dann sofort getrunken werden. Der reine Jodanteil in Kaliumiodid beträgt etwa 77 Prozent, bei der Erwachsenendosis sind das somit 100 mg Jod.

Eignen sich herkömmliche Jodpräparate zur Jodblockade?

An der Dosis erkennen Sie, dass herkömmliche Jodpräparate im Vergleich zu den Jodtabletten zur Jodblockade sehr niedrig dosiert sind, nämlich nur 150 bis 200 µg Jod pro Tagesdosis enthalten, eben gerade so viel, dass der Tagesbedarf an Jod gedeckt ist.

Die Tabletten zur Jodblockade sind somit um das 500-Fache höher dosiert. Allerdings werden sie im Notfall auch nur einmalig eingenommen.

Wollten Sie nun die für die Jodblockade erforderliche Joddosis mit herkömmlichen Jodpräparaten einnehmen, z. B. mit den Jod-Tropfen von effective nature, dann müssten Sie als Erwachsener davon drei Fläschchen einnehmen. Denn eine Flasche enthält 33 mg Jod.

Der richtige Zeitpunkt für die Jod-Einnahme

Die Tabletten zur Jodblockade werden im Falle eines Falles vom Katastrophenschutz an Menschen verteilt, die im Umkreis von 100 km um einen Störfall wohnen oder demnächst Opfer einer radioaktiven Jod-Wolke werden. Der Zeitpunkt, wann eine solche Wolke nach ihrer Freisetzung wo eintrifft, kann berechnet werden.

  1. Ideal ist die Einnahme der Jodtabletten zwischen 24 und 48 Stunden vor Eintreffen der radioaktiven Jod-Wolke.
  2. Notfalls können die Jodtabletten auch noch nach Kontakt mit radioaktivem Jod eingenommen werden. Die Schutzwirkung ist jedoch geringer (siehe unten unter "Einnahme NACH Kontakt mit radioaktivem Jod").

Einnahme VOR Kontakt mit radioaktivem Jod

Nimmt man die Jodhochdosis maximal 48 Stunden vor dem Kontakt mit radioaktivem Jod-131, funktioniert die Jodblockade sehr gut und die Aufnahme von radioaktivem Jod durch die Schilddrüse kann fast vollständig verhindert werden – egal, ob der Betreffende zuvor gut mit Jod versorgt war oder einen Jodmangel hatte.

Hat man die Jodtabletten zu früh genommen (96 Stunden vor Eintreffen des radioaktiven Jods), dann haben die Tabletten kaum noch Schutzwirkung.

Einnahme NACH Kontakt mit radioaktivem Jod

Nimmt man die Tabletten 16 Stunden oder später nach dem Kontakt mit radioaktivem Jod ein, ist kaum noch ein Schutz zu erwarten.

Nimmt man sie jedoch 2 bis zu 8 Stunden nach dem Kontakt mit radioaktivem Jod, kann man noch einen Schutz erzielen (siehe oben). Wie gut dieser Schutz ist, hängt in diesem Falle aber von der allgemeinen Jodversorgung des Menschen ab. Wer zuvor einen Jodmangel hatte, nimmt trotz Jod-Hochdosis nun teilweise doppelt so viel radioaktives Jod auf, als Menschen, die schon zuvor gut mit Jod versorgt waren. Im Detail sahen entsprechende Untersuchungsergebnisse so aus:

Einnahme der Jod-Hochdosis 2 Stunden nach Exposition: Bei Menschen ohne Jodmangel erzielt die Jodblockade noch einen 80-prozentigen Schutz. Bei Menschen mit Jodmangel nur noch einen 65-prozentigen Schutz.

Einnahme der Jod-Hochdosis 8 Stunden nach Exposition: Bei Menschen ohne Jodmangel erzielt die Jodblockade noch einen 40-prozentigen Schutz. Bei Menschen mit Jodmangel nur noch einen 15-prozentigen Schutz ( 6 ).

Diagnose Jodmangel

Wenn also der Jodstatus so wichtig ist, sollte man wissen, wie man diesen herausfinden kann. Dazu kann man eine Urinuntersuchung durchführen lassen (beim Hausarzt). Ein Jodmangel liegt bei Werten von weniger als 100 µg/l Jod vor (bei Schwangeren liegt ein Jodmangel bei Werten von weniger als 150 µg/l vor).

Sollte Ihr Wert zu niedrig sein, versuchen Sie, mehr jodhaltige Lebensmittel in Ihren Speiseplan zu integrieren (siehe hier: Jodbedarf decken ) und/oder nehmen Sie eine Nahrungsergänzung mit Jod ein (täglich 150 - 200 µg).

Gute Jodversorgung ist wichtig!

Wie Sie oben gelesen haben, ist das Risiko für eine Schilddrüsenerkrankung durch radioaktives Jod umso höher, je schlechter eine Person vor dem Kontakt mit radioaktivem Jod mit natürlichem Jod versorgt war. Vermeiden Sie daher in jedem Fall einen Jodmangel, z. B. mit den folgenden Präparaten: 

  1. Jodtropfen von *effective nature liefern bei einer Tagesdosis von 5 Tropfen 150 µg Jod.
  2. Auch *Kelp-Kapseln sind eine gute und natürliche Möglichkeit, sich täglich mit ausreichend Jod zu versorgen. Kelp ist eine jodhaltige Meeresalge. Die Kapseln versorgen ebenfalls mit 150 µg Jod pro Tagesdosis.
  3. Dulse ist eine weitere jodhaltige Meeresalge. Es gibt sie in Flockenform, die man zum Würzen in Salate, zu Gemüse oder in Reisgerichte geben kann. Schon 1 g der *Dulse-Flocken liefert 150 µg Jod.

Jod schützt nur die Schilddrüse

Die Einnahme von Jod schützt lediglich die Schilddrüse und sie schützt auch nur vor den schädlichen Auswirkungen von radioaktivem Jod. Die Einnahme von Jod schützt also nicht vor anderen radioaktiven Stoffen und deren schädlichen Auswirkungen. Bei atomaren Unfällen aber können noch weitere radioaktive Partikel entweichen, etwa Xenon-133, Tellur-132, Cäsium-134 und -137, Strontium und Plutonium.

Wie gefährlich sind radioaktive Elemente?

Nicht alle diese Partikel verbreiten sich gleich weit, so dass nicht alle Menschen gleich stark betroffen sind. Die drei Erstgenannten (Xenon-133, Tellur-132 und Cäsium) sowie Jod können mit dem Wind über mehrere 1000 Kilometer verteilt werden und auf diese Weise viele Menschen und Landstriche kontaminieren.

Radioaktives Strontium und Plutonium hingegen sind schwer flüchtig, was bedeutet, dass sie sich nur im Umkreis von 100 Kilometern um die Unfallstelle herum ablagern. Allerdings haben sie eine enorm hohe Halbwertszeit.

Plutonium beispielsweise hat eine Halbwertszeit von mehreren tausend Jahren, was bedeutet, dass in diesem Zeitraum erst die Hälfte des in der Umwelt befindlichen Plutoniums abgebaut ist. Plutonium-240 etwa hat eine Halbwertszeit von 6.500 Jahren, Plutonium-239 eine Halbwertszeit von 24.100 Jahren ( 3 ).

Am ehemaligen Reaktor von Tschernobyl ist daher noch heute die Aktivität des radioaktiven Plutoniums genauso hoch wie am Tage des Unfalls, der mittlerweile mehr als 35 Jahre zurückliegt.

Die Halbwertszeit von radioaktivem Cäsium und Strontium liegt bei 30 Jahren. Jod-131 und Xenon-133 haben dagegen eine recht kurze Halbwertszeit (Jod 8,2 Tage ( 5 )), so dass diese beiden bereits nach drei Monaten fast vollständig abgebaut sind.

Natürlicher Schutz vor radioaktiver Strahlung

Naturheilkundliche Massnahmen, die den Körper stärken können, damit er radioaktiver Strahlung besser begegnen kann, stellen wir im folgenden Artikel vor: Wie Sie sich vor CT- und Röntgenstrahlung schützen können

Sollte es zu einer Nuklearkatastrophe kommen, können die dort genannten Massnahmen natürlich nicht (wie etwa ein Strahlenschutzanzug) die Strahlung abhalten. Doch machen sie den Organismus weniger anfällig für strahlenbedingte Schäden und Folgekrankheiten. Denn auch in Tschernobyl erkrankten nicht alle Menschen gleichermassen, so dass man sein persönliches Risiko durchaus beeinflussen kann und es Sinn macht, sich bestmöglich auch von innen zu schützen.

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Wichtiger Hinweis

Dieser Artikel wurde auf Grundlage (zur Zeit der Veröffentlichung) aktueller Studien verfasst und von MedizinerInnen geprüft, darf aber nicht zur Selbstdiagnose oder Selbstbehandlung genutzt werden, ersetzt also nicht den Besuch bei Ihrem Arzt. Besprechen Sie daher jede Massnahme (ob aus diesem oder einem anderen unserer Artikel) immer zuerst mit Ihrem Arzt.