Zentrum der Gesundheit
  • Gentechnisch veränderte Lebensmittel im Labor
8 min

Gentechnik kommt durch die Hintertür

Ganz langsam – aber unaufhaltsam – schleichen sich genveränderte Pflanzen in unser Umfeld. Während ständig von Gewährleistung der Koexistenz die Rede ist, beweist jeder neue Schwellenwert, dass genau das, nämlich Koexistenz, nicht möglich ist. Bereits jetzt kann niemand mehr sagen, welcher Teil eines Feldes, auf dem noch herkömmliche Pflanzen wachsen, mit gentechnisch verändertem Erbgut verunreinigt ist.

Aktualisiert: 19 September 2023

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Gentechnik-Konzerne und ihre Ziele

Natürlich wäre es Monsanto, BASF, Bayer, Syngenta und wie sie alle heissen am liebsten, wir würden uns alle unermesslich über ihr gentechnisch verändertes Saatgut und folglich über gentechnisch veränderte Lebensmittel freuen. Dann könnte man all die altertümlichen Sämereien schnellstmöglich verschwinden lassen und mit GV-Saatgut (GV = gentechnisch verändert) ersetzen.

Dass wir uns aber so gar nicht darüber freuen, hindert die Konzerne leider nicht an der Durchsetzung ihrer Ziele. Sie gehen nur ein wenig unauffälliger vor als geplant. So unauffällig, dass wir es kaum bemerken. Und während man heute noch über einen winzigen Schwellenwert debattiert, der so winzig ist, dass er kaum der Rede wert zu sein scheint, könnte genau dieser Mikro-Schwellenwert dazu führen, dass wir bald überhaupt keinen Schwellenwert mehr brauchen.

Schwellenwerte in der Gentechnik sorgen dafür, dass sich GV-Pflanzen früher oder später weiträumig ausbreiten können – und da sich eine GV-Pflanze bzw. ihr Pollen herzlich wenig um trockene EU-Politik kümmert, wird sie dabei ganz sicher nicht darauf bedacht sein, irgendeinen Schwellenwert einzuhalten. Das macht aber nichts, weil Schwellenwerte jederzeit der aktuellen Situation angepasst sprich erhöht werden können.

Wahlfreiheit?

Als es noch keine Gentechnik gab, gab es auch keine diesbezüglichen Schwellenwerte. Dann gab es Gentechnik und mit ihrem Erscheinen zeigte sich, dass es Menschen gab, die sie toll fanden und andere Menschen, die sie weniger toll fanden. Weniger toll, weil die Gentechnik Risiken birgt.

Einige kennen wir, von anderen ahnen wir vielleicht noch nicht einmal. Aufgrund der weit verbreiteten Skepsis gegenüber GV-Pflanzen und GV-Lebensmitteln wurde verkündet, es würde künftig einfach beides geben. Der Kunde könne folglich frei wählen, was er essen wolle. GV-Menüs oder GVO-freie Lebensmittel (GVO = gentechnisch veränderte Organismen).

Koexistenz: Nicht so einfach wie gedacht

Bald stellte sich heraus, dass das irgendwie nicht so einfach war und eigentlich überall Spuren von GV-Pflanzen oder GVO vorhanden sein konnten. Besonders der beliebte Anbau von GV-Soja (in den USA sind bereits 95 Prozent der Sojafelder mit GV-Soja bestückt) sorgt dafür, dass GV-freie Sojabohnen auf dem Weltmarkt eine Seltenheit geworden sind.

Folglich findet man in vielen Lebensmitteln, die Soja – in welcher Form auch immer enthalten – einen gewissen Anteil an GV-Soja. Soja wird meist als Lebensmittelzusatzstoff für die meisten Fertigprodukte verwendet.

Der Mammutanteil der Weltsojaernte jedoch wandert in die Futtertröge der Nutztiere. Wer also Milch, Milchprodukte, Fleisch, Fleischprodukte und Eier in konventioneller Qualität isst, isst auch GV-Soja bzw. dessen Auswirkungen auf den Tierorganismus mit.

Schwellenwerte für Verbraucher nutzlos

Verbraucher forderten eine Kennzeichnung jener Lebensmittel, die GV-Verunreinigungen enthielten. So einfach aber sollte es der Konsument nicht haben. Man richtete schliesslich einen Schwellenwert in Höhe von 0,9 Prozent ein.

Alle Lebensmittel, die darunter fallen, gelten als GVO-frei. Nur solche Lebensmittel müssen als GVO-haltiges Lebensmittel gekennzeichnet werden, die den Schwellenwert überschreiten. Bislang gibt es angeblich kaum Lebensmittel, die über den Schwellenwert hinausgehen. Wie viele jedoch den Schwellenwert knapp verfehlen und deshalb – trotz GV-Anteil – nicht deklariert werden müssen, bleibt uns allen verborgen.

Zufall oder nicht?

Interessant ist auch die Tatsache, dass unter gewissen Bedingungen, auch GVO-Verunreinigungen UNTER 0,9 Prozent gekennzeichnet werden müssen. Das ist aber nur dann der Fall, wenn der betreffende Erzeuger, Hersteller oder Händler NICHT glaubhaft darlegen kann, dass er sich um eine Vermeidung der GVO-Verunreinigung bemüht habe. Hat er sich bemüht, dann gilt der vorhandene GVO-Anteil als "zufällig" und GVO muss daher nicht gekennzeichnet werden. Lesen Sie auch: Gen-Food-Kennzeichnung soll aufgehoben werden.

Im Allgemeinen ist es jenen Verbrauchern, die GVO nicht auf dem Teller haben möchten, jedoch ziemlich einerlei, ob GVO-Verunreinigungen nun zufällig oder nicht zufällig in ihr Essen gelangten. Die Sache wird immer deutlicher: Bei Schwellenwerten und Kennzeichnungen geht es nicht um die Wahrung der Wahlfreiheit der Verbraucher, sondern um wirtschaftliche Interessen.

Gentechnik im Bio-Handel

Die Bio-Branche indessen beharrt auf 0,0 Prozent GVO, also auf vollkommene GVO-Freiheit. Der Einsatz gentechnisch veränderter Pflanzen oder auch Mikroorganismen war im Bio-Landbau und bei der Bio-Lebensmittel-Verarbeitung nicht erlaubt. Das ging lange Jahre gut. Inzwischen gilt, dass auch hier sog. zufällige GVO-Beimischungen unvermeidbar sind, weshalb der 0,9-Prozent-Schwellenwert auch in die Bio-Branche Einzug gehalten hat. Bio-Lebensmittel, die maximal 0,9 Prozent GVO enthalten, dürfen demnach trotzdem das Bio-Siegel tragen.

Glücklicherweise gibt es neben den Bio-Abteilungen in herkömmlichen Supermärkten, Kaufhäusern oder Drogerien den weitaus konsequenteren Naturkost-Fachhandel. In Naturkostfachgeschäften werden Produkte mit GVO-Verunreinigungen, auch wenn diese im Spurenbereich unterhalb von 0,1 Prozent liegen, nicht geduldet. Doch das Glück des Naturkost-Kunden kann unter Umständen das Pech des Bio-Erzeugers sein. Ist seine Ware mit GVO-Spuren verunreinigt, wird es für ihn problematisch, diese am Markt abzusetzen.

Wer dem Bio-Erzeuger, der wohl kaum mutwillig für GVO-Spuren in seiner Ernte sorgte, die finanziellen Einbussen ersetzt, ist durch die Gesetzgebung bisher nicht ausreichend geregelt. Auch die Kosten für Analysen und Kontrollen (in jährlich meist fünfstelliger Höhe) müssen von den – oft kleinen bis mittelständischen – Verarbeitungsbetrieben getragen werden. Wohlgemerkt Kosten, die nur deshalb entstehen, weil es jene bei Politikern so beliebte Koexistenz von GVO-Pflanzen und GVO-freien Pflanzen nun einmal nicht gibt – zumindest nicht in einer vom Menschen kontrollierbaren Form.

GV-Verunreinigung in Lebensmitteln mit verbotenen GV-Pflanzen

Der genannte Schwellenwert regelt die Verunreinigung von Lebensmitteln mit in der EU (zum Anbau und/oder Import) zugelassenen GV-Pflanzen. Nun geschah es aber, dass man – aufgrund von Stichproben – immer wieder GV-Verunreinigungen mit GV-Pflanzen fand, die in der EU eben nicht zugelassen waren und die daher eigentlich auch nicht auftauchen sollten. Sie taten es aber doch.

Im Jahre 2006 war es GV-Reis, der unerlaubterweise in die EU einreiste, 2009 war es GV-Leinsamen. Wie viele Verunreinigungen unentdeckt oder zumindest für die Öffentlichkeit verborgen blieben, mag sich jeder selbst ausmalen.

Da bislang in solchen Fällen noch die sog. Null-Toleranz-Grenze gilt (d. h. Schwellenwert 0,0 Prozent), waren Entdeckungen der oben genannten Art immer ein Skandal und die entsprechenden Lebensmittel wurden aus dem Handel genommen – zumindest das, was davon noch nicht verspeist war.

GV-Verunreinigung in Futtermitteln mit verbotenen GV-Pflanzen

Futtermittel für Nutztiere bestehen heutzutage meist zu einem recht grossen Teil aus GV-Soja und GV-Mais und werden seit 2004 auch entsprechend als GV-haltige Futtermittel gekennzeichnet, sobald ihre GVO-Anteile 0,9 Prozent überschreiten. Aber auch dieser Schwellenwert gilt nur für GV-Pflanzen, die in der EU zugelassen sind. Für alle anderen GV-Pflanzen gilt die Null-Toleranz-Grenze (Schwellenwert 0,0 Prozent).

In letzter Zeit jedoch wächst das Interesse an einer Umwandlung der Null-Toleranz-Grenze in einen Schwellenwert. Der Grund dafür ist leicht nachvollziehbar. Es haben sich in letzter Zeit immer häufiger unerlaubte GV-Pflanzen in das Viehfutter eingeschlichen. Solch ein Futter gilt aber nicht mehr als verkehrsfähig, darf also nicht importiert werden.

In Brüssel diskutiert man daher einen Schwellenwert von 0,1 Prozent (erweitert um eine Fehlerspanne von 0,2 Prozent) und Anfang Oktober war die Einführung desselben Schwellenwertes Programmpunkt bei der Agrarministerkonferenz in Lübeck. Der Schwellenwert würde dazu führen, dass all jene Futtermittel noch als "gentechnikfrei" durchgehen, die unerlaubte GVO-Anteile bis zum Schwellenwert enthalten.

Auf 10 Quadratmetern pro Hektar dürfen unerlaubte GV-Pflanzen wachsen

0,1 Prozent klingt nach sehr wenig. In der Praxis ist der Zehntel Prozentsatz dann aber doch nicht so wenig. Wenn auf einem Hektar GVO-freie Pflanzen wachsen, dann dürfen dort auf 10 Quadratmetern GV-Pflanzen wachsen.

Diese 10 Quadratmeter reichen vollkommen dafür aus, dass sich (wohlgemerkt unerlaubte) GV-Pflanzen weiter verbreiten werden – mit der Folge, dass binnen kurzer Zeit die Schwellenwerte nach oben hin korrigiert werden – oder noch einfacher, die entsprechenden GV-Pflanzen zugelassen werden müssten.

"Ohne Schwellenwert wird das Vieh verhungern"

Um die Einführung des Schwellenwertes von 0,1 Prozent durchzusetzen, wird mit der sog. "Eiweisslücke" argumentiert. Dieses Argument soll jene in Angst und Schrecken versetzen, die einem solchen Schwellenwert skeptisch gegenüber stehen.

Werde der Schwellenwert nicht akzeptiert, so heisst es, dann werde der internationale Handel schwer beeinträchtigt und gleichzeitig könne es sein, dass unser armes Vieh in absehbarer Zeit kläglich verhungern bzw. notgeschlachtet werden müsste – einfach, weil es weit und breit kein Futter mehr gäbe, dass völlig frei von unerlaubten GVO ist.

Wenn Koexistenz so einfach wäre...

Aufmerksame Zeitgenossen könnten sich jetzt fragen, aber warum denn? Koexistenz ist doch so einfach. Da dürfte es wohl kein Problem sein, GVO-freies Futter aufzutreiben. Ist es aber offenbar doch.

Nicht unerwähnt bleiben sollte ausserdem, dass die angebliche Notwendigkeit eines Schwellenwertes eine unauffällige Methode sein könnte, um für bislang unerlaubte GV-Pflanzen auch in der EU früher oder später eine Zulassung zu erzwingen. Denn wenn sowieso schon überall GV-Verunreinigungen mit unerlaubten GV-Pflanzen präsent sind, kann man die Pflanzen eigentlich auch gleich offiziell legalisieren.

Das Getreide-Kartell

Der weltweite Handel mit Futtermitteln ist praktisch ein Monopol von vier Unternehmen. Drei davon kommen aus den USA: ADM, Bunge und Cargill das vierte ist der französische Dreyfus-Konzern. Abgekürzt nennt man die vier Unternehmen dieses Getreide-Kartells auch die so genannten ABCD.

Ihr Interesse an der Erschliessung des europäischen Marktes für ihre genmanipulierten Futtermittel ist vom wirtschaftlichen Standpunkt aus betrachtet verständlich, doch leider nicht im Sinne aller Menschen. Das aber kümmert die ABCD kaum und so dirigieren sie ihren Einfluss ein wenig Richtung Brüssel und schon sind die nächsten Schwellenwerte im Gespräch.

Bundesverfassungsgericht entscheidet zu Gunsten von Mensch und Umwelt

Erfreulicherweise hat das Bundesverfassungsgericht im Jahre 2010 in einem Urteil verkündet, dass Mensch und Umwelt vor den möglichen Gefahren der Gentechnik geschützt werden müssten.

Damit wurde das bestehende strenge Gentechnik-Gesetz in Deutschland bestätigt, während die Klage der Landesregierung von Sachsen-Anhalt scheiterte. Diese wollte das Gesetz mit Hilfe der Agrar-Industrie ein wenig gentechnikfreundlicher gestalten. Insbesondere sollte die Haftungspflicht von Landwirten, die GV-Pflanzen anbauen, grosszügig gelockert werden.

Bisher gilt, dass Verursacher von Auskreuzungen genveränderter Pflanzen für Schäden haftbar gemacht werden können, was zum Beispiel dem Deutschen Bauernverband (trotz interner Uneinigkeit in Bezug auf die grüne Gentechnik) überhaupt nicht passt. Wegen der nicht versicherbaren Haftungsrisiken könne Landwirten der Anbau von GV-Pflanzen nun nicht weiter empfohlen werden, erklärte der Verband.

Und auch diese Episode führt dazu, dass wir uns nur noch kopfschüttelnd fragen können: Ist Koexistenz denn nun offiziell möglich oder nicht? Wenn sich kein Versicherer für die Haftungsrisiken finden lässt und wenn ohne Versicherer der Anbau von GV-Pflanzen nicht empfohlen werden kann, dann muss die Wahrscheinlichkeit, dass es zu unerwünschten Auskreuzungen kommt, unglaublich hoch sein. Wie aber kann das sein, wenn die grüne Gentechnik so sicher und wenn Koexistenz "so einfach ist"?

Was also ist der Sinn eines Schwellenwertes? Sicher nicht vorbeugender Verbraucherschutz, sondern die Entlastung der Lebensmittelindustrie, der freie Handel mit GVO bzw. GV-Lebensmitteln und langfristig deren weltweite (unbegrenzte) Einführung.

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Dieser Artikel wurde auf Grundlage (zur Zeit der Veröffentlichung) aktueller Studien verfasst und von MedizinerInnen geprüft, darf aber nicht zur Selbstdiagnose oder Selbstbehandlung genutzt werden, ersetzt also nicht den Besuch bei Ihrem Arzt. Besprechen Sie daher jede Massnahme (ob aus diesem oder einem anderen unserer Artikel) immer zuerst mit Ihrem Arzt.