Kann Schokolade bei Depressionen helfen?
Im April 2010 schrieb der Spiegel „Depressive essen mehr Schokolade. Welche Rolle spielt Schokolade bei einer Depression? Eine Studie hat jetzt ergeben, dass depressive Menschen einen stark erhöhten Schokoladenkonsum aufweisen. Die Forscher rätseln, ob die Süssigkeit die Krankheit verursacht oder verhindert“ ( 1 ).
Fast zehn Jahre später erschien im Juli 2019 eine Studie der University College London im Fachmagazin Depression and Anxiety, in der geradewegs das Gegenteil festgestellt wurde, nämlich das Glückliche mehr Schokolade essen und Depressive so gut wie gar nicht. ( 2 )
Es sei ausserdem die erste Studie, in der man untersucht habe, wie sich verschiedene Schokoladensorten auf Depressionen auswirken können, so die Forscher. Denn das Risiko für eine Depression sinkt merklich, wenn man Schokolade isst, aber nur bei einer ganz bestimmten Sorte.
Wer dunkle Schokolade isst, hat seltener Depressionen
Die Wissenschaftler werteten die Daten von 13.626 Erwachsenen aus der US National Health and Nutrition Examination-Studie in Bezug auf den Schokoladenkonsum und den psychischen Zustand der Teilnehmer aus. Andere mögliche Einflüsse auf die Stimmung wurden berücksichtigt, etwa Bildung, Sport, Einkommen, Gewicht, Rauchen und chronische Beschwerden – um sicher zu gehen, dass wirklich ausschliesslich die Wirkung der Schokolade erkannt werden konnte.
In der Gruppe, die nie Schokolade ass, litten 7,6 Prozent der Befragten an Depressionen. In der Milchschokolade-Gruppe waren es nur geringfügig weniger, nämlich 6,2 Prozent. Von jenen aber, die dunkle Schokolade naschten, waren nur 1,5 Prozent depressiv. Ihr Risiko, Depressionen zu erleiden, war um 70 Prozent geringer als bei jenen, die keine Schokolade mochten. Es kommt also offenbar sehr darauf an, welche Art Schokolade man präferiert.
Je mehr Schokolade, umso geringer das Risiko für Depressionen
Aber selbst wann man alle Schokoladensorten in einen Topf warf, dann ging es den Schokoladeessern dennoch – psychisch gesehen – deutlich besser, wobei das Risiko für Depressionen umso geringer war, je mehr Schokolade gegessen wurde. Die Vielesser (100 bis 450 g Schokolade pro Tag) hatten hier ein um 57 Prozent geringeres Depressionsrisiko.
Interessant war, dass jene Personen, die dunkle Schokolade wählten, insgesamt ein höheres Gesundheitsbewusstsein zu haben schienen. Sie waren meist normalgewichtig und waren sehr selten Raucher. Da dunkle Schokolade nur geringfügig weniger Kalorien hat (ca. 500 kcal) als Milchschokolade (ca. 535 kcal), bedeutet Schokolade-Essen also nicht, dass man zwingend davon zunehmen muss. Es kommt somit immer auf die Gesamt-Lebensweise an.
Vielleicht haben Depressive einfach keine Lust auf Schokolade?
Studienleiterin Sarah Jackson gibt zu bedenken:
“Die genaue Ursache für den scheinbar schützenden Effekt des Schokoladenverzehrs muss noch untersucht werden.“ Schliesslich könne es auch sein, dass depressive Menschen einfach keine Lust mehr auf Schokolade haben und nur deshalb in der Schokoladeesser-Gruppe weniger Depressive waren.
„Sollte sich tatsächlich zeigen, dass Schokolade depressive Symptome mildern kann, dann müssten die Wirkmechanismen erforscht werden und natürlich die erforderliche Schokoladenmenge, die es braucht, um Depressionen vorzubeugen oder zu behandeln“,
erklärt Jackson ( 3 ).
Wie genau schützt Schokolade vor Depressionen?
Bislang vermutet man, dass es nicht die Schokolade an sich ist, die wirkt, sondern der Kakao in ihr. Denn dieser enthält eine Reihe psychoaktiver Substanzen, die euphorische Gefühle verursachen können – ganz ähnlich wie Cannabis. Auch Phenylethylamin ist enthalten, ein Stoff, der die Stimmung pusht und auch vom Körper selbst produziert werden kann – in besonders hohen Mengen, wenn wir verliebt sind.
Zusätzlich wirken die kakaospezifischen Flavonoide antioxidativ und entzündungshemmend – und gerade bei Depressionen kommt es (wie bei vielen chronischen Erkrankungen) zu chronischen Entzündungsprozessen, die nun mit Hilfe der Flavonoide bekämpft werden könnten.
Serotonin ist in Schokolade entgegen mancher Aussagen nicht enthalten. Zwar liefert Schokolade Tryptophan, aber in nur unerheblichen Mengen, so dass dies kein Grund für die antidepressive Schoko-Wirkung sein kann.
Aber auch die Wirkung eines reinen Placeboeffektes ist laut mancher Forscher denkbar. Schliesslich verbinden die meisten Menschen mit Schokolade frohe Erinnerungen aus der Kindheit, so dass allein der Geschmack der Schokolade unbewusst über diese Erinnerungen stimmungsaufhellend wirken könnte.
Soll man jetzt Schokolade essen, statt Antidepressiva schlucken?
Antidepressiva werden nach wie vor häufig verschrieben, wirken aber sehr oft nicht, was dazu führt, dass viele Patienten spätestens nach 6 Wochen eigenmächtig (und enttäuscht) die Medikamente wieder absetzen. Neue Wege sind daher gefragt. Allein Schokolade ist sicher nicht der Weg zum Ziel, zumal man – laut obiger Studie – sehr viel davon essen müsste. Aber vielleicht kann Ihnen unser ganzheitliches Konzept bei Depressionen weiterhelfen.
Und sollten Sie dabei regelmässig Schokolade naschen wollen, greifen Sie zu einer Bio-Schokolade mit dem höchstmöglichen Kakaogehalt und dem niedrigstmöglichen Zuckergehalt. Wenn Ihre Schokolade zudem alternative Süssungsmittel enthält (Xylit, Kokosblütenzucker, Yacon, Lucuma o. ä.), umso besser.