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  • Glyphosat wird auf ein Feld gesprüht
5 min

Glyphosat: Neuzulassung oder Verbot?

Ist Glyphosat nun krebserregend oder nicht? Kurz vor dem Tag der Entscheidung wurde die Chemikalie von Experten der UNO als vermutlich unbedenklich eingestuft. Nun ist von Korruption die Rede.

Aktualisiert: 04 August 2023

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Glyphosat – Endlose Debatten um Neuzulassung

(Hinweis: Dieser Artikel ist von 2016 und wurde nicht mehr aktualisiert. Aktuelle Informationen zu Glyphosat finden Sie jedoch in unserem Artikel vom Dezember 2023 Unkrautvernichter Glyphosat weiterhin im Einsatz.)

Glyphosat wurde 1971 vom US-Konzern Monsanto als Patent angemeldet – heute ist es das meistverkaufte Pflanzengift der Welt. Im Jahr 2015 wurden in 20 Ländern fast eine Million Tonnen Glyphosat von rund 90 Chemieunternehmen produziert, mehr als 40 Prozent davon in China.

Inzwischen sind die Patente auf Glyphosat allerdings in den meisten Staaten abgelaufen, was zu endlosen Debatten in Bezug auf eine neue Zulassung geführt hat.

In der EU wäre die Zulassung eigentlich schon im Jahr 2012 ausgelaufen, doch die EU-Kommission verlängerte sie schon im Jahr 2010 zunächst bis Ende 2015. Daraufhin wurde der längst fällige Beschluss auf Bitte der Europäischen Lebensmittelsicherheitsbehörde (EFSA) erneut bis zum 30. Juni 2016 vertagt, da die Risikobewertung noch nicht abgeschlossen war.

Im November 2015 wurde schliesslich die Neubewertung der EFSA zu Glyphosat veröffentlicht, die von zahllosen Wissenschaftlern, Umweltschützern und Konsumenten wie ein Schlag ins Gesicht wahrgenommen wurde.

Wird Glyphosat nun verboten?

Die EFSA kam hierbei nämlich – wie schon zuvor das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) – zum Schluss, dass Glyphosat "wahrscheinlich nicht krebserregend" sei, obgleich das Herbizid gerade im März 2015 durch die International Agency for Research on Cancer (IARC) der Weltgesundheitsorganisation (WHO) als "wahrscheinlich krebserregend beim Menschen" eingestuft worden war.

Doch damit nicht genug! Denn darüber hinaus wurde auch noch die Empfehlung ausgesprochen, den sogenannten ADI-Wert (acceptable daily intake = unbedenkliche tägliche Aufnahme) von 0,3 auf 0,5 Milligramm Glyphosat pro Kilogramm Körpergewicht anzuheben.

Nun ist die EU-Kommission am Drücker – denn bis zum 19. Mai 2016 wird endgültig eine Entscheidung erwartet. Wird sie der Empfehlung der EFSA folgen oder die Warnung der WHO-Krebsforscher endlich ernst genug nehmen, um Glyphosat zu verbieten?

Glyphosat spaltet die grosse Koalition

Kurz vor der Bekanntmachung des Entschlusses der EU-Kommission sind die Fronten innerhalb der Bundesregierung nach wie vor verhärtet. CDU und SPD haben scheinbar nichts Besseres zu tun, als sich gegenseitig Vorwürfe zu machen.

So wirft z. B. der Landwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) der Umweltministerin Barbara Hendricks und dem Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (beide SPD) vor, sich nicht an die bereits getroffenen Abmachungen zu halten. Schmidt verriet der Süddeutschen Zeitung, dass eine erneute Zulassung das gemeinsame Ziel gewesen sei und er habe für die "Rolle rückwärts" der Kollegen kein Verständnis.

Denn die SPD-Minister vertreten nun plötzlich die Auffassung, einer Verlängerung der Zulassung für Glyphosat in der EU nicht zuzustimmen. Barbara Hendricks veröffentlichte diesbezüglich sogar auf Facebook ein Video: Die Message lautet, dass eine Chemikalie nicht zugelassen werden sollte, bevor das mögliche Risiko nicht ausgeschlossen werden kann.

SPD ist nun gegen Glyphosat – Ein PR-Trick?

Kurt Stukenberg, Mitglied der Chefredaktion von Greenpeace, betrachtet die Kehrtwendung der SPD mit gemischten Gefühlen. Er äusserte sich im aktuellen Greenpeace-Newsletter wie folgt:

"Im ersten Moment war ich positiv überrascht über die klare Haltung der SPD-Ministerin. Doch bei näherem Hinsehen wirkt der Schachzug von Hendricks auf mich doch eher wie ein PR-Trick."

Stukenberg wirft der SPD vor, sich nicht zuvor auf sämtlichen politischen Ebenen für ein Verbot von Glyphosat eingesetzt zu haben. Der Einblick in eine Liste mit dem Abstimmungsverhalten der SPD-Parlamentarier im Europaparlament habe ihm offenbart, dass – abgesehen von zwei Enthaltungen – "alle 27 Abgeordneten grünes Licht für das Ackergift gegeben" haben.

Es würde jedenfalls nicht verwundern, wenn ein derartig ernstes Thema benutzt werden würde, um Propaganda für die eigene Partei zu machen.

Neue Studie über Glyphosat stiftet Verwirrung

Noch brisanter erscheint jedoch die Tatsache, dass sich kurz vor dem Beschluss über die Verlängerung der Zulassung Experten der UNO für Glyphosat aussprechen.

So wurde am 16. Mai 2016 eine Untersuchung über die Gefährlichkeit des Wirkstoffs veröffentlicht, die plötzlich besagt, dass es höchst unwahrscheinlich sei, dass das Herbizid bei der Nahrungsaufnahme für Menschen ein Krebsrisiko darstelle oder Erbgut-Veränderungen auslösen könne.

Was aber, wenn Glyphosat zwar kein Krebsrisiko darstellen würde, dafür aber andere Krankheiten verursachen oder begünstigen kann? Manche Experten sprechen in diesem Zusammenhang von einem erhöhten Autismusrisiko oder Alzheimer durch Glyphosat.

*Hier erhalten Sie einen Test, der den Glyphosatgehalt im Urin überprüft: Glyphosat-Test

Da ferner der grossräumige Einsatz von Herbiziden massiv in das ökologische Gleichgewicht eingreift und diese Folgen die gesamte Menschheit betreffen, ist es geradezu als engstirnig zu betrachten, sich ausschliesslich auf das Krebsrisiko zu fokussieren.

Wenn nun auch noch bedacht wird, dass diese Fachleute ausgerechnet der WHO und der Welternährungsorganisation (FAO) angehören, macht sich Ratlosigkeit breit. Denn es wird klar, wie gross der Interessenskonflikt ist.

Einerseits geht es um das Wohl der Erdenbewohner und der Umwelt, andererseits um Macht und jede Menge Geld. Wie glaubwürdig kann diese überraschende Neubewertung also eingeschätzt werden?

Bei Glyphosat ist von Korruption ist die Rede

Laut Recherchen der britischen Tageszeitung The Guardian sind hochrangige Mitglieder des besagten Expertengremiums, das Glyphosat als unbedenklich eingestuft hat, massiv in Interessenskonflikte verstrickt.

Professor Alan Boobis, der Vorsitzende des "Joint FAO/WHO Meeting on Pesticide Residues" (JMPR), ist nämlich auch der Vize-Präsident des International Life Science Institute (ILSI), das von Monsanto im Jahr 2012 eine Spende von mehr als 500.000 US-Dollar erhalten hat.

Des Weiteren wurde ILSI von der Croplife International – eine Pestizidlobby, in der unter anderem Monsanto vertreten ist – mit einer Spende von rund 530.000 US-Dollar belohnt.

Angelo Moretto, der Ko-Vorsitzende der Arbeitsgruppe, ist hingegen Vorstandsmitglied eines Instituts, das zu ILSI gehört.

Das bedeutet im Klartext, dass Monsanto diese Untersuchung mitfinanziert hat. Ziel sei es, die EU-Kommission darin zu bestärken, sich gegen ein Verbot zu entscheiden.

Dr. Vito Buonsante, Rechtanwalt von ClientEarth (Non-Profit Umweltrechtorganisation), liess verlauten, dass eine Studie, die von Wissenschaftlern ausgeführt wird, die direkt Geld von der Industrie bekommen, in keinem Fall als zuverlässig betrachtet werden kann.

Nein zu Glyphosat!

Die österreichische Umweltschutzorganisation GLOBAL 2000 hat zusammen mit 38 weiteren europäischen Organisationen alle 28 EU-Mitgliedsstaaten dazu aufgefordert, ihre Stimme gegen eine Wiederzulassung von Glyphosat zu erheben.

Doch selbst die grössten Optimisten bezweifeln inzwischen, dass sich die EU-Staaten mehrheitlich für ein Glyphosat-Verbot aussprechen werden. Sollte eine Patt-Situation eintreten, kann es sein, dass die Entscheidung abermals vertagt wird.

Dass die EU-Kommission vorhat, Glyphosat bis zum Jahr 2025 zuzulassen, ist mittlerweile ein offenes Geheimnis. Die Uneinigkeit der EU-Staaten kann letzten Endes dazu führen, dass die EU-Kommission die Neuzulassung im Alleingang durchführt.

Ob in Brüssel, Wien oder Berlin: In ganz Europa werden die derzeitigen Verhandlungen von Protesten begleitet.

Weiterführende Informationen zur Glyphosat-Problematik finden Sie hier:

  1. Krebserreger Glyphosat
  2. Roundup im Weizen - Nicht nur Gluten ist das Problem

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Wichtiger Hinweis

Dieser Artikel wurde auf Grundlage (zur Zeit der Veröffentlichung) aktueller Studien verfasst und von MedizinerInnen geprüft, darf aber nicht zur Selbstdiagnose oder Selbstbehandlung genutzt werden, ersetzt also nicht den Besuch bei Ihrem Arzt. Besprechen Sie daher jede Massnahme (ob aus diesem oder einem anderen unserer Artikel) immer zuerst mit Ihrem Arzt.