Roggen - Ein Getreide in Kunst und Literatur
Der Roggen fasziniert seit Jahrhunderten Künstler auf der ganzen Welt. So wurden Maler wie Vincent van Gogh niemals satt, Roggenfelder in allen Variationen auf ihre Leinwände zu zaubern. Auch spielt der Roggen in der Literatur immer wieder eine Rolle. So inspirierte er beispielsweise den Schriftsteller J. D. Salinger im Jahr 1951 zu seinem Werk "Der Fänger im Roggen", der sich im Gedächtnis von Generationen eingebrannt hat.
Der Protagonist im Buch stellt sich vor, am Rande einer steilen Klippe in einem Roggenfeld zu stehen und die darin spielenden Kinder davor zu bewahren, in den Abgrund zu stürzen. Das Feld steht hierbei für die Kindheit, die Klippe für das Erwachsenenalter.
Doch hat der Roggen keineswegs nur einen symbolischen Charakter. Denn er zählt zu den wichtigsten Getreidegattungen der Menschheitsgeschichte.
Der Waldstaudenroggen: Vorfahr unseres heutigen Roggens
Anders als viele andere Süßgräser wie der Weizen und die Gerste ist der Roggen (Secale cereale) eine fremdbestäubende Pflanze, die deshalb viel stärker der natürlichen Selektion unterworfen war und weniger der Auslese durch den Menschen. In Bezug auf seine Domestikation stellt der Roggen deshalb nach wie vor ein Rätsel dar.
Es wird angenommen, dass es sich bei Secale ancestrale var. spontaneum aus Kleinasien um den Urahnen unseres Kulturroggens handelt. Der Wildroggen ist in der Zentral- und Osttürkei sowie in angrenzenden Gebieten noch heute anzutreffen. ( 25 )
Eine Besonderheit ist der Waldstaudenroggen, auch bekannt als Urroggen, der schon vor 7000 Jahren im Vorderen Orient angebaut wurde. Bei diesem Urgetreide handelt es sich um eine sogenannte primitive Form des Kulturroggens, wie im Falle des Weizens der Emmer. Der Waldstaudenroggen schmückt inzwischen nur noch sehr wenige Felder, etwa in Niederösterreich, in Rheinland-Pfalz oder im Schweizer Kanton Aargau, da die Körner viel kleiner und der Ertrag um 50 Prozent geringer ist als bei der heutigen Kulturform.
Dennoch wird er gerne verwendet, um Mischbrote herzustellen. In puncto Gesundheit zeichnet sich das Urgetreide aus, da es 50 Prozent mehr Ballaststoffe enthält als die Kulturform. ( 4 ) Laut einer polnischen Studie aus dem Jahr 2019 steckt im Urgetreide außerdem ein höherer Gehalt an sekundären Pflanzenstoffen (phenolischen Verbindungen). ( 6 )
Vom Unkraut zum Korn
Es gibt Roggenfunde aus der Zeit, als der Übergang zwischen Sammlern und Ackerbauern stattfand. Doch dann verschwand das Getreide von der Bildfläche und tauchte erst zu Beginn des 2. Jahrtausends vor Christus wieder auf. Es wird vermutet, dass es ungewollt – als "Verunreinigung" – gemeinsam mit Weizenkörnern nach Europa kam.
Die Bauern begannen, sich für das vermeintliche Unkraut in ihren Weizenfeldern zu interessieren, da es viel weniger Ansprüche als der Weizen stellte. So konnte sich der Roggen im rauen Klima Mittel- und Nordeuropas durchsetzen und wurde zum einzigen Brotgetreide der Kelten, Slawen und Germanen. In Deutschland war es mehr als 1.200 Jahre lang die wichtigste Brotfrucht und wurde deshalb auch als "DAS Korn" bezeichnet. ( 2 ) ( 3 )
Warum der Weizen den Roggen verdrängt hat
Wie konnte es nun geschehen, dass der Weizen den Roggen nach und nach verdrängt hat und auch in unseren Breitenkreisen zum wichtigsten Getreide wurde? Der Weizenboom nahm bereits in der Antike seinen Anfang, als das sogenannte Weißbrot in Mode kam. Der Weizen eignete sich dafür am besten, da die Körner eine besonders helle Farbe aufweisen.
Schon die alten Griechen haben die Kleie aus dem Weizenmehl herausgesiebt, um es noch heller zu machen. Auszugsmehle sind also schon sehr lange bekannt. Doch konnten sich das teure weiße Brot bis zur Französischen Revolution ausschließlich die Reichen und Mächtigen leisten. Dann wurde das Brot im Sinne der Gleichheit nach und nach für alle weiß.
Die ärmeren Gesellschaftsschichten strebten bis ins 20. Jahrhundert danach, so oft wie möglich weißes Brot auf den Tisch zu bekommen. War es doch ein Statussymbol. In deutschen Krankenhäusern bekamen nur Ärzte und Patienten der Oberschicht Weißbrot, während sich alle anderen mit dunklem Brot begnügen mussten, was nicht selten Graubrot war, wobei dies der damalige Begriff für schimmeliges Brot war.
Damals wusste man aber noch nicht, dass die helle Farbe ihren Preis hat. Denn für den gesundheitlichen Wert von Getreideprodukten sind genau jene Bestandteile des Korns ausschlaggebend, die bei der Herstellung von Weißmehl entfernt werden.
Ist Roggen automatisch Vollkorn?
Viele Menschen denken, der Begriff Weißmehl oder Auszugsmehl stehe für ein helles Weizenmehl und Roggenbrote seien automatisch Vollkornbrote. Dem ist nicht so. Denn es gibt auch Auszugsmehle aus Roggen, Dinkel oder jedem anderen Getreide.
Allerdings hat der Roggen von Natur aus einen höheren Mineralstoffgehalt als Weizen oder Dinkel. Darum sind selbst Roggen-Auszugsmehle immer noch nährstoffreicher als Auszugsmehle aus Weizen oder Dinkel.
Was die Typennummern aussagen
Wenn Sie Mehl kaufen, finden Sie auf den meisten Mehlpackungen eine Typennummer. Sie gibt den Mineralstoffgehalt des Mehls an (in mg pro 100 g Mehl). Je höher daher die Zahl, umso mineralstoffreicher ist das Mehl. So enthält z. B. das Roggenmehl Type 815 pro kg einen Mineralstoffgehalt von 815 mg. Achtung: Die Typennummern variieren je nach Land.
Bei Roggen-Auszugsmehlen unterscheidet man in Deutschland u. a. zwischen:
- Type 815: Es wird verwendet, um helle Roggenbrote oder -kekse zu backen und Roggen-Teigwaren herzustellen.
- Type 997: Wird gern für Mischbrote verwendet.
- Type 1150: Dieses Mehl ist gut geeignet für Sauerteig.
- Type 1370: Dieses kräftigere, dunkle Mehl ist geeignet für kernige Brotsorten.
- Type 1800: Hierbei handelt es sich um sog. Roggenbackschrot, ein sehr grobes, dunkles Mehl, worin sich gröbere Kornstücke finden. Die Brote schmecken besonders kräftig. Backschrot ist also ein relativ dunkles Mehl, jedoch kein Vollkornmehl.
Im Vergleich zu Auszugsmehlen verfügt echtes Vollkornmehl über keine Typen-Nummer. Denn Vollkornmehl muss laut Norm aus den gesamten Bestandteilen der gereinigten Körner bestehen. Wenn Sie daher ein Vollkornmehl kaufen möchten, dann muss auf der Packung auch Vollkornmehl stehen. Mehr über die Mehle und wie sie angewendet werden finden Sie in unserem online Backkurs für leckere selbstgemachte Brote.
Wie Auszugsmehl hergestellt wird
Bei der Herstellung von Auszugsmehl wird das Getreide zunächst geschrotet, also grob zerkleinert. Daraufhin wird der innere Kern des Kornes (der Mehlkörper oder Endosperm) von den Schalenteilen z. B. durch Sieben oder im Luftstrom getrennt. Aus 100 g Schrot wird zwischen 30 und 60 Prozent Auszugsmehl gewonnen, das nur Bestandteile des Mehlkörpers enthält.
Die Nährwerte
Im nachfolgend verlinkten PDF vergleichen wir die Nährstoffe von zwei Mehlsorten, um die Unterschiede zu verdeutlichen ( 21 ) ( 22 ). Type 1150 wählen wir, weil es am häufigsten verwendet wird: Nährwerte.
Die Kalorien
Getreide hat in der Regel einen hohen Kaloriengehalt:
- 100 g Roggenvollkornmehl: 294 kcal
- 100 g Roggenmehl Type 1150: 318 kcal
Bei anderen Getreiden ist der Kaloriengehalt ein wenig höher. So beträgt er beim Dinkelvollkornmehl 342 kcal und beim Weizenvollkornmehl 309 kcal.
Die biologische Wertigkeit optimieren
Der Proteingehalt von Getreide liegt im Schnitt bei 10 Prozent. Aufgrund der relativ hohen Verzehrmenge decken Getreideprodukte daher einen großen Teil des täglichen Proteinbedarfs ab. So werden aus Brot im Schnitt 15 Prozent der täglichen Eiweißzufuhr aufgenommen.
Die biologische Wertigkeit (Qualität) vom Eiweiß liegt beim Roggenmehl bei 80, beim Hafer bei 60 und beim Weizenmehl bei 56. Der Roggen schneidet hierbei also besser als andere Getreide ab. Doch ist auch bei ihm der Gehalt der essenziellen Aminosäuren Lysin und Threonin gering. Wenn Sie ihn mit Lebensmitteln kombinieren, die viel Lysin (z. B. Hülsenfrüchte) bzw. Threonin (z. B. Cashewkerne und Erdnüsse) enthalten, können Sie die biologische Wertigkeit sehr verbessern.
Im Vergleich zu anderen Getreiden ist der Roggen keine so gute Quelle für Methionin. Er enthält pro 100 g 140 mg Methionin. Hirse hingegen enthält pro 100 g 250 mg. Als Hülsenfrucht liefert die Sojabohne deutlich mehr, nämlich 580 mg und die Paranuss 1119 mg, weshalb z. B. eine Scheibe Roggenbrot belegt mit gegrillten Tofuscheiben oder einem Tofuaufschnitt eine sehr gute Kombination zur Optimierung der Methioninversorgung darstellt.
Allerdings ist inzwischen bekannt, dass die biologische Wertigkeit von Proteinen einzelner Lebensmittel lange Zeit überbewertet wurde. Denn es zählt nicht die Proteinqualität eines einzelnen Lebensmittels oder einer einzelnen Mahlzeit, sondern die Proteinqualität der Gesamternährung. Isst man also abwechslungsreich, besteht kein Grund, bei der Zusammenstellung der Ernährung akribisch auf die biologische Wertigkeit zu achten. Details dazu, insbesondere im Zusammenhang mit einer pflanzenbasierten Ernährung lesen Sie im vorigen Link.
Die Vitamine und Mineralstoffe
Auch in Hinblick auf die Vitamine hat der Roggen einiges zu bieten – insbesondere dann, wenn Sie sich für die Vollkornvarianten entscheiden. Im Hinblick auf die Mineralstoffe sind die Unterschiede noch viel gravierender. Im Vollkornmehl steckt z. B. etwa fast das Doppelte an Kalium und Eisen als im Type-1150er-Mehl. Hier finden Sie die Liste aller Mineralstoffe und Vitamine ( 23 ).
Die Glykämische Last
Die Glykämische Last (GL) gibt an, wie stark ein Lebensmittel den Blutzuckerspiegel beeinflusst. Liegt sie unter 10, wird der Wert und damit der Einfluss auf den Blutzuckerspiegel als niedrig eingestuft. Zu den Lebensmitteln mit besonders niedriger GL zählen Salate und Gemüse (bei 100 Gramm Rosenkohl liegt die GL z. B. bei 1,3).
Getreide hat im Vergleich dazu generell eine relativ hohe GL. Im Falle von 100 g Roggenvollkornbrot liegt sie im mittleren Bereich, nämlich bei rund 20. Dinkelvollkornbrot hat im Vergleich dazu eine GL von 25,6. Essen Sie aber dieselbe Menge Weißbrot, kommen Sie schon auf eine GL von 38,8. ( 8 )
Warum Roggenvollkorn bei Low carb erlaubt ist
Es gibt verschiedenste Low-Carb-Ernährungsformen. Während etwa bei der Atkins-Diät zu Beginn fast vollständig auf Kohlenhydrate verzichtet wird, soll bei der Logi-Methode – eine sehr gemäßigte Form der Low-Carb-Ernährung – lediglich die Aufnahme von Kohlenhydraten mit hoher GL vermieden werden. Im Schnitt soll der Kohlenhydratanteil hier pro Tag zwischen 15 und 30 Prozent liegen, so dass die Logi-Ernährung sehr gut auch dann und wann eine Scheibe Roggenvollkornbrot enthalten kann.
Bei den meisten anderen Low-Carb-Ernährungsformen stehen Getreideprodukte jedoch so gut wie nie auf dem Speiseplan – auch nicht in der Vollkornvariante. Gerade die Paleo-Ernährung kommt vollkommen ohne Getreide aus, weil man davon ausgeht, dass Getreide erst seit kurzer Zeit zur menschlichen Ernährung zählt, der Mensch also in den Jahrmillionen vor seiner bäuerlichen Sesshaftigkeit sehr gut ohne Getreide auskam.
Vollkorn schützt vor Übergewicht und Diabetes Typ 2
Obgleich die GL von Vollkornprodukten nicht allzu niedrig ist, haben zahlreiche Studien gezeigt, dass durch einen regelmäßig hohen Vollkornverzehr das Risiko für Diabetes Typ 2 gesenkt werden kann. Schwedischen Wissenschaftlern zufolge erhöht der Verzehr von Roggenvollkornbrot das Sättigungsgefühl und reguliert den Appetit. Beim Weißbrot ist das Gegenteil der Fall. ( 11 )
Ein Review italienischer Forscher von der Federico II University aus dem Jahr 2018 hat ergeben, dass bei Menschen, die pro Tag durchschnittlich 2 bis 3 Portionen (60 bis 90 g) Vollkornprodukte wie etwa Roggenvollkornbrot essen – im Vergleich zu Personen, die selten oder nie darauf zurückgreifen – das Diabetesrisiko um 21 bis 32 Prozent niedriger ist. ( 9 )
Kohlenhydrate sind folglich nicht gleich Kohlenhydrate. Laut US-Forschern von der National University of Health Sciences ist die antidiabetische Wirkung von Vollkornprodukten vordergründig auf den hohen Ballaststoffgehalt zurückzuführen, da dadurch die Verdauung verlangsamt wird. Infolgedessen steigt der Blutzucker weniger an, wodurch der Körper weniger Insulin ausschütten muss. Da Insulin die Fetteinlagerung fördert und den Fettabbau hemmt, ist ein gleichmäßig niedriger Insulinspiegel gerade beim Abnehmen sehr wichtig. ( 10 )
Dennoch nehmen laut der Nationalen Verzehrsstudie II in Deutschland 75 Prozent der Frauen und 68 Prozent der Männer nicht die empfohlene Ballaststoffmenge von 30 g pro Tag auf. Kein Wunder also, dass immer mehr Menschen an Diabetes Typ 2, Bluthochdruck und Herzleiden erkranken. ( 7 )
Gut für Darm und Verdauung
Die löslichen Ballaststoffe des Getreides dienen als Quellstoff, sie binden große Mengen an Wasser. Bakterien wandeln sie im Dickdarm zu kurzkettigen Fettsäuren und Gasen um. Dadurch wird der Stuhl weicher und das Stuhlvolumen nimmt zu, sodass eine regelmäßige Darmentleerung ohne Pressen erfolgen kann. Auch verbessern die Ballaststoffe die Darmflora.
Roggenvollkornmehl ist besonders reich an Ballaststoffen, die als Pentosane bezeichnet werden. Es handelt sich hierbei um Schleimstoffe, welche die Eigenbewegungen des Darms (Peristaltik) anregen. Dadurch wird der Weitertransport der Nahrungsreste und deren Ausscheidung beschleunigt und einer Verstopfung entgegengewirkt. Außerdem wirken sich Pentosane positiv auf den Magen-Darm-Trakt aus, da sie entzündungshemmend wirken sowie Giftstoffe regelrecht aufsaugen und aus dem Körper transportieren.
Nur 3 Scheiben Roggenvollkornbrot reichen schon aus, um den Tagesbedarf an Ballaststoffen komplett zu decken. Um mit Weißmehl auf dieselbe Ballaststoffmenge zu kommen, müssten Sie sage und schreibe 1 kg weißes Toastbrot essen, hätten dann aber bereits Ihren Tagesbedarf an Kalorien gedeckt.
Vollkorn kann Blähungen verursachen
Wenn Sie von raffinierten Mehlen auf Vollkornprodukte umsteigen möchten, sollten Sie dies behutsam tun. Denn wenn Sie plötzlich viele Ballaststoffe aufnehmen und dies nicht gewohnt sind, können Völlegefühle und Blähungen auftreten. Beginnen Sie daher mit kleinen Vollkornmengen, damit sich auch Ihre Darmflora entsprechend anpassen kann. Essen Sie kein frisches Vollkornbrot – weder aus Roggen noch aus anderen Getreiden. Lassen Sie es mindestens 1 bis 2 Tage liegen oder – noch besser – toasten Sie es vor dem Verzehr. Denn dadurch kann die Verdaulichkeit sehr verbessert werden und es wird deutlich verträglicher.
Ebenso ist es wichtig, genügend zu trinken, damit die Ballaststoffe ausreichend quellen können.
Low-FODMAP-Roggenbrot lindert Symptome beim Reizdarmsyndrom
Getreide haben einen relativ hohen FODMAP-Gehalt. FODMAP ist die Abkürzung für fermentierbare Oligo-, Di-, Monosaccharide und (engl. and) Polyole. Sie zählen allesamt zu den Kohlenhydraten. Im Getreide sind es insbesondere die Oligosaccharide.
Menschen mit Darmproblemen leiden oft an Symptomen wie Durchfall, Verstopfung, Blähungen, Bauchschmerzen oder Übelkeit, wenn sie FODMAPs aufnehmen. Diese Kohlenhydrate sind nicht grundsätzlich schlecht, doch bei bestimmten Beschwerden wie dem Reizdarmsyndrom kann eine FODMAP-arme Ernährung hilfreich sein.
Wie aber eine randomisierte, doppelblinde, kontrollierte Crossover-Studie mit 87 Reizdarmsyndrom-Patienten gezeigt hat, spielt die Teigführung – also die Dauer der Ruhe- und Gehzeit, bis der Teig gebacken wird – in Bezug auf die Verträglichkeit von Roggenbrot eine entscheidende Rolle.
Die Studienteilnehmer erhielten 4 Wochen lang sowohl normales als auch Low-FODMAP-Roggenbrot. Die Forscher kamen zum Schluss, dass die Symptome viel geringer waren, wenn letzteres gegessen wurde. ( 5 )
Worauf es bei einem Low-FODMAP-Roggenbrot ankommt
Bei der Herstellung von reinem Roggenbrot kommt in der Regel Sauerteig zum Einsatz. Denn mit Hefe lässt es sich nicht backen. Durch den Sauerteig werden sowohl die Backeigenschaften als auch die Verdaulichkeit verbessert. Verantwortlich dafür sind die besonderen Milchsäurebakterien und Hefepilze im Sauerteig.
Doch ist ein solches Brot, das mit Sauerteig hergestellt wird, keinesfalls automatisch mit einem Low-FODMAP-Brot gleichzusetzen. Ausschlaggebend ist nämlich die Dauer der Teigruhe, da währenddessen die FODMAPs teilweise abgebaut werden. Nun ist es aber so, dass die Teiglinge (rohe Teigstücke) heutzutage meist schon nach einer Stunde Gehzeit gebacken werden.
Das ist laut einer Studie an der Universität Hohenheim aber gerade der Zeitpunkt, an dem im Teig die meisten FODMAPs enthalten sind. Nach viereinhalb Stunden jedoch steckten selbst im Weizenteig nur noch 10 Prozent der ursprünglichen FODMAPS. Die Forscher kamen zu dem Schluss, dass nicht die Getreidesorten, sondern die Teigführung entscheidend ist.
Denn selbst Urgetreide hat ungefähr dieselben Werte wie Weizen ( 12 ). In 100 Gramm Roggenvollkornmehl stecken rund 600 mg, in Backschrot (Type 1.800) 590 mg und in Weizenauszugsmehl (Type 405) 284 mg Oligosaccharide.
Traditionell gebackenes Brot
Bei einem Low-FODMAP-Roggenbrot handelt es sich demnach keineswegs um eine moderne Erfindung, sondern um ein traditionell hergestelltes Brot. Die lange Teigführung von mehr als 4 Stunden wird allerdings nur noch von traditionell arbeitenden Bäckern bei der Herstellung von Sauerteigbrot praktiziert. ( 13 )
Gibt man dem Teig die Zeit, die er für seine Entfaltung benötigt, wirkt sich das auch positiv auf eventuell unerwünschte Stoffe wie die Phytinsäure aus, worauf wir weiter unten im Text noch zu sprechen kommen.
Wenden Sie sich also an den Bäcker Ihres Vertrauens, anstatt im Supermarkt Billigbrot zu kaufen. Oder Sie backen Ihr Low-FODMAP-Brot selbst. Achten Sie dabei darauf, dass der Teig lange genug ruht. In unserer Rezepte-Datenbank finden Sie etwa ein Rezept für ein leckeres Sauerteigbrot (siehe Link ganz unten, wo Sie noch weitere Rezepte finden).
Bei Fructoseintoleranz
Bei Obst und Gemüse ist oft die Fructose dafür verantwortlich, dass Lebensmittel nicht gut vertragen werden. Nämlich, wenn eine diesbezügliche Intoleranz vorliegt. Dies ist bei Getreide nicht der Fall. In 100 g Roggenvollkornmehl liegt der Fructosegehalt lediglich bei 60 mg. Im Vergleich dazu stecken in 100 g Süßkirschen 6320 mg Fructose. Auch ist das Verhältnis von Fructose und Glucose im Roggen komplett ausgewogen, was die Verträglichkeit zusätzlich optimiert.
Ist aber der Darm aufgrund von einer Unverträglichkeit wie etwa einer Fructoseintoleranz geschwächt, so kann es auch zu Symptomen durch FODMAPs kommen. Auch in diesem Sinne gilt es also, auf Low-FODMAP-Brot zu setzen.
Gluten ist nicht gleich Gluten
Wie eingangs erwähnt, weist der Weizen im Vergleich zum Roggen bessere Backeigenschaften auf, wodurch sich Teige aus Weizenmehl besonders leicht und schneller realisieren lassen. Verantwortlich dafür ist der hohe Gehalt an Gluten (Proteinkomplex).
Dass der Weizen derart viel Gluten enthält wie in der heutigen Zeit, ist aber nicht immer so gewesen. Erst in den letzten Jahrzehnten hat man sich bei der Zucht darauf konzentriert, den Glutengehalt immer mehr zu steigern (Hochleistungsweizen). Gleichzeitig hat die Anzahl jener Menschen, die Brot, Pizza oder Nudeln nicht gut vertragen, zugenommen.
Doch ist das Gluten nicht bei jedem Getreide dasselbe. Stattdessen unterscheiden sich die Glutenarten. Gluten setzt sich grundsätzlich aus Speicherproteinen und Reserveproteinen zusammen. Beim Roggen heißen diese beiden Secalin und Secalinin und beim Weizen Gliadin und Glutenin.
Die unterschiedlichen Proteine im Gluten erklären, warum die Mehle andere Backeigenschaften aufweisen. So sorgt etwa Gliadin zusammen mit Glutenin für die Kleberbildung und somit für die Elastizität und die Festigkeit des Teiges. Secalin und Secalinin im Roggenteig haben diese Fähigkeit nicht. Es bedarf deshalb der Zugabe von Säure (Sauerteig), damit das Brot aufgeht und eine schöne Krume bildet. Mehr dazu erfahren Sie weiter unten im Abschnitt: Warum das Brot meist aus Sauerteig hergestellt wird.
Viel weniger Gluten als im Weizen
Roggen enthält nicht nur eine andere Glutenvariante, sondern auch viel weniger Gluten als andere Getreidearten, insbesondere viel weniger als der Weizen. Der durchschnittliche Glutengehalt der wichtigsten Getreide sieht laut der Deutschen Forschungsanstalt für Lebensmittelchemie folgendermaßen aus (pro 100 g): ( 14 )
- Dinkelmehl (Type 630): 10,3 g Gluten (Dinkel zählt zur Gattung des Weizens)
- Weizenmehl (Type 405): 8,7 g Gluten
- Gerste: 5,6 g Gluten
- Roggenvollkorn: 3,2 g Gluten
Wenn Sie empfindlich auf glutenhaltiges Getreide reagieren, ist es in der Regel nicht nötig, vollkommen auf Gluten zu verzichten. Es reicht, wenn Sie wichtige Gluten-Quellen wie Weizen und Dinkel meiden. Allerdings wird häufig der Dinkel besser vertragen als Weizen, so dass es nicht ausschließlich an der enthaltenen Glutenmenge liegen kann, dass Weizen oft so schlecht vertragen wird.
Glutenarme Getreide wie der Roggen werden jedoch meist relativ gut vertragen, es sei denn natürlich, Sie leiden an einer Zöliakie oder vertragen andere Getreidebestandteile nicht.
Bei Zöliakie
Menschen, die an Zöliakie (einer Autoimmunerkrankung) leiden, müssen jedes glutenhaltige Getreide meiden, also auch den Roggen. Denn Gluten schädigt bei ihnen die Darmschleimhaut nachhaltig. Wird also nicht auf Gluten verzichtet, schreitet die Entzündung im Dünndarm unaufhörlich fort. Die Verdauung wird beeinträchtigt und die Nährstoffe können vom Körper letztendlich nicht mehr richtig aufgenommen werden. Der Patient hat starke Beschwerden und verliert an Gewicht.
Im Falle einer Zöliakie gibt es aber genügend Getreidearten wie Hirse, Teff, Mais und Reis sowie Pseudogetreide wie Amaranth, Quinoa und Buchweizen, die völlig glutenfrei sind und somit keine Probleme verursachen. Eine komplett glutenfreie Ernährung kann überaus köstlich sein!
Phytinsäure im Getreide
Oft wird vor jeglichen Lebensmitteln gewarnt, die Phytinsäure (Phytat) enthalten, ein sekundärer Pflanzenstoff, der insbesondere in Getreide, Hülsenfrüchten und Nüssen vorkommt. Roggen enthält davon rund 970 mg pro 100 g. In derselben Menge Weizenvollkorn sind es 170 mg und in Obst im Schnitt 25 bis 60 mg. Getreidekritiker geben an, dass die Phytinsäure mit Mineralstoffen Verbindungen eingeht, sodass deren Aufnahme behindert wird.
Tatsache ist aber, dass entsprechende Mangelerscheinungen nur dann auftreten, wenn sich Menschen fast ausschließlich von Getreide ernähren, wie es in Entwicklungsländern der Fall ist. Wer sich ausgewogen ernährt, riskiert aufgrund der Phytinsäure keinerlei gesundheitliche Einbußen. ( 15 )
Weniger Phytinsäure als Weizenbrot
Dazu kommt, dass in Lebensmitteln nicht nur Phytinsäure, sondern auch ein Enzym namens Phytase enthalten ist. Wird dieses aktiviert, baut es die Phytinsäure ab und sorgt dafür, dass dem Körper mehr Mineralstoffe zur Verfügung stehen. Roggen ist besonders reich an Phytase, sodass entsprechende Brote daraus grundsätzlich auch weniger Phytinsäure enthalten als Weizenbrot, besonders, wenn die Brote fachmännisch gebacken wurden:
Mehr Mineralstoffe durch Slow Baking
Bei der Herstellung von Roggenbrot spielen eine ausreichende Quellzeit und die Säuerung des Teigs auch in Bezug auf den Phytinsäure-Gehalt eine wichtige Rolle. Denn dadurch wird die Phytase aktiviert und Phytinsäure wird abgebaut. Liegt die Quellzeit zwischen 10 und 12 Stunden bei ca. 20°C, wird sogar sämtliche Phytinsäure freigesetzt.
Die längere Teigführung sorgt dafür, dass dem Körper mehr Mineralstoffe wie Eisen und Zink zur Verfügung stehen. Es spricht somit viel für den aktuellen Trend des Slow Baking, der dem Teig eine längere Reifezeit gewährt. Die Forscher von der Universität Hohenheim sprachen sich demzufolge dafür aus, künftig nicht nur die Inhaltsstoffe von Lebensmitteln, sondern auch die Art und Weise ihrer Zubereitung genau zu untersuchen.
Anbaugebiete und Verwendung
Der Anbau von Roggen spielt insbesondere in Bezug auf die Lebensmittelproduktion in den meisten Ländern kaum noch eine Rolle. Der Anteil an der Weltgetreideerzeugung liegt gerade einmal bei 1 Prozent. Laut der Food and Agriculture Organization wurden im Jahr 2018 weltweit rund 11,3 Millionen Tonnen des Getreides geerntet. Im Vergleich dazu waren es beim Weizen 735,2 Millionen Tonnen.
Deutschland ist mit über 2 Millionen Tonnen pro Jahr der Roggenproduzent Nummer eins, gefolgt von Polen und Russland. Österreich belegt mit rund 178.000 Tonnen immerhin den 12. Platz der Weltrangliste, in der Schweiz ist das Getreide mit 10.000 Tonnen ein Nischenprodukt.
Vor allem in Mittel- und Osteuropa dient das Getreide insbesondere als Brotgetreide. Andernorts kommt es vordergründig als Viehfutter zum Einsatz. Verfüttert werden sowohl das ganze Korn als auch der sogenannte Grünroggen (die Pflanze, also nicht das Korn) - das erste Grünfutter, welches Rinder im Frühling bekommen.
Darüber hinaus werden die Körner verwendet, um alkoholische Getränke wie Wodka zu gewinnen. Selbst in puncto Bierherstellung hat das Getreide eine lange Tradition. Was einst verboten wurde, weil der Roggen als Brotgetreide viel zu wertvoll war, um der Bierherstellung zum Opfer zu fallen, kam in Deutschland in den 1990er Jahre wieder in Mode. Seitdem ist Roggenbier wieder erhältlich.
Was das Winter- vom Sommergetreide unterscheidet
Es wird zwischen Winter- und Sommerroggen unterschieden. In Mitteleuropa wird vordergründig die Wintervariante angebaut, während der Sommerroggen keine so große Rolle spielt. Dies ist darauf zurückzuführen, dass die winterliche Form das winterhärteste Getreide unter allen Wintergetreidearten ist. Es übersteht selbst Temperaturen von bis zu minus 25 °C und gedeiht auch in sehr rauen klimatischen Lagen wunderbar, wo etwa der Winterweizen keine Chance hätte.
Der Sommerroggen wird hingegen insbesondere bei gemäßigten klimatischen Bedingungen angebaut. Da er nicht winterhart ist, wird er erst im Frühjahr ausgesät, die Wintervariante bereits im Herbst. Geerntet wird in beiden Fällen ab Juli. Doch ist das Sommergetreide aufgrund der kürzeren Vegetationszeit weniger ertragreich.
Blüte und Erntezeit
Zwar zählen der Roggen und der Weizen beide zu den Süßgräsern, doch unterscheiden sich die beiden Getreidearten nicht nur in Hinblick auf die klimatischen Bedürfnisse. So gedeiht ersterer auch auf Sandböden gut, während der Weizen schwere Lehm- oder Tonböden bevorzugt. Auf sandigen Böden kann deshalb mehr Roggen als Weizen geerntet werden.
Die Blütezeit des Roggens liegt zwischen Mai und Juli. Eine Ähre enthält bis zu 50 zweiblütige Ährchen. Und in jedem dieser zweiblütigen Ährchen befinden sich mehrere Spelzen, welche eine Schutzfunktion innehaben. Werden die Ährchen vom Wind bestäubt, bilden sich die Samenkörner. Während beim Roggen die reifen Ähren leicht geneigt stehen, haben sie beim Weizen eine aufrechte Haltung. Auf diese Weise kann man die Pflanzen auf dem Feld leicht voneinander unterscheiden. Die Ernte erfolgt von Ende Juli bis Anfang August. Bevor die Körner gemahlen werden können, müssen sie gedroschen werden. Sie werden hierbei von den nicht essbaren Teilen wie den Spelzen befreit.
Der Ewige Roggen
Haben Sie schon einmal vom Ewigen Roggenanbau gehört? Es handelt sich hierbei um eine Feldstudie, die im Jahr 1878 ihren Anfang nahm. Vor beinahe 150 Jahren hat der Agrarwissenschaftler Julius Kühn in Halle an der Saale auf einer rund 6.000 m² großen Parzelle einen Dauerversuch gestartet. Seitdem wird das Feld Jahr für Jahr (unter unterschiedlichen Bedingungen) mit Winterroggen bestellt.
Der Ewige Roggenanbau zeugt einerseits von der Liebe der Deutschen für das Getreide und wurde deshalb bereits zu einem Kulturdenkmal erhoben. Andererseits ist der Dauerversuch von großer naturwissenschaftlicher Bedeutung. Denn über die Jahre hinweg wurde getestet, wie sich die Düngerart (z. B. Stallmist und vollmineralische Düngemittel) im Vergleich zu gar keiner Düngung auf den Ertrag auswirken.
Analysen haben gezeigt, dass der ungedüngte Boden zwar immer nährstoffärmer wird. Erstaunlich ist dabei aber, dass auf dem ungedüngten Feld seit Jahrzehnten dennoch etwa eineinhalb Tonnen Roggen pro Hektar geerntet werden können, also immerhin rund die Hälfte des Ertrags eines Vergleichsfeld mit Düngung. Und das, obgleich dem Boden von den Pflanzen in all den Jahren zentnerweise Mineralstoffe wie Kalium und Stickstoff entzogen wurden.
Die Studie hat u. a. gezeigt, wie genügsam und robust der Roggen ist. Aus diesem Grunde ist auch der Einsatz von Pestiziden viel geringer als z. B. beim Weizen.
Warum Bio-Qualität so wichtig ist
Im Jahr 2016 hat das Chemische und Veterinäruntersuchungsamt Stuttgart 413 Proben von konventionell angebauten Pilzen, Getreide und Kartoffeln auf Pestizidrückstände untersucht ( 1 ). 97 Prozent der Proben wiesen Rückstände von insgesamt 172 Wirkstoffen auf. Von den 23 Getreideproben wiesen 19 Pestizidrückstände auf, davon 13 Mehrfachrückstände und bei 5 Proben lagen diese über der zugelassenen Höchstmenge.
Beim Roggen fand sich u. a. Dichlorvos, ein Insektizid, das in der EU und in der Schweiz seit November 2012 in der Landwirtschaft nicht mehr erlaubt ist. Denn dieser Wirkstoff ist für wirbellose Tiere, Fische, Vögel und Bienen extrem giftig und hat eine mutagene Wirkung. Die Internationale Agentur für Krebsforschung hat Dichlorvos bereits als "möglicherweise krebserregend" eingestuft.
Auch wenn der Roggen gegenüber Krankheiten und Schädlingen viel weniger anfällig und in Folge nicht so sehr mit Pestiziden belastet ist wie der Weizen, zahlt sich der Kauf in Bio-Qualität also dennoch aus. Überdies haben Analysen gezeigt, dass die Belastung von Pilzgiften (Mykotoxine) beim Bio-Getreide geringer ausfällt. Dies wird mitunter auf die ausgewogenere Düngung und die geringere Bestandsdichte zurückgeführt. ( 17 )
Das Mutterkorn
Der Roggen wird relativ häufig vom Mutterkornpilz befallen, der giftige Alkaloide produziert. Der Pilz wird so genannt, da das Mutterkorn früher mitunter als Wehenmittel zum Einsatz kam. Auch heute findet das Mutterkorn wohldosiert z. B. bei Migräne noch Anwendung. Bei 0,1 mg Gesamtalkaloid pro kg Körpergewicht und Tag bzw.10 bis 30 mg Gesamtalkaloid pro kg Mehl besteht keinerlei Vergiftungsgefahr.
Nimmt man aber mehr Alkaloide auf, führt dies zu Darmkrämpfen, Durchblutungsstörungen bis hin zu Halluzinationen und zum Tod. Im Mittelalter konnte bei Missernten bis zur Hälfte der Roggenernte aus Mutterkörnern bestehen. So manche Marienerscheinung kann dadurch erklärt werden.
Heutzutage kann man aber unbesorgt auf Roggenprodukte zurückgreifen. Vergiftungsfälle sind äußerst selten, da das Getreide vor der Verarbeitung gründlich gereinigt wird. So wird Luftstrom angewandt, der durch die Körner bläst und Fremdkörper herauspustet. Auch trennen Siebe mit abgestuften Maschenweiten Stroh, Insekten und auch das Mutterkorn fein säuberlich von den Getreidekörnern. ( 24 )
Die Vor- und Nachteile von Hybridsorten
Roggenkörner sind länglich und weisen einen bläulichen bis grünlichen Schimmer auf. Insbesondere bei alten Sorten ist es so, dass die Körner nicht fest mit den Spelzen verwachsen sind, sodass sie schon bei leichter Bewegung der Ähren (Wind, Regen) herausfallen können. Diese Tatsache sorgt für Ernteverluste, weshalb in der konventionellen Landwirtschaft oft Hybridsorten zum Einsatz kommen.
Hybridsorten entstehen, indem zwei auf Perfektion gezüchtete Elternlinien gekreuzt werden. Auf diese Weise wird erreicht, dass Roggenpflanzen um bis zu 100 Prozent höhere Erträge liefern oder weniger anfällig für bestimmte Krankheiten sind. Doch haben Hybridsorten auch diverse Nachteile.
So verlieren sich die aufwändig herangezüchteten Eigenschaften schon in der 2. Generation wieder. Landwirte müssen deshalb jedes Jahr neues Saatgut kaufen. Dazu kommt, dass die Sortenvielfalt von Nutzpflanzen (wie Getreide) abnimmt. Auch bilden Roggenhybriden weniger Pollen, wodurch die Gefahr des Mutterkornbefalls zunimmt.
Aus diesen Gründen lehnen die meisten Bio-Bauern Hybridsorten ab und setzen auf Roggensorten, die auf dem herkömmlichen Weg der Züchtung entstanden sind. ( 26 )
Der Vollkorn-Schwindel
Immer mehr Menschen haben erkannt, dass Vollkornbrot gegenüber Weißbrot beachtliche Vorteile bietet, u. a. auch viel besser schmeckt. Doch wurde mit der Beliebtheit auch der Schwindel mit den Vollkornprodukten vorangetrieben. Das Fatale daran ist: Ob es sich nun um ein echtes Roggenvollkornbrot handelt oder nicht, ist für viele Menschen mit bloßem Auge nicht erkennbar. Dies wird von so manchem Hersteller schamlos ausgenutzt.
Viele Verbraucher sind noch immer der Meinung, dass dunkle Brotsorten automatisch in Vollkornqualität vorliegen. Dunkles Brot kann jedoch auch einfach aus Roggenauszugsmehlen hergestellt und gefärbt sein. Lassen Sie sich auch nicht von einzelnen Körnern auf der Oberfläche von Broten täuschen. Diese sollen ebenfalls Vollkornqualität suggerieren, was aber nicht zwingend auch so sein muss.
Genauso wenig ist helles Brot automatisch ein Weizenbrot, wie oft geglaubt wird. Denn auch ein reines Roggenbrot aus einem 1150er Roggenmehl sieht deutlich heller aus als ein Vollkornbrot, auch heller als ein Weizenvollkornbrot.
Sogenannte Mischbrote können die unterschiedlichsten Mehle – sowohl Vollkorn- als auch Auszugsmehle diverser Getreidearten – beinhalten.
Was Sie beim Kauf von Roggenvollkornbrot beachten sollten
Bei verpacktem Brot gilt es zu kontrollieren, ob der Begriff "Vollkorn" draufsteht. Denn dieser darf nur dann angegeben werden, wenn auch wirklich Vollkorn drin ist. Vollkornbrot enthält mindestens 90 Prozent Vollkornmehl oder -schrot. Begriffe wie etwa Roggenkrustis, Mehrkornbrot oder Körnerecke versuchen darüber hinweg zu täuschen, dass es sich keineswegs um ein Vollkornprodukt handelt.
Lose Ware ist hingegen nicht deklarationspflichtig. Wenn Sie also loses Brot beim konventionellen Bäcker oder im Supermarkt kaufen, haben Sie keine Möglichkeit zu erkennen, was da wirklich drinsteckt. Da hilft nur eines: Fragen Sie nach!
Allerdings enthalten diese Brote selten wirkliches Vollkorn, noch seltener sind sie mit langer Teigführung hergestellt und enthalten meist zahlreiche Zusätze. Daher sind der Supermarkt und konventionelle Bäckerladen nicht der richtige Ort, um Brot zu kaufen!
Kaufen Sie Ihr Brot daher bei einem Bäcker, der auch hochwertiges und voll deklariertes Biobrot (z. B. Bioland-Brot) anbietet oder Sie kaufen es im Bio-Supermarkt/Bioladen oder Reformhaus, wo grundsätzlich alle Brote voll deklariert sind und man Ihnen auch über die Teigführung, Zusätze etc. Auskunft geben kann. ( 16 )
Richtige Lagerung
In Hinblick auf die Lagerung gilt beim Roggenmehl dasselbe wie bei jedem anderen Mehl. Lagern Sie es kühl und trocken, gut verschlossen und geschützt vor Fremdgeruch bei Raumtemperatur. Auf diese Weise können Sie verhindern, dass die Backeigenschaften des Mehls beeinträchtigt werden oder es gar von Schimmel befallen wird.
Die Haltbarkeit ist bei Auszugsmehlen generell länger. Während Sie Roggenmehl Type 997 ganze 12 Monate lagern können, sind es beim Vollkornmehl nur 6 Monate. Ganze Körner halten sich mindestens ein Jahr.
Brot lagert man am besten bei Raumtemperatur. Denn gibt man es in den Kühlschrank, verliert es schnell an Feuchtigkeit und es leidet der Geschmack. Brotbehälter aus Ton- oder Steingut sind für die Brotlagerung ideal. Denn die überschüssige Feuchtigkeit wird durch die Poren der Behälter aufgenommen und vom Brot wegtransportiert bzw. bei Bedarf wieder zurückgegeben. In Folge bleibt das Brot frisch und es bildet sich kein Schimmel.
Wie lange Roggenbrot hält
Grundsätzlich hält sich dunkleres Brot länger als Weißbrot. Selbst bei Broten aus Auszugsmehlen lässt sich ein Brot mit höherem Roggenanteil länger lagern. Während Brote aus hellem Weizenmehl bis zu 2 Tage gelagert werden können, bleiben Brote aus hellem Roggenmehl bis zu 6 Tage frisch. Vollkornbrot hat aber die Nase vorn, denn es kann bis zu 9 Tage lang genossen werden. ( 18 )
Altbackenes Brot können Sie wunderbar verwenden, um etwa eine leckere Brotsuppe oder herzhafte Knödel herzustellen. Ist Brot von Schimmel befallen, selbst eine kleine Stelle, werfen Sie es am besten komplett weg, da sich der Schimmel längst im Brot ausgebreitet hat – und zwar noch bevor Sie ihn an der Oberfläche sehen.
Brot einfach einfrieren
Es passiert so oft, dass zu viel Brot eingekauft wird. Allein in Österreich landen laut Greenpeace pro Jahr 60.000 Tonnen an Backwaren im Müll. Rund die Hälfte dieser Lebensmittelabfälle entsteht in privaten Haushalten. ( 19 ) Bevor Ihr Roggenbrot vom Schimmel befallen wird oder auch zu fest wird, sollten Sie es daher einfrieren.
Besonders für kleine Haushalte ist das besonders praktisch. Sie können das Brot wunderbar in Scheiben einfrieren, es täglich frisch auftauen oder einfach im Toaster rösten. Ein Brot mit Qualität hält dies locker aus und behält seinen leckeren Geschmack.
Warum Roggenbrot meist aus Sauerteig hergestellt wird
Wir haben bereits einen entscheidenden Grund erwähnt, warum der Roggen und der Sauerteig einfach zusammengehören: Das Brot wird aufgrund dieser Kombination viel verträglicher. Dazu kommt aber, dass es eine sehr knifflige Angelegenheit ist, reine Roggenbrote zu backen.
Die Backeigenschaften von Roggenmehl und Weizenmehl sind sehr verschieden. Denn das im Weizenmehl enthaltene Gluten sorgt bei der Verbindung mit Wasser dafür, dass ein elastischer Teig entsteht. Im Roggenmehl sind jedoch bestimmte Enzyme (Amylasen) und Schleimstoffe (z. B. Ballaststoffe namens Pentosane) enthalten, die genau diesen Vorgang behindern.
Durch diese Stoffe wird so viel Stärke abgebaut, dass kein Teiggerüst und somit auch keine Krume gebildet werden kann. Folglich kann sich im Teig kein Kleber aufbauen, er ist schwer und geht kaum auf. Um dem entgegenzuwirken, wird der Teig gesäuert.
Durch die Zugabe von Säure in Form von Sauerteig wird die Enzym-Tätigkeit gehemmt, die Stärke des Mehls vor einem übermässigen Abbau bewahrt und die Backfähigkeit stabilisiert. Während des Backprozesses kann die Stärke das Teigwasser optimal binden und es entsteht eine ideale Krume.
Ein erprobtes Rezept für ein köstliches Roggenvollkornbrot mit langer Teigführung finden Sie am Ende des Artikels.
Ob Vollkornmehl oder Auszugsmehl, wer die Herstellung eines Sauerteigs umgehen möchte, die doch etwas aufwändiger ist, kann die Backeigenschaften verbessern, indem das Roggenmehl mit Weizenmehl oder Dinkelmehl gemischt wird, z. B. im Mischverhältnis 4 : 1.
Warum Roggenkörner vor dem Verzehr eingeweicht werden sollten
Getreidekörner einfach unbehandelt, also im Ganzen zu verzehren, ist für uns Menschen nicht ratsam. Denn wir verfügen eben nicht wie die Vögel über einen Kropf, wo die Körner aufquellen und aufgeweicht werden. Deshalb müssen wir dies vor dem Essen händisch erledigen, indem wir die rohen Körner oder den Schrot wenigstens vorher in Wasser einweichen und dort quellen lassen. Es ist so viel Wasser vonnöten, dass die Körner gut bedeckt sind.
Die Einweichzeit sollte mindestens 3 bis 4 Stunden, besser aber zwischen 6 bis 12 Stunden liegen, um die Saat verdaulich zu machen. Bedenken Sie aber, dass nicht nur ein Teil von Inhaltsstoffen wie der Phytinsäure oder Lektinen, sondern auch wasserlösliche Nährstoffe in das Einweichwasser übergehen.
Die einen schütten das Einweichwasser weg, um den Gehalt der sogenannten Problemstoffe zu reduzieren. Die anderen verwerten das Einweichwasser weiter, um in den vollen Genuss aller Nährstoffe zu gelangen.
Sie können die eingeweichten Roggenkörner roh verzehren (aber kauen Sie gründlich!!), etwa im Müsli oder als Salatbeigabe, oder wie einen Reis für rund 40 Minuten bei kleiner Flamme garen und in eine Suppe geben oder als Beilage servieren.
Auch Roggenschrot sollte vor dem Verzehr eingeweicht werden, da dadurch die Verdaulichkeit erhöht wird. Man nimmt dazu pro 100 g Schrot rund 100 g Wasser. Das Vollkornschrot eignet sich wunderbar, um das Frühstück zu bereichern. Doch schmeckt er auch sehr lecker mit Meerrettich gewürzt und mit Salat oder Pellkartoffeln serviert, wie bei der Schnitzer-Kost empfohlen.
Wie die Körner gekeimt werden
Sie können die Körner nach dem Einweichen aber auch keimen lassen – wie etwa die Kresse. Roggenkeimlinge schmecken besonders gut im Müsli sowie im Smoothie und können wunderbar zum Verfeinern von Salaten und anderen Gemüsegerichten verwendet werden. Natürlich können Getreidekeimlinge auch in den Brotteig gegeben werden. Auch lassen sich reine Sprossen- bzw. Keimbrote backen/herstellen.
- Gießen Sie das Einweichwasser ab und spülen Sie die eingeweichten Körner noch einmal gut durch.
- Geben Sie die länglichen Körner in ein Keimgerät oder Keimglas und stellen Sie dieses an einen lichtarmen und nicht zu warmen Ort, also nicht direkt in die Sonne oder auf die Heizung.
- Die ideale Keimtemperatur liegt zwischen 18 und 20 °C.
- Wässern Sie die Sprossen mindestens 2-mal täglich, verwenden Sie hierbei kaltes Wasser.
- Die Keimdauer liegt je nach Jahreszeit bei 1 bis 3 Tagen.
- 1 Tasse Getreidekörner ergibt 3 Tassen Sprossen.
- Roggensprossen schmecken mild und süßlich, wenn sie weniger als 1 cm lang sind. Ist der Trieb etwa so lang wie das Korn selbst, macht sich eine bittere Note bemerkbar.
- Sie können die Sprossen 3 bis 4 Tage im Gemüsefach lagern.
Welche Vorteile das Keimen bringt
Das Keimen bietet nicht nur den Vorteil, dass die Nährstoffe erhalten bleiben, sondern teilweise sogar noch zunehmen. So hat etwa eine finnische Studie gezeigt, dass der Gehalt an Vitamin B9 ( Folsäure ) beim Keimen um das 1,7- bis 3,8-Fache bei einem maximalen Gehalt von 125 µg pro 50 g Körnern zunimmt.
Dazu kommt, dass Roggen durch das Keimen besser verdaut werden kann, da komplexe Kohlenhydrate zum Teil aufgeschlossen werden, was die Bekömmlichkeit erhöht. Auch wird ein grosser Teil des Eiweisses während der Keimung in seine Grundbausteine aufgespalten und in Aminosäuren umgewandelt.
Es handelt sich hierbei um einen Prozess, der normalerweise erst während der Verdauung stattfindet. Die essenziellen Aminosäuren nehmen in den Keimlingen bis um das 5-fache zu ( 20 ).
Rezepte mit dem Roggen
Wenn Sie nun Lust bekommen haben, den Roggen verstärkt in Ihren Speiseplan zu integrieren, dann finden Sie hier ein Rezept für ein leckeres Sauerteigbrot aus Vollkornmehl, wo auch genau der Ablauf der Teigführung erklärt wird.
Oder probieren sie unsere feinen Roggen-Dinkel-Mischbrötchen, die schwarz gefärbt sind, da zur Förderung der Darmgesundheit und Entgiftung Aktivkohle beigemischt wurde. Die Kohle kann natürlich auch weggelassen werden.
Wenn Sie es lieber knusprig mögen und gerne Knäckebrot knabbern, dann wäre unser kerniges Knäckebrot vielleicht etwas für Sie. Es wird aus einer Mischung aus Dinkel, Amaranth, Kürbiskernen und Roggen gebacken und mit Saaten bestreut.
Und für ein süsses Frühstück können Sie unser mit Zimt gewürztes Bananenbrot servieren. Es wird aus einer Dinkel-Roggen-Mehlmischung gebacken und enthält neben Bananen auch Rosinen und Nüsse.