Zentrum der Gesundheit
  • Soja keine entzündungen
19 min

Faktencheck: Verursacht Soja Entzündungen?

Soja soll im Körper Entzündungen fördern, heisst es immer wieder. Wir schauen uns an, ob Sojaprodukte tatsächlich entzündungsfördernd wirken und deshalb bei chronisch entzündlichen Erkrankungen gemieden werden sollten oder ob nicht vielleicht das Gegenteil der Fall ist.

Fachärztliche Prüfung: Gert Dorschner
Stand: 07 November 2024

Kostenlosen Newsletter abonnieren

Mit Ihrer Anmeldung erlauben Sie die regelmässige Zusendung des Newsletters und akzeptieren die Bestimmungen zum Datenschutz.

Soja soll Entzündungen fördern

Sojaprodukte wie Tofu, Tempeh, Edamame, Sojadrink und Sojajoghurt sind sehr vielseitig und können eine gesunde pflanzenbasierte Ernährung sehr gut ergänzen. Nicht jeder teilt diese Meinung. Und so liest und hört man immer wieder: „Soja fördert Entzündungen“ ( z. B. 1 ).

Meist werden gleich mehrere Gründe für das vermeintliche entzündungsfördernde Potential von Sojaprodukten genannt. Wir gehen auf jeden dieser Gründe nachfolgend ein. Die einzelnen Behauptungen lesen Sie in den vier Hauptüberschriften (1. bis 4.) in Anführungszeichen. Im Text darunter gehen wir auf diese Behauptungen ein:

Soja ist entzündungsfördernd wegen der enthaltenen Lektine

Soja würde Lektine enthalten, die die Darmwände angreifen, dann in den Blutkreislauf gelangen und dort zu vielfältigen Entzündungen führen, schreiben Soja-Kritiker. Als Quelle wird auf einer Paleo-Seite (1) ein kurzer Artikel im Blog von Dr. Feil genannt ( 4 ). Darin wird jedoch an keiner einzigen Stelle Soja erwähnt. Denn es geht dort ausschliesslich um Weizen und um das weizenspezifische Lektin (WGA, Wheat Germ Agglutinin), das als aggressiv und hitzeresistent gilt.

Die rohe und unverarbeitete Sojabohne enthält in der Tat Lektine. Sie würden dem Darm auch tatsächlich schaden, wenn man diese Sojabohne frisch vom Feld essen würde. Niemand aber isst rohe und unverarbeitete Sojabohnen.

Soja-Lektine werden beim Kochen abgebaut

Im Gegensatz zum Weizen-Lektin ist das Soja-Lektin nicht hitzeresistent. Es wird bei der Verarbeitung zu Tofu, Sojadrink etc. inaktiviert. Das Einweichen und anschliessende Erhitzen auf 100 Grad Celsius – was bei der Herstellung von Sojaprodukten üblich ist – kann die Lektine vollständig entfernen, übrigens nicht nur in Sojabohnen, sondern auch in anderen Hülsenfrüchten (z. B. Kidneybohnen und Lupinen) ( 16 ) ( 17 ).

Schon seit 1983 weiss man aus Untersuchungen überdies, dass es schon ausreicht, wenn man die Bohnen so lange kocht, bis sie weich genug sind, dass man sie essen kann. Diese Kochzeit sei mehr als ausreichend, um die Lektinaktivität komplett zu neutralisieren, schrieben die Forscher in der damaligen Studie ( 18 ).

In zwei weiteren Untersuchungen von 1989 und 2018 stellte man dasselbe fest, nämlich dass das Einweichen und Kochen von Sojabohnen mehr als 99,6 Prozent der vorhandenen Lektine zerstört ( 19, 20).

Soja-Lektine und die Fermentation

Im o. g. Anti-Soja-Artikel (4) wird ausserdem behauptet, Asiaten hätten deshalb mit Soja keine Probleme, da sie weniger Soja essen würden, „als man meinen mag“ und weil sie „das meiste Soja fermentiert“ essen würden. Bei der Fermentation würde ein Grossteil der Lektine und Phytate entfernt werden.

Auch über Fermentation können Lektine abgebaut werden. Das stimmt. Die Aussage jedoch, fermentierte Sojaprodukte seien besser, weil sie im Gegensatz zu nicht-fermentierten Sojaprodukten weniger Lektine enthalten, ist – wie wir eben dargelegt haben – falsch.

Soja-Phytate sind kein Problem

Dass auch Phytate ( Phytinsäure ) in Sojaprodukten kein Problem darstellen, haben wir schon in unserem umfassenden Hauptartikel zu Soja in Punkt 12 erklärt. Bitte lesen Sie dort nach. Dort finden Sie auch konkrete Mengenangaben, wie viele Sojaprodukte durchschnittlich in Asien verzehrt werden (wobei natürlich immer berücksichtigt werden muss, dass es DEN Asiaten und den einen asientypischen Sojaverzehr nicht gibt. Asien ist riesig und umfasst viele unterschiedliche Länder und Bevölkerungsgruppen mit unterschiedlichen Ernährungsgewohnheiten!).

Soja ist entzündungsfördernd wegen seiner Fettsäuren

Der nächste Grund für eine angebliche entzündungsfördernde Wirkung von Sojaprodukten soll die Fettsäurezusammensetzung in Sojaprodukten sein. Ja, Soja würde durch seine Fettsäurezusammensetzung sogar „direkt entzündungsfördernd“ wirken, erklären Soja-Kritiker. Denn das Fett in Soja bestehe „zu 95 Prozent aus entzündungsfördernden Omega-6-Fettsäuren“, was das sensible Gleichgewicht mit den entzündungshemmenden Omega-3-Fettsäuren störe.

Omega-6-Fettsäuren sind nicht zwangsläufig schlecht!

An dieser Stelle möchten wir sogleich darauf hinweisen, dass die Omega-6-Fettsäure, um die es hier geht – die Linolsäure – eine essentielle Fettsäure ist. Das bedeutet, sie kann vom Körper nicht selbst hergestellt werden, muss daher mit der Nahrung zugeführt werden und ist für viele Prozesse im Körper zwingend nötig (z. B. als Bestandteile der Zellmembranen).

Die Linolsäure bzw. die Omega-6-Fettsäuren sind also nicht per se schlecht und auch nicht automatisch entzündungsfördernd. Ja, es liegen sogar Studien vor, die zeigen, dass ein hoher Verzehr an Linolsäure sehr gesundheitsfördernd sein kann ( 37 ).

Andererseits liegen erste Hinweise vor, die zeigen, dass es offenbar auf die Gene ankommt, ob man bei übermässigem Linolsäureverzehr nun mit verstärkten Entzündungsprozessen reagiert oder nicht ( 38 ).

Die intelligente Lösung lautet: Nicht zu viele Omega-6-Fettsäuren zu sich nehmen und gleichzeitig auf eine gute Omega-3-Versorgung achten – und genau dabei können Sojaprodukte helfen, wie sie gleich feststellen werden.

Nur 53 Prozent Omega-6-Fettsäuren

Schauen wir uns nun die Fettsäurezusammensetzung des Sojafetts/Sojaöls an. Tofu (100 g) enthält laut unserer Quelle 8,7 g Fett (was natürlich je nach Hersteller und Tofuart schwanken kann). Das Fettsäuremuster sieht dabei folgendermassen aus ( 2 ):

  1. 1,25 g gesättigte Fettsäuren
  2. 1,6 g einfach ungesättigte Fettsäuren
  3. 4,6 g Omega-6-Fettsäuren
  4. 0,63 g Omega-3-Fettsäuren
  5. (die fehlenden ca. 0,6 g sind Glycerin und Lipoide (fettähnliche Stoffe))

Das bedeutet, dass das Fett im Tofu nicht zu 95 Prozent aus Omega-6-Fettsäuren besteht, sondern zu lediglich 53 Prozent. Dasselbe gilt natürlich für das reine Sojaöl ( 3 ).

Enthalten Sojaprodukte zu viele Omega-6-Fettsäuren?

Als Quelle für die entzündungsfördernde Wirkung von Sojaprodukten aufgrund ihrer Fettsäurezusammensetzung nennen die Soja-Kritiker auf der genannten Paleo-Seite (1) eine Studie von 2006, in der es aber nicht um Sojaprodukte geht, auch nicht um Sojaöl. Es handelt sich hingegen um eine Studie, in der man ganz allgemein vor einem Überschuss an Omega-6-Fettsäuren warnte (auch vor der Arachidonsäure, einer Omega-6-Fettsäure, die in tierischen Fetten enthalten ist) und empfahl, ein niedrigeres Omega-6-Omega-3-Verhältnis in der Ernährung anzustreben ( 5 ).

Selbst Professor Dr. Stephan C. Bischoff, Direktor des Instituts für Ernährungsmedizin an der Universität Hohenheim schreibt auf Eatsmarter erstaunlicherweise, man müsse aufgrund des hohen Omega-6-Gehalts in Sojaprodukten für einen Ausgleich durch Omega-3-Fettsäuren sorgen ( 23 ).

In der von ihm als Quelle genannten Metaanalyse steht jedoch etwas anderes ( 29 ). Darin geht es um die typische US-amerikanische Ernährung, die u. a. durch den reichlichen Verzehr von Maiskeimöl sehr Omega-6-lastig ist. Daher hat man in verschiedenen Studien den Omega-3-Anteil erhöht und geschaut, wie sich diese Veränderung auf das Herz-Kreislauf-Risiko auswirkt.

Wissen Sie, wie man in einigen dieser Studien den Omega-3-Anteil in der Ernährung erhöhte? In manchen kam Lebertran zum Einsatz. In anderen aber gab man den Leuten ab sofort Sojaöl statt ihrem üblichen Maiskeimöl.

Sojaöl hat ein gutes Omega-6-Omega-3-Verhältnis

Wie Sie aus obiger Fettsäurenzusammensetzung selbst errechnen können, hat Sojaöl/Sojafett ein Omega-6-Omega-3-Verhältnis von etwa 7 : 1. Das ist fast so gut wie das Verhältnis im Walnussöl (4 : 1) oder im Hanföl (5 : 1), die beide gerade WEGEN ihrer guten Fettsäurezusammensetzung als empfehlenswerte Öle gelten.

Zur Info: Maiskeimöl hat ein Verhältnis von 83 : 1 ( 30 ), Sonnenblumenöl eines von 278 : 1. Sojaöl trägt also sogar noch zu einem deutlich besseren Fettsäurenverhältnis bei als viele andere üblicherweise verwendete Öle.

Was halten Sie eigentlich von Kürbiskernen und Kürbiskernöl? Beides kann bei gutartiger Prostatavergrösserung helfen, bei Reizblase und Haarausfall und sogar das Brustkrebsrisiko reduzieren. Beides gilt als sehr gesund und erhält kaum schlechte Kritiken. Doch das Öl der Kürbiskerne enthält fast überhaupt keine Omega-3-Fettsäuren und das Omega-6-Omega-3-Verhältnis liegt bei 102 : 1 ( 39 ), ist also noch schlechter als das von Maiskeimöl. Fazit: Reduziere ein Lebensmittel nie auf nur einen einzelnen Aspekt! Betrachte es immer ganzheitlich!

Vergleich: Omega 6 in Soja und in tierischen Lebensmitteln

Oben erwähnen wir die Arachidonsäure, eine Omega-6-Fettsäure, die ausschliesslich in tierischen Produkten vorkommt. Während nun aber pflanzliche Lebensmittel keine Arachidonsäure enthalten (sondern nur Linolsäure), enthalten tierische Lebensmittel zusätzlich zur Arachidonsäure auch noch Linolsäure.

Um einen Überblick zum Arachidonsäure- und Linolsäuregehalt (pro Portion) zu bekommen, haben wir Ihnen hier eine Auswahl an Lebensmitteln zusammengestellt:

  1. 245 mg in 50 g Schweineleber (und 230 mg Linolsäure sowie 150 mg Omega 3)
  2. 230 mg in 100 g Brathuhn (und 2.050 mg Linolsäure sowie 241 mg Omega 3)
  3. 170 mg in 1 EL Schweineschmalz
  4. 120 mg in 50 g Thunfisch
  5. 115 mg in 50 g Leberwurst
  6. 55 mg in einem Ei (ca. 60 g)
  7. 30 mg in 125 g Schweineschnitzel mager (und 177 mg Linolsäure und 25 mg Omega 3)
  8. 14 mg in 50 g Emmentaler (45 % Fett)
  9. 8 mg in 200 g Joghurt (3,5 % Fett)

Pflanzliche Lebensmittel enthalten keine Arachidonsäure. Hier zum Vergleich der Linolsäure-Gehalt in Sojaöl und Tofu:

  1. 5 mg in 1 EL (10 ml) Sojaöl (und 0,7 mg Omega 3)
  2. 9,2 mg in 200 g Tofu (und 1,26 mg Omega 3)

Der Omega-6-Gehalt von Tofu befindet sich – wie Sie in obiger Liste sehen – im Rahmen, ja sogar am unteren Ende der Liste. Tierische Produkte enthalten also bedeutend mehr Omega-6-Fettsäuren – natürlich abhängig von ihrem Fettgehalt. Aufgrund eines jedoch recht hohen Omega-3-Gehaltes ist das Omega-6-Omega-3-Verhältnis dennoch nicht viel schlechter als das von Sojaprodukten. Es liegt bei etwa 8 : 1 bis 9 : 1.

Beachtet werden muss aber, dass es die Arachidonsäure ist, die direkt entzündungsfördernd wirken kann. Die Linolsäure wirkt selbst nicht entzündungsfördernd. Sie gilt lediglich als Vorläuferstoff, aus dem der menschliche Körper in mehreren Schritten die Arachidonsäure herstellen kann ( 28 ).

Linolsäure ist viel besser als gedacht

Nun könnte man denken, je mehr Linolsäure gegessen wird, umso mehr Arachidonsäure wird gebildet und umso mehr Entzündungsprozesse entstehen. Dem ist aber nicht so. Selbst wenn man seinen Linolsäureverzehr um 90 Prozent reduziert, ändern sich die Arachidonwerte im Blut nicht. Umgekehrt verhält es sich genauso: Wenn man seinen Linolsäureverzehr um das Sechsfache erhöht, ändert sich der Arachidonspiegel nicht ( 31 ).

Linolsäure allein aber erhöht die Entzündungsmarker nicht – wie eine Auswertung mehrerer Studien zu diesem Thema aus dem Jahr 2012 ergab ( 40 ).

Fazit: Linolsäure ist somit nicht annähernd so schlecht, wie häufig behauptet wird. Allerdings enthalten Sojaprodukte sowieso nur sehr wenig Linolsäure, so dass dieser Aspekt im Grunde im Zusammenhang mit Soja gar nicht diskutiert werden müsste.

Soja ist entzündungsfördernd, weil Transfette enthalten sind

Das nächste Argument der Soja-Kritiker ist, dass Sojaprodukte stets hitzebehandelt seien und ausserdem arm an Antioxidantien (wie z. B. Vitamin E). Die Fette in den Sojaprodukten würden durch die Hitze und die gleichzeitige Antioxidantienarmut oxidieren, so dass freie Radikale und sogar Transfette entstünden (4).

Als Beleg wird eine Studie von 2005 angegeben ( 6 ), in der es um Transfette und das dadurch erhöhte Herz-Kreislauf-Risiko geht. In der gesamten Studie geht es an keiner Stelle um Sojaprodukte wie Tofu, Tempeh, Sojamilch, Sojajoghurt etc. Die Teilnehmer der Studie wurden vielmehr nach den Fetten und Ölen befragt, die sie zum Backen und Braten verwenden und welche Margarinen sie nutzen.

Tofu enthält 0 Prozent Transfettsäuren

Tofu wird bei der Herstellung auf bis zu 10 Minuten bei 100 bis 110 Grad Celsius erhitzt. Transfettsäuren können dabei nicht entstehen. Daher hat Tofu auch 0 Prozent Transfettsäuren (21). Man müsste die Sojabohne durch den Extruder lassen, damit u. U. Transfettsäuren entstehen könnten ( 34 ). In Studie (34) geht es um Sojaflocken. Doch selbst diese werden in hochwertiger Qualität heute nicht mehr im Extruder hergestellt, sondern gewalzt.

Auch sind gerade extrudierte Sojaprodukte (Sojagranulat, Sojaschnetzel) extrem fettarm. Da überdies – genau wie bei der Margarineherstellung – heutzutage sorgfältig auf den Transfettgehalt geachtet wird, dürften auch extrudierte Sojaprodukte hier kein Problem mehr darstellen, was wir aber noch gründlicher überprüfen werden.

Soja enthält reichlich Antioxidantien

Was den Vorwurf der Antioxidantien- bzw. Vitamin-E-Armut betrifft, so enthält Tofu mit 0,6 mg Vitamin E (pro 100 g) bei einem Tagesbedarf von 13 mg tatsächlich nicht übermässig viel davon. Ein mageres Schweineschnitzel enthält mit 0,4 mg aber auch nicht sehr viel Vitamin E.

Da man im Bereich Paleo-Ernährung gerne auf Wild setzt, schauten wir nach Hirschbraten (mittelfett), der aber noch weniger Vitamin E enthält (0,13 mg). Auch Wildschweinkeule ist mit 0,2 mg nicht gerade ein guter Vitamin-E-Lieferant. Da müssen es schon Innereien sein, die in Form von Rinderleber mit knapp 0,7 mg Vitamin E minimal mehr enthalten als Tofu.

Doch kann Vitamin E einerseits über andere Lebensmittel verzehrt werden und ist andererseits nicht das einzige existierende Antioxidans. Denn gerade die sekundären Pflanzenstoffe – die äusserst zahlreich in der Sojabohne und Sojaprodukten enthalten sind – sind sehr leistungsfähige Antioxidantien. Lediglich das antioxidative Potential von Sojaöl ist nicht gut, doch geht es hier ja nicht um Sojaöl ( 35 ).

Fleisch enthält kaum Antioxidantien

Fleisch enthält im Vergleich zu Sojaprodukten sehr wenige Antioxidantien bzw. nur jene, die deshalb noch im Fleisch vorhanden sind, weil das jeweilige Tier antioxidantienreiche Pflanzenkost zu sich nahm. Im Grossen und Ganzen aber überwiegt insbesondere bei üppigem Fleischverzehr der oxidative Stress, den das Fleisch im Körper des Konsumenten verursacht.

Gemindert wird der oxidative Stress allenfalls durch die Gewürze und Kräuter, mit denen das Fleisch zubereitet wird und natürlich durch das Gemüse und die Salate, die dazu gegessen werden, falls sie dazu gegessen werden ( 36 ). Warum sollte man dann aber nicht gleich zu all dem guten Gemüse und den Salaten etwas essen, das gar nicht erst so viel oxidativen Stress verursacht – wie z. B. Tofu?

Soja schadet durch Entzündungen der Leber

Als weiterer Beleg für das angeblich entzündungsfördernde Potential von Sojaprodukten wird eine Mäusestudie angeführt, in der die Tiere entweder Futter mit Kokosöl, mit Sojaöl oder mit Fructose erhalten hatten. „Die Leber der Sojaöl-Gruppe war regelrecht zerfressen durch die Entzündungen“, schreiben die Soja-Kritiker ( 7 ).

Nun erhielten die Tiere in der Sojaöl-Gruppe aber 40 Prozent ihres täglichen Energiebedarfs in Form von Sojaöl. Das wären bei einem Menschen mit einem Energiebedarf von 2000 kcal pro Tag 800 kcal in Form von Sojaöl, was knapp 100 ml Sojaöl pro Tag entsprechen würde.

Abgesehen davon, dass in den USA fast nur gentechnisch veränderte Sojabohnen zum Einsatz kommen und so auch das verwendete Öl ein GMO-Sojaöl gewesen sein könnte, kann man die Auswirkungen einer derart grossen Menge eines isolierten Sojaöls natürlich nicht mit der Auswirkung von Tofu, Tempeh, Sojamilch oder einem anderen Lebensmittel vergleichen.

Je höher der Sojaverzehr, umso seltener eine Fettleber

Untersucht man nämlich den Einfluss der genannten Sojaprodukte auf die Lebergesundheit, dann zeigt sich sogar – so eine Studie von 2020 – dass sich bei Leuten mit höherem Sojaprodukteverzehr seltener eine Fettleber entwickelte. Schon Tierstudien hätten gezeigt, dass das Sojaprotein und die Sojaisoflavone die antioxidative Kapazität erhöhten und die Insulinresistenz verbesserten, was dann wieder eine Fettleber besserte bzw. gar nicht erst entstehen lässt – so die Erklärung der entsprechenden Wissenschaftler ( 23 ).

Sojamilch bessert Leberwert und senkt Entzündungswert

2019 erschien eine klinische Studie, in der 70 Patienten, die bereits an einer nicht-alkoholischen Fettleber litten, kalorienreduziert essen sollten. Zusätzlich trank die Hälfte täglich 240 ml Sojamilch. Die andere Hälfte nahm keine Sojamilch zu sich, hielt nur die Diät ein.

Nach 8 Wochen hatten sich die Leberwerte (ALT) in der Sojagruppe im Vergleich zur sojafreien Gruppe um mehr als Doppelte verbessert. Auch der Entzündungswert (hs-CRP) sank in der Sojagruppe um 1,32 mg/l, in der sojafreien Gruppe nur um 0,36 mg/l ( 24 ).

Der hs-CRP ist ein sehr hilfreicher Wert, der auch auf den Zustand der Blutgefäße und z. B. das Herzinfarktrisiko schließen lässt. Liegen jedoch akute Infekte vor oder eine Schwangerschaft, kann er auch verfälscht werden.

* Ihren hs-CRP-Wert können Sie mit diesem Heimtest bestimmen.

Soja bessert Insulinresistenz und Fettleber

In einer Meta-Analyse vom Juni 2021 hatte man fünf randomisierte kontrollierte Studien zum Thema Einfluss vonSoja auf eine Fettleber ausgewertet und zusammenfassend festgestellt, dass eine sojahaltige Ernährung zur Linderung einer Fettleber bzw. zur Besserung der häufig zu einer Fettleber führenden Insulinresistenz beiträgt ( 33 ).

Vielleicht liegt dieser positive Einfluss von Sojaprodukten auf die Leber u. a. am β-Conglycinin. Dabei handelt es sich um ein Sojaprotein, das auch bei fett- und fructosereicher Ernährung die Bildung einer Fettleber hemmen und deren Rückbildung fördern kann, sogar dann, wenn es eine alkoholische Fettleber ist ( 32 ).

Da Sojaöl dieses Protein nicht mehr enthält, zeigt dieser Aspekt erneut, dass Sojaöl und seine Eigenschaften nicht mit den Eigenschaften von Tofu, Tempeh, Sojamilch etc. verglichen werden können.

Soja reduziert das Leberkrebsrisiko

Selbst in Sachen Leberkrebs ist Soja völlig unbedenklich. In einer Studie von 2020 konnte man entweder keine Auswirkung von Sojaprodukteverzehr auf das Leberkrebsrisiko erkennen oder aber sogar eine gewisse schützende Wirkung. Bei Frauen war es gebratener Tofu, der mit einem etwas geringeren Leberkrebsrisiko korrelierte, bei Männern war es Miso ( 22 ).

Positive Wirkung bei chronisch entzündlichen Krankheiten

Wenn Sojaprodukte eine entzündungsfördernde Wirkung hätten, müssten sie chronisch entzündliche Erkrankungen verschlimmern und dürften bei diesen Erkrankungen keinesfalls verzehrt werden. Also haben wir nach Studien gesucht, in denen die Wirkung von Sojaprodukten direkt auf chronisch entzündliche Erkrankungen untersucht wurde. Nachfolgend finden Sie eine kleine Auswahl.

In fast allen Studien entdeckte man, dass sich Sojaprodukte sehr vorteilhaft auf Entzündungen auswirkten. Wir konnten zwar auch Studien finden, die keine Veränderung der Entzündungsmarker durch den Verzehr von Sojaprodukten zeigten. Wir konnten aber keine Studie dafür finden, die gezeigt hätte, dass sich ein normaler Sojaprodukteverzehr bei entzündlichen Erkrankungen negativ ausgewirkt hätte.

Es liegen allenfalls Studien mit z. B. Zebrafischen vor, denen man Sojabohnen fütterte und die dann entzündliche Darmprobleme entwickelten ( 26 ). Das liegt natürlich daran, dass unverarbeitete Sojabohnen – wie oben erklärt – tatsächlich nicht verzehrt werden sollten und Zebrafische überdies normalerweise von Plankton und Insekten leben ( 27 ), also höchstwahrscheinlich gar nicht das Verdauungssystem für eine Bohne haben. Studien dieser Art aber lassen sich nicht auf Menschen übertragen, die regelmässig Tofu und Co. essen.

Soja bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen

In einer Übersichtsarbeit aus dem Jahr 2020 wertete man zahlreiche bisherige Studien zum Thema Isoflavone bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen aus. Isoflavone sind die aus der Sojabohne stammenden sekundären Pflanzenstoffe. Isoflavone seien in moderater Menge bei Patienten mit Colitis ulcerosa hilfreich (in Remission), lindern Bauchschmerzen und verringern die Schleimbildung im Stuhl. Sie wirken überdies vorbeugend in Bezug auf Morbus Crohn. Auch wurden in der Arbeit verschiedene entzündungshemmende Wirkmechanismen der Isoflavone erläutert.

So würden sie beispielsweise die Darmflora positiv beeinflussen, so dass sich verstärkt jene Bakterienstämme bildeten, die entzündungshemmend wirkten (z. B. Lactobacillus rhamnosus). Auch würden die Isoflavone die Bildung kurzkettiger Fettsäuren im Darm fördern, was zur Heilung der Darmschleimhaut beiträgt – und sie würden konkret die Darmbarriere stärken, also einem Leaky Gut vorbeugen ( 8 ).

Natürlich raten wir nicht zur Einnahme isolierter Isoflavone. Da Isoflavone aber natürlicherweise in Sojaprodukten enthalten sind, können sie auch über den Verzehr von Sojaprodukten entsprechend vorteilhaft wirken – und zwar zumeist ohne die möglichen negativen Auswirkungen, die eine hochkonzentrierte Einnahme isolierter und hochdosierter Isoflavonkapseln mit sich bringen könnte.

Soja bei Morbus Crohn

Im März 2021 las man im Journal of Nutrition von einer Studie mit Mäusen. Thema war das immer häufigere Auftreten chronisch entzündlicher Darmerkrankungen ( wie Morbus Crohn ) beim Menschen und die Frage, ob vielleicht die typisch westliche/amerikanische Ernährung an dieser Entwicklung beteiligt sein könnte.

Man teilte die Mäuse in 5 Gruppen auf und gab jeder Gruppe eine andere „Diät“. Es zeigte sich, dass es jener Gruppe letztendlich am besten ging, die statt tierischer Proteine eine Mischung aus Soja- und Erbsen-Protein erhalten hatte. Ihre Darmschleimhaut zeigte einen besseren Befund, ihre Darmflora war gesünder und die Konzentrationen der kurzkettigen Fettsäuren waren höher ( 9 ).

Soja bei Diabetes Typ 2

Auch Diabetes Typ 2 geht mit entzündlichen Prozessen einher, weshalb wir schauten, wie sich der Konsum von Sojaprodukten auf einen Typ-2-Diabetes auswirken könnte. Im März 2020 stand im American Journal of Clinical Nutrition, dass das Diabetes-Typ-2-Risiko umso geringer war, je mehr Tofu, Sojaprotein und Sojaisoflavone gegessen wurden. Zwar seien noch weitere Studien erforderlich, bevor man hier endgültige Schlüsse ziehen könne, hiess es in der Studie. Doch konnte ja immerhin eine Tendenz aufgezeigt werden, die eindeutig zumindest keine schädlichen Einflüsse befürchten lässt ( 10 ).

In einer anderen Diabetikerstudie hatten die Teilnehmer noch zusätzlich bereits diabetesbedingte Nierenschäden. Zwar besserte sich durch Sojaverzehr hier der D-Dimer-Spiegel (was auf eine Verringerung des Thromboserisikos hinweist), die Entzündungsmarker veränderten sich jedoch nicht ( 12 ) (sie wurden also auch nicht schlechter, sondern blieben unbeeinflusst).

Soja bei Rheuma

Eine weitere eindeutig sehr stark entzündliche Erkrankung ist die rheumatoide Arthritis (auch einfach Rheuma genannt), bei der sich die Gelenke schmerzhaft entzünden. Im Jahr 2015 erschien eine Studie, in der man untersuchte, inwiefern sich Sojamilch im Vergleich zu Kuhmilch auf die Entzündungsmarker (CRP und TNF-α) von betroffenen Frauen auswirkte. Nach 4 Wochen waren bei den Sojamilch trinkenden Frauen beide Werte deutlich gesunken. Genauso der Wert für oxidativen Stress. Bei den Kuhmilchtrinkerinnen waren alle drei Werte gestiegen ( 11 ).

Soja reduziert Entzündungswerte

In einer Studie von 2012 untersuchte man, wie sich der Verzehr von Sojaprodukten auf manche Entzündungswerte bei chinesischen Frauen auswirkte. Man beobachtete umso niedrigere Entzündungswerte (IL-6 und TNF-α), je mehr Sojaprodukte verzehrt wurden.

Unter „Sojaprodukte“ fasste man Sojamilch, Tofu, frittierten Tofu, getrockneten Tofu, frische grüne Sojabohnen, getrocknete Sojabohnen, Sojasprossen und andere Sojaprodukte zusammen ( 13 ). Es handelte sich also nicht um ausschliesslich fermentierte Sojaprodukte, wie häufig im Zusammenhang mit dem Sojaverzehr in Asien behauptet wird.

In einer Studie von 2018 zeigte sich, dass Männer, die häufig Miso und Sojasauce verzehrten, auch geringere Entzündungswerte hatten ( 14 ).

In einer Metaanalyse von 2020 wertete man 28 klinische Studien zum Thema Sojaverzehr und Entzündungsmarker aus – mit dem Ergebnis, dass Sojakonsum den TNF-α-Wert bei Teilnehmern reduzieren konnte, die bereits an einer entzündlichen Erkrankung litten (es mussten aber mindestens 100 mg Isoflavone pro Tag sein). Auf andere Entzündungswerte hatte der Sojaverzehr laut dieser Analyse aber keine Auswirkung (auf die IL-6-, IL-2-, IL-1β- und IFN-γ-Werte), also auch keine negative Auswirkung ( 15 ).

Fazit: Soja wirkt NICHT entzündungsfördernd

Das Fazit lautet also, dass Soja nicht entzündungsfördernd wirkt, nicht einmal ansatzweise, sondern im Gegenteil sogar entzündungshemmende Eigenschaften hat und daher sehr gut in eine gesunde pflanzenbasierte Ernährung integriert werden kann – ganz gleich, ob Sie einfach nur gesund bleiben möchten oder ob Sie bereits an einer Krankheit leiden und sich bald wieder besser fühlen möchten.

Viele köstliche Rezepte mit Tofu und Tempeh und vielen anderen Sojaprodukten finden Sie in unserer Rezepte-Rubrik. In unserem ZDG-Kochstudio bei Youtube können Sie unseren immer gut gelaunten Köchen auch direkt beim veganen Kochen über die Schulter schauen. Sie sind herzlich willkommen!

🌟 Bewerten Sie unsere Arbeit 🌟

Auf unserem Portal Zentrum der Gesundheit haben wir mittlerweile mehr als 2700 Artikel zu zahlreichen Themen rund um Gesundheit, Ernährung und Naturheilkunde veröffentlicht. Wenn Sie Zeit und Lust haben, freuen wir uns über Ihre Bewertung unseres Portals bei Trustpilot.

Wichtiger Hinweis

Dieser Artikel wurde auf Grundlage (zur Zeit der Veröffentlichung) aktueller Studien verfasst und von MedizinerInnen geprüft, darf aber nicht zur Selbstdiagnose oder Selbstbehandlung genutzt werden, ersetzt also nicht den Besuch bei Ihrem Arzt. Besprechen Sie daher jede Massnahme (ob aus diesem oder einem anderen unserer Artikel) immer zuerst mit Ihrem Arzt.