Getreide im Laufe der Menschheitsgeschichte
Erst aus der Jungsteinzeit stammen die frühesten Funde, die auf einen gezielten Getreideanbau ab etwa 8.000 v. Chr. schließen lassen. Zwar erscheinen dem einzelnen Menschen mit seiner Lebenserwartung von gerade einmal 70 oder 80 Jahren einige tausend Jahre als sehr viel.
Geht man jedoch von der gesamten Entwicklungsperiode des modernen Menschen aus, so handelt es sich um einen Zeitraum von insgesamt mindestens 200.000 Jahren. Das bedeutet, der Mensch hat sich offenbar auch in den 190.000 Jahren, bevor er seine Leidenschaft für Getreideprodukte entdeckte, recht gut über Wasser halten können.
Die Urheimat des Menschen soll sich im tropischen Afrika befunden haben, also in Klimazonen, in denen stets angenehme Temperaturen herrschten. Grünpflanzen und Früchte gediehen dort ganzjährig in einer solchen Vielfalt und Üppigkeit, dass in diesem paradiesischen Umfeld sicherlich keiner unserer Ahnen auf die Idee gekommen ist, mühevoll die Samen von irgendwelchen Gräsern zu sammeln, wenn doch dicke Mangos, saftige Wurzelknollen und fette Nüsse praktisch direkt in den Mund wuchsen.
Irgendwann machten sich die Menschen jedoch auf die Reise. So gelangten sie auch in Gebiete mit gemäßigtem oder gar kaltem Klima. Früchte und die meisten Grünpflanzen gab es dort nur während einiger Monate. Also musste man auf andere Nahrungsquellen ausweichen. Das waren einerseits Fleisch und andererseits Grassamen (die Vorfahren des heutigen Getreides).
Bevor die Menschen sesshaft wurden, sammelten sie die unreifen Ähren von Wildgräsern. Auch sammelten sie die frisch gekeimten Sämlinge dieser Wildgräser. Beides – unreife Wildgrassamen und Keimlinge – sind außerordentlich reich an Vitalstoffen und Lebensenergie.
Was unsere durch die Lande ziehenden Vorfahren jedoch nicht aßen, waren reife Grassamen. Einfach deshalb, weil reife Grassamen sofort auf die Erde fallen und nicht warten - wie heute - so gezüchtet sind, dass die reifen Samen in der Ähre bleiben.
Fladenbrot aus Keimgetreide
Dann wurde der Mensch sesshaft und begann, Getreide zu züchten. Anfangs war das – vom gesundheitlichen Standpunkt aus gesehen – nicht weiter tragisch.
Das Korn war kein Grundnahrungsmittel, es wurde ohne Verwendung von Chemikalien angebaut und nicht industriell verarbeitet. Die alten Sorten waren außerdem reich an Mineralien und Vitaminen.
Die Menschen ließen das Korn keimen, zerstampften die Keimlinge zu einem Brei, würzten mit frischen Kräutern, formten den entstandenen Teig zu Broten und ließen sie in der Sonne trocknen. Diese Fladenbrote waren bekömmlich und gesund.
Ziele moderner Getreidezucht
Heute ist das alles ein bisschen anders. Bei der Zucht und Auslese konzentrierte man sich in letzter Zeit hauptsächlich auf zwei Aspekte. Korn sollte sich prima maschinell ernten lassen (es fällt daher in reifem Zustand heute nicht mehr aus der Ähre) und es sollte besser den Anforderungen der Lebensmittelindustrie entsprechen.
Daher ist beispielsweise ein hoher Eiweißgehalt (Kleber oder auch Gluten genannt) besonders wichtig. Gluten klebt schön, so dass Teige daraus gut zusammenhalten und einfacher verarbeitet werden können. Ob die entsprechenden Back- und Teigwaren damit auch gesund ist und dem Verbraucher nutzt, das interessierte bei der züchterischen Auslese niemanden.
Glutenunverträglichkeit
Weltweit leidet durchschnittlich bereits jeder zweihundertsiebzigste Mensch an einer Glutenunverträglichkeit. In diesen Fällen führen alle Kultursorten mit hohem Eiweiß- bzw. Glutengehalt (Weizen, Dinkel, Grünkern, Roggen, Gerste u. a.) zu chronischen Entzündungen der Dünndarmschleimhaut (Zöliakie).
Abgesehen von den unangenehmen Symptomen wie Durchfall, Erbrechen, Übelkeit und Gewichtsverlust, können die lebenswichtigen Nährstoffe aus der Nahrung nicht mehr richtig verwertet werden.
Daneben gibt es noch die zöliakieunabhängige Glutenunverträglichkeit. Diese betrifft sehr viel mehr Menschen und kann zu vielen Symptomen führen, die gar nicht mit der Ernährung in Zusammenhang gebracht werden, darunter auch Depressionen, Übergewicht, Autoimmunerkrankungen, Migräne uvm.
Vielleicht handelt es sich jedoch gar nicht um eine unnatürliche Überempfindlichkeit. Vielleicht ist es eine ganz normale Reaktion eines gesunden Organismus, der lediglich signalisiert, dass er modernes überzüchtetes Getreide und daraus hergestellte Industrieprodukte als für seine Ernährung ungeeignet und ungesund identifiziert hat.
Getreide und Verdauungsbeschwerden
Alle anderen Menschen, die das Getreideeiweiß vertragen, tun dies möglicherweise nur scheinbar. Zwar leiden sie nach dem Verzehr von Körnern und Produkten daraus vielleicht nicht unter akuten Verdauungseschwerden, doch geben sich chronische Beschwerden der Verdauungsorgane wie Sodbrennen, Bauchschmerzen, Blähungen, Reizdarmsymptome, Durchfall, Verstopfung, Übelkeit, Hämorrhoiden und chronische Darmentzündungen wie Colitis ulcerosa und Morbus Crohn in den Arztpraxen die Klinke in die Hand.
An diesen unterschiedlichen Symptomen ist natürlich – wie oben erwähnt – nicht nur das Getreide schuld. In Kombination mit den übrigen stark verarbeiteten Nahrungsmitteln, die heute wie selbstverständlich verzehrt werden (pasteurisierte Milchprodukte, Fertiggerichte aller Art, Genussmittel wie Koffein, Alkohol, Zucker etc.) sorgt die moderne Ernährung für eine permanente Reizung und Überlastung der Verdauungsorgane.
Getreide belastet den Organismus
Reifes Getreide ist außerordentlich schwer verdaulich. Nicht nur Gluten allein macht dem Organismus zu schaffen. Auch der große Anteil an Stärke führt zu Irritationen. Stärke plus Gluten ergibt in unseren Eingeweiden eine klebrige Masse, die nicht vollständig verdaut werden kann. Neben Schlacken entstehen bei der (versuchten) Verdauung außerdem Säuren. Sie werden im Organismus abgelagert und übersäuern diesen Tag für Tag.
Chronisch entzündete Schleimhäute (neben Magen-Darm-Beschwerden auch häufige Erkältungen) und Erkrankungen des Bewegungsapparates (Arthrose, Gicht, Rheuma) sind typische Folgen von täglichem Brot- und Teigwarengenuss – so beschreiben es zumindest die alten Gesundheitsvertreter Arnold Ehret, Walter Sommer, Helmut Wandmaker und viele andere.
Für Vögel gilt all das natürlich nicht, da diese ein speziell für die Verdauung von reifen Samen vorgesehenes Verdauungsorgan (einen Kropf) haben. Haben Sie solch einen Kropf?
Wenn nein, lassen Sie die Finger von Back- und Teigwaren. Ein paar Wochen lang – probeweise. Sie werden sich fantastisch fühlen! Wissenschaftliche Belege mag es in der erwarteten Form nicht geben, doch zeigen zahlreiche Erfahrungen immer wieder, wie gut es vielen Menschen plötzlich geht, wenn sie ihren Körnerverzehr drastisch reduzieren.
Hämorrhoiden verschwinden bei getreidefreier Ernährung
Eine getreidefreie bzw. glutenfreie Ernährungsweise zeigt oft schon nach wenigen Wochen eine deutliche Besserung der oben genannten Krankheiten und Symptome. Probieren Sie es aus! Ernähren Sie sich einige Wochen lang glutenfrei und warten Sie ab, was geschieht.
Arthritische Schmerzen und lästige Hämorrhoiden beispielsweise verschwinden bei vielen Menschen binnen weniger Wochen, wenn man sich vor Back- und Teigwaren in Acht nimmt und stattdessen den Gemüse- und Salatverzehr erhöht. Allerdings sind sie genauso schnell wieder da, wenn man wieder rückfällig wird. Ihr Körper zeigt Ihnen ganz genau, was gut für ihn ist und was nicht. Achten Sie auf seine Signale!
Gekeimtes Korn
Lässt man das Korn (Dinkel, Roggen, Hafer, Gerste, Kamut etc.) jedoch zu Sprossen oder gar Gras (für die Grassaft-Herstellung) keimen, dann handelt es sich nicht mehr um Getreide, sondern um eine Art Frischgemüse. Das schwer verdauliche Eiweiß verwandelt sich unter Einwirkung von Enzymen in leicht verwertbare , Chlorophyll (der exquisite Blut-Baustoff) wird gebildet und die sog. Antinutritiva (= verwertbare Aminosäuren), die die Verdauung erschweren können, werden genau wie die klebrige Stärke abgebaut.
Die im Korn eher spärlich vorhandene Menge an Vitalstoffen wird vervielfacht und in eine leicht aufnehmbare Form gebracht. Keimlinge und Sprossen stellen also eine hervorragende Aufwertung der täglichen Frischkost dar und haben mit Getreide kaum mehr etwas zu tun.
Auszugsmehle verursachen einen Vitalstoffmangel
Herkömmliche Back- und Teigwaren hingegen machen schnell satt und belasten dabei – je nach persönlicher Verträglichkeit – mehr, als dass sie nützen würden.
Natürlich sind hochwertige Vollkornprodukte, z. B. selbst gebackenes Brot aus frisch gemahlenem Dinkel, wenn sie in gemäßigten Mengen verzehrt werden, eine Bereicherung des Speiseplans. Weißmehlprodukte jedoch (also Produkte aus Auszugsmehlen) liefern fast nur noch Gluten und Stärke. Ihr Vitalstoffgehalt ist minimal und nicht der Rede wert.
Bestreitet man nun seine Ernährung zu einem großen Teil aus Weißbrot, Nudeln, Pizza, Gebäck und Kuchen, dann führt diese Ernährungsform über kurz oder lang zu einem chronischen Vitalstoffmangel.
Getreide wird beispielsweise als hochwertige Quelle des Vitamin-B-Komplexes gepriesen. Auf Produkte aus Weißmehl trifft dies aber nicht mehr zu, weshalb Vitamin-B-Mangel in unseren Breiten gar nicht so selten ist, wie gemeinhin vermutet wird. Immer wiederkehrende Risse in den Mundwinkeln, Probleme mit der Haut, Verdauungsstörungen, aber auch Schlaflosigkeit, Müdigkeit, Kopfschmerzen und Schwindel können die ersten Mangelsymptome sein.
Brot kostet Lebenszeit
Sieht man sich die langlebigsten Völker der Erde an, so fällt auf, dass sie oft kein oder nur sehr wenige Körnerprodukte essen. Die russische Ärztin Galina Schatalova erzählt von Völkern, die ohne Körnernahrung im Kaukasus und im fernöstlichen Sibirien leben, deren durchschnittliche Lebenserwartung bei 133 Jahren liegen soll.
Auch der älteste bekannte Geschichtsschreiber Herodot (490 v. Chr.) berichtet von den langlebigen Äthiopiern, die keinerlei Getreide aßen und etwa 120 Jahre alt wurden, während ihre persischen Zeitgenossen sich als besonders modern wähnten, viel Weizenbrot aßen, selten älter als 80 wurden und auch dieses für uns Neuzeit-Menschen noch relativ hohe Alter nur deshalb erreichten, weil sie immerhin viele Früchte gegessen haben sollen.
Getreide – ja oder nein?
Wie lautet daher nun das Fazit? Ist Getreide gesund oder eher ungesund?
Es ist gesund,
- wenn es in der Vollkornvariante verzehrt wird,
- wenn man bevorzugt Hafer isst oder auf alte Arten und Sorten zurückgreift (Dinkel, Hirse, Urroggen, Emmer, Einkorn etc.),
- wenn es nicht jeden Tag gegessen wird (sondern abwechselnd mit z. B. Kartoffeln, Maroni, Buchweizen u. a.),
- wenn es nur als Beilage zu Gemüsegerichten und Salaten verzehrt wird, also in gemäßigten Mengen und
- wenn es vertragen wird.
Es ist ungesund,
- wenn es in Form von Auszugsmehlen und Produkten daraus verzehrt wird,
- wenn man bevorzugt Weizenprodukte verspeist,
- wenn bei allen Mahlzeiten des Tages Teig- und Backwaren den Hauptteil ausmachen und natürlich auch dann,
- wenn Getreide (z. B. Weizen oder Gluten) nicht vertragen wird.