Weniger Zucker in Lebensmitteln, weniger Tote
In vielen Fertigprodukten der Lebensmittelindustrie steckt eine Menge Zucker. Dabei muss es sich nicht zwangsläufig um Süssigkeiten handeln.
Auch in Joghurt, Müsli und Erfrischungsgetränken ist der Zuckergehalt hoch, genauso in Saucen, Dips, löslichem Kaffee, Marmelade, Säften, Dosenobst, Fertigsalaten und vielem mehr.
Würde man den Zucker in abgepackten Lebensmitteln um nur 20 Prozent reduzieren und in Getränken um 40 Prozent, dann würde das 2,48 Millionen schwere Herz-Kreislauf-Ereignisse verhindern (1). Dazu gehören Schlaganfälle, Herzinfarkte und Herzstillstände.
Zusätzlich liessen sich 490.000 Todesfälle durch die genannten Herz-Kreislauf-Problematiken vermeiden und dazu noch 750.000 Diabeteserkrankungen, wie Forscher in einer Studie zeigten, die im August in Circulationveröffentlicht wurde – dem kardiologischen Journal der American Heart Association (AHA). Die AHA ist eine amerikanische Non-Profit-Organisation, die sich mit der Prävention und Therapie von kardiovaskulären Erkrankungen beschäftigt.
Zuckerreduktion in Fertigprodukten bringt mehr als Zuckersteuer
Ein Team aus Wissenschaftlern verschiedener Universitäten erstellte ein Simulationsmodell, mit dem sie den Einfluss eines geringeren Zuckergehalts in Fertigprodukten auf die Gesundheit der Bevölkerung zeigen konnten.
Sie gingen dabei von den Vorgaben der U.S. National Salt and Sugar Reduction Initiative (NSSRI) aus, einer Initiative von mehr als 100 Gesundheitsorganisationen mit dem Ziel, die Lebensmittelindustrie zu einer schrittweisen Reduzierung des Zuckergehalts in Fertigprodukten zu motivieren.
Dr. Siyi Shangguan erklärt:
„Würde man den Zuckergehalt in fertig abgepackten Lebensmitteln und Getränken reduzieren, dann hätte das eine grössere Auswirkung auf die Gesundheit der Bevölkerung als andere Massnahmen (2), mit denen man die Leute zur Zuckerreduktion bringen will, wie z. B. die Zuckersteuer, das Verbot von gezuckerten Getränken an Schulen oder auch eine auffälligere Deklarierung gezuckerter Produkte.“
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Weniger Zucker spart 160 Milliarden Dollar
Würde man dem Modell der NSSRI folgen, dann könnte man in zehn Jahren (allein durch die bessere Gesundheit dank weniger Zucker) 4,28 Milliarden Dollar an Gesundheitskosten sparen und 118 Milliarden Dollar über die gesamte Lebenszeit der derzeit erwachsenen Bevölkerung zwischen 35 und 79 Jahre.
Dieser Betrag würde auf 160 Milliarden Dollar steigen, wenn man künftig die Produktivitätsverluste vermeidet, die derzeit aufgrund zuckerbedingter Erkrankungen entstehen.
Diese Zahlen seien vermutlich sogar noch untertrieben, sagen die Wissenschaftler, da ihre Berechnungen auf vereinfachten Annahmen basieren. Selbst eine nur teilweise Umsetzung der NSSRI-Forderungen hätte daher weitreichende Auswirkungen auf die Gesundheit und Wirtschaft.
Am meisten würden von den weniger gezuckerten Produkten die sozial schwächeren und weniger gebildeten Bevölkerungsschichten profitieren, da diese auch am meisten Zucker konsumieren und entsprechend häufiger an chronischen Erkrankungen, wie Typ-2-Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Übergewicht leiden.
So können Sie am leichtesten Zucker sparen
Allerdings müssen Sie nicht darauf warten, bis die Lebensmittelindustrie endlich reagiert und den Zuckergehalt von Fertigprodukten reduziert.
Sie können schliesslich selbst wählen, was Sie kaufen. Denn niemandem fliegen gezuckerte Produkte von alleine in den Einkaufswagen. Werfen Sie daher stets einen Blick auf die Zutatenliste Ihrer Lebensmittel. Dies ist kein lästiger Mehraufwand, wie sich so mancher beschwert. Es ist eine Investition in mehr Gesundheit und mehr Wohlgefühl.
Verlassen Sie sich nicht auf Siegel wie den Nutri-Score
In Deutschland gibt es seit 2020 den sog. Nutri-Score, ein neues Siegel, das aus einer fünffarbigen Skala von A bis E besteht, wobei A für gut steht und daher dunkelgrün ist, während E am Ende der Skala mit einem Dunkelrot für schlecht steht. Für die Einteilung der Lebensmittel in diese Skala werden ungesunde Zutaten mit gesunden Zutaten verrechnet.
Als ungesund gelten Zucker, Fette, insbesondere gesättigte Fette und ein hoher Kalorienwert. Als gesund gelten ein hoher Anteil an Proteinen, Obst, Gemüse und Hülsenfrüchten, an Ballaststoffen und hochwertigen Speiseölen.
Das klingt erst einmal gut und hilft in jedem Fall, Zucker zu vermeiden. Denn gesüsste Getränke tragen meist ein E für ungesund, genauso viele gezuckerte Lebensmittel.
Allerdings kann es sein, dass auch gezuckerte Produkte mittlere oder sogar recht gute Nutri-Score-Werte bekommen, im Falle von Joghurt beispielsweise dann, wenn sie aus fettarmer Milch hergestellt wurden. Denn immer noch gelten Fett und Kalorien in jedem Fall als schlecht.
Nüsse und Kokosöl gelten beim Nutri-Score als ungesund
Wundern Sie sich also nicht, wenn eine naturbelassene Nusskernmischung einen schlechten Nutri-Score-Wert trägt, nur weil Nüsse naturgemäss kalorienreich sind.
Dabei handelt es sich um ein völlig ungezuckertes, industriell unverarbeitetes Lebensmittel, das reich an wertvollen Fettsäuren, Ballaststoffen und sekundären Pflanzenstoffen ist. Genauso schlecht schneiden Lebensmittel ab, die Kokosöl oder Kakaobutter enthalten, weil nach wie vor gilt, dass gesättigte Fette schädlich sind, was schon seit langem widerlegt ist, wie wir in unserem Artikel Gesättigte Fette nicht für Arteriosklerose verantwortlich erklären.
Toastbrot und fettarme Wurst gelten als spitze
Gleichzeitig findet man helles Toastbrot mit einem A für ein Top-Lebensmittel, was daran liegt, dass das Brot fettarm und daher kalorienarm ist. Völlig egal ist dabei, dass es als stark verarbeitetes Weissbrot so gut wie keine Vitalstoffe enthält. Ebenfalls egal ist dem Nutri-Score, ob das Lebensmittel in Bio-Qualität vorliegt.
Das heisst, ein fett- und salzarmes sowie zuckerfreies Würstchen kann super abschneiden, auch wenn es direkt aus der Massentierhaltung stammt und das entsprechende Tier womöglich noch durch halb Europa gekarrt wurde. Verlassen Sie sich also nicht allein auf die offiziellen Siegel, wenn Sie sich gesund und nachhaltig ernähren möchten. Achten Sie auch auf die Herkunft der Lebensmittel (auf Bio-Qualität) und lesen Sie IMMER die Inhaltsstoffliste. Es lohnt sich!