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  • Verschiedene Sojaprodukte auf einem Holztisch serviert
15 min

Soja und die Schilddrüse - Gesunder Genuss

Sojaprodukte sorgen für Abwechslung auf dem Speiseplan. Wie jedoch kaum ein anderes Lebensmittel muss sich die Sojabohne häufig kritisieren, wenn nicht gar diskreditieren lassen. So soll sie u. a. die gefährlich klingenden Goitrogene enthalten und daher für die Schilddrüse gar nicht gut sein. Denn Goitrogene sind Stoffe, die die Schilddrüsenfunktionen beeinflussen können. Schon seit etlichen Jahren weiss man jedoch, dass Sojaprodukte – wenn man beim Verzehr auf zwei eigentlich selbstverständliche Kleinigkeiten achtet – der Schilddrüse nichts anhaben können.

Fachärztliche Prüfung: Gert Dorschner
Aktualisiert: 14 März 2024

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Soja und die Goitrogene

Sojaprodukte sind äusserst vielseitig, denn aus Sojabohnen ist fast alles machbar: Sojamilch, Sojasahne, Sojaeis, Sojaburger, Sojahackfleisch, Sojaschnitzel, Sojawürstchen und noch viel mehr. Dennoch haben Sojaprodukte keineswegs nur Freunde. Im Gegenteil, im Internet findet sich an jeder Ecke ein kritisierender Artikel. Bezeichnenderweise ist es immer derselbe, der durchs Netz kursiert – mit immer denselben teils uralten, teils fragwürdigen Quellen.

So wirft man der Sojabohne beispielsweise vor, sie würde die sog. Goitrogene enthalten bzw. goitrogen wirken. "Goitrogen" bedeutet wörtlich übersetzt "kropfbildend". Sojaprodukte sollen folglich die Schilddrüse negativ beeinflussen und zu einer Unterfunktion derselben führen, ja, sogar Schilddrüsenkrebs sollen sie verursachen können.

Soja – nur problematisch bei übermässigem Verzehr

Im Anti-Soja-Buch von Kaayla T. Daniel (Soja – Die ganze Wahrheit) findet man dazu mehrere Erfahrungsberichte von Personen, die Sojaprodukte konsumiert hatten und nach einigen Wochen oder Monaten angeblich Schilddrüsenprobleme bekommen haben. Keine dieser Personen hat Sojaprodukte in einem normalen Umfang konsumiert. In jedem Erfahrungsbericht findet man hingegen Passagen wie diese:

  1. "…Also ass ich täglich Tofu, trank ordentliche Mengen Sojamilch, knabberte Sojanüsse statt normaler Snacks und achtete darauf, dass meine Nahrungsergänzungen Isoflavone enthielten."
  2. Oder "…Im vergangenen Jahr habe ich Unmengen Tofu, Edamame, Sojafleischersatz, Sojakäse, Sojabutter, Sojasauerrahm, Sojafrischkäse, Sojajoghurt und vor allem Sojamilch – am liebsten mit Schokogeschmack – zu mir genommen. In den vergangenen drei bis sechs Monaten habe ich drei bis sechs Tassen (= 750 bis 1500 ml) Sojamilch täglich getrunken…"
  3. Auch eine 17-Jährige kommt zu Wort, die in diesem jugendlichen Alter eine Schilddrüsenkrebs-Diagnose erhalten hatte. Sie berichtet, als Baby nicht gestillt, sondern mit Säuglingsmilchnahrung aus Soja ernährt worden zu sein. Auch schreibt sie, als Kind wöchentlich mehrere Flaschen Sojasauce getrunken zu haben (also nicht Sojamilch!) – und das über Jahre hinweg ("Ja, ich war ein seltsames Kind", steht in ihrem Bericht). Ferner habe sie sich vor Erreichen der Pubertät vegetarisch ernährt, weshalb Sojaprodukte einen grossen Teil ihrer Ernährung ausgemacht hätten, weil sie ihrem Körper ausreichend Eiweiss geben wollte.

Was ist aus all diesen Berichten klar ersichtlich? Diese Leute sind extreme Ausnahmefälle. Sie nahmen absolut unnormal hohe Mengen Sojaprodukte zu sich.

Wie viele Jugendliche gibt es ferner, die an Krebs leiden und KEIN Soja gegessen haben? Und umgekehrt, wie viele Kinder, Jugendliche und Erwachsene gibt es, die Sojaprodukte essen (in normalen Mengen!) und gesund sind? Es dient der Sache also wenig, Einzelfälle aufzuführen, die sich so seltsam ernähren, dass sich ihre Erfahrungen gar nicht auf den normalen Menschen übertragen lassen – es sei denn, man neigt ebenfalls zu exzessartigen Soja-Fressattacken.

Goitrogen wirksame Stoffe in der Sojabohne: die Isoflavone

Bei den goitrogen wirksamen Stoffen in der Sojabohne handelt es sich um niemand Geringeren als die Isoflavone, also jene sekundären Pflanzenstoffe, die an anderer Stelle für die so positiven gesundheitlichen Auswirkungen der Sojabohne gelobt werden.

Die Isoflavone gehören übrigens zur grossen Gruppe der Flavonoide. Sicher haben sie von diesen Stoffen bereits gehört – und vermutlich nur das Allerbeste. Denn Flavonoide sind jene Pflanzenstoffe, die als grossartige Antioxidantien, Entgifter, Krebsbekämpfer und Entzündungshemmer gelten.

Abgesehen von den Isoflavonen der Sojabohne gehören zu den Flavonoiden auch die Anthocyane (blaue, violette und dunkelrote Pflanzenfarbstoffe in Beeren, Blüten, Auberginen etc.) sowie das berühmte Epigallocatechingallat (EGCG) des Grüntees. Letzteres wird u. a. zur Krebsprävention, Unterstützung der Entgiftung und Hemmung von Alzheimer und Parkinson eingesetzt.

Und nun sind genau diese Stoffe plötzlich schädlich? Ja, sie sind es – und zwar dann, wenn man die Stoffe in isolierter und zu hoch konzentrierter Form täglich und dauerhaft zu sich nimmt. Denn dazu sind diese Stoffe nicht gemacht.

Daher findet man auch zum EGCG Studien, die zeigen, dass dieser eigentlich so gesunde Stoff die Schilddrüsenfunktion hemmen kann. Hemmt er die Schilddrüsenfunktion jedoch, wenn man täglich ein oder zwei Tässchen Grüntee trinkt? Hemmt er sie, wenn man kurweise zur Entgiftung Grünteeextrakt nimmt? Nein. EGCG hemmt die Schilddrüsenfunktion, wenn man diesen Stoff dauerhaft, isoliert und hochkonzentriert zu sich nimmt oder im Exzess Grüntee oder Matcha trinkt.

Genau dasselbe gilt für die Isoflavone der Sojabohne und somit auch für Sojaprodukte. Wer Isoflavone z. B. in Kapselform in hohen Dosen als Nahrungsergänzung nimmt oder extrem viele Sojaprodukte isst, läuft Gefahr – bei entsprechender Veranlagung – Schilddrüsenprobleme zu entwickeln.

Die Schilddrüsen-Studie der Sojagegner

Da Soja also nur in bestimmten Fällen und bei bestimmten Verzehrgewohnheiten ungünstig wirkt, ist es kein Wunder, dass auf Anti-Soja-Seiten als Beweis für die angebliche Schilddrüsenschädlichkeit von Soja meist nur eine einzige Humanstudie aufgeführt werden kann. Diese stammt aus dem Jahr 1991, ist also nicht mehr gerade topaktuell und liegt ausschliesslich auf Japanisch vor. Lediglich die Messwerttabellen und der Abstract (die Zusammenfassung) sind einsehbar: Darin wird beschrieben, dass man 37 Personen in drei Gruppen aufgeteilt hatte:

  1. Gruppe 1 (20 Teilnehmer) ass einen Monat lang täglich 30 g eingelegte Sojabohnen.
  2. Gruppe 2 bestand aus 7 jüngeren Probanden um die 30, die die Sojabohnen drei Monate lang assen.
  3. Gruppe 3 (10 Teilnehmer) nahm die Sojabohnen ebenfalls drei Monate lang, bestand aber aus älteren Personen (um die 60).

Das Ergebnis:

In allen Gruppen blieben die unterschiedlichen Serumwerte der Schilddrüsenhormone auch nach Sojaverzehr unverändert, jedoch stiegen die TSH-Werte, blieben aber im normalen Bereich."

Schaden Sojaprodukte der Schilddrüse?

TSH ist jenes Steuerhormon, das vom Gehirn (der Hypophyse) ausgeschüttet wird, wenn dieses der Meinung ist, der Körper brauche mehr Schilddrüsenhormone, was z. B. dann der Fall ist, wenn der Mensch Sport treibt oder wenn es ihm plötzlich kalt wird. Denn immer dann muss der Stoffwechsel aktiviert werden – und die Aktivierung des Stoffwechsels ist die Hauptaufgabe der Schilddrüsenhormone.

Dauerhaft erhöhte TSH-Werte können somit auf eine Schilddrüsenunterfunktion hinweisen, da der TSH-Spiegel sofort sinken würde, wenn ausreichend Schilddrüsenhormone gebildet wurden. Erst dann, wenn die Schilddrüse dem Signal des TSH nicht nachkommen kann, bleibt das TSH chronisch erhöht.

Die offiziell geltenden Normwerte des TSH sind jedoch oft von sehr niedrig bis sehr hoch angesetzt, so dass auch TSH-Werte, die im oberen Teil der Normwerte liegen, bei etlichen Patienten zu Unterfunktionssymptomen führen, gleichzeitig aber von nicht wenigen Ärzten noch als völlig normal bezeichnet werden.

Könnte es also bereits nach wenigen Wochen mit nur 30 g Sojabohnen pro Tag zu einer Schilddrüsenunterfunktion kommen? Nicht nur das: Laut der japanischen Forscher hätten sich bei der Hälfte der Probanden in den Gruppen zwei und drei ausserdem Kröpfe entwickelt.

Sojaverzehr und Schilddrüsenunterfunktion: Kein Zusammenhang

Die Zahl der Probanden war in der japanischen Studie sehr gering. Studien mit dieser geringen Teilnehmerzahl werden normalerweise nicht als repräsentativ eingeschätzt.

Auch sind eingelegte Sojabohnen in der beschriebenen Menge ein sehr traditioneller und klassischer Bestandteil der japanischen Küche. Ganz Japan – wo zwischen 25 und 100 mg Isoflavone pro Tag verzehrt werden (siehe nachfolgende Liste) – müsste an einer Schilddrüsenunterfunktion mit Kropfbildung leiden, was nicht der Fall ist.

Im Gegenteil. In einer Untersuchung aus dem Jahr 2009 stellte man fest, dass von den untersuchten 1.818 japanischen Erwachsenen nur 12 Personen eine symptomatische Unterfunktion und nur zwei von diesen 12 einen tastbaren Kropf hatten.

Hier zur besseren Übersicht eine Auswahl an Sojaprodukten mit dem entsprechenden Isoflavongehalt.

  1. 100 g Tofu liefert etwa 25 mg Isoflavone.
  2. 100 g Sojadrink liefert 7 – 9 mg Isoflavone.
  3. 100 g Tempeh liefert 43 mg Isoflavone.
  4. 100 g Shoyu liefert 1,6 mg Isoflavone.

Deutschland: Wenig Soja – viele Schilddrüsenprobleme

Forscher der Universität in Würzburg überprüften im Jahr 2004 die Situation in Deutschland und entdeckten bei einer Untersuchung von 96.000 zufällig ausgewählten Angestellten verschiedener Betriebe (im Alter zwischen 18 und 65), dass bei etwa 33 Prozent ein Kropf und/oder Schilddrüsenknoten vorlagen. Schilddrüsenstörungen seien daher in Deutschland weit verbreitet, schrieben die Wissenschaftler im Fachjournal Thyroid.

Es ist jedoch völlig ausgeschlossen, dass ein Drittel der Bevölkerung täglich Sojaprodukte verzehrt und deshalb nun Kröpfe entwickelt hat – zumal eine Untersuchung aus dem Jahr 2002 ergeben hatte, dass man in Europa sehr wenig Sojaprodukte verzehrt (weniger als 1 g pro Kopf und Tag), so dass die hohe Zahl an Schilddrüsenerkrankungen eindeutig andere Ursachen haben muss.

Weitere Untersuchungen zeigen hier beispielsweise eher eine Verbindung zur Jodaufnahme – zumindest in Japan. Je mehr Jod die Menschen dort aufnehmen, umso höher die Gefahr, eine markante Unterfunktion zu entwickeln.

Vegane Ernährung schützt gut vor Schilddrüsenstörungen

In einer Studie aus dem Jahr 2013 hatte man überprüft, wie sich verschiedene Ernährungsformen auf die Schilddrüse auswirken. Es zeigte sich, dass eine normale Ernährung (mit Fleisch, Fisch etc.) und eine vegetarische Ernährung (mit Eiern und Milchprodukten) mit einem höheren Risiko für eine Schilddrüsenunterfunktion im Zusammenhang stehen, während eine vegane Ernährung vor einer Schilddrüsenunterfunktion eher zu schützen schien.

Dies erstaunte die Forscher, da man eigentlich das Gegenteil erwartet hätte. Denn gerade Veganer essen doch Sojaprodukte, verzehren ferner viel Gemüse (und Kohl gilt ebenfalls wie Soja als goitrogen) und meiden überdies konsequent Fisch und Meeresfrüchte, weshalb manche "Experten" stets befürchten, Veganer würden an einem Jodmangel leiden.

Wieder einmal zeigte sich,

  1. dass eine gut geplante vegane Ernährung mit allen Nähr- und Vitalstoffen bestens versorgt, auch mit Jod,
  2. dass Sojaprodukte keinen schädlichen Einfluss auf die Schilddrüse haben und
  3. dass eine vegane Ernährung zusätzlich schützende Stoffe liefert, die Krankheiten oder Organfunktionsstörungen wie die der Schilddrüse erfolgreich abwehren können.

Studien: Soja ist nicht Ursache von Schilddrüsenstörungen

Die aktuelle Datenlage bestätigt die Vermutung, dass Sojaprodukte nicht zu den hauptsächlichen Ursachen einer Schilddrüsenstörung gehören. Sehr viele Wissenschaftler und Universitäten haben sich in den letzten Jahren diesem Thema gewidmet – und es ist schwer zu glauben, dass sie allesamt von der "bösen" Sojaindustrie bezahlt und gekauft wurden, wie gerne behauptet wird.

Denn andererseits müsste man dann auch davon ausgehen, dass sämtliche Anti-Soja-Studien von der Fleischindustrie gesponsert werden. Und tatsächlich: Besagter eingangs erwähnter Anti-Soja-Artikel stammt höchstwahrscheinlich von Mitgliedern der Weston A. Price-Stiftung, einer Organisation, in deren Statuten die Förderung des Milchverzehrs und der Konsum reichlich tierischer Fette ein wichtiger Punkt darstellt. Auch Kaayla T. Daniel – Autorin des weiter oben genannten über 500 Seiten dicken Anti-Soja-Schmökers – ist Mitglied des Verwaltungsrats der Weston A. Price-Stiftung. Doch nun zu den Studienergebnissen der letzten zehn Jahre:

Keine Änderung der Schilddrüsenwerte durch Sojaverzehr

Aus dem Jahr 2006 liegt eine Übersichtsarbeit (Review) vor, die im Fachjournal Thyroid veröffentlicht wurde. Das betreffende Forscherteam hatte sämtliche zu jener Zeit vorhandenen Humanstudien (14 Stück) analysiert, in denen an irgendeiner Stelle der Zusammenhang Schilddrüse/Soja erwähnt und dabei mindestens ein Schilddrüsenwert ermittelt wurde.

Mit einer einzigen Ausnahme konnte man in diesen Studien entweder überhaupt keine Änderungen der Schilddrüsenwerte infolge von Sojaverzehr feststellen oder nur sehr geringe. Das Ergebnis war somit, dass es höchstens dann zu einer Wechselwirkung kommen könne, wenn synthetische Schilddrüsenhormone medikamentös eingenommen werden. Dann nämlich können Sojaprodukte in manchen (!) Fällen die Resorption der Hormone hemmen, was jedoch mit einer etwas höheren Hormondosis wieder ausgeglichen werden kann.

Mit dieser Wirkung ist Soja übrigens nicht allein. Es gibt noch viele andere Lebensmittel und Nahrungsergänzungen, die man nicht gemeinsam mit Schilddrüsenhormonen einnehmen sollte (Ballaststoffe, Calciumpräparate, manche Kräuter, Zeolith etc.), die deshalb aber keinesfalls ungesund wären. Auch Milchprodukte sollten keinesfalls mit den Schilddrüsenhormonen eingenommen werden, wie wir hier erklärt hatten: Milchprodukte hemmen Schilddrüsenhormone

Es ist somit nicht erforderlich, so die Forscher der Loma Linda University in Kalifornien, dass Menschen mit Schilddrüsenproblemen, Sojaprodukte meiden, zumal die Schilddrüsenhormone normalerweise auf leeren Magen eingenommen werden (und nicht gemeinsam mit einer Sojamahlzeit) und man – falls doch erforderlich – die Dosis der Hormone jederzeit anpassen kann.

Allerdings könne ein gleichzeitig vorliegender Jodmangel in Kombination mit dem Sojaverzehr das Risiko einer Unterfunktion erhöhen. Das liegt daran, dass man glaubt, Isoflavone würden das Jod an sich binden, das sich eigentlich an die Aminosäure Tyrosin binden sollte, um Schilddrüsenhormone herzustellen. Unter anderem aus diesem Grunde gelten die Isoflavone als Hemmer der Schilddrüsenhormonbildung. Studien zeigten jedoch, dass die Jodbindung an Isoflavone vernachlässigbar und klinisch nicht relevant ist.

Vorsichtshalber aber – so wird wieder an anderer Stelle geraten – soll man auf eine gute Jodversorgung achten. Doch ist eine adäquate Jodversorgung (nicht zu viel und nicht zu wenig) natürlich immer wichtig – ob man nun Sojaprodukte isst oder nicht.

Jahrelang Soja: Keine Auswirkungen auf die Schilddrüse

Im Jahr 2010 wurden die Ergebnisse einer dreijährigen randomisierten, doppelblinden und placebokontrollierten Studie mit postmenopausalen Frauen veröffentlicht. Sie hatten drei Jahre lang täglich 54 mg Sojaisoflavone (Genistein) eingenommen – und damit mehr als in den weiter oben genannten 30 g eingelegten Sojabohnen der japanischen Studie enthalten waren. Es zeigten sich trotz dieser langen Einnahmedauer der isolierten Stoffe keine Änderungen der Schilddrüsenwerte (auch nicht im Bereich der Antikörper) und keinerlei Anzeichen einer Schilddrüsenunterfunktion.

Fünf Jahre später wurde erneut eine dreijährige Studie veröffentlicht (im Magazin Menopause). Auch hier erhielten Frauen Sojaisoflavone. Gruppe 1 war die Placebogruppe, Gruppe 2 erhielt 80 mg Isoflavone pro Tag und Gruppe 3 erhielt 120 mg pro Tag. In keiner Gruppe zeigten sich Nebenwirkungen hinsichtlich der Schilddrüsenfunktion.

Sojaproteinisolat: Keine Veränderung der Schilddrüsenwerte

Im Jahr 2015 erschien eine Studie von Forschern der Universität Freiburg im Fachjournal Experimental and Clinical Endocrinology & Diabetes. Man gab in dieser Studie 14 normalgewichtigen und schilddrüsengesunden Frauen 8 Wochen lang einen Abnehmshake auf der Basis von Sojaproteinisolat. Der Shake bestand zu 44 Prozent aus Sojaprotein. Die Frauen sollten mit 25 g des Shakepulvers pro Tag starten und die Dosis wöchentlich um 25 g steigern, bis 125 g erreicht waren. Der Isoflavongehalt lag pro Gramm Pulver bei 1,45 mg.

Wöchentlich untersuchte man die Isoflavonwerte im Blut (Genistein, Daidzein, Glycitein, Equol etc.), die Schilddrüsenwerte (TSH, fT3, fT4) sowie die Sexualhormone (Östrogen, Progesteron, Testosteron und DHEA).

Die Isoflavonwerte im Blut stiegen deutlich, auch schon nach dem Verzehr von 25 g des Pulvers – was natürlich positiv ist, da es zeigt, dass sekundäre Pflanzenstoffe nicht einfach mit dem Stuhl ausgeschieden werden, sondern in den Blutkreislauf gelangen und dort jene hilfreichen Wirkungen vollbringen, die man sich von ihnen verspricht. Die Schilddrüsenwerte blieben in der vorliegenden Studie aber genauso wie die Sexualhormone im Normbereich, auch dann, wenn täglich 55 g reines Sojaproteinisolat gegessen wurde (125 g des Pulvers).

Soja in der Schwangerschaft

Im Juni 2016 folgte eine weitere Soja-Studie, erneut mit Frauen als Testpersonen. Sie litten am sog. Schwangerschaftsdiabetes. Eine Gruppe der Frauen nahm eine ballaststoff- und kohlenhydratreiche Ernährung zu sich, in der zweiten Gruppe ersetzte man 25 Prozent des Kohlenhydratanteils durch Sojaprotein.

Man stellte schon nach einer Woche fest, dass die Frauen in der Sojagruppe kaum noch eine Insulintherapie benötigten, eine Wirkung, die bis zur Geburt anhielt. Ausserdem entdeckte man keine merkliche Änderung bei den Schilddrüsenwerten, weder bei den Werten der Mütter noch später bei jenen der Säuglinge.

Aktuelle Zusammenfassung aller Sojastudien

Im November 2016 erschien im Open Access Journal Nutrients eine Zusammenfassung zu allen bis zum heutigen Zeitpunkt vorliegenden Daten in Sachen Sojabohne und ihre Auswirkungen auf die Gesundheit. Darin ist u. a. zu lesen:

Der Verdacht, dass Soja die Schilddrüsenfunktionen beeinträchtigen könne, hatte sich ursprünglich aufgrund von In-vitro-Studien und Tierstudien ergeben, bei denen isolierte Isoflavone zum Einsatz kamen.
Auch bei der Verwendung von Säuglingsmilchnahrung auf Sojabasis kam es vor einigen Jahrzehnten noch zu Schilddrüsenproblemen bei den entsprechenden Kindern. Diese Problematik konnte jedoch schon Mitte der 1960er Jahre behoben werden, indem man die Säuglingsmilchnahrungen mit Jod anreicherte. Lediglich Kinder mit angeborener Schilddrüsenunterfunktion sollten keine Sojasäuglingsmilchnahrung erhalten.
Bevölkerungsstudien und klinische Studien mit Erwachsenen zeigen jedoch, dass Sojaprodukte bei zwei bis vier Portionen pro Tag gesundheitliche Vorteile mit sich bringen und man mit Sojaprodukten weniger gesunde Lebensmittel ersetzen kann. Auf diese Weise können Sojaprodukte dabei helfen, das Risiko für chronische Krankheiten zu reduzieren."

Der gesunde Soja-Verzehr

Wir fassen zusammen, worauf beim Sojaverzehr zu achten ist:

  1. Man sollte sein Baby NICHT mit einer Sojasäuglingsmilchnahrung ernähren. Sie würden einen Säugling auch nicht ausschliesslich von Käse, Linsen, Fleisch oder Orangensaft ernähren. Ein Säugling benötigt Muttermilch und keine Bohne!
  2. Wer sich vegetarisch ernährt und glaubt, er müsse VIEL Soja essen, um seinen Eiweissbedarf decken zu können, ist auf dem Holzweg und ernährt sich NICHT gesund! Es gibt viele andere pflanzliche Proteinquellen, die mit Eiweiss versorgen. ZU VIEL Eiweiss ist übrigens auch nicht gut – ganz gleich aus welcher Quelle dieses stammt.
  3. Man sollte nicht allein von Sojaprodukten leben und daher nicht "Unmengen" davon verzehren. Genausowenig sollte man sich allein von Bananen ernähren oder allein von Kopfsalat oder allein von Käse oder allein von Kuchen. Sojaprodukte sind kein Alleinnahrungsmittel – weder für Babys noch für Erwachsene – sondern ein Lebensmittel, das in gemässigten Mengen eine gesunde Ernährung ergänzen kann.
  4. Man sollte also nicht literweise Sojamilch trinken oder becherweise Sojajoghurt essen.
  5. Man sollte – unserer Ansicht nach – keine Nahrungsergänzungen aus isolierten Isoflavonen oder Sojaproteinisolaten einnehmen, auch wenn selbst diese in den oben genannten Studien keine schädlichen Nebenwirkungen zeigten.
  6. Der Verzehr aber von z. B. täglich 60 – 150 g Tofu und einem Glas (150 – 180 ml) Sojamilch gilt aus unserer Sicht als unbedenklich, ja als gesundheitsfördernd. Doch ist der tägliche Sojamilchverzehr in einer veganen Ernährung natürlich nicht nötig, da es genauso andere pflanzliche Milchsorten gibt, wie z. B. Hafer- oder Mandel- oder Reismilch, die entsprechend den täglichen Speiseplan bereichern können.
  7. Wer Sojaprodukte nicht verträgt oder nicht mag, sollte sie natürlich nicht essen! Das jedoch gilt für jedes Lebensmittel – auch für Getreideprodukte, Milchprodukte, Früchte, Knoblauch, Kaffee etc. Stets beobachtet man sich und das eigene Wohlbefinden und wählt die für einen persönlich am besten verträglichen Lebensmittel.
  8. Man sollte nicht vergessen, dass ein Grossteil aller Menschen nie Soja isst, aber an schweren chronischen Krankheiten leidet, während es zahllose Menschen gibt, die Soja essen und sich bester Gesundheit erfreuen. Genauso gibt es viele Menschen, die ihre Ernährung auf eine sojahaltige pflanzenbasierte Ernährung umstellten und ihre Beschwerden damit überhaupt erst besiegen konnten.

Die zwei eingangs erwähnten Kleinigkeiten, die man beim Sojaverzehr berücksichtigen sollte, sind somit: Soja nicht in Unmengen essen und nur als natürliches Bio-Lebensmittel (Tofu, Tempeh etc.), also nicht in isolierter Protein- oder Isoflavon-Form zu sich nehmen.

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Wichtiger Hinweis

Dieser Artikel wurde auf Grundlage (zur Zeit der Veröffentlichung) aktueller Studien verfasst und von MedizinerInnen geprüft, darf aber nicht zur Selbstdiagnose oder Selbstbehandlung genutzt werden, ersetzt also nicht den Besuch bei Ihrem Arzt. Besprechen Sie daher jede Massnahme (ob aus diesem oder einem anderen unserer Artikel) immer zuerst mit Ihrem Arzt.