Lebensmittel enthalten keine Blausäure, sondern Vorstufen
Blausäure (auch Cyanwasserstoff genannt) ist ein starkes Gift, das schon in geringen Mengen tödlich wirken kann. Es wurde daher im Ersten Weltkrieg auch als Kampfgas eingesetzt (Granaten mit Blausäure). Später – in der Zeit des Nationalsozialismus – kam die Säure in den Gaskammern der Konzentrationslager unter der Bezeichnung Zyklon B zum Einsatz.
Blausäure ist eine Flüssigkeit, die jedoch bei Zimmertemperatur schnell verdampft, also gasförmig wird.
In Lebensmitteln ist keine Blausäure enthalten. Hier können jedoch Vorstufen vorkommen, die sog. cyanogenen Glycoside. Diese sind an sich völlig ungiftig. Erst im Organismus kann aus den cyanogenen Glycosiden Blausäure frei werden.
Aber auch schon dann, wenn Lebensmittel zerkleinert werden (ob mit dem Messer oder den Zähnen), können Enzyme, die ebenfalls im jeweiligen Lebensmittel enthalten sind, zur Entstehung der giftigen Säure führen. In Maniok kommt z. B. das cyanogene Glycosid namens Linamarin und das dazu passende Enzym namens Linase vor. Die Linase kann das Linamarin nun in Glucose, Aceton und Blausäure spalten.
Cyanogene Glycoside: Die Vorstufe der Blausäure
Cyanogen bedeutet blausäureabspaltend. Der erste Wortteil (cyano) stammt von Cyanid (Cyanide sind die Salze der Blausäure). Der zweite Worteil (-gen) bedeutet erzeugend/bildend. Cyanogene Glycoside sind somit Verbindungen, die im Körper Blausäure (= Cyanwasserstoff) abspalten/abgeben können. Es gibt z. B. die folgenden cyanogenen Glycoside (13):
- Amygdalin und Prunasin in Aprikosenkernen, Mandelkernen, Pflaumenkernen, Pfirsichkernen, Kirschkernen und Apfelkernen (20)(Olivenkerne und damit auch Olivenöl sind frei von Amygdalin
- Dhurrin in Sorghum (einer Hirseart; es ist aber nicht jene Hirse, die bei uns im Handel ist und als leckere Beilage zubereitet werden kann)
- Proteacin in Macadamianüssen
- Sambunigrin in Holunder- und Apfelkernen
- Linustatin, Linamarin und Lotaustralin im Maniok (auch Yucca oder Cassava genannt), Leinsamen und in Limabohnen
Blausäure in süßen und bitteren Mandeln
Das bekannteste Lebensmittel, das aufgrund seines hohen Gehalts an cyanogenen Glycosiden zur Bildung von besonders viel Blausäure führen kann, ist die Bittermandel, gefolgt von den bitteren Aprikosenkernen.
Doch enthalten nicht nur die bitteren Mandeln und die bitteren Aprikosenkerne cyanogene Glycoside, sondern auch die jeweiligen süßen Varianten – nur ist der Gehalt bei den süßen Varianten so niedrig, dass man sie im Allgemeinen bedenkenlos essen kann.
Sind bei süßen Mandeln oder süßen Aprikosenkernen bitter schmeckende Exemplare dabei, so sind es süße Kerne mit einem etwas höheren Anteil an cyanogenen Glycosiden, doch ist der Anteil noch lange nicht so hoch wie in Bittermandeln.
Süße und bittere Mandeln stammen von zwei verschiedenen Bäumen, die sich optisch allerdings kaum unterscheiden. Es handelt sich also um zwei Mandelbaumvarietäten: Die eine bringt süße Mandeln hervor (Prunus dulcis), die andere die Bittermandeln (Prunus dulcis var. amara), wobei var. für den lateinischen Begriff varietas (= Varietät) steht und "amara" für "bitter".
Bei den Aprikosen ist es so, dass die Kerne von Speiseaprikosen meist süß sind, die Kerne von wilden Aprikosen sind dagegen bitter.
Warum sagt man dazu Blausäure?
Blausäure heißt übrigens nur deshalb so, weil sie früher aus einem blauen Stoff hergestellt wurde (aus Eisenhexacyanidoferrat). In Wirklichkeit ist es eine eher farblose, allenfalls etwas gelbliche, sehr gut brennbare und leicht flüchtige Flüssigkeit.
Sie heißt offiziell Cyanwasserstoff. Doch auch dieser Begriff deutet auf die blaue Farbe des ursprünglichen Rohstoffes hin, denn Cyan entstammt dem altgriechischen Wort kȳáneos für dunkelblau.
So viel Blausäure enthalten Lebensmittel
Weit über 1000 Pflanzen enthalten cyanogene Glycoside, meist sind es die Samen oder Kerne, wie z. B. Mandeln, Leinsamen und Aprikosenkerne, allerdings schwankt der Gehalt sehr. Die folgenden Werte sind daher nur als Stichproben zu sehen ( 17 )( ):
- Bittermandelkern roh: 3 mg/g (8)
- Süßmandelkern: weniger als 0,07 (16)
- Leinsamen: 0,22 mg/g (9)
- Bittere Aprikosenkerne: 2 – 4 mg/g (8, 9)
- Süße Aprikosenkerne: 0,07 mg/g (vereinzelt auch 0,2 – 0,4 mg/g) (8)
- Kirschkern: 3 – 4 mg/g (rote Sorten enthalten mehr als schwarze)
- Maniok roh: 0,015 – 0,4 mg/g
- Nektarinenkern: 0,12 mg/g
- Pfirsichkern: 7 mg/g
- Pflaumenkern grün: 17 mg/g
- Pflaumenkern von schwarzen Pflaumen: 10 mg/g
- Pflaumenkern von roten und gelben Pflaumen: 0,5 – 1,5 mg/g
- Apfelkern (Royal Gala): 3 mg/g
- Birnenkern (Conférence): 1,3 mg/g
- Zucchinikerne: max. 0,34 mg/g
- Gurkenkerne: max. 0,1 mg/g
- Honigmelonenkerne: max. 0,2 mg/g
- Kürbiskerne (Hokkaido): 0,1 mg/g
- Kürbiskerne (Butternut): max. 0,05 mg/g
- Unreife Bambussprossen: 8 mg/g
In verarbeiteten Lebensmitteln sind nur noch Spuren enthalten, z. B.
- Mandelmilch: 0,05 mg/g
- Mandelmehl: 0,03 mg/g
- Marzipan: 0,02 mg/g
- Apfelsaft: 0,1 mg/g
- Apfelmus: 0,02 mg/g
Was macht Blausäure im Körper?
Cyanide - das ist der Begriff für Blausäureverbindungen - blockieren in der Zelle die Atmungskette, indem sie sich an einen Enzymkomplex binden, an die sog. Cytochrom-c-Oxidase.
Dieser Enzymkomplex ist wichtig für die Energieproduktion (ATP) in der Zelle. Wenn sich nun aber die Cyanide an die Cytochrom-c-Oxidase binden, kann diese ihre Aufgaben nicht mehr erfüllen und die Zelle ist nicht mehr in der Lage, Energie (ATP) herzustellen. Sie stirbt.
Je nach Blausäurekonzentration und -menge tritt so auch beim Menschen relativ schnell der Tod ein – es sei denn, der Betroffene wird zügig (am besten innerhalb von 30 Minuten) mit einem Gegenmittel behandelt.
Symptome bei einer Vergiftung
Eine Blausäurevergiftung kann sich auch schleichend einstellen, also dann, wenn regelmäßig bestimmte Cyanidmengen aufgenommen werden, die höher sind, als der Körper entgiften kann, aber für eine schwere akute Vergiftung noch zu niedrig ist.
Eine schleichende oder chronische Vergiftung, die aus Ländern bekannt ist, in denen viel Maniok (Cassava) gegessen wird, der - wenn nicht richtig zubereitet (nicht ausreichend gewässert) - hohe Blausäuregehalte aufweisen kann, zeigt sich mit den folgenden Symptomen):
- Kopfschmerzen
- Schwindel
- Übelkeit
- Neuropathien (Nervenschmerzen, z. B. Brennen an den Fußsohlen und damit einhergehende Gangstörungen).
- Gestörte Glucosetoleranz (Diabetesvorstufe; wenn der Blutzuckerspiegel nach einer Mahlzeit innerhalb eines bestimmten Zeitraums nicht mehr auf seinen Ausgangswert sinkt)
- Konzo (endemische spastische Paraparese; teilweise Lähmung der Beine)
- Bei gleichzeitig zu geringer Jodaufnahme können sich eine Schilddrüsenunterfunktion mit Kropf und vielen anderen Symptomen zeigen
Bei höheren Dosen, also einer akuten Vergiftung kommt es zu:
- Bauchkrämpfe
- Erbrechen
- Herzrasen
- Schwäche und Verwirrung
Bei tödlichen Dosen kommt es zu einer Art innerem Ersticken mit Bewusstseinsstörungen und Luftnot, schließlich Herzstillstand mit Todesfolge.
Wie viel Blausäure ist tödlich?
Die letale (tödliche) Dosis für Cyanwasserstoff liegt bei Erwachsenen zwischen 0,5 bis 3,5 mg/kg Körpergewicht (EFSA 2004). Bei einer 60-kg-schweren Person wären das 30 bis 210 mg. Meist wird 1 mg/kg Körpergewicht als tödliche Dosis angegeben, so dass man besser nicht von 3,5 mg/kg Körpergewicht ausgehen sollte (12).
Die aus Krimis oder aus Suiziden bekannte Zyankali-Kapsel enthält Kaliumcyanid, das Kaliumsalz der Blausäure. Bei einem Erwachsenen führen normalerweise schon durchschnittlich 250 mg Zyankali meist in weniger als 30 Minuten zum Tod (6). In anderen Quellen werden als tödliche Dosis 100 bis 200 mg Zyankali angegeben.
Es sind jedoch auch Fälle bekannt, in denen 1000 mg Zyankali überlebt wurden, z. B. von einem 15-jährigen Mädchen (9). Natürlich hängt es immer davon ab, wie schnell derjenige behandelt werden kann und ob er optimal behandelt werden kann (da nicht in jedem Land in jeder Notaufnahme das passende Gegenmittel vorrätig ist.
Selten nimmt man jedoch reines Zyankali ein. Häufiger sind es blausäurereiche Lebensmittel, die gefährlich sein können, etwa Bittermandeln. Je nach Körpergewicht könnten – laut dem Niedersächsischen Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit – schon 5 bis 10 Bittermandeln bei Kindern zu einer tödlichen Vergiftung durch die Säure führen (8).
Wie viel Blausäure ist unbedenklich?
Auf der Seite des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) heißt es: „Das BfR hat eine Humanstudie durchgeführt und eine akute Referenzdosis (ARfD) von 75 µg Cyanid pro kg Körpergewicht abgeleitet.“ Bei einem Körpergewicht von 60 kg könne man somit 4,5 mg Cyanide pro Mahlzeit als unbedenklich bezeichnen (17).
(Natürlich handelt es sich bei dieser als unbedenklich angegebenen Menge um eine Zahl mit Sicherheitsspanne, um auch bei Menschen in schlechtem Zustand und/oder mit sehr schlechter Entgiftungsfähigkeit kein Risiko einzugehen.)
Doch ist auch die als sicher geltende Cyanidmenge nicht ungiftig. Es ist hingegen jene Menge, die der menschliche Organismus selbst entgiften kann. Denn gerade wegen des allgegenwärtigen Cyanidgehalts in Lebensmitteln ist er darauf vorbereitet.
Wie Blausäure im Körper entgiftet wird
Da die Säure bzw. ihre Vorläufer, die cyanogenen Glycoside in der Natur und auch in den Lebensmitteln des Menschen von Anbeginn der Zeit so weit verbreitet sind, haben Tiere und auch der Mensch gleichzeitig Mechanismen zur Blausäureentgiftung entwickelt. Menschen verfügen einerseits über zwei Enzyme, die diesen Job übernehmen, die Rhodanese oder Rhodanase und die 3-Mercaptopyruvat-Cyanid-Sulfurtransferase, und andererseits über das Vitamin B12.
Entgiftung mit Vitamin B12
Hydroxocobalamin ist die Speicherform von Vitamin B12. In unserem Artikel rund um Vitamin B12 erklären wir, dass diese Vitamin-B12-Form etwa die Hälfte des Vitamin B12 im Blut ausmacht. (Die andere Hälfte ist die aktive Vitamin-B12-Form Methylcobalamin).
Hydroxocobalamin ist auch das Antidot (Gegenmittel) für Blausäurevergiftungen (5) in der Medizin (es wird dann meist als Infusion gegeben, um Zeit zu sparen). Es enthält Cobalt, ein Spurenelement, das die Cyanide abfängt (sich an diese bindet), noch bevor sich diese an die Cytochrom-c-Oxidase binden können. Aus Hydroxocobalamin entsteht auf diese Weise Cyanocobalamin, das über die Nieren nun problemlos ausgeleitet und mit dem Urin ausgeschieden werden kann.
In der Medizin wird meist Hydroxocobalamin gegeben, da sich dieses gut injizieren oder per Infusion geben lässt. Im Körper selbst wirken auch andere Vitamin-B12-Formen (Cobalaminformen) entgiftend, wie Methylcobalamin oder Adenosylcobalamin, die meist oral eingenommen werden, bei einer akuten Vergiftung mit Cyanwasserstoff aber zu langsam wirken würden.
Enzymatische Entgiftung
Die Rhodanase befindet sich in den Mitochondrien der Leberzellen. Das andere Enzym (3-Mercapto…) ist auch in anderen Organen aktiv (z. B. in den Nieren, aber auch im Herzen oder im Gehirn).
Beide Enzyme entgiften Cyanwasserstoff, indem sie ihm ein Schwefelatom anhängen. Dies ist mit ein Grund dafür, warum Schwefel für die Entgiftung so wichtig ist und warum viele Menschen z. B. MSM, den organischen Schwefel als Nahrungsergänzung einnehmen. Auf diese Weise soll gewährleistet bleiben, dass für die Entgiftung immer ausreichend Schwefel vorhanden ist.
Aus Cyanwasserstoff entsteht auf diese Weise nun das ungiftige Thiocyanat, das nun über die Nieren ausgeleitet werden kann. Vielleicht kommt Ihnen der Name Thiocyanat irgendwie bekannt vor. Das liegt daran, dass wir schon an verschiedenen Stellen über Thiocyanate berichtet haben – und zwar in sehr positiver Weise. Sulforaphan beispielsweise ist ein solches Thiocyanat (genauer gesagt ein Isothiocyanat).
Abbauprodukte der Säure können positiv wirken
Sulforaphan entsteht aus den Senfölglycosiden, die sich z. B. im Brokkoli und anderen Kreuzblütengemüsen befinden ( Meerrettich, Kresse, Radieschen, Weißkohl etc.). Wird der Brokkoli zerteilt oder in roher Form gekaut, wird ein darin enthaltenes Enzym frei – die Myrosinase. Sie wandelt das entsprechende Senfölglycosid (Glucoraphanin) in Sulforaphan um.
In unserem Artikel über Senfölglykoside beschreiben wir, wie und warum dieser Pflanzenstoff in der Naturheilkunde bei Krebs, Arthrose, Arthritis und Allergien eingesetzt wird. Auch bei Diabetes soll er blutzuckerregulierend wirken können – und bei Übergewicht das Abnehmen unterstützen.
Aber auch der entgiftete Cyanwasserstoff kann – einmal zu Thiocyanat umgewandelt – positive Auswirkungen im Organismus haben. So übernimmt es beispielsweise wichtige Aufgaben im Immunsystem oder ist an der Haarbildung beteiligt. Darüber hinaus hat der Stoff entzündungshemmende und antimikrobielle Eigenschaften (10).
Blausäure ist für unseren Körper normal - in bestimmten Mengen
Die beschriebenen positiven Wirkungen der Abbauprodukte bedeuten nun aber nicht, dass Sie gezielt Blausäure bzw. Cyanide zu sich nehmen müssten, damit ausreichend Thiocyanat entsteht. Bei einer gesunden Ernährung werden automatisch einerseits direkt Thiocyanate aufgenommen (siehe Beispiel Sulforaphan), andererseits enthält eine pflanzenbasierte Ernährung natürliche Cyanidmengen, die von den genannten Enzymen zu Thiocyanaten umgewandelt werden.
Thiocyanate sind also für unseren Körper in jenen Mengen, wie sie in einer pflanzenbasierten Ernährung vorkommen, nicht nur normal, sondern auch sehr wichtig.
Allerdings hat die körpereigene Entgiftungsfähigkeit ihre Grenzen. Menschen können daher nur jene Blausäuremengen entgiften, die mit einer pflanzlichen Ernährung im Körper eintreffen. Gelangen größere Mengen in den Organismus z. B. durch eine Rauchvergiftung, durch Unfälle, Mord/Selbstmord oder dem Verzehr zu großer Mengen blausäurereicher Lebensmittel, dann kommt es zu einer gefährlichen und u. U. auch tödlichen Vergiftung.
Entgiftung ist von Mensch zu Mensch unterschiedlich
Die Entgiftungsfähigkeit ist zudem von Mensch zu Mensch sehr unterschiedlich. Daher ist auch die Verträglichkeit entsprechender Blausäuremengen unterschiedlich. Das bedeutet:
Auch wenn mehrere Menschen identische Mengen zu sich nehmen, können im Blut unterschiedlich hohe Cyanidwerte gemessen werden – beim einen nur leicht erhöhte, beim anderen lebensgefährlich erhöhte Werte. Auch die Reaktionen auf Cyanwasserstoff sind unterschiedlich. So kann der eine trotz sehr hoher Cyanidwerte im Blut symptomfrei bleiben, während andere bei niedrigeren Werten einschlägige Symptome zeigten.
Wie Sie die Fähigkeit zur Entgiftung verbessern
Ob sich die Entgiftungsfähigkeit für Blausäure bzw. cyanogene Glycoside verbessern lässt, wurde unseres Wissens nach nicht konkret untersucht. Es ist jedoch davon auszugehen, dass eine gute Versorgung mit Vitamin B12 (Hydroxocobalamin, Methylcobalamin, Adenosylcobalamin) zu einer besseren Entgiftung beiträgt. Achten Sie jedoch beim Kauf von Vitamin B12, dass Sie kein Präparat mit Cyanocobalamin wählen. Denn dieses ist ja bereits mit einem Cyanid verbunden und könnte daher nicht zur Cyanid-Entgiftung beitragen.
Da der enzymatische Entgiftungsweg der Blausäure eine gute Schwefelversorgung voraussetzt, kann diese mit der Einnahme von organischem Schwefel (MSM) optimiert werden.
Wie man die Säure in Lebensmitteln reduzieren kann
Um die körpereigenen Entgiftungskapazitäten für Cyanide nicht zu überlasten, kann man den Gehalt an cyanogenen Glycosiden in Lebensmitteln auch reduzieren, besonders natürlich jener Lebensmittel, die von Haus aus hohe Glycosidgehalte haben. Dies beginnt schon beim Anbau. Trockenheit beispielsweise führt zu einem höheren Glycosidgehalt, so dass man mit regelmäßiger Bewässerung einen reduzierenden Effekt erzielen kann.
Doch auch, wenn man die entsprechenden Lebensmittel nicht selbst anbaut, kann man durchaus Einfluss auf die Menge der verzehrten cyanogenen Glycoside nehmen, z. B. durch die folgenden Maßnahmen:
Zerkleinern und Kochen
Bei Maniokblättern, die einen um das 10-Fache höheren cyanogenen Glykosidgehalt als Maniokwurzeln haben, konnte das Zerkleinern (Hacken/Schneiden) der Blätter und anschließende 15-minütige Kochen den Gehalt dieser cyanogenen Glykoside so weit reduzieren, dass nur noch zwischen 3 und 15 Prozent der ursprünglichen Menge enthalten war. Zerstampfte man die Blätter vor dem Kochen, konnte der Blausäuregehalt fast auf Null reduziert werden (18).
In der Sonne trocknen
Wenn Maniokblätter einfach nur in der Sonne getrocknet werden, sinkt der Gehalt an cyanogenen Glycosiden auf 7 Prozent. Zerkleinerte man sie zuvor, dann sank der Gehalt auf 5 Prozent. Trocknet man die Blätter hingegen im Ofen, dann ist der Effekt nur gering. Es bleibt ein Restgehalt von 65 Prozent übrig (18).
Dämpfen und Wässern
Auch Dämpfen senkte den Gehalt an cyanogenen Glycosiden in den Maniokblättern nur auf 75 Prozent. Das alleinige Wässern senkte den Gehalt auf 76 Prozent (18).
Kochen und Fermentieren
Kochen kann die toxische Wirkung der Blausäure aufheben, denn die Säure ist hitzeempfindlich bzw. verdampft beim Kochen. Dies ist besonders bei Maniokwurzeln und Bambussprossen wichtig. Beide Lebensmittel sind roh wegen ihres hohen Gehalts an cyanogenen Glycosiden definitiv giftig.
Maniokwurzeln beispielsweise werden in ihren Herkunftsländern geschält, gewässert und gekocht, wobei das Kochwasser verworfen wird. In Westafrika stellt man daraus eine Art Grieß her (das sog. Gari). Dazu werden die Maniokknollen geschält, gewässert, gerieben, gepresst, mehrere Tage lang fermentiert, geröstet/getrocknet etc. Der entstehende Grieß ist gut lagerfähig und kann bei Bedarf mit heißem Wasser gekocht und so zu einem Brei verarbeitet werden. Die Fermentation und natürlich auch das anschließende Kochen bauen die Blausäure ab.
Kerne absieben
Im Holunder befindet sich das cyanogene Glycosid namens Sambunigrin. Es steckt in den Blättern, den unreifen Früchten und auch im Samen der reifen Früchte. Sambunigrin ist hitzeempfindlich und wird bei ca. 76 Grad Celsius abgebaut, so dass bei den üblichen Zubereitungsmethoden zu Holundergelee, Holundermarmelade und Holundersaft keine Gefahr mehr besteht. Außerdem werden dabei die Samen entfernt, indem die zerstampften Beeren durch ein Sieb, z. B. die Flotte Lotte gedreht werden.
Nicht zu viel essen!
Beim Leinsamen wird von der Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) eine maximale tägliche Verzehrmenge von 2- bis 3-mal täglich je 10 bis 15 g Leinsamen angegeben (z. B. zur Verbesserung der Verdauung).
Zur Süßkartoffel und deren gehalt an cyanogenen Glykosiden haben wir bereits in unserem Artikel über die Süßkartoffeln geschrieben.
Rauchvergiftung: Blausäure ist oft dabei
Cyanwasserstoff kann nicht nur über Lebensmittel in den Körper gelangen, sondern auch über die Atemwege, wenn entsprechend belasteter Rauch eingeatmet wird, etwa bei einem Brand.
Bei gut der Hälfte aller Brände in geschlossenen Räumen sind Cyanide, also Blausäureverbindungen beteiligt (4). Früher, als Häuser und Einrichtungen noch aus Naturmaterialien bestanden, war die Gefahr der Cyanidentstehung niedrig. Wenn heute aber all die Kunststoffe in Möbeln, Fußböden, Heimtextilien, elektronischen Geräten sowie in Bau- und Isolierstoffen in Brand geraten, entwickeln sich große Mengen an Cyaniden und anderen Giftstoffen (3).
In erster Linie sind es Kohlendioxid, Kohlenstoffmonoxid und Blausäure, die gemeinsam zu einer Rauchvergiftung führen. Die beiden letzteren sind als Toxic Twins (die giftigen Zwillinge) bekannt, weil sie zusammen deutlich giftiger sind als einer von beiden allein. Je nach ihrer Konzentration im Rauch können sie in weniger als 1 Minute zum Tod durch Herzstillstand führen und bei Rauchgasüberlebenden sogar Jahre später noch Krebs verursachen.
So entsteht eine Rauchvergiftung
Kohlenmonoxid bindet sich an das Hämoglobin, den roten Blutfarbstoff, der normalerweise Sauerstoff transportieren würde und jetzt keinen Sauerstoff mehr aufnehmen kann, weil er vom Kohlenmonoxid blockiert wird. Kohlenmonoxid wirkt eher langsam.
Blausäure hingegen verteilt sich bei der Einatmung sehr schnell im Körper, blockiert die Energiegewinnung in den Mitochondrien der Zelle und kann in Brandrauch bis zu 35-mal giftiger als Kohlenmonoxid sein. Die Säure kann auch über die Haut aufgenommen werden, aber langsamer als über die Atemwege.
Die Symptome, wenn Blausäure eingeatmet wird
Das Einatmen der giftigen Säure kann umgehend zu Schläfrigkeit führen, aber auch kognitive Störungen auslösen. Letzteres wiederum kann dazu führen, dass Betroffene keine rationalen Entscheidungen mehr treffen und sich somit auch nicht mehr selbst retten können, auch wenn das vielleicht noch möglich wäre.
Vitamin B12: Das Gegengift bei Rauchvergiftung
Auch bei einer Rauchvergiftung mit Blausäurebeteiligung wird als Gegengift Vitamin B12 in Form von Hydroxocobalamin eingesetzt (2) (als Infusion). Man gibt zunächst 5 g für Erwachsene und – wenn erforderlich – anschließend weitere 5 g. Kinder und Jugendliche bis 18 Jahren erhalten 70 mg/kg Körpergewicht in der Anfangsdosis und bei schwerer Vergiftung weitere 70 mg/kg.
Hydroxocobalamin gilt inzwischen als wirksamer als manch andere Gegengifte, weil es u. a. schneller wirkt (als z. B. Natriumthiosulfat, das intravenös kombiniert mit Dimethylaminophenol ebenfalls als Gegengift für die Säure gilt. Natriumthiosulfat ist ein Schwefeldonator, also eine schwefelhaltige Verbindung, die Schwefel abgibt. Der Schwefel bindet sich an die Blausäure und macht sie auf diese Weise unschädlich).
Update 2.3.2023
Wir fügten Studie (20) ein.