Hirse ist ein Getreide
Bei der Hirse handelt es sich nicht etwa um eine einzige Pflanzenart, sondern um eine Sammelbezeichnung für 10 bis 12 verschiedene kleinfrüchtige Spelzgetreide-Gattungen, die zahllose Arten umfassen. Sie alle gehören – genau wie der Dinkel, Weizen, Mais etc. – zur Familie der Süßgräser (Poaceae) und weisen viele Gemeinsamkeiten auf.
Abhängig von der Beschaffenheit der kleinen Körner wird grob unterschieden zwischen:
Sorghum
Es handelt sich um rund 30 Arten der Gattung Sorghum, z. B. die Mohrenhirse. Sorghumarten zeichnen sich durch größere Körner (17 bis 22 Gramm Tausendkornmasse) sowie höhere Erträge aus und dienen als Lebensmittel und Vogelfutter. Zum Vergleich: Der Weizen hat eine Tausendkornmasse von 40 – 65 Gramm.
Millet
Millethirsen werden auch als Kleine oder Echte Hirsen bezeichnet. Zu ihnen zählen die meisten Arten, z. B. Rispen-, Kolben-, Perl-, Finger- oder Zwerghirse (Teff). Die kleinen Körner (rund 5 Gramm Tausendkornmasse) werden von Mensch und Tier gleichermaßen geschätzt. Zur Lebensmittelgewinnung für den Menschen wird u. a. in Europa hauptsächlich die Rispenhirse kultiviert.
Rezepte mit Hirse
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Hirse in der Küche – Eine kulinarische Bereicherung
Die kleinen Körner finden aufgrund ihres gesundheitlichen Werts, ihres aromatischen, nussigen Geschmacks und ihrer Vielfalt in der Küche immer mehr Anhänger. Ob süß, sauer oder pikant: Sie passen zu fast allem und können mit Gemüse oder Obst wunderbar kombiniert werden.
Das ganze Korn, aber auch das Schrot oder die Flocken sind ideal, um ein gesundes Frühstück zu kreieren, z. B. in Form eines Müslis oder eines süßen Hirsebreis, der mit Früchten nach Wahl aufgepeppt wird. Sie können das Getreide außerdem als Beilage verwenden, beispielsweise zum Gemüsecurry, in den bunten Salat oder in eine Suppe mischen, eine Füllung für Gemüse wie Paprika oder Zucchini oder einen herzhaften Auflauf zaubern. Auch in Eintöpfen macht sich das Getreide gut – oder wie wäre es mit Hirsebratlingen oder einem schmackhaften "Hirsotto" – als Alternative zum Risotto?
Da das Mehl kein Gluten enthält, hat es zwar nicht dieselben Backeigenschaften wie z. B. Weizenmehl, was aber nicht bedeutet, dass es sich nicht zum Backen eignen würde! Denn Sie können Hirsemehl prima verwenden, um z. B. Fladenbrote oder Pfannkuchen herzustellen.
Wenn Sie allerdings gesäuertes Brot, einen Kuchen oder Pizza backen möchten, empfiehlt es sich, das Mehl mit einem glutenhaltigen Mehl (z. B. Dinkelmehl) zu mischen. Liegt der Hirsemehl-Anteil bei 20 bis 30 Prozent, müssen Sie an Ihrem geliebten Originalrezept nicht einmal etwas verändern.
Was ist vor der Zubereitung zu beachten?
Beim Entspelzen von Hirse kann es nicht komplett vermieden werden, dass der Keimling leicht beschädigt wird. Infolgedessen legt sich das Keimöl wie ein dünner Mantel um das Korn. Dieses Öl ist zwar hochwertig, aber auch sehr empfindlich gegenüber Sauerstoff und oxidiert leicht. Dies führt dazu, dass die kleinen Körner etwas bitter schmecken können. Wenn Sie die Körner aber vor der Zubereitung in einem feinen Sieb mit heißem Wasser abspülen, werden die Ölspuren und auch der bittere Geschmack sicher entfernt.
Wie wird Hirse zubereitet?
Die Zubereitung der kleinen Körnchen ist zwar sehr einfach und mit wenig Aufwand verbunden, dennoch gibt es viele verschiedene Möglichkeiten. So kann die Hirse vor dem Kochen für einige Stunden oder über Nacht eingeweicht werden, um Stoffe wie die Phytinsäure zu reduzieren. Das Einweichwasser wird dann weggeschüttet. Nachteilig ist, dass auf diese Weise auch andere wasserlösliche Inhaltsstoffe wie die Vitamine der B-Gruppe im Abguss landen.
Sie können das Getreide pur oder wie einen Risotto zubereiten, indem Sie zuerst die fein geschnittene Zwiebel, übrige Zutaten und die Körner etwas anschwitzen und dann mit der doppelten bis dreifachen Menge Wasser oder Brühe aufgießen. Lassen Sie die uneingeweichten Körner etwa 15 Minuten köcheln, schalten Sie dann auf eine kleine Stufe zurück und lassen Sie sie 20 Minuten zugedeckt ausquellen. Vermeiden Sie es, die Körner während des Quellvorganges umzurühren, da sie ansonsten pappig werden.
Hirse kann auch im Dampfgarer bei 100° C ca. 35 Minuten gegart werden. Wurde sie über Nacht eingeweicht, genügt eine Kochzeit von 5 bis 10 Minuten. Die Quellzeit bleibt bei 20 Minuten.
Grundnahrungsmittel in vielen Ländern
In Asien und Afrika gilt die Hirse seit Jahrtausenden als unverzichtbares Grundnahrungsmittel. Rund 90 Prozent der Welternte werden dort produziert – insbesondere in Ländern wie Indien, Nigeria und Niger. Denn die Pflanzen haben den großen Vorteil, dass sie überaus anspruchslos sind, selbst auf kargen Böden gedeihen, gegen Trockenheit gewappnet sind und eine sehr kurze Vegetationszeit (rund 100 Tage) aufweisen. Ernteausfälle kommen deshalb höchst selten vor.
In Europa fristen die kleinen Körner im Vergleich zu anderen Getreiden wie Weizen und Mais schon seit längerer Zeit ein Schattendasein – was jedoch nicht immer so war.
Im Handel immer geschält
Hirse ist – wie auch der Hafer, die Gerste und der Reis – ein Spelzgetreide und muss deshalb von den Spelzen und der harten, kieseligen Fruchtschale befreit werden, um für den Verzehr geeignet zu sein. Die Körner werden im Ganzen angeboten, aber auch zu Mehl, Grieß oder Flocken verarbeitet.
Wenn man es sehr genau nimmt, ist Hirse also kein Vollkornprodukt. Dementsprechend ist der Ballaststoffgehalt niedriger. Da aber die Nährstoffe im gesamten Korn verteilt sind und sich nicht wie bei anderen Getreidearten vorwiegend in den Randschichten (Frucht- und Samenschale) befinden, ist die geschälte Hirse durchaus mit Vollkorngetreide vergleichbar.
Goldhirse und Braunhirse: Der Unterschied
Sowohl bei der Gelb- oder Goldhirse als auch bei der Braunhirse handelt es sich in der Regel um Formen der Rispenhirse, die sich aufgrund ihrer Farbe voneinander unterscheiden. Während das gelbe Korn goldgelb ist, reichen die Farbtöne der Rot- bzw. Braunhirse von Rotorange zu Rot bis hin zu Braun und Schwarz.
Doch es gibt einen weiteren, entscheidenden Unterschied: Die braune Form wird zwar ebenfalls entspelzt, ist aber – anders als die goldene – nicht zum Schälen geeignet, da der Mehlkörper und die Schale fest miteinander verbunden sind. Die ganzen Körner werden mit Spezialmühlen (z. B. Zentrophanmühlen) samt der harten Schale sehr fein zu Mehl gemahlen. Dieses kann in kleinen Mengen (etwa 1 bis 2 Esslöffel pro Tag) prima roh verwendet werden, um Müslis oder Smoothies aufzuwerten oder beim Kochen bzw. Backen zum Einsatz kommen.
Gegenüber der goldenen Körnchen hat die Braunhirse somit den Vorteil, dass es sich in der Tat um ein Vollkornprodukt handelt. In ihr stecken deshalb noch mehr Ballast- sowie Vitalstoffe und eine größere Portion Kieselsäure (Silizium), die allesamt an den äußeren Randschichten haften.
Nichtsdestotrotz müssen sich die goldenen Körner in puncto Nährstoffgehalt keineswegs hinter den braunen Varianten verstecken, zumal davon ja auch größere Mengen verzehrt werden können, was bei der Braunhirse nicht der Fall ist.
Die Nährwerte
Schon der Begriff "Hirse" deutet darauf hin, dass es sich um ein sehr nährstoffreiches Getreide handelt. Denn er stammt aus dem Indogermanischen und bedeutet so viel wie Sättigung und Nahrhaftigkeit. Entsprechende Gerichte sättigen in der Tat lange, obgleich 100 Gramm gekochte Körner (gold bzw. gelb) gerade einmal 130 Kilokalorien enthalten.
Im folgendem PDF finden Sie die Zusammenstellung der Nährwerte von 100 g gekochter Hirse.
Die Vitamine und Mineralstoffe
Im folgendem PDF finden Sie die Zusammenstellung der Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente.
Die sekundären Pflanzenstoffen
Das kleine Getreide gibt es in vielen unterschiedlichen Farben: Gelb, Rot, Braun und fast Weiß. Interessant ist hierbei, dass man schon anhand der Färbung des Korns einiges über dessen Inhaltsstoffe erfahren kann. So weist die gelbe Farbe der Goldhirse darauf hin, dass in ihr das Carotinoid Beta-Carotin steckt, in roten Sorten sind hingegen Anthocyane (Flavonoide) enthalten.
Während Carotinoide besonders reichlich bei einem trockenen, heißen Klima gebildet werden so eine Studie an der Wayamba University of Sri Lanka, die zeigte: Je trockener das Klima, desto stärker die antioxidative Wirkung – steigt in kühlen und feuchten Jahren der Gehalt an Kohlenhydraten.
Die kleinen Körner nehmen im letzteren Falle eine hellere, weißliche Farbe an. Durchscheinende bzw. glasige Körner sind ein Zeichen für einen erhöhten Eiweißgehalt. Grundsätzlich gilt, dass rote und braune Körner mehr Antioxidantien enthalten als andersgefärbte.
Laut einer Studie an der Bharathiar University in Indien hat (Braun-)Hirse aufgrund ihres hohen Gehalts an sekundären Pflanzenstoffen antioxidative und antimikrobielle Eigenschaften und wirkt Leiden wie Diabetes, Gefäßverkalkung und Krebs entgegen. Dies wird unter anderem auf ihre sekundären Pflanzenstoffe zurückgeführt.
Dazu zählen vordergründig diverse Polyphenole, darunter Phenolsäuren, Flavonoide und Tannine (Gerbstoffe) sowie Phytinsäure und Oxalsäure.
Wie gesund ist Hirse?
Das Getreide hat zahlreiche Vorteile für die Gesundheit:
Natürliches Eisen für gesundes Blut
Hirse ist insbesondere eine sehr gute Eisen- und Magnesiumquelle. In Sachen Eisen zählt sie zu den Spitzenreitern gegenüber anderen Getreidearten. So enthält das wertvolle Getreide zwei bis dreimal mehr Eisen als Weizen und liefert damit einen optimalen Beitrag für die Blutbildung.
Täglich 100 Gramm der gekochten Körnchen decken mit ca. 2,6 mg Eisen bereits bis zu ein Viertel des menschlichen Eisenbedarfs. Eisen hat im Körper aber noch andere Aufgaben zu erfüllen. So hilft das Spurenelement beim Sauerstofftransport, bei der Energiegewinnung und bei der Zellteilung. Auch bei chronischer Müdigkeit ist Eisen ein wichtiger Helfer. Damit das Eisen vom Körper besser aufgenommen werden kann, sollten Vitamin-C-reiche Lebensmittel dazu gegessen werden, z. B. Brokkoli- oder Paprikagemüse oder Salate.
Wie gut sich die kleinen Körner bei Eisenmangel und Anämie eignen, beschreiben wir anhand einer Studie im vorigen Link.
Gut für Diabetiker
Kanadische Forscher von der Memorial University of Newfoundland sind der Auffassung, dass Hirse der postprandialen Hypoglykämie und somit auch einer überhöhten Insulin-Sekretion entgegenwirken kann. Eine indische Studie an der University of Agricultural Sciences hat gezeigt, dass das Getreide für Patienten mit Diabetes Typ 2 eine sehr hilfreiche Mahlzeit ist: Die 28-tägige Hirsekur (siehe weiter unten), die in der Studie getestet wurde, sorgte für eine signifikante Senkung des Blutzuckerspiegels und einen Anstieg des guten HDL-Cholesterins.
Glutenfrei und gesund für die Darmschleimhaut
Hirse enthält fast genauso viel Eiweiß wie Weizen, hat dabei aber den großen Vorteil, dass sich in ihr kein Gluten befindet (Getreideprotein, das im Weizen, in Dinkel, Roggen usw. enthalten ist), was insbesondere für Menschen interessant ist, die an an einer Zöliakie oder an einer nicht-zöliakischen Glutensensitivität leiden.
Studien haben gezeigt, dass Weizen immer mehr Menschen zu schaffen macht. So hat sich laut einem italienischen Forscherteam von der Università Politecnica delle Marche das Auftreten der Zöliakie in den letzten 25 Jahren verfünffacht. Zu den Ursachen zählen zum einen Essgewohnheiten – der Verzehr von Weizen hat zugenommen – und zum anderen die Züchtung extrem glutenreicher Weizensorten.
Eine Studie niederländischer Wissenschaftler vom Leiden University Medical Center hat ergeben, dass die Zwerghirse – also Teff – den Zöliakie-Patienten besonders gut tut. Von rund 1.830 Studienteilnehmern, die Teff konsumierten, litten lediglich 17 Prozent an klinischen Symptomen, während mehr als 60 Prozent jener Patienten, die nie auf Teff zurückgriffen, sehr wohl Beschwerden hatten, obgleich sie sich glutenfrei ernährten.
Teff scheint also eine heilende Wirkung auf die angegriffene Darmschleimhaut zu haben, was u. a. auf seinen besonders hohen Ballaststoffgehalt zurückgeführt wird. Mehr interessante Infos finden Sie hier: Teff – Das glutenfreie Power-Korn.
Ist die Phytinsäure ein Problem?
Manche der in der Hirse enthaltenen sekundären Pflanzenstoffe haben keinen guten Ruf. Tannine sollen beispielsweise Eiweiß binden und somit dessen Bioverfügbarkeit mindern sowie die Stärkeverdauung hemmen, während Phytinsäure und Oxalsäure Mineralstoffe wie z. B. Eisen und Calcium binden sollen. Aus diesem Grund wird häufig kurzerhand vom Verzehr des Getreides – insbesondere der Braunhirse – abgeraten.
Fakt ist aber, dass Tannine insbesondere in bestimmten Sorghumarten enthalten sind, die vordergründig in afrikanischen Ländern angebaut und gegessen werden. Auch kommen durch sekundäre Pflanzenstoffe verursachte Mangelerscheinungen praktisch nur in Entwicklungsländern vor, in denen sich die Menschen fast ausschließlich von Getreide ernähren müssen – einfach deshalb, weil sie gar keine anderen Lebensmittel zur Verfügung haben.
Die Kritik hält aber auch deshalb nicht stand, da Braunhirse ohnehin nur in kleinen Mengen verzehrt wird und der Gehalt in der Goldhirse gar nicht ausreichen würde, um sich negativ auf die Gesundheit auszuwirken. Im Gegenteil. Studien haben gezeigt, dass die in gesunden und richtig zubereiteten Lebensmitteln enthaltenen Mengen an Phytinsäure und Oxalsäure Krebszellen hemmen, während Tannine antiviral und antibakteriell wirken. Die angeblich so schädlichen Stoffe sind also gar nicht schädlich. Sie wären es u. U. nur, wenn man nur noch von Getreide leben wollte.
Zudem besteht die Möglichkeit, den Gehalt an Tanninen, Phytinsäure und Oxalsäure durch die Zubereitungsart zu beeinflussen. Denn diese Stoffe werden teilweise nicht nur durch das Erhitzen, sondern ebenso durch das Einweichen, Fermentieren und Keimen reduziert.
Aus der geschälten Goldhirse können leider keine Sprossen gezogen werden, sehr wohl aber aus den braunen Varianten. Eine Anleitung finden Sie in unserem bereits erwähnten Artikel Braunhirse – Silicium vom Feinsten.
Schadet Hirse der Schilddrüse?
Im Zusammenhang mit der Schilddrüsengesundheit wird an mancher Stelle ebenfalls vom Hirseverzehr abgeraten, da das Getreide angeblich der Schilddrüse schaden soll. Dies wird auf cyanogene Glycoside (Dhurrin) zurückgeführt, die bei der Spaltung Blausäure freisetzen, dadurch den Jodstoffwechsel beeinträchtigen und in Folge zu einer Vergrößerung der Schilddrüse (Kropf) führen können. Aus diesem Grunde werden die Körnchen einfach zu den goitrogenen, also kropfbildenden Lebensmitteln gezählt, die – insbesondere bei einer Schilddrüsenunterfunktion – gemieden werden sollten.
Dabei nimmt sich aber kaum jemand die Mühe, etwas näher auf diese etwas komplizierte Thematik einzugehen. Denn ob das Getreide nun tatsächlich Dhurrin enthält, ist nicht nur von der Hirseart, sondern auch von der jeweiligen Sorte abhängig. In der wissenschaftlichen Literatur wird von Dhurrin in erster Linie im Zusammenhang mit Perl- und Sorghumhirsen (z. B. Sorghum bicolor), nicht aber bezüglich der Rispenhirse berichtet, die in Europa auf den Teller kommt.
Abgesehen davon gibt es zahllose Sorghum-Sorten, die – immer abhängig von der Genetik der Pflanzen – gar kein oder nur wenig Dhurrin enthalten. Am wenigsten betroffen sind hierbei übrigens Sorten mit gelben Körnern. Dies erklärt auch, warum es in bestimmten Regionen Afrikas, beispielsweise im Sudan, sehr häufig zu einer Kropfbildung kommt und in anderen Regionen gar nicht.
Dazu kommt, dass das häufige Auftreten diesbezüglicher Schilddrüsenerkrankungen nicht allein auf den Konsum von Hirse zurückgeführt wird, sondern von diversen weiteren Faktoren wie Jodmangel, Unterernährung und einseitiger Ernährung mitbestimmt wird – also Faktoren, die in den ärmsten Ländern unserer Erde, nicht aber in der reichen "westlichen Welt" zusammentreffen.
Es ist also nicht sinnvoll, im Zusammenhang mit der Schilddrüse vor dem Getreide zu warnen. Denn selbst wenn man regelmäßig eine Sorte kaufen bzw. essen würde, die Dhurrin enthält, würde die Menge keinesfalls ausreichen, um davon (schilddrüsen)krank zu werden!
Anwendungen in der Volksheilkunde
Die Hirse gilt nun schon seit Tausenden von Jahren nicht nur als geschätztes Lebensmittel, sondern ist außerdem eine uralte Heilpflanze, die in der traditionellen Volksheilkunde auch heute noch zum Einsatz kommt. Dass die kleinen Körner zur Schönheit der Haut, Haare und Nägel beitragen können, ist längst kein Geheimnis mehr, überdies wirken sie aufbauend, wärmend, verjüngend, nervenstärkend, entwässernd, entgiftend und entzündungshemmend. Zu den Anwendungsbereichen zählen u. a.:
- Bindegewebsschwäche
- Haarausfall
- Rissige Nägel
- Erkrankungen der Gefäße
- Gelenkbeschwerden
- Krampfadern
- Hämorrhoiden
- Verdauungsbeschwerden
- Vergesslichkeit
- Müdigkeit
- Erkältung
Bei Erkrankungen der Atemwege ist die Hirse im Gegensatz zu anderen Getreidearten wie Weizen oder Dinkel deshalb ein sehr guter Helfer, da sie bei empfindlichen Menschen nicht schleimbildend wirkt. Zudem sollen die kleinen Körner bei jahreszeitlich bedingten Depressionen helfen, man bezeichnete sie daher bereits im Mittelalter als das "fröhliche Getreide".
Hirsekissen für die Wärme- und Kältetherapie
Äußerlich kann das Getreide in Form eines Körnerkissens therapeutisch angewandt werden. Schlagen Sie hierfür die kleinen Körner einfach in Stoff ein und erwärmen Sie sie bei 100 Grad bis maximal 15 Minuten auf der unteren Schiene des Backofens in einem Teller oder legen Sie sie zum Abkühlen in das Eisfach. Zu den Anwendungsbereichen zählen Verspannungen, Muskelschmerzen, Verstauchungen, Prellungen, Menstruationsbeschwerden sowie müde und schwere Augen.
Die Körner zeichnen sich durch optimale Speichereigenschaften aus: Die gewünschte Temperatur lässt sich deshalb durchgängig halten und längere Zeit speichern. Während Wärmeanwendungen die Durchblutung steigern und eine muskelentspannende Wirkung entfalten, wirken Kälteanwendungen entzündungshemmend. Informieren Sie sich unbedingt bei Ihrem Arzt oder Heilpraktiker, welche Anwendung – ob warm oder kalt – bei Ihrem Leiden infrage kommt.
Im Vergleich zu Körnerkissen haben Wärmflaschen aus Gummi bei direktem Hautkontakt den Nachteil, dass der Körper mit Chemikalien belastet wird und – insbesondere bei Kindern – die Gefahr einer Verbrennung besteht. Dazu kommt, dass beim Erwärmen der Körner Feuchtigkeit aus den Körnern freigesetzt wird, sodass die Wärme tiefer eindringt als mit einer Wärmflasche.
Hirsekur: Entgiftung des Organismus
Das Positive an den kleinen Körnchen ist, dass Sie sie nur regelmäßig essen müssen, um von ihrer Heilkraft zu profitieren. Doch auch konkrete Hirsekuren werden in der Volksheilkunde bei allerlei Leiden empfohlen, da dadurch der Körper sanft entgiftet und gestärkt werden soll, was sich wiederum positiv auf den Geist und die Seele auswirke.
Abgesehen von den bereits erwähnten Beschwerden gilt die Kur als eine gute Therapie bei Myomen (gutartige Geschwulste in oder an der Gebärmutter). In der traditionellen Heilkunde werden Myome wie auch Zysten und Polypen als eine Notreaktion auf eine zu hohe toxische Belastung verstanden. So kann die Entgiftung über die Monatsblutung durch die Einnahme der Pille behindert werden. Dies wiederum führe zu einer stärkeren Belastung des Gebärmuttergewebes mit Giftstoffen. Eine Entgiftung mithilfe der Hirse könne hier sinnvoll sein.
Bei einer Hirsekur wird für 7 Tage zu 70 Prozent nur Hirse und zu 30 Prozent rohes und/oder gedünstetes Gemüse und Obst verzehrt. Dazu bereitet man am Morgen die gesamte Getreide-Tagesration zu. Erlaubt sind außerdem natürliche Gewürze und hochwertige, kaltgepresste pflanzliche Öle. Es gibt demnach viele Möglichkeiten, um die Körnchen schmackhaft zuzubereiten, sodass keine Langeweile auftritt.
Wichtig ist, dass Sie ausreichend trinken, also täglich 2 bis 3 Liter Wasser und ungesüßten Kräutertee. Heilpflanzen wie z. B. die Brennnessel, die Birke oder die Mariendistel unterstützen die Entgiftung.
Sollte Ihnen eine ganze Woche zu lange erscheinen, können Sie auch einmal pro Woche einen Hirsetag einplanen, an dem es morgens, mittags und abends ein Hirsegericht gibt.
Worauf beim Kauf achten?
Es ist inzwischen kein Problem mehr, hochwertige Hirse zu kaufen. In Ihrem Reformhaus, Bioladen oder Supermarkt werden Sie bestimmt fündig. Setzen Sie beim Kauf am besten auf Bio-Qualität aus Ihrer oder einer benachbarten Region. Neben den ganzen Körnern gibt es noch eine Reihe von weiteren Produkten wie z. B.:
- Schrot: Die grob zerkleinerten Körner sind ideal für die Herstellung eines leckeren Frühstücksbreis.
- Flocken: Die gepressten und gedämpften Körner sind im Falle einer Glutenunverträglichkeit bzw. Glutensensitivität eine tolle Alternative für glutenhaltige Getreideflocken.
- Mehl: Die gemahlenen Körner eignen sich bestens für Muffins, Fladenbrote oder Pfannkuchen.
- Spelzen dienen zwar nicht zum Verzehr, wohl aber als gesundheitsfördernde Kissenfüllung. Da sie klein und beweglich sind, geben sie unter dem Druck von Kopf und Nacken nach. Dadurch passen sie sich bei jeder Kopfwendung neu an und wirken Verspannungen entgegen. Die Spelzen sollten alle 2 Jahre ausgewechselt werden.
Wie am besten lagern?
Lagern Sie die Körner am besten trocken, kühl und lichtgeschützt. Es ist wichtig, die Packungen nach dem Öffnen jedes Mal wieder gut zu verschließen. Mehl kann in dicht schließenden Gefäßen wie Gläsern oder Edelstahldosen aufbewahrt werden.
Hirse ist jedoch aufgrund ihres verhältnismäßig hohen Fettgehalts nicht besonders lange lagerfähig. Aus diesem Grunde sollten Sie Produkte daraus nicht in größeren Mengen kaufen und nach dem Öffnen der Verpackung möglichst schnell aufbrauchen. Achten Sie auf das Mindesthaltbarkeitsdatum. Gekochte Körner können etwa 3 Tage im Kühlschrank aufbewahrt werden.
Ein Blick in die Geschichte der Hirse
Die Hirse gehört zu den ältesten Getreidearten und wurde schon in der Steinzeit von Nomaden und Halbnomaden als Nahrungsmittel genutzt. Bei archäologischen Ausgrabungen in China wurden Körner der Rispen- und Kolbenhirse entdeckt, die auf 7.000 bis 8.000 Jahre v. Chr. datiert wurden. Laut Forschern von der Kiel University dürfte das Getreide in Fernost domestiziert worden sein und gelangte über die Seidenstraße nach Mitteleuropa.
Im Altertum wurde es in Asien und Europa bereits flächendeckend angebaut und sicherte in vielen Kulturkreisen die menschliche Ernährung. Die kleinen Körnchen wurden als ein Symbol für Fleiß und Fruchtbarkeit angesehen, daraus entwickelte sich der Brauch, die Braut damit zu bewerfen.
Im mittelalterlichen Deutschland zählten die Rispen- und die Kolbenhirse zu den Hauptgetreidearten. Die Körner wurden zu Brot oder Brei verarbeitet und galten zwar als einfache und stark sättigende, aber dennoch wohlschmeckende und beliebte Mahlzeit. Die Bezeichnung "Frucht des armen Mannes" rührt daher, dass in Städten große Mengen an Hirsekörnern als Notreserve eingelagert wurden. Wenn es zehn Jahre lang zu keiner Hungersnot kam, wurden sie als Almosen verteilt.
Im 17. Jahrhundert verlor der Hirseanbau in Europa aufgrund der Einführung neuer Feldfrüchte wie Kartoffeln und Mais an Bedeutung. Zudem wurden die kleinen Körnchen von anderen Getreidearten wie Weizen und Roggen zurückgedrängt, da deren Hektarertrag deutlich höher ist. Dies führte dazu, dass die Hirse im Laufe des 18. Jahrhunderts den Status eines zweitrangigen Getreides bekam und nach und nach in Vergessenheit geriet.
Erst im 21. Jahrhundert erlebte sie in Europa schließlich eine Renaissance und ist inzwischen aufgrund ihres ernährungsphysiologischen Wertes immer öfter auf den Speisezetteln gesundheitsbewusster Menschen zu finden.
Lange beruhte das Angebot ausschließlich auf Importen aus Ländern wie den USA, Kanada und China, doch mittlerweile haben zahlreiche europäische Landwirte das vergessene Getreide für sich entdeckt und bauen die Rispenhirse z. B. in Brandenburg (Deutschland), in Niederösterreich (Österreich) oder im Zürcher Oberland (Schweiz) wieder an.