Das Gehirn mit Ballaststoffen schützen
Im Laufe des Älterwerdens kommt es im Gehirn zu chronischen Entzündungsprozessen. Betroffen sind insbesondere die sogenannten Mikroglia. Dabei handelt es sich um spezielle Immunzellen im Gehirn. Kommt es hier zu entzündlichen Prozessen, bilden diese Zellen entzündungsfördernde Botenstoffe, die bekannt dafür sind, die kognitiven und auch die motorischen Funktionen zu beeinträchtigen – was somit eine Erklärung für ein schlechter werdendes Erinnerungsvermögen und die anderen typischen Alterserscheinungen sein könnte.
Einer Studie zufolge kann man das Unausweichliche jedoch deutlich hinauszögern, nämlich – so profan es auch klingen mag – mit Hilfe von Ballaststoffen. Die Forscher der University of Illinois erklären die Zusammenhänge folgendermassen:
Ballaststoffe hemmen Entzündungen im Gehirn
Ballaststoffe fördern die nützlichen Darmbakterien im Darm. Wenn diese Bakterien nun Ballaststoffe aus der Nahrung verstoffwechseln, bilden sie u. a. kurzkettige Fettsäuren, z. B. Butyrat.
„Butyrat ist deshalb ein so besonders interessanter Stoff, weil er auf die Mikroglia eine entzündungshemmende Wirkung ausübt. Auch konnte er in Untersuchungen bereits das Gedächtnis verbessern, zumindest bei Mäusen”, erklärt Professor Rodney Johnson, Autor der Studie, die im Magazin Frontiers in Immunology veröffentlicht wurde ( 1 ).
Entzündungen im Gehirn stehen mit Alzheimer in Verbindung
Trotz der positiven Ergebnisse früherer Studien, war der Mechanismus nicht klar, über den sich das Butyrat so segensreich auf das Gehirn auswirkt. In Johnsons Studie nun konnte gezeigt werden, dass Butyrat – wenn als Reinstoff in Form einer Nahrungsergänzung eingenommen – die entzündeten Mikroglia daran hindert, entzündungsfördernde Botenstoffe zu produzieren. Einer dieser schädlichen Stoffe ist Interleukin-1, der beim Menschen in einem engen Zusammenhang mit Alzheimer zu stehen scheint.
Entsteht durch den Verzehr von Ballaststoffen ausreichend Butyrat?
In einem weiteren Versuch wollten die Forscher herausfinden, ob auch einfach nur der Verzehr von Ballaststoffen denselben Effekt haben würde als die Einnahme des isolierten Butyrats, ob also allein durch den Verzehr von Ballaststoffen im Darm ausreichend Butyrat entstehen kann, um das Gehirn vor Entzündungen zu schützen. Denn Butyrat kommt als Nahrungsergänzung für Menschen leider nicht in Frage, da es einen äusserst abschreckenden Geruch hat.
„Wir wissen, dass die Ernährung einen sehr grossen Einfluss auf die Zusammensetzung und die Funktionen der Darmflora hat. Wer ballaststoffreich isst, füttert die nützlichen Bakterien, wer hingegen fett- und proteinreich isst, sorgt für die Entstehung einer eher ungesunden Darmflora. Man kann also mit einer gezielten Ernährung die Darmflora beeinflussen und auf diese Weise wiederum Einfluss auf eine bestimmte Krankheit nehmen bzw. einer solchen vorbeugen“, sagt Professor Jeff Woods, Co-Autor der Studie.
Konkret sah der Versuch nun so aus: Man fütterte verschiedene Gruppen junger und älterer Mäuse entweder ballaststoffreich oder ballaststoffarm und mass dann den Butyratspiegel im Blut, die Spiegel anderer kurzkettiger Fettsäuren sowie die Werte entzündungsfördernder Botenstoffe im Darm.
Im Alter ist man besonders anfällig für eine ungesunde Ernährung
Die ballaststoffreiche Ernährung erhöhte die Butyratspiegel und auch die Spiegel der anderen kurzkettigen Fettsäuren, und zwar bei allen Mäusen, ob jung oder alt. Die ballaststoffarme Ernährung hingegen verursachte nur bei den älteren Mäusen entzündliche Prozesse im Darm. Jüngere können eine ungesunde Ernährung offenbar noch gut kompensieren, was im Alter nicht mehr möglich ist.
Bestehende Entzündungen können wieder umgekehrt werden
Erhielten die älteren Mäuse nun aber ebenfalls Ballaststoffe, dann konnte die bestehende Entzündung – sowohl im Darm als auch in den Mikroglia – dramatisch reduziert werden, so dass letztendlich kein Unterschied mehr zwischen den Altersgruppen zu erkennen war. Johnson erklärt:
„Eine ballaststoffreiche Ernährung kann ganz eindeutig die entzündlichen Vorgänge im Darm steuern und regulieren.“
Obwohl die Studie an Mäusen durchgeführt wurde, können die Ergebnisse laut Johnson problemlos auf Menschen übertragen werden. Er fasst zusammen: „Das, was Sie essen, ist entscheidend! Wir wissen, dass ältere Menschen 40 Prozent weniger Ballaststoffe essen, als offiziell empfohlen wird. Isst man jedoch nicht genügend Ballaststoffe, so kann das äusserst negative Folgen haben und zwar auf Körperbereiche, die man bisher gar nicht mit Ballaststoffen in Zusammenhang brachte, wie etwa das Gehirn.“ Schliesslich denkt man bei Ballaststoffen insbesondere an den Darm.
In früheren Untersuchungen hatte sich jedoch bereits ergeben, dass eine ballaststoffreiche Ernährung selbst vor Lungenkrankheiten schützt und auch das Sterberisiko nach einem Herzinfarkt reduziert. Und essen Schwangere ballaststoffreich, können sie mit dieser Ernährungsmassnahme das Asthma-Risiko ihres Kindes mindern.
Welche Lebensmittel enthalten Ballaststoffe zum Schutz des Gehirns?
Die Empfehlung für Ballaststoffe lautet: Täglich 30 Gramm! In obiger Studie ging es insbesondere um lösliche Ballaststoffe. Zwar enthalten die meisten ballaststoffreichen Lebensmittel sowohl lösliche als auch unlösliche Ballaststoffe. Besonders viel der löslichen Ballaststoffe finden sich jedoch in Früchten (Pektin, besonders in Äpfeln, Blau-/Heidelbeeren, Johannisbeeren, Stachelbeeren), in Leinsamen und Flohsamenschalenpulver. Die löslichen Ballaststoffe zeichnen sich dadurch aus, dass sie Wasser binden und somit aufquellen.
Auch Inulin ist ein löslicher Ballaststoff, der als Nahrungsergänzung eingenommen werden kann. Genauso gehört das Beta-Glucan in Hafer, Haferkleie und Gerste zu den löslichen Ballaststoffen. Trockenfrüchte wie z. B. Dörrpflaumen sind ebenfalls eine sehr gute Ballaststoffquelle. Denken Sie bei ballaststoffreichen Lebensmitteln immer daran, sehr viel Wasser dazu zu trinken!