Soja – Krebserregend oder krebsschützend
Die Sojabohne ist der Rohstoff für Sojadrink, Sojajoghurt, Sojasahne, Sojamehl sowie Tofu, Tofuwürstchen und vieles mehr. Und obwohl alle diese Lebensmittel immer beliebter werden, fehlen natürlich auch die Kritiker nicht, die regelmäßig vor Soja warnen, z. B. im Zusammenhang mit Brustkrebs.
Sojaprodukte sollen das Brustkrebsrisiko erhöhen, heißt es oft, da Soja sog. Phytoöstrogene enthalte, also Pflanzenstoffe, die ähnlich wie Östrogene wirken und daher Krebs antreiben könnten. In anderen Informationen wieder wird erklärt, Sojakonsum könne das Brustkrebsrisiko senken.
Forscher der University of Illinois hatten 2015 die Gene kartiert, die von den Wirkstoffen (Isoflavonen) der Sojabohne beeinflusst werden. Sie stellten fest, dass ein nur minimal verarbeitetes Sojamehl Brustkrebs unterdrückt, während isolierte Isoflavone jene Gene stimulieren, die das Tumorwachstum beschleunigen.
Mäuse erhielten dazu eine Diät aus Sojamehl mit der natürlicherweise im Mehl enthaltenen Isoflavonmischung, eine andere Mäusegruppe erhielt einen Mix aus isolierten Isoflavonen (ohne Sojamehl). Jede Diät enthielt eine Genisteinmenge, die man auch mit einer typischen asiatischen Kost zu sich nehmen würde.
Genistein ist das wichtigste Isoflavon in der Sojabohne und etliche Studien aus den letzten Jahren hatten in Bezug auf die Langzeitwirkung des Genisteins und seine Rolle in der Krebsentstehung Bedenken angemeldet. Die Forscher von Illinois gingen auf diese Bedenken ein, um die zwiespältige Situation zu klären.
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Der Unterschied: Sojaverzehr oder isolierte Isoflavone
Asiatische Frauen haben ein drei- bis fünfmal kleineres Risiko, Brustkrebs zu bekommen als Frauen, die sich nach westlichen Maßstäben ernähren. Das verminderte Brustkrebsrisiko wird von manchen Forschern mit dem in Asien üblichen Sojaverzehr erklärt.
Nun essen Asiatinnen aber Tofu und andere Sojaprodukte, während man Frauen im Westen häufig die aus der Sojabohne isolierten Isoflavone als Nahrungsergänzung anbietet.
Die Frage, die sich die Wissenschaftler nun stellten, war, ob die isolierten Isoflavone – die von den meisten westlichen Frauen erst mit Beginn der Wechseljahre eingenommen werden – dieselben gesundheitlichen Vorteile bringen können wie der lebenslange Tofu- und Sojaprodukteverzehr in Asien.
Es zeigte sich, dass vollwertige Sojaprodukte, wie z. B. Sojamehl oder Tofuprodukte verstärkt jene Gene aktivieren, die Tumoren unterdrücken. Gleichzeitig werden Gene unterdrückt, die das Tumorwachstum und die unkontrollierte Ausbreitung von Krebszellen fördern würden.
Soja stärkt Immunsystem, Isoflavone schwächen Immunsystem
"Besonders wichtig erschien uns die Tatsache, dass Sojamehl die gesamte Immunfunktion stärkte, was ebenfalls erklären könnte, warum es das Tumorwachstum nicht stimulierte", so die leitende Forscherin Yunxian Liu (angehende Doktorin in Humanernährung und Master für Statistik).
"Die isolierten Isoflavone aktivierten hingegen krebsfördernde Gene und schwächten sogar die Immunfunktionen des Organismus und so auch seine Fähigkeiten, Krebszellen aufzuspüren und zu zerstören."
Liu stellte ferner fest, dass die isolierten Isoflavone zwei Gene förderten, die bei Frauen mit Brustkrebs zu einer kürzeren Überlebensrate führten (2). Gleichzeitig wurde ein anderes Gen unterdrückt, dass die Überlebensrate verlängern würde.
Bei Brustkrebs: Vollwertige Sojaprodukte – ja! Isoflavone als Nahrungsergänzung – nein!
Lius Erkenntnisse unterstützen damit die Hypothese namens Soy Matrix Effect, derzufolge die krebsschützende Wirkung von Soja nur aus dem vollständigen Lebensmittel stammt. Es sind also keineswegs die Isoflavone, sondern die Kombination aller in der Sojabohne enthaltenen bioaktiven Substanzen, die in ihrer Gesamtheit gesundheitliche Vorteile mit sich bringen.
Interessant war zudem, dass beide Gruppen dieselbe Genisteinmenge zu sich nahmen. Einmal isoliert und das andere Mal im Rahmen des vollwertigen Lebensmittels – und während die Stoffe in isolierter Form schädlich waren, konnten dieselben Stoffe im Verbund mit all den anderen Stoffen aus der Sojabohne sehr positiv wirken.
Frauen mit Brustkrebs sollten daher keinesfalls Nahrungsergänzungsmittel mit isolierten Isoflavonen aus der Sojabohne einnehmen, sondern einfach Sojaprodukte, wie z. B. Tofu, Tempeh oder Sojamehl in einen gesunden und vitalstoffreichen Speiseplan aus viel Obst, Hülsenfrüchten, Gemüse und Vollkorngetreide einbauen.
Update 6.4.2025
In einer Übersichtsarbeit von 2019 hieß es:
"Während der zehnjährigen Nachbeobachtung erkrankten 2289 Frauen an Brustkrebs (von mehr als 300.000 Frauen). [...] Jede Erhöhung der Soja-Isoflavon-Zufuhr um 10 mg/Tag war mit einer Verringerung des Brustkrebsrisikos um 3 % verbunden. [...]. Eine höhere Sojazufuhr könnte einen angemessenen Nutzen für die Brustkrebsprävention bieten." (3)
In einer Meta-Analyse von 2022 lautete die Schlussfolgerung:
"Die Daten wiesen auf eine klare inverse Korrelation zwischen der Menge der konsumierten Isoflavone und dem Brustkrebsrisiko bei Frauen vor und nach der Menopause hin. Der Konsum von Soja-Isoflavonen kann das Brustkrebsrisiko bei Frauen vor und nach der Menopause senken." (4)
Im März 2025 erschien eine Studie, in der man bei 432 Brustkrebsüberlebenden (Durchschnittsalter 52 Jahre) den Zusammenhang zwischen Sojakonsum (bzw. Isoflavonen) und Entzündungsmarkern untersuchte. Es zeigte sich: Je höher der Sojakonsum, umso niedriger die Entzündungswerte (5).
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