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Antibiotika bei Covid-19 so wirksam wie Placebo

Bei Covid-19 wurde von Beginn der Pandemie an häufig ein bestimmtes Antibiotikum verordnet. Jetzt – Monate später – ist klar, dass es gegen die Krankheit genauso wirksam ist wie ein Placebo, also gar nicht. Schlimmer noch, es könnte den Verlauf der Erkrankung verschlechtern, von den typischen Nebenwirkungen eines Antibiotikums ganz zu schweigen.

Fachärztliche Prüfung: Gert Dorschner
Aktualisiert: 22 April 2024

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Antibiotika bei Covid-19 auch für Patienten ohne Symptome

Das Antibiotikum Azithromycin wurde von Beginn der Pandemie an weltweit nicht nur vielen Covid-19-Patienten auf den Intensivstationen verordnet, sondern auch solchen mit mildem oder asymptomatischem Verlauf, die also lediglich ambulant in Behandlung waren. Bei Letzteren sollte das Antibiotikum verhindern, dass sich schwerwiegende Symptome entwickeln. Es wurde in diesen Fällen also rein vorbeugend gegeben.

Antibiotika nicht wirksamer als Placebo

In einer Studie der University of California/San Francisco, die am 16. Juli 2021 im Journal of the American Medical Association erschien, zeigte sich aber, dass das Mittel nicht wirksamer als ein Placebopräparat war. Ja, das Breitband-Antibiotikum aus der Gruppe der Makrolide wirkte nicht nur nicht, die Forscher stellten sogar fest, dass es das Risiko erhöhte, letztendlich dann doch noch ins Krankenhaus eingeliefert zu werden ( 1 ).

„Unsere Ergebnisse bestätigen also nicht den Routine-Einsatz von Azithromycin bei ambulanten SARS-CoV-2-Infektionen“, sagte Studienautorin und Assistenzprofessorin Catherine E. Oldenburg. „Erst wurde angenommen, dass das Antibiotikum entzündungshemmend wirke und man es vorbeugend, also gleich in einem frühen Stadium der Erkrankung geben könne, um einen schlimmen Verlauf zu verhindern. Nun zeigte sich aber, dass genau das nicht der Fall ist.“ ( 3 )

Antibiotika erhöhen bei Covid-19 Risiko eines schweren Verlaufs

An der randomisierten Untersuchung nahmen 263 asymptomatische Patienten teil, die innerhalb von 7 Tagen vor Beginn der Studie einen positiven Corona-Test hatten. Keiner der Patienten musste zunächst ins Krankenhaus. 171 Teilnehmer erhielten nun eine Dosis (1,2 g) Azithromycin (oral), 92 Patienten erhielten ein Placebopräparat.

Am 14. Tag der Studie waren 50 Prozent der Teilnehmer in beiden Gruppen nach wie vor symptomfrei. Am 21. Tag mussten 5 der Azithromycin-Gruppe mit schweren Symptomen ins Krankenhaus eingeliefert werden. In der Placebogruppe musste niemand ein Krankenhaus aufsuchen. Das Antibiotikum wirkt also keinesfalls so wie erhofft, das heisst, es erhöht nicht die Wahrscheinlichkeit, symptomfrei zu bleiben. Im Gegenteil. Es erhöht eher das Risiko eines schweren Verlaufs.

„Die meisten Studien, die bislang mit Azithromycin durchgeführt wurden, konzentrierten sich auf Patienten, die bereits mit einem schweren Verlauf im Krankenhaus lagen“, erklärte Professor Oldenburg, „unsere Studie hingegen ist eine der ersten placebokontrollierten Sudien zur Wirkung von Azithromycin bei ambulanten Patienten.“

Warum Antibiotika bei Virusinfekten gegeben werden

Vielleicht fragen Sie sich, warum ausgerechnet ein Antibiotikum, das bekanntlich gegen Bakterien, aber nicht gegen Viren wirkt, bei einer Erkrankung gegeben wird, von der inzwischen wohl jedes Kind weiss, dass sie von einem Virus verursacht wird. Gerade wegen dieser Nicht-Wirkung von Antibiotika gegen Viren wird immer nachdrücklich davor gewarnt, bei z. B. Erkältungen ein Antibiotikum zu nehmen, denn auch diese Atemwegsinfekte werden zu 90 Prozent von Viren verursacht. Eine sinnlose und damit überflüssige Antibiotikagabe kann jedoch die gefürchteten Antibiotikaresistenzen fördern.

Warum verordnen dann aber so viele Ärzte dennoch ein Antibiotikum bei Erkältungen, bei grippalen Infekten und nun auch bei Covid-19? Einerseits erhoffte man sich im Falle von Azithromycin die oben genannte entzündungshemmende Wirkung.

Antibiotika sollen Superinfektionen verhindern

Andererseits befürchten Ärzte bei Virusinfekten stets zusätzliche bakterielle Infekte, die sich gerne dort einstellen, wo das Immunsystem gerade gegen Viren kämpft und entsprechend überlastet ist und wo überdies durch den Virusinfekt die Schleimhäute der Atemwege lädiert sind. Bakterien finden dort einen optimalen Nährboden und siedeln sich an. Man spricht von bakteriellen Superinfektionen oder Co-Infektionen. Bei Grippe oder auch Covid-19 können diese Superinfektionen z. B. eine Lungenentzündung verursachen.

Antibiotika zur Vorbeugung von Infekten durch Intensivmassnahmen

Patienten auf den Intensivstationen können sich ausserdem über die verschiedensten Schläuche und Katheter mit Bakterien infizieren, so dass Antibiotika hier meist schon vorbeugend gegeben werden.

Antiviral wirksame Antibiotika wirken nicht bei Covid-19

Darüber hinaus gibt es einige wenige Antibiotika, die auch gegen Viren wirken. Azithromycin gehört zu dieser Gruppe Antibiotika, was man aus In-vitro-Studien wusste. Flugs wurde das Antibiotikum im Rahmen einiger klinischer Studien an Covid-19-Patienten getestet ( 6 ) ( 7 ) ( 8 ) ( 9 ) – und zwar gleich an solchen, die bereits im Krankenhaus lagen (aber grösstenteils noch ohne Beatmung). Eine Verbesserung ihres Zustandes hatte sich daraus jedoch nicht ergeben – wie eine Meta-Analyse von vier dieser Studien an insgesamt über 8000 Menschen zeigte, die Prof. Dr. med. Stefan Kluge, Intensivmediziner am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf durchführte ( 4 ).

Nebenwirkungen von Antibiotika bei Covid-19

Das Antibiotikum Azithromycin wird also seit vielen Monaten Covid-19-Patienten gegeben – ganz gleich ob mit oder ohne Symptome und auch solchen, die im Krankenhaus liegen – ohne dass es irgendeine positive Wirkung gezeigt hätte. Gleichzeitig haben Antibiotika bekanntlich Nebenwirkungen. Zu jenen von Azithromycin gehören laut Robert-Koch-Institut ( 2 ):

  1. Herzrhythmusstörungen
  2. reversibler Hörverlust
  3. Übelkeit
  4. Leberwerterhöhungen
  5. Geschmacksstörungen
  6. allergische Exantheme (Hautausschläge)
  7. Kopfschmerzen
  8. Parästhesien (Missempfindungen der Haut, wie Taubheit, Kribbeln u. ä.)
  9. Krampfanfälle

Besonders bei Patienten mit Vorerkrankungen des Herzens kann Azithromycin im schlimmsten Fall ausserdem Kammer­flim­mern mit Todesfolge auslösen. Denn das Mittel führt zu einer Verlängerung des QT-Intervalls, was wiederum eine elektrische Instabilität des Herzens nach sich zieht ( 5). (Was das QT-Intervall ist, erklären wir in unserem Artikel über Nebenwirkungen von Antidepressiva unter „Antidepressivum Citalopram und der plötzliche Herztod“.

Von den schädlichen Auswirkungen des Antibiotikums auf die Darmflora liest man an keiner Stelle. Gerade diese Nebenwirkung aber ist fundamental und kann langfristig zu einer Anfälligkeit für Allergien, Intoleranzen und chronischen Erkrankungen, insbesondere Autoimmunerkrankungen führen. Wenn Sie daher Antibiotika nehmen mussten/wollten, ergreifen Sie im Anschluss daran (oder schon währenddessen) Massnahmen, die Ihre Darmflora wieder aufbauen.

Covid-19-Symptome: Nebenwirkungen von Medikamenten?

Viele der in obiger Liste genannten Nebenwirkungen kommen Ihnen vielleicht bekannt vor? Richtig, sie gelten als Symptome von Covid-19 (Kopfschmerzen, Geschmacksstörungen, Übelkeit). Wenn Medikamente nun aber vorbeugend gegeben werden, sobald eine Person einen positiven Test hat, wie offenbar teilweise geschehen, dann kann niemand wissen, was nun die Symptome auslöste: das Virus oder die Medikamente. Ja, sogar Hautausschläge können in 20 Prozent der Covid-19-Patienten auftreten. Doch gibt man hier gleich im Vorfeld zu, dass es durchaus auch die Nebenwirkungen der verordneten Medikamente sein könnten ( 10 ).

Schulmedizin nicht immer evidenzbasiert

Anhand des Beispiels Azithromycin zeigt sich, dass die von der Schulmedizin verordneten Mittel nicht in jedem Fall evidenzbasiert sind, also die versprochene oder erhoffte Wirkung zeigen. Genau das aber wird im Allgemeinen Nahrungsergänzungsmitteln vorgeworfen. Sie seien zu wenig untersucht und dürften deshalb nicht mit bestimmten Aussagen zu möglichen Wirkungen empfohlen werden. Bei Arzneimitteln scheint dies anders zu sein. Sie werden ohne Nachweis einer Wirkung auch noch Patienten gegeben, die noch gar keine Symptome haben. Und wenn Nebenwirkungen auftreten, zeigt sich niemand verantwortlich.

Seien Sie daher mit der Einnahme von Medikamenten immer vorsichtig und holen sich eine Zweitmeinung bei einem kompetenten Heilpraktiker oder Naturheilarzt ein. Oft überwiegen die Nachteile bei weitem. Der beste Schutz vor Krankheiten ist nach wie vor ein starker Organismus und ein leistungsfähiges Immunsystem. In fast jedem Alter und Zustand kann man beides trainieren und stärken. Hier erklären wir, wie Sie auf ganzheitliche und naturheilkundliche Weise Ihr Immunsystem stärken können.

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Wichtiger Hinweis

Dieser Artikel wurde auf Grundlage (zur Zeit der Veröffentlichung) aktueller Studien verfasst und von MedizinerInnen geprüft, darf aber nicht zur Selbstdiagnose oder Selbstbehandlung genutzt werden, ersetzt also nicht den Besuch bei Ihrem Arzt. Besprechen Sie daher jede Massnahme (ob aus diesem oder einem anderen unserer Artikel) immer zuerst mit Ihrem Arzt.