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Vanillin - immer weniger natürlich

Vanillin ist ein natürlicher Inhaltsstoff der Vanille, aber auch ein beliebter Aromastoff in der Lebensmittelindustrie. Heute darf Vanillin auch dann als „natürliches Aroma“ bezeichnet werden, wenn es gar nicht aus der Vanilleschote stammt. Ob dieses Vanillin gesund ist oder nicht, erfahren Sie hier.

Aktualisiert: 30 März 2022

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Vanillin – am häufigsten verwendeter Aromastoff

Vanillin und Vanille – zwei Bezeichnungen, die uns im Supermarktregal häufig begegnen und zum Verwechseln ähnlich klingen. Während die Vanille aus den Kapselfrüchten verschiedener Orchideenarten stammt, handelt es sich bei Vanillin lediglich um einen Inhaltsstoff der Vanille.

Das Aroma dieses Inhaltsstoffs ist jedoch so beliebt, dass sein Bedarf in der Lebensmittel- und Kosmetikindustrie schon lange nicht mehr durch die Vanille-Ernte gedeckt werden kann. Tatsächlich ist Vanillin der weltweit am häufigsten verwendete Aromastoff und wird darum fast nur noch künstlich hergestellt. Lediglich 3 Prozent des erhältlichen Vanillins stammt noch aus der Vanilleschote – der Rest ist das deutlich preiswertere industriell hergestellte Vanillin ( 1 ) ( 2 ).

In diesen Produkten ist Vanillin enthalten

Vanillearoma ist mittlerweile in so gut wie jedem süssen Fertigprodukt zu finden, z. B. in:

Schokolade und weiteren Süssigkeiten

  1. Eis
  2. Backwaren
  3. süssen Brotaufstrichen
  4. Desserts
  5. Getränken

Daneben wird Vanillin auch in folgenden Produkten verwendet:

  1. Kosmetika, Deos und Parfüm
  2. Lufterfrischer
  3. Putzmittel
  4. Arzneimittel und Nahrungsergänzungsmittel
  5. Tabakprodukte (z. B. Shisha-Tabak, parfümierte Zigaretten usw.)

Ausschlaggebend für den Erfolg des Vanillearomas war die Entdeckung, dass Vanillin nicht nur aus der Vanille gewonnen werden kann.

Die Entdeckung des künstlichen Vanillins

Zwei deutsche Chemiker bemerkten im 19. Jahrhundert, dass der Saft von Nadelhölzern (sogenannten Koniferen) beim Kontakt mit Sauerstoff intensiv nach Vanille roch. 1874 gelang ihnen schliesslich die Isolation von Vanillin aus Coniferin, einem natürlichen Stoff aus dem Saft dieser Nadelhölzer. Einer der beiden Chemiker gründete daraufhin eine Vanillinfabrik in Deutschland und legte damit den Grundstein für die synthetische Herstellung von Aromastoffen ( 3 ) ( 6 ).

Entgegen den Erwartungen fand das synthetische Vanillin aus Coniferin in der Bevölkerung jedoch keinen Anklang – es galt als billiges Imitat der Vanille und wurde daher hauptsächlich in der Parfümindustrie anstatt in der Lebensmittelindustrie eingesetzt. Heute spielt Vanillin aus Coniferin keine Rolle mehr.

Die Suche nach anderen Herstellungsmöglichkeiten ging also weiter: Schliesslich kam man auf Guajakol und Lignin – beides Bestandteile von Holz. Das Vanillin aus Guajakol hatte jedoch einen unangenehmen chemischen Beigeschmack und das Vanillin aus Lignin roch nach altem Papier – beide galten als zweitklassig. Trotzdem werden die Verfahren auch heute noch zur Vanillin-Gewinnung eingesetzt, jedoch nicht mehr in der Lebensmittelindustrie ( 7 ).

Ein weiterer Syntheseweg ging von Eugenol aus, einem Stoff, der z. B. im ätherischen Öl der Gewürznelke enthalten ist – auch dieses Herstellungsverfahren wird bis heute genutzt. Das Vanillin aus Eugenol brachte zufriedenstellende Ergebnisse hervor und rief schliesslich die ersten Konkurrenzfirmen auf den Plan.

Künstliches Vanillin 2.0 – das Ethylvanillin

Eine dieser Konkurrenzfirmen liess das „Ethylvanillin“ patentieren. Ethylvanillin wird ähnlich hergestellt wie Vanillin, mit dem Unterschied, dass anstelle von Guajakol Guethol als Ausgangsstoff dient. Ethylvanillin hat eine ähnliche chemische Struktur wie Vanillin, kommt in der Natur aber nicht vor (auch wenn damals anderes behauptet wurde). Es kann also nur synthetisch hergestellt werden. Der Stoff schmeckt etwa dreimal intensiver als Vanillin, weshalb er bis heute in der Parfüm-, Tabak-, Kosmetik-, Seifen- und in der Lebensmittelindustrie eingesetzt wird.

Natürliches, naturidentisches und künstliches Vanillin

Nachdem im ersten Weltkrieg viele ausländische Gewürze knapp wurden, entstand ein wahrer Boom von künstlichen Ersatzaromen, die in Deutschland hergestellt wurden. Der zweite Weltkrieg verstärkte diese Entwicklung, indem vermehrt auf einheimische Produktion gesetzt wurde. Dies führte dazu, dass Vanillin anstelle von Vanille zur Normalität wurde. Erst später begannen die Verbraucher die Aromatisierung von Lebensmitteln zu hinterfragen.

Schliesslich wurde 1959 die „Essenzenverordnung“ erlassen, welche einen gesetzlichen Rahmen für die Aromatisierung von Lebensmitteln schuf. Die Essenzenverordnung legte den Grundstein für die heutige Kennzeichnungspflicht von Zusatzstoffen. Die Aromen wurden damals in „natürlich“, „naturidentisch“ und „künstlich“ eingeteilt ( 5 ):

  1. Natürlich: Extrakt aus Vanilleschoten
  2. Naturidentisch: synthetisch hergestelltes Vanillin (z. B. Vanillin aus Eugenol, Lignin oder Guajakol)
  3. Künstlich: Ethylvanillin, das in der Natur nicht vorkommt

Mit dem Aufkommen der Ökobewegung wurden die naturidentischen und künstlichen Aromastoffe jedoch immer unbeliebter in der Bevölkerung, denn auch die „naturidentischen“ Stoffe werden künstlich hergestellt.

Biotechnologisch hergestelltes Vanillin

Also entwickelte man neue Verfahren zur Vanillinherstellung. Ende der 1990er Jahre wurde Vanillin erstmals biotechnologisch hergestellt, also mit Einsatz von Mikroorganismen oder Enzymen.

Ausgangsstoff für dieses Verfahren ist die Ferulasäure. Ferulasäure kommt in verschiedenen Pflanzen, wie z. B. in Dill, Reis und Gräsern vor. Häufig wird für die Vanillin-Gewinnung Reiskleie verwendet. Die Reiskleie wird mit Schimmelpilzen und Bakterien versetzt – diese wandeln die Ferulasäure in der Reiskleie in Vanillin um.

Durch Lobbyarbeit sorgte die Aromenindustrie dafür, dass auch dieses biotechnologisch hergestellte Vanillin als „natürlich“ deklariert werden durfte – also gleichgestellt war mit dem natürlichen Vanillin aus Vanilleschoten, da die Rohstoffe natürlichen Ursprungs sind (Reiskleie).

Natürliche Aromen enthalten immer weniger Natur

Weitere Lobbyarbeit führte dazu, dass die in der Bevölkerung unbeliebten Begriffe „künstlich“ und „naturidentisch“ ganz abgeschafft wurden – denn die Nachfrage nach natürlichen Produkten stieg weiter. Bis heute wird Vanillearoma in Lebensmitteln daher wie folgt deklariert ( 4 ):

  1. Natürliches Vanillearoma: besteht zu mindestens 95 % aus Vanilleschoten
  2. Natürliches Aroma: biotechnologisch hergestelltes Vanillin (aus natürlichen Rohstoffen wie z. B. Reiskleie hergestellt)
  3. Aroma bzw. Vanille-Aroma: synthetisch hergestelltes Vanillin, also Vanillin, das zuvor mit „naturidentisch“ oder künstlich“ deklariert wurde (z. B. Ethylvanillin, Vanillin aus Lignin, Guajakol und Eugenol) 

Nun suggerieren also zwei von drei Kategorien, dass es sich um natürliches Vanillin handelt, obwohl das „natürliche Aroma“ niemals eine echte Vanilleschote gesehen hat. Und das „natürliche Vanillearoma“ muss nicht mehr ausschliesslich aus Vanilleschoten stammen ( 3 ).

Verbraucher werden getäuscht

Früher erkannte man Produkte mit Vanille an den schwarzen Pünktchen, die vom Mark der Schote stammen. Heute werden diese Pünktchen auch Produkten mit künstlichem Vanillin zugegeben, um zu suggerieren, dass Vanille enthalten ist. Dabei handelt es sich aber nur um die gemahlene Schale der Vanilleschote und nicht um das Vanillemark.

Dasselbe macht man mit der Farbe von Vanillepudding, Vanilleeis und Co. Diese Produkte sind häufig gelblich, aber nicht wegen der Vanille (die bekanntlich schwarz ist), sondern weil sie früher meist Eigelb enthielten, damit sie cremiger wurden. Dies führte dazu, dass viele Verbraucher die Vanille auch heute noch mit einer gelben Farbe assoziieren. Daher färbt die Lebensmittelindustrie besagte Produkte gerne gelb ein – auch wenn diese inzwischen kein Eigelb mehr enthalten und echte Vanille sowieso nicht – mit dem Ziel, beim Verbraucher den Glauben zu wecken, es sei Vanille enthalten.

Debatte: Vanillin schädlich oder gesund

Schlussendlich stellt sich die Frage, inwiefern sich künstlich hergestelltes Vanillin und Vanillin in der Vanille abgesehen vom Geschmack unterscheiden. Denn synthetisches Vanillin wurde früher als schädlich angesehen. Das Beratergremium für umweltrelevante Altstoffe (BUA) der Gesellschaft Deutscher Chemiker hatte den Stoff 1986 mit der höchsten Gefährdungsstufe +3 bewertet. Es wurde als „kanzerogen oder mutagen in vitro oder in vivo oder DNS-Schäden oder Chromosomenveränderungen verursachend“ eingestuft ( 8 ).

Heute gilt Vanillin – egal ob natürlich in der Vanille oder künstlich hergestellt – gemeinhin als sicher ( 9 ). Zudem sind seither zahlreiche Studien erschienen, die zeigen, dass Vanillin sich positiv auf die Gesundheit auswirkt. Es soll antioxidativ und entzündungshemmend sein, die Gehirnleistung stärken und sogar krebshemmende Eigenschaften aufweisen. Weitere Informationen dazu finden Sie in unserem Artikel über die Vanille.

Vanille ist gesünder als künstliches Vanillin

Schlussendlich wirkt sich ein Produkt von Mutter Natur – also die Vanille – in jedem Fall besser auf die Gesundheit aus als ein isolierter Einzelstoff, denn das Naturprodukt besteht aus vielen weiteren gesundheitsfördernden Pflanzenstoffen, die im Körper eine Rolle übernehmen und sich gegenseitig beeinflussen. Produkte mit künstlichem Vanillin werden zudem häufig so billig wie möglich hergestellt und enthalten grosse Mengen an Zucker.

Greifen Sie deshalb lieber auf Produkte mit Vanille zurück, auch wenn diese teurer sind. Im Absatz „Debatte: Vanillin schädlich oder gesund“ finden Sie einen Link, der Tipps aufzeigt, wie Sie Vanilleschoten mehrmals verwenden können, wie Sie Ihren eigenen Vanillezucker und auch Ihr eigenes Vanillepulver sowie Vanilleextrakt herstellen können.

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Wichtiger Hinweis

Dieser Artikel wurde auf Grundlage (zur Zeit der Veröffentlichung) aktueller Studien verfasst und von MedizinerInnen geprüft, darf aber nicht zur Selbstdiagnose oder Selbstbehandlung genutzt werden, ersetzt also nicht den Besuch bei Ihrem Arzt. Besprechen Sie daher jede Massnahme (ob aus diesem oder einem anderen unserer Artikel) immer zuerst mit Ihrem Arzt.