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Avocado: Ökobilanz besser als bei anderen Lebensmitteln

Immer wieder heisst es, die Avocado sei eine ökologische Katastrophe, ein Superfood mit schlechter Ökobilanz. In Wirklichkeit ist die Avocado ein hochwertiges Lebensmittel, das in Sachen Ökobilanz nicht schlechter dasteht als viele andere Lebensmittel.

Stand: 26 April 2024

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Die Ökobilanz der Avocado

Schon 2016 schrieb Die Zeit über „Das Märchen von der guten Avocado“ und bezeichnete die birnenförmige Exotin als ökologisch höchst zweifelhaft ( 1 ). Die entsprechende Zeit-Autorin stellte sich seinerzeit die Frage, ob es „wirklich gut für die Welt ist, wenn der deutsche Verbraucher Schweinefleisch und Butter durch Berge Avocados“ ersetzt.

Zwar verspeist vermutlich kaum jemand „Berge Avocados“, da man vielleicht einmal einen Dip oder eine Sauce daraus zubereitet, die Frucht in den Smoothie mixt oder unter den Salat mischt, sie also nicht als Grundnahrungsmittel einsetzt. Wollte man die Frucht jedoch tatsächlich statt Schweinefleisch und Butter essen, dann würden in der Tat Berge daraus. Wir beleuchten die Ökobilanz der tropischen Butterfrucht und vergleichen sie u. a. mit jener von Schweinefleisch und Butter.

So viele Avocados werden gegessen

Während im Jahr 2016 lediglich etwa 60.000 Tonnen Avocados nach Deutschland importiert wurden ( 4), produzierte man allein hierzulande im selben Jahr 5,57 Millionen Tonnen Schweinefleisch (entspricht etwa 60 Millionen getöteter Schweine) und 516.000 Tonnen Butter. Die Deutschen essen somit fast 100-mal so viel Schweinefleisch wie Avocados und fast 10-mal so viel Butter (2, 3).

Die Umweltproblematik der Fleisch- und Milchproduktion ist hinlänglich bekannt. Wäre es da nicht tatsächlich besser, auf Avocados umzusteigen? Schauen wir uns die Kritikpunkte an, die gegen die Frucht vorgebracht werden.

Kritisiert wird an der Butterfrucht nicht das, was in ihr drin steckt, denn ihr Fett und ihre Vitamine sind nun einmal sehr gesund, kritisiert wird hingegen ihre Ökobilanz, zunächst aber ihr landschaftsveränderndes Potenzial und ihr angeblich so komplizierter Anbau. Um dies zu veranschaulichen entführt Die Zeit den Leser auf eine virtuelle Reise nach Afrika.

Avocadoplantagen verändern Landschaften

Es wird von einer Avocadoplantage in der südafrikanischen Provinz Limpopo berichtet, wo man „den Avocadowahn“ besichtigen könne. Die Szene wird folgendermassen beschrieben: „Kein karger Busch mehr, kein braunes Gras und keine Wellblechhütten der Zulu, keine überfahrenen Hunde mehr am Straßenrand, stattdessen: Avocadobäume. So weit der Blick reicht. […] alle gleich gross, knapp zwei Meter, die Blätter satt dunkelgrün, als könnten Staub und Trockenheit ihnen nichts anhaben.“

Klingt, als habe die Gegend eine Verbesserung erfahren. Denn Bäume sind in jedem Fall besser als überfahrene Hunde, als Staub und als Trockenheit. Offenbar wurde für die Avocadobäume auch kein Regenwald gerodet, was bei Soja, das als Futtermittel für Schweine und Rinder benötigt wird, ganz anders aussieht.

Auch gelten Baumpflanzungen in Dürreregionen in der Permakultur fast schon als Allheilmittel für unfruchtbare Regionen und zur Rettung des Klimas. Bäume können den Grundwasserspiegel heben, der Bodenerosion vorbeugen und bekanntlich Regenfälle wahrscheinlicher machen. Zwar wäre ein Mischwald besser als eine Monokultur, doch besser letztere als eine erodierte Landschaft, in der kein Leben möglich ist. Bei diesem Beispiel also könnte man sagen, veränderte die Avocado die Landschaft zum Positiven hin.

Avocado-Anbau ist nicht kompliziert

Dann geht es weiter mit dem Vorwurf, Avocados seien ausserordentlich kompliziert. Lang und breit wird die Veredelung von Avocadobäumen erklärt, als sei gerade dieser Schritt etwas, das den Avocadobaum so kompliziert mache. Doch gibt es heutzutage kaum noch Obstbäume, die nicht veredelt sind, zumindest nicht im kommerziellen Obstbau.

Im Gegenteil, versuchen Sie bitte einmal einen sog. wurzelechten Obstbaum zu finden. Oft sind es nur noch Spezialgärtnereien für Naturgarten-Liebhaber, die derartiges anbieten, die gewöhnliche Baumschule jedoch sicher nicht. Die Veredelung kann es also nicht sein, die aus dem Avocadobaum etwas überdurchschnittlich Kompliziertes werden lässt.

Immer weniger kleine Avocado-Bauern

Dann wird bemängelt, dass es immer weniger, aber grosse Avocado-Farmen gäbe, während viele kleine Betriebe eingingen. Auch das ist nicht das Problem, das allein mit dem Avocaodanbau einhergeht, sondern ein Problem, das es wohl überall gibt. So gibt es immer weniger kleine Milchbauern, immer weniger Tanta-Emma-Läden, immer weniger kleine Handwerksbetriebe, immer weniger kleine Buchläden, immer weniger kleine Elektroläden etc.

Schlecht für die Ökobilanz: Der Wasserverbrauch der Avocado

Gravierend aber sei für die Ökobilanz der Avocado in jedem Fall der hohe Wasserverbrauch der Avocado, besonders wenn sie in trockenen Regionen angebaut werde. Während ein Kilogramm Tomaten im globalen Durchschnitt mit etwa 180 Litern Wasser auskomme, ein Kilogramm Salat mit etwa 130 Litern, verbrauche ein Kilogramm Avocados 1.000 Liter. Und weil man davon ausgeht, dass eine Avocado 400 g wiegt, schlussfolgert man: 1.000 Liter Wasser für zweieinhalb Avocados.

Das Titelbild des Zeit-Artikels zeigt jedoch eine Hass-Avocado. Diese wiegt selten mehr als 200 g. Und schon sind es mindestens doppelt so viele Avocados pro 1.000 Liter Wasser. Das ist zwar immer noch keine besonders hohe Ausbeute, auch ist Kilogramm eben Kilogramm, doch je niedriger die Stückzahl, umso dramatischer klingt die Geschichte und genau das will man erreichen.

Milch und Apfelsaft benötigen dieselbe Wassermenge

Schaut man sich nun den Wasserbedarf und somit die Ökobilanz anderer Lebensmittel an, wird schnell klar, dass die Avocado allein wegen ihres Wasserverbrauchs keine grössere ökologische Katastrophe darstellt als Milch und Apfelsaft, ja nicht einmal eine sehr viel schlechtere Ökobilanz aufweist als Kaffee.

Dieser benötigt pro Tasse (7 g Kaffeebohnen/-pulver) 140 Liter Wasser und damit fast so viel wie eine 200-g-Avocado. Das Problem ist hier jedoch, dass Avocados nicht annähernd in jenen Mengen konsumiert werden wie Kaffee. Denn wer bleibt schon bei einer einzigen Tasse Kaffee am Tag?

Fleisch benötigt pro Kilogramm übrigens das Vier- bis Fünfzehnfache der Avocado-Wassermenge, Käse das Fünffache und Eier das mehr als Dreifache, so dass Sie bitte selbst beurteilen, welches Lebensmittel unsere Erde in den Kollaps treiben wird. Die Avocado ist es mit Sicherheit nicht.

Für eine Tasse Kaffee 140 l Wasser

Auf der Webseite "Virtuelles Wasser" wird darauf hingewiesen, dass die 140 Liter für eine Tasse Kaffee bereits unseren durchschnittlichen täglichen Trinkwassergebrauch von 125 Liter pro Person übersteigen ( 10 ). Dabei ist Kaffee in unseren Gefilden mindestens so unnötig wie eine Avocado, wenn nicht noch unnötiger, da er kein Lebensmittel, sondern ein Genussmittel darstellt und dazu noch aus den Tropen stammt, also einen laaangen Transportweg hinter sich hat und somit aus Sicht der Avocadokritiker eigentlich alles andere als ökologisch vertretbar sein dürfte (siehe nächster Abschnitt).

Würde nun jeder Mensch 40 Kilogramm Avocados pro Jahr essen statt den derzeitigen 40 Kilogramm Schweinefleisch, dann entspräche das rein rechnerisch schon einmal einer Wasserersparnis von 150.000 Litern pro Person und Jahr.

Aus ernährungsphysiologischer Sicht ist es jedoch wenig sinnvoll, den Wasserverbrauch pro Kilogramm zu vergleichen. Denn nach zwei Avocados (400 g) fühlt man sich fast schon satt. Nach zwei grossen Tomaten oder einem Kopfsalat eher nicht. Vielleicht sollte man den Wasserverbrauch daher pro Kilokalorie vergleichen. Dann aber sieht die Sache schon ganz anders aus. Dann nämlich brauchen Tomaten um 50 Prozent mehr Wasser als Avocados. Die Ökobilanz von Avocados ist also im Vergleich zu anderen Lebensmitteln nicht annähernd so schlecht, wie man uns glauben machen will.

(Wenn Sie Rezepte mit Avocados suchen, dann haben wir für Sie unter vorigem Link annähernd 100 Avocado-Rezepte in unserem ZDG-Kochstudio entwickelt. Alle Rezepte sind rein pflanzlich, gesund und - da von Profiköchen entwickelt - äusserst wohlschmeckend.)

Liste: Wasserverbrauch von Lebensmitteln

Nachfolgend nun eine Liste mit dem Wasserverbrauch einiger Lebensmittel ( 9 ):

  1. 15.450 Liter Wasser für ein Kilogramm Rindfleisch
  2. 21.000 Liter für ein Kilogramm Röstkaffee (pro Tasse à 7 g sind es 140 Liter)
  3. 5.000 Liter für ein Kilogramm Käse
  4. 4.800 Liter für ein Kilogramm Schweinefleisch
  5. 3.900 Liter für ein Kilogramm Geflügelfleisch
  6. 3.400 Liter für ein Kilogramm Reis
  7. 3.300 Liter für ein Kilogramm Eier
  8. 2.800 Liter für ein Kilogramm Hirse
  9. 2.400 Liter für einen Burger von McDo…
  10. 1.470 Liter für ein Kilogramm Spargel
  11. 1.300 Liter für ein Kilogramm Weizen
  12. 1.000 Liter für einen Liter Milch
  13. 950 Liter für einen Liter Apfelsaft
  14. 900 Liter für ein Kilogramm Mais
  15. 860 Liter für ein Kilogramm Bananen
  16. 700 Liter für ein Kilogramm Äpfel

Lange Transportwege sind nichts Besonderes

Anschliessend wird der Avocado im Zeit-Artikel der lange Transportweg vorgeworfen, den sie zurücklegen muss, bis sie schliesslich im Ladenregal liegt. Erst mit dem LKW an die Küste, dann mit dem klimatisierten sprich energiefressenden Schiff an einen europäischen Hafen und von dort zu den Gross- und Einzelhändlern. Da sie Stösse schlecht vertrage, benötige die Avocado viel Verpackungsmaterial, was ihre Ökobilanz noch weiter verschlechtere.

Alle diese Punkte treffen auf fast jedes Lebensmittel zu, das aus den Tropen nach Europa transportiert wird. Bei der Banane sieht der Aufwand in jedem Fall deutlich höher aus, interessiert aber niemanden, weil man sich an die Banane wohl schon zu sehr gewöhnt hat ( 5 ).

Ein aktueller Blick in den Supermarkt - ob Bio oder konventionell - zeigt überdies (im September 2018), dass Avocados meist unverpackt in kleinen niedrigen Pappkisten angeboten werden. Die Kisten sind nicht einmal mit Kunststoffeinlagen gepolstert. Ja, manch beliebter Supermarkt (Lidl) bietet Avocados sogar im 400-Gramm-Netz ohne jedes weitere Verpackungsmaterial an. Laut Die Zeit müsste im Netz nun 1 Avocado enthalten sein. Es sind jedoch vier.

Auch Bananen und Fleisch kommen in Reifekammern

Letztendlich ist es dann noch die Reifekammer, die wegen des Energieaufwandes massiv kritisiert wird und die Ökobilanz der Avocado noch weiter verschlechtern soll. Dort verbringen manche Avocados sechs Tage lang (die mit dem Aufkleber "Iss mich" oder "essreif" versehen sind), bevor sie in den Supermarkt gelangen. Denn Avocados sind im Normalfall noch steinhart und benötigen bis zu zwei Wochen, bis sie essbereit sind. Daher ist es für viele Menschen schwierig, sie in den Speiseplan einzuplanen, was zur Entwicklung der Reifekammern geführt hat.

Allerdings hat man nach wie vor die Wahl, zu Avocados zu greifen, die nicht in Reifekammern waren. Doch lagert bekanntlich auch Rindfleisch einige Tage lang in Reifekammern. Dann aber spricht man fachmännisch von „Abhängen“, während es für Avocados offenbar anstössig ist, sich in Reifekammern aufzuhalten. Viele andere Lebensmittel werden gar monatelang in ebenfalls aufwändig klimatisierten Räumen gelagert (sog. CA-Lager), etwa Kartoffeln oder Äpfel, so dass auch diese Lebensmittel wegen einer ungünstigen Ökobilanz kritisiert werden könnten.

Kaum Pestizidrückstände in der Avocado

Obwohl auf manchen Seiten im Netz behauptet wird, die Avocado berge eine fürchterliche Gefahr, nämlich Pestizide auf der Schale, gehört die Avocado in Wirklichkeit zu den Clean 15, also zu den 15 am wenigsten mit Pestiziden belasteten Früchten. Sie ist aufgrund ihrer dicken und harten Schale so gut wie gar nicht für Insekten attraktiv und auch nicht anfällig für Pilzerkrankungen ( 6 ).

Man findet daher auch kaum Pestizidrückstände auf der Frucht – und wenn, so nur Rückstände von Mitteln, die auch bei Zitrusfrüchten nach der Ernte zur besseren Haltbarkeit verwendet werden (z. B. Thiabendazol), doch selbst diese Rückstände sind eher selten. Neun von zehn deutschen Äpfeln weisen hingegen gleich mehrere Pestizide auf und gehören damit zu einer der am intensivsten mit Pestiziden behandelten Kultur ( 7 ).

Beim Kauf für gute oder schlechte Ökobilanz entscheiden!

Bei der Avocado ist es somit wie bei jedem anderen Lebensmittel auch. Man kann sie in ungeeigneten Regionen in Monokulturen mit hohem Energieaufwand produzieren. Man kann sie jedoch auch in Regionen mit regelmässigen Niederschlägen extensiv in einer Bio-Mischkultur ziehen (wie im Schrot-und-Korn-Artikel aus 2017 zu lesen ( 8 ). Welche Variante sich durchsetzt und ob man eine vorgereifte Avocado kauft oder eine, die man zu Hause reifen lässt, entscheidet der Verbraucher. Jeder einzelne von uns kann also die Ökobilanz eines Lebensmittels beeinflussen!

Natürlich muss auch eine Bio-Avocado erst einmal transportiert werden, wer jedoch generell Lebensmitteltransporte ablehnt, der kann immer noch mit dem Fahrrad zum nächsten Bio-Bauern radeln und sich dort mit ausschliesslich saisonalen und regionalen Lebensmitteln eindecken. Dann sind natürlich Kaffee, Bananen, Zitrusfrüchte, Mangos, Ananas, viele Teesorten, Kakao und Schokolade tabu. Und da auch innerhalb Deutschlands und Europas tagtäglich Lebensmitteltransporte stattfinden, von den Viehtransporten ganz zu schweigen, grenzt das Kriterium „ich esse nichts, das längere Strecken transportiert wurde“, die Lebensmittelauswahl enorm ein.

Fleisch- und Milchprodukte kommen gerade für Avocadokritiker und Menschen, die sich an der Ökobilanz eines Lebensmittels orientieren, selbstverständlich sowieso nicht mehr in Frage, da das Futter (Soja und Mais) aus Übersee stammt und tierische Produkte auch in Sachen Wasserverbrauch wirklich jedes andere Lebensmittel toppen. ( 2 ) ( 3 )

Es gibt also keinen Grund, die Finger von der Avocado, insbesondere von der Bio-Avocado zu lassen. Das einzige, was Sie lassen sollten, ist vielmehr, all das zu glauben, was in den heute so beliebten Obst- und Gemüse-Bashing-Artikeln geschrieben wird.

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Wichtiger Hinweis

Dieser Artikel wurde auf Grundlage (zur Zeit der Veröffentlichung) aktueller Studien verfasst und von MedizinerInnen geprüft, darf aber nicht zur Selbstdiagnose oder Selbstbehandlung genutzt werden, ersetzt also nicht den Besuch bei Ihrem Arzt. Besprechen Sie daher jede Massnahme (ob aus diesem oder einem anderen unserer Artikel) immer zuerst mit Ihrem Arzt.

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