Bohnen und Reis enthalten Phytinsäure
Bohnen (weisse Bohnen, Limabohnen, schwarze Bohnen usw.) und Reis enthalten eine Menge wunderbarer Nähr- und Vitalstoffe: Neben bis zu 35 Gramm Eiweiss pro 100 Gramm* liefern Hülsenfrüchte annähernd alle B-Vitamine einschliesslich der wichtigen Folsäure sowie eine interessante Menge und Vielfalt an Mineralstoffen und Spurenelementen.
Leider enthalten sie jedoch auch die Phytinsäure. Dabei handelt es sich um einen sekundären Pflanzenstoff, der vornehmlich in den äusseren Randschichten von Getreide, Hülsenfrüchten und vielen anderen Samen vorkommt.
*Bezieht sich auf getrocknete Hülsenfrüchte; der Proteingehalt gekochter Hülsenfrüchte liegt bei etwa 9 Gramm.
Der eigentliche Sinn der Phytinsäure
Die phosphathaltige Phytinsäure dient dem Keimling als Energiequelle. Wenn das Samenkorn genügend Wärme und Wasser zur Verfügung hat, erwacht Leben in ihm.
Sobald der Keimprozess beginnt, wird im Korn das Enzym Phytase gebildet. Die Phytase baut die Phytinsäure ab, wodurch das darin gespeicherte Phosphor frei wird. Dieses wiederum steht jetzt der Babypflanze als wichtiger Nährstoff für Wachstum und Entwicklung zur Verfügung.
Phytinsäure hemmt Mineralstoffaufnahme
So prima die Phytinsäure für den Keimling auch sein mag, so ist sie das für den Menschen nicht unbedingt. Die Phytinsäure kann die Aufnahme von Mineralstoffen wie Calcium und auch von Spurenelementen wie z. B. Zink hemmen bzw. deren Verwertbarkeit mindern.
Aus diesem Grunde gehört der Pflanzenstoff derzeit zum Lieblingsargument der Weissmehl-Fraktion. Da weder Weissmehl noch polierter Reis Randschichten enthalten, sind sie – Weissmehl eher als weisser Reis – verhältnismässig arm an Phytinsäure.
Weisser Reis ist vitalstoffarm
Allerdings fehlt Weissmehlprodukten und weissem Reis jetzt nicht nur ein Grossteil der ursprünglichen Phytinsäure, sondern – neben einer Reihe weiterer nützlicher sekundärer Pflanzenstoffe und Ballaststoffe – auch die Hälfte des Calciums sowie drei Viertel der ursprünglichen Zinkmenge.
Folglich ist anzunehmen, dass die in Vollkornprodukten vorhandene Menge an Mineralstoffen und Spurenelementen üppig genug ist, so dass der Körper auch dann davon profitieren kann, wenn die ebenfalls enthaltene Phytinsäure einen Teil davon bindet.
Phytinsäure ist auch nützlich
Abgesehen davon ist die Phytinsäure derzeit auf dem besten Wege, ihren vermeintlich schlechten Ruf wieder abzuschütteln. So entdeckte man unlängst mindestens drei als äusserst positiv zu bewertende Eigenschaften der Phytinsäure: Sie übt auf den Blutzuckerspiegel eine regulierende Wirkung aus und weist ausserdem krebsbekämpfende Fähigkeiten auf. Ja, offenbar soll die Phytinsäure dem Organismus sogar bei der Abwehr schädlicher Strahlung behilflich sein.
Weizenkleie mit Kokosmehl ersetzen
Der Spitzenreiter in Sachen Phytinsäure ist die Weizenkleie. 3.610 Milligramm Phytinsäure finden sich in 100 Gramm des so gerne bei träger Verdauung eingenommenen Getreideprodukts. Allerdings wird die Kleie zu einem grossen Teil unverändert ausgeschieden, also kaum verdaut, so dass man auch keine negativen Auswirkungen durch zu viel Phytinsäure befürchten müsste.
Sie könnten aber auch auf das wohlschmeckende Kokosmehl umsteigen. Es ist ebenfalls ein sehr guter Ballaststofflieferant und gleichzeitig phytinsäurefrei.
Quinoa – eine ideale Beilage
In gehörigem Abstand folgt der Weizenkleie die Erdnuss (die keine Nuss ist, sondern zu den Hülsenfrüchten gehört) mit 1.336 Milligramm und die Sojabohne mit 1.250 Milligramm. Das breite Mittelfeld wird von den verschiedenen Getreidearten ( Gerste, Roggen, Mais, Weizen, Hafer und Reis) bevölkert. Die Werte schwanken zwischen 890 Milligramm bei Vollkornreis und 1.070 Milligramm bei Gerste.
Die von uns oft empfohlene Beilage (die nicht zu den Getreiden, sondern zu den Gänsefussgewächsen gehört) ist Quinoa. Sie liefert nur 541 Milligramm Phytinsäure, was mit der richtigen Zubereitungsmethode noch deutlich reduziert werden kann. Hülsenfrüchte befinden sich phytinsäuremässig zwischen den Getreidearten und Quinoa.
Auch weisser Reis enthält noch Phytinsäure
Trotz seines blütenweissen Erscheinungsbildes ist jedoch auch polierter Reis nicht vollkommen unschuldig. Er enthält immer noch 240 Milligramm Phytinsäure, so dass auch hier eine sorgfältige phytinsäureeliminierende Zubereitung nicht schaden kann.
Kochen inaktiviert schädliche Substanzen, aber nicht die Phytinsäure
Hülsenfrüchte enthalten neben Phytinsäure noch etliche andere gesundheitlich bedenkliche Stoffe, was der Hauptgrund dafür ist, dass sie so gut wie nie roh verzehrt werden, ja im rohen Zustand äusserst unverträglich sind und bei den meisten Menschen sogar zu ernsthaften Vergiftungserscheinungen führen können.
Zu diesen unwillkommenen Substanzen zählt z. B. das Phaseolunatin, das Phasin und die sog. Enzym-Hemmstoffe. Letzteres bedeutet, dass bei Anwesenheit dieser Hemmstoffe im Körper die Funktion von eiweissspaltenden Verdauungsenzymen blockiert wird und die Eiweissverwertung dadurch erschwert werden kann.
Praktischerweise werden alle diese Stoffe durch ganz normales Kochen entweder zerstört oder inaktiviert - mit Ausnahme der Phytinsäure. Diese lässt sich nicht ganz so einfach entfernen.
Bohnen und Reis – Die optimale Zubereitungsart
Die Phytinsäure-Problematik ist im Grunde keineswegs neu. Offenbar wissen manche Naturvölker – vermutlich ohne je von der Phytinsäure gehört zu haben – ganz instinktiv, wie sie Getreide- und Bohnengerichte zubereiten müssen, damit diese dem Organismus bestmöglich nützen können und ihm – durch was auch immer – keinesfalls schaden.
Getreide fermentieren
Afrikanische Völker beispielsweise essen Getreide häufig. Die Fermentation inaktiviert die Phytinsäure (zumindest zu einem grossen Teil), so dass fermentierte Gerichte äusserst bekömmlich sind und ihre Nährstoffe besser genutzt werden können.
Aus diesem Grunde sollte man auch Brot grundsätzlich nur bei einem Bäcker kaufen, der sich noch mit der Teigführung für Getreide häufig fermentiert oder Backferment-Brote auskennt. Meistens sind das solche Bäcker, die Bioläden beliefern. Die meisten heutigen Brote dagegen werden im Schnellverfahren hergestellt und sind folglich phytinsäurehaltig. Zurück zu den afrikanischen Koch-Traditionen. Dort wird beispielsweise Hirse so zubereitet:
Hirse wie in Afrika
Die Hirse wird über Nacht in Wasser eingeweicht und anschliessend im Mixer püriert (vermutlich mit demselben Wasser, sicherheitshalber können Sie aber auch das Einweichwasser durch frisches Wasser ersetzen).
Der entstandene Brei bleibt erneut eine Nacht stehen, und zwar an einem warmen Platz, damit die Fermentation starten kann. Milchsäurebakterien, die überall in der Luft vorhanden sind, werden den Hirsebrei alsbald bevölkern und die Phytinsäure abbauen. Am dritten Tage dann wird der Hirsebrei eine Viertelstunde leise gekocht.
Eine andere Möglichkeit wäre, den Brei mit Kräutern, Meersalz und fein geriebenem Gemüse zu mischen, auf ein Backblech (mit Backpapier ausgelegt) zu giessen und für einige Stunden in die Sonne zum Trocknen zu stellen. Nach dieser Methode lassen sich theoretisch auch andere Getreidearten einschliesslich Vollkornreis zubereiten.
Weizen wie in Ägypten
In Ägypten und manchen arabischen Ländern werden auf ähnliche Weise auch Mais- und Weizengerichte hergestellt. Kishk zum Beispiel nennt man ein fermentiertes Gericht aus Parboiled Weizen und Milch. Man kocht den Weizen, trocknet ihn dann wieder, mahlt ihn, siebt die Kleie aus und mischt ihn mit gesäuerter und gesalzener Milch. Nach 48 Stunden Fermentationszeit wird die Masse gut durchgemixt, zu Bällchen geformt und getrocknet.
Doch wer hat heute noch drei Tage Zeit und Lust, um sich ein einfaches Getreidegericht zu kochen? Glücklicherweise funktioniert die Phytinsäure-Entfernung auch auf eine etwas schnellere Art und Weise.
Die richtige Zubereitung von Bohnen und Reis
Bevor Reis und Bohnen (oder andere Hülsenfrüchte) gekocht werden, weicht man sie ein – am besten über Nacht oder noch besser 24 bis 48 Stunden lang. Dieses Einweichen verkürzt nicht nur die Kochzeit ganz erheblich (um etwa eine halbe Stunde), sondern reduziert auch den Phytinsäureanteil (wenn auch nicht vollständig). Das Einweichwasser wird weggegossen und insbesondere Hülsenfrüchte werden in frischem Wasser gekocht.
Phytinsäure reduzieren
Weicht man Hülsenfrüchte ein, giesst das Einweichwasser weg und kocht die Hülsenfrüchte, dann kann damit die Phytinsäure um etwa 60 % reduziert werden ( 1 ).
Phytinsäure bei Hülsenfrüchten aus dem Glas oder aus der Dose
Bei Hülsenfrüchten aus dem Glas/aus der Dose soll der Phytinsäuregehalt um ca. 40 % reduziert sein ( 2 ).
Erst einweichen, dann kochen
Nach dem Einweichen schütten Sie das Einweichwasser weg. Kochen Sie nun Reis bzw. Hülsenfrüchte in frischem Wasser. Geben Sie bei Hülsenfrüchten kein Salz ins Kochwasser. Salz verhindert, dass Bohnen & Co. weich werden.
Ob Sie Bohnen und Reis lange genug eingeweicht haben, erkennen Sie daran, dass die Bohnen und Reiskörner bereits so weich sind, dass man sie zerkauen kann. Kochen Sie jetzt die Bohnen auf und lassen Sie sie etwa 30 bis 45 Minuten lang – je nach Bohnenart – leise köcheln. Auch bei Vollkornreis hängt die Kochzeit von der Sorte ab. Langkornreis (z. B. indischer Basmati- oder auch Jasminreis) ist schneller gar als Mittelkorn- und Rundkornreis.
Hülsenfrüchte separat kochen
Wenn Sie einen Eintopf oder eine Suppe planen, dann kochen Sie die Hülsenfrüchte immer separat und geben Sie diese erst in fertig gegarter Form hinzu. Auf diese Weise leiden die anderen Zutaten (Gemüse) nicht unter den langen Garzeiten der Hülsenfrüchte.
Reis nach dem Kochen ausquellen lassen
Reis gelingt besonders gut, wenn er nach der Hauptkochzeit noch eine halbe Stunde oder länger mit geschlossenem Topfdeckel auf ausgeschalteter Herdplatte bzw. neben der Herdplatte ziehen kann.
Bohnen und Reis – hohe biologische Wertigkeit
Es ist also ganz leicht, aus Reis und Bohnen nicht nur lecker schmeckende, sondern auch ganz unbedenkliche Mahlzeiten zu bereiten. Ganz besonders praktisch ist es, wenn sie beide zusammen essen – was in Mittel- und Südamerika gerne gemacht wird. Dann erhalten Sie ein Eiweissprofil von hoher biologischer Wertigkeit.
Und wenn Sie jetzt noch bedenken, dass Hülsenfrüchte und Vollkornreis ausserdem einen sehr niedrigen glykämischen Index haben (zwischen 35 und 45, während weisser Reis bei 70 liegt), also ideal für Menschen sind, die abnehmen oder ihren Blutzuckerspiegel beruhigen möchten, dann sollten Sie Hülsenfrüchte und auch Reis regelmässig – in kleinen Mengen – in Ihren Speisezettel einbauen.