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  • Glutenunverträglichkeit Migräne
4 min

Wie ein Stück Brot Ihre Migräne triggern kann

Für eine Migräne kommen verschiedene Auslöser – sog. Trigger – in Frage. Bei manchen Betroffenen kann es die tägliche Scheibe Brot sein, die immer wieder zu Migräneattacken führt – ohne dass der Kranke es weiss.

Fachärztliche Prüfung: Dr. med. Jochen Handel
Aktualisiert: 02 April 2022

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Migräne: Ist Brot an der Kopfschmerz-Attacke schuld?

Migräne ist weltweit die dritthäufigste Krankheit und betrifft viele Millionen Menschen. Migräne ist dabei mehr als einfach nur ein Kopfschmerz, der zu kommen und zu gehen scheint, wie es ihm gefällt. Meist sind noch viele andere Symptome beteiligt, die das Geschehen nicht gerade angenehmer machen, etwa Übelkeit, Erbrechen, Lichtempfindlichkeit und Schwindel.

Betroffene versuchen oft verzweifelt, dem Auslöser ihrer Migräne-Attacken auf die Schliche zu kommen. Ist es der Stress oder das Wetter? Sind es die Hormone oder bestimmte Lebensmittel? Bei manchen Migräne-Patienten begünstigen Rotwein, Käse oder auch Schokolade die nächste Attacke. An die tägliche Scheibe Brot oder das Brötchen als möglichen Auslöser denkt jedoch so gut wie niemand.

Ganzheitliche Ernährungsberater jedoch empfehlen Klienten mit Migräne häufig, einmal eine glutenfreie Ernährung zu testen (3). Gluten ist ein Eiweiss, das sich in vielen Getreidearten findet, etwa in Weizen, Roggen, Gerste und Dinkel und damit in nahezu allen herkömmlichen Back- und Teigwaren.

Zöliakie und Migräne treten häufig gleichzeitig auf

Bekannt ist, dass Menschen mit Zöliakie (Autoimmunerkrankung, bei der Gluten im Darm zu chronischen Entzündungen führt) häufiger an Migräne leiden als Menschen ohne Zöliakie (2). Ja, Migräne kann sogar ein erstes Zeichen für eine entstehende Zöliakie sein, also bei Menschen auftreten, die noch gar nicht wissen, dass sie an Zöliakie leiden oder dies bald tun werden (4).

Wird bei Zöliakie Gluten verzehrt (z. B. Spaghetti oder ein Brötchen) wird das Eiweiss nicht einfach verdaut, wie das bei gesunden Menschen der Fall ist. Stattdessen bildet das Immunsystem Antikörper, die nun aber nicht nur das Gluten, sondern auch eigene Körperstrukturen angreifen, u. a. ein bestimmtes Enzym namens Transglutaminase 2 (TG2), aber auch das in der Nähe dieses Enzyms befindliche Gewebe, etwa die Darmschleimhaut.

Es kommt zu Beschwerden wie Durchfall, Übelkeit und Bauchschmerzen, zu Müdigkeit, Blutarmut, Gewichtsabnahme und Leistungseinbrüchen.

Wie eine Glutenunverträglichkeit eine Migräne auslösen kann

Die Angriffe der Antikörper auf körpereigenes Gewebe führen zu Entzündungsprozessen. Diese wiederum lösen im ganzen Körper nun weitere Reaktionen aus. Die Blutgefässe etwa werden durchlässiger, um Wasser, Elektrolyte und Proteine in die betroffenen Körperregionen zu senden, was zu Schwellungen führt, damit dort schneller eine Heilung eintreten kann, was aber nicht passiert, wenn immer wieder glutenhaltige Lebensmittel verzehrt werden.

Auch im Gehirn findet sich die Transglutaminase 2, so dass auch hier die beschriebenen Prozesse ablaufen und im Falle der Zöliakie Kopfschmerz-Attacken verursachen können. Allerdings kann Gluten auch dann ein Trigger für Migräne sein, wenn man nicht an einer Zöliakie leidet. Denn es gibt auch Menschen, die an einer sog. Nicht-Zöliakie-Glutensensitivität (NCGS) leiden. Auch bei diesen Personen kann Gluten eine Migräne triggern.

Gluten aktiviert den Trigeminusnerv

Einst hiess es Migräne sei die Folge einer Gefässerweiterung im Gehirn. Inzwischen weiss man, dass dies nur einen Teil des Geschehens beschreibt. Auch der Trigeminusnerv ist an der Migräne-Entstehung beteiligt. Dabei handelt es sich um Nerven im Gesichtsbereich. Sie kontrollieren dort das Empfinden und lassen z. B. Temperaturen, Druck oder Juckreiz wahrnehmen.

Wird der Trigeminusnerv nun bei glutensensitiven Menschen durch die Gegenwart von Gluten aktiviert, dann veranlasst dies die Ausschüttung zahlreicher Stoffe, wie etwa Histamine – Substanzen, die von Abwehrzellen normalerweise dann produziert werden, wenn eine Allergie oder eine Entzündung im Gange ist oder wenn eine Verletzung vorliegt, wenn also die Gefahr besteht, dass körperfremde Stoffe dem Organismus schaden könnten, was verhindert werden soll. Histamine aber spielen auch bei der Migräneentstehung eine wichtige Rolle (1).

Gluten führt zu Schwellungen im Gehirn und so zu Migräneschmerzen

Ein aktivierter Trigeminusnerv (aber auch andere Regionen im Zentralen Nervensystem) produziert zusätzlich einen weiteren Trigger für Migräne, das sog. Calcitonin Gene-Related Peptid (CGRP), ein Eiweissstoff, der im Gehirn die Blutgefässe entspannen und erweitern kann und daher seit Jahren im Fokus der Migräneforschung steht. Denn die Gefässerweiterung führt nun zur selben Gefässdurchlässigkeit, wie sie schon oben infolge des Transglutaminase-2-Antikörpers bei der Zöliakie beschrieben wurde.

Die Abgabe von Wasser und Proteinen aus den durchlässigen Gefässen führt zu Schwellungen und Irritationen in den Gehirnhäuten und dies wiederum zu den bekannten Migräneschmerzen. Aus diesem Grunde wurde in den USA im Jahr 2018 eine neue Klasse Migränemedikamente zugelassen. Sie wirken, indem sie verhindern, dass CGRP an seine Rezeptoren andocken kann.

Bei Migräne glutenfreie Ernährung testen

Geht man nun aber davon aus, dass CGRP bei glutensensitiven Menschen nur wegen des Glutenverzehrs ausgeschüttet wird, wäre es sinnvoller, wenigstens einmal probeweise das Gluten zu meiden, als mit Medikamenten die Folge des Glutenverzehrs therapieren zu wollen.

Studien zu Gluten als Migränetrigger bei Menschen mit Nicht-Zöliakie-Glutensensitivität liegen leider noch kaum vor. Man weiss aber, dass eine Migräne eines der möglichen Symptome einer NCGS sein kann und auch im Gefolge anderer Beschwerden gehäuft auftritt, z. B. bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen, wie im Fachjournal Headache im Jahr 2013 erklärt wurde (5).

Es könnte sich bei Migräne also durchaus lohnen, eine glutenfreie Ernährung auszuprobieren – zumal diese Ernährungsform oft dazu animiert, sich generell um eine gesündere und vitalstoffreichere Ernährung zu kümmern, was die Migräneattacken noch weiter reduzieren kann.

Oft wird in den Medien vor einer glutenfreien Ernährung gewarnt, weil diese zu einem Nährstoffmangel führen können soll. Wir erklären hier, warum das Gegenteil der Fall ist: Glutenfreie Ernährung – Wir klären auf.

Hier erklären wir, worauf man bei einer gesunden glutenfreien Ernährung achten sollte: Glutenfrei ernähren, aber richtig

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Dieser Artikel wurde auf Grundlage (zur Zeit der Veröffentlichung) aktueller Studien verfasst und von MedizinerInnen geprüft, darf aber nicht zur Selbstdiagnose oder Selbstbehandlung genutzt werden, ersetzt also nicht den Besuch bei Ihrem Arzt. Besprechen Sie daher jede Massnahme (ob aus diesem oder einem anderen unserer Artikel) immer zuerst mit Ihrem Arzt.