Zentrum der Gesundheit
  • Kind in der Schule
3 min

Gestillte Kinder haben seltener Lernschwierigkeiten

Kinder, die gestillt werden oder wenigstens in den ersten Wochen ihres Lebens Muttermilch erhalten, haben im späteren Schulalltag offenbar seltener Lernschwierigkeiten und benötigen seltener eine sonderpädagogische Förderung als Kinder, die nicht gestillt wurden.

Fachärztliche Prüfung: Gert Dorschner
Stand: 02 August 2024

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Gestillte Kinder lernen leichter

Muttermilch ist die natürlichste und beste Nahrung für einen Säugling. Stillen hat somit zweifellos viele Vorteile: Die Zusammensetzung der Muttermilch passt sich stets den Bedürfnissen des Kindes an, so dass es optimal ernährt wird. Muttermilch enthält ausserdem wichtige Abwehrstoffe und schützt das Kind vor zahlreichen Erkrankungen. Stillen reduziert sogar das Risiko für Typ-1-Diabetes und den plötzlichen Kindstod; auch haben gestillte Kinder eine gesündere Darmflora, seltener Ohrinfekte und seltener Verdauungsprobleme ( 1 ). Auch Mütter profitieren vom Stillen, da dadurch u. a. ihr Risiko für Brustkrebs sinkt.

In einer Studie der University of Glasgow, die im Frühjahr 2023 in PLOS Medicine veröffentlicht wurde, zeigte sich, dass sich das Stillen auch positiv auf die späteren Lernfähigkeiten eines Kindes auswirkt. Wir stellten schon im Jahr 2012 eine Studie zu diesem Thema vor, in der Forscher feststellten, dass sich die Ernährung in den ersten beiden Lebensjahren sogar auf den IQ auswirken kann ( Fertignahrung und IQ).

Nicht-gestillte Kinder haben häufiger eine Lernbehinderung

Für die Glasgower Untersuchung von 2023 analysierte man nun die Daten von mehr als 190.000 Kindern ( 2 ). Die Wissenschaftler wollten überprüfen, inwiefern die Ernährung in den ersten Lebenswochen die spätere Entwicklung der Kinder beeinflusste. Von den in der Studie überprüften Kindern wurden in den ersten sechs bis acht Lebenswochen 66,2 Prozent mit Flaschennahrung ernährt, 25,3 Prozent wurden gestillt und 8,5 Prozent wurden gemischt ernährt.

Insgesamt hatten sodann während der Vorschulzeit und Schulzeit 12,1 Prozent der Kinder sonderpädagogischen Förderbedarf. Betroffene Kinder sind entweder körperlich, seelisch oder auch kognitiv so beeinträchtigt, dass sie zusätzliche Unterstützung benötigen, um ihre schulischen Aufgaben erledigen zu können.

Verglich man nun die Kinder, die in den ersten Wochen ihres Lebens Muttermilch erhalten hatten, mit jenen, die ausschliesslich Flaschennahrung bekamen, so zeigte sich, dass letztere ein deutlich höheres Risiko hatten, irgendwann an einer Lernbehinderung zu leiden bzw. sonderpädagogische Förderung nötig zu haben.

Stillen senkt Risiko für Lernschwierigkeiten um 20 Prozent

Im Vergleich zu den reinen Flaschennahrungskindern war das Risiko für Lernschwierigkeiten bei den ausschliesslich gestillten Kindern um 20 Prozent niedriger, bei den gemischt ernährten Kindern immerhin noch um 10 Prozent niedriger. Darüber hinaus hatten die ausschliesslich gestillten Kinder seltener emotionale Störungen und Verhaltensprobleme (ihr Risiko war um 20 Prozent geringer) und sogar seltener körperliche Gesundheitsprobleme (hier war das Risiko um 25 Prozent geringer). Zu den emotionalen Störungen gehören zum Beispiel übermässige Scheu, Ängstlichkeit, eine Neigung zu sozialer Isolation oder auch Hypersensibilität (erhöhte Empfindsamkeit).

Zahl der Kinder mit Lernschwierigkeiten steigt

Mit ein Grund für die Studie war die Tatsache, dass sich die Zahl der Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf permanent erhöht. In Schottland hat sie sich zwischen 2010 und 2018 fast vervierfacht – und auch in Deutschland nimmt die Zahl der betroffenen Kinder kontinuierlich zu ( 3 ). Die Folge ist eine erhebliche Belastung für die Gesellschaft und natürlich auch für die betroffenen Kinder und ihre Familien. Denn Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf weisen höhere Fehlzeiten auf, benötigen insgesamt, also auch zu Hause mehr Unterstützung, werden in der Schule gemobbt und misshandelt und erzielen letztendlich einen geringeren Bildungsabschluss.

Stillen für eine gesunde Lernentwicklung

Dr. Michael Fleming, der die Studie an der School of Health and Wellbeing der University of Glasgow leitete, sagte: „Wir wissen, dass es vielen Frauen schwer fällt, die von der WHO empfohlenen vollen sechs Monate ausschliesslich zu stillen. Doch auch eine kürzere Dauer und sogar eine kurze Dauer mit Mischernährung (also Stillen und Flaschennahrung kombiniert) können für die Lernentwicklung eines Kindes von Vorteil sein.“ Es ist also wichtig, dass überhaupt gestillt wird, auch wenn es nur wenige Wochen sind und auch wenn nicht ausschliesslich gestillt wird, sondern das Stillen von Fläschchen ergänzt wird.

Die Ernährungsmethode im Säuglingsalter ist somit ein beeinflussbarer Risikofaktor für die Entstehung von Lernschwierigkeiten und Lernbehinderungen und den daraufhin nötigen sonderpädagogischen Förderbedarf.

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Wichtiger Hinweis

Dieser Artikel wurde auf Grundlage (zur Zeit der Veröffentlichung) aktueller Studien verfasst und von MedizinerInnen geprüft, darf aber nicht zur Selbstdiagnose oder Selbstbehandlung genutzt werden, ersetzt also nicht den Besuch bei Ihrem Arzt. Besprechen Sie daher jede Massnahme (ob aus diesem oder einem anderen unserer Artikel) immer zuerst mit Ihrem Arzt.