Zentrum der Gesundheit
  • Demenz durch Antidepressiva
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Demenz durch Antidepressiva und Blasenmedikamente

Medikamente aus der Gruppe der Anticholinergika – insbesondere Antidepressiva, Blasen- und Parkinsonmedikamente – können das Risiko für eine Demenz erhöhen, und zwar auch dann, wenn sie bereits vor 15 oder 20 Jahren eingenommen wurden.

Stand: 06 Oktober 2022

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Bestimmte Medikamente erhöhen Risiko für Demenz

Anticholinergika sind Medikamente, die den Neurotransmitter Acetylcholin – ein wichtiger Botenstoff im Nervensystem – blockieren. Manche Antidepressiva gehören in diese Arzneimittelgruppe, z. B. Amitriptylin, Dosulepin und Paroxetin. Auch Medikamente, die bei überaktiver Blase verordnet werden (häufiges Wasserlassen, Harninkontinenz), wie Tolterodin und Solifenacin sowie das Parkinsonmedikament Procyclidin sind Anticholinergika.

Längst weiss man, dass diese Mittel bei älteren Menschen bereits nach kurzfristiger Einnahme die kognitiven Fähigkeiten beeinträchtigen können. Sie können zu Verwirrtheitszuständen, Schlaf- und Gedächtnisstörungen sowie zu Halluzinationen führen. Wir haben schon hier berichtet: Zu Hause gesund, im Krankenhaus plötzlich dement (unter „Anticholinergika verursachen Verwirrung“ ) ( 2 ).

Daher verhält es sich gemäss den ärztlichen Leitlinien so, dass Anticholinergika gebrechlichen Menschen nicht verschrieben werden sollten. Was aber, wenn man sie als jüngerer Mensch nimmt, beispielsweise in Form von Antidepressiva?

Risiko auch noch 20 Jahre nach der Einnahme erhöht

In einer Studie der University of East Anglia (UK) ( 1 ), die im British Medical Journal veröffentlicht wurde, hat sich gezeigt, dass Antidepressiva aus der Gruppe der Anticholinergika noch 20 Jahre, nachdem man sie längst abgesetzt hat, zur Entwicklung einer Demenz beitragen können ( 3 ). Ähnliche Zusammenhänge ergaben sich für die oben genannten Blasen- und Parkinsonmedikamente.

Das Forscherteam hatte die Daten von 40.770 Patienten überprüft, die alle an Demenz litten und über 65 Jahre alt waren. Verglichen wurden sie mit den Daten von über 283.000 Personen, die gesund waren, also keine Anzeichen von Demenz aufwiesen.

Je häufiger Anticholinergika genommen wurden, umso eher entwickelte sich eine Demenz

Studienleiter Dr. George Savva sagte:

„Mehr als 50 Millionen Menschen weltweit sind von Demenz betroffen. Bis zum Jahr 2015 werden es womöglich 132 Millionen sein. Die Entwicklung von Strategien zur Vorbeugung einer Demenz ist daher von globaler Wichtigkeit.
Wir stellten in unserer Studie fest, dass Personen mit Demenz in früheren Jahren überdurchschnittlich häufig eines der genannten Medikamente verschrieben bekommen hatten. Das Risiko, eine Demenz zu entwickeln, stieg überdies mit der Dosis und Dauer der Einnahme dieser Mittel.
Natürlich wissen wir nicht, ob diese Medikamente tatsächlich eine Demenz verursachen können. Unter Umständen wurden sie gegen Beschwerden verschrieben, die bereits erste Anzeichen einer Demenz waren. Da der Zusammenhang jedoch auch dann besteht, wenn die Arzneimittel 15 bis 20 Jahre vor der Demenzdiagnose eingenommen wurden, ist es eher unwahrscheinlich, dass es sich beim Grund der Verschreibung um frühe Demenzsymptome gehandelt haben könnte.“

Erst depressiv, dann dement?

Da es weltweit 350 Millionen Menschen mit Depressionen oder Problemen mit der Blase gibt, werden ausgerechnet Antidepressiva und Blasenmedikamente extrem häufig verordnet, nämlich an 13 Prozent der Männer und 30 Prozent der Frauen in den USA und dem Vereinigten Königreich, darunter auch zahlreiche Anticholinergika. Könnten diese Medikamente mit ein Grund für die steigenden Demenzzahlen sein ( 4 )?

Glücklicherweise konnte man keine Zusammenhänge zwischen einer Demenz und Anticholinergika entdecken, die bei Heuschnupfen, Reisekrankheit und Bauchkrämpfen gegeben werden, so Dr. Doug Brown, Sprecher und Forschungsleiter der Alzheimer-Gesellschaft.

Anticholinergika nur nehmen, wenn es keine Alternativen gibt

Ärzte sollten Anticholinergika wirklich nur dann verordnen, wenn es für den jeweiligen Patienten keine Alternative gibt. Als Patient (oder Angehöriger eines Patienten) sollten Sie die Ihnen verschriebenen Medikamente nie ohne vorherige Überprüfung einnehmen (Beipackzettel lesen!). Sollten Sie ein Rezept für die genannten Arzneimittel erhalten, machen Sie Ihren Arzt auf die hier vorgestellte Studie aufmerksam und bitten Sie ihn um unbedenklichere Alternativen.

Gehen Sie genauso vor, wenn Sie die genannten Medikamente bereits einnehmen. Setzen Sie sie also nicht plötzlich ab, sondern sprechen Sie mit Ihrem Arzt über Alternativen.

Falls Sie noch weitere Medikamente nehmen, überprüfen Sie ausserdem, ob sich Ihre Depressionen oder sonstigen Beschwerden nicht erst als Nebenwirkung eines dieser anderen Arzneimittel entwickelt haben. Denn Depressionen können bei etlichen Medikamenten als Nebenwirkung auftreten. Dann nämlich benötigen Sie womöglich gar keine Antidepressiva, sondern eine grundsätzlich andere Medikation: Depressionen durch Medikamente

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Wichtiger Hinweis

Dieser Artikel wurde auf Grundlage (zur Zeit der Veröffentlichung) aktueller Studien verfasst und von MedizinerInnen geprüft, darf aber nicht zur Selbstdiagnose oder Selbstbehandlung genutzt werden, ersetzt also nicht den Besuch bei Ihrem Arzt. Besprechen Sie daher jede Massnahme (ob aus diesem oder einem anderen unserer Artikel) immer zuerst mit Ihrem Arzt.