Darf Leinsamen erhitzt werden?
Leinsamen (auch Leinsaat genannt) enthält um die 35 Prozent Fett – das Leinöl, ein hitzeempfindliches Öl, das keinesfalls zum Braten oder Backen verwendet werden sollte. Denn Leinöl besteht zu etwa 70 Prozent aus mehrfach ungesättigten Fettsäuren und hat daher einen niedrigen Rauchpunkt bei etwa 100 Grad. Spätestens bei dieser Temperatur zersetzt sich das Öl und es entstehen schädliche Stoffe. Andere Öle können dagegen auf etwa 170 Grad (Olivenöl) oder auf 200 Grad (Kokosöl) erhitzt werden.
Wenn Leinöl so hitzeempfindlich ist, wie verhält es sich dann mit der Leinsaat? Schließlich wird diese oft in den Teig für Brot und Brötchen gegeben und bei hohen Temperaturen gebacken. In der vollwertigen Low Carb Küche wird Leinsaat auch gerne gemahlen und z. B. für die Herstellung von Pizzaböden verwendet oder als veganes Bindemittel eingesetzt, z. B. in Burger-Teig, der ja dann ebenfalls bei recht hohen Temperaturen gebraten wird. Darf Leinsaat derart erhitzt werden?
Leinsaat verträgt Hitze, Leinöl nicht
Leinsaat kann auch tatsächlich gut erhitzt werden, ohne dass man größere Verluste in Sachen Omega-3-Fettsäuren befürchten muss. Dem Backen von Brot, Pizza, Burger oder Muffins mit Leinsaat steht also nichts mehr im Wege.
Denn im Gegensatz zum reinen Leinöl enthält Leinsaat neben dem Öl noch Ballaststoffe, Proteine, Vitamine, Mineralstoffe und sekundäre Pflanzenstoffe, z. B. Lignane, die zu einem Schutz der empfindlichen Omega-3-Fettsäuren beitragen und dafür sorgen, dass die Alpha-Linolensäure (ALA) im Leinsamen überraschend hitzestabil ist. Untersuchungen zeigten, dass es beim Backen zu keinem signifikanten Abbau der Omega-3-Fettsäure kommt.
Rezepte mit Leinsamen
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Auch gemahlene Leinsaat kann erhitzt werden
Dies gilt nicht nur für die ganzen, sondern auch für gemahlene Leinsamen. Eine Studie ergab, dass der Omega-3-Fettsäurespiegel im Blut der Teilnehmer gleichermaßen stieg – ganz gleich ob sie (4 Wochen lang) die gemahlene Leinsaat roh gegessen hatten oder gebacken in einem Brot (jeweils 50 g pro Tag). Der ALA-Spiegel stieg um das 2,3-Fache. Auch die EPA-Werte stiegen, nur nicht die DHA-Werte ( 1 ).
(EPA und DHA sind ebenfalls Omega-3-Fettsäuren, die jedoch nicht direkt im Leinsamen enthalten sind, aber aus der ALA im Körper gebildet werden können, zumindest EPA). Würden die Fettsäuren durch die Hitze zerstört, könnten die jeweiligen Blutwerte nicht steigen.
Schon 1992 ergab eine Untersuchung, dass ALA in ganzer und gemahlener Leinsaat recht hitzestabil ist. Beim einstündigen Erhitzen auf 100 bis sogar 350 Grad veränderten sich weder der Peroxidwert noch das Fettsäureprofil. Es entstanden auch keine Transfettsäuren ( 2 ).
Peroxide entstehen bei der Oxidation von Fettsäuren (z. B. durch Licht, Sauerstoff oder Wärme), sind aber selbst ebenfalls starke Oxidationsmittel, was heißt, sie treiben die in Gang geworfene Oxidation auch noch an. In deren Verlauf entstehen nun weitere schädliche Stoffe (z. B. Aldehyde, freie Fettsäuren, Epoxide etc.), die dazu führen, dass das Öl ranzig wird.
Wenn man nun die Peroxide in einem Öl bestimmt, kann man aus dieser sog. Peroxidzahl auf die Qualität des Öls schließen. Manchmal geben Ölerzeuger auf der Flasche die Peroxidzahl an. Als frisch und hochwertig gelten Öle mit einem Peroxidwert von 1 bis 3 mmol O2/kg. Als offizieller Grenzwert gelten 10 mmol O2/kg. Nur Öle unter diesem Wert sind für den menschlichen Verzehr geeignet.
Selbst stundenlanges Backen schadet dem Leinsamen nicht
Auch 1994 zeigte sich, dass das 1,5-stündige Backen von gemahlenem Leinsamen bei 178 Grad den ALA-Gehalt nur geringfügig veränderte. Zuvor lag er bei 55,1 Prozent, nach dem Backen bei 51,3 Prozent. Wird gemahlene Leinsaat jedoch mit Mehl zusammen z. B. zu einem Muffin gebacken, dann ändert sich der ALA-Gehalt selbst nach einem 2-stündigen Backen bei 178 Grad nicht ( 3 ).
Während das isolierte Leinöl also besser nach wie vor nicht erhitzt werden sollte, kann man Leinsaat – ganz oder gemahlen – sehr gut für Rezepte verwenden, die gekocht, gebraten oder gebacken werden.