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  • Frau mit Depressionen
5 min

Prolin kann Depressionen verursachen

Immer mehr Menschen leiden unter Depressionen. Die Ursachen sind sehr vielfältig und werden bislang hauptsächlich mit Antidepressiva und Psychotherapie behandelt. Studienergebnisse zeigen, wie auch die Darmflora gemeinsam mit einer prolinreichen Ernährung die Entstehung von Depressionen fördern kann.

Stand: 06 Oktober 2024

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Kann Prolin Depressionen begünstigen?

Weltweit leiden über 300 Millionen Menschen an Depressionen und die grundlegenden Mechanismen sind schwer zu erforschen. Bisherige Behandlungsmöglichkeiten zeigen nur bei 50 Prozent der Patienten Wirkung – und von diesen 50 Prozent erleiden 40 Prozent nach erfolgter Therapie einen Rückfall. Neue Behandlungsansätze sind daher dringend nötig.

Eine Studie des Girona Biomedical Research Institute (IDIBGI) und der Universitat Pompeu Fabra (UPF) in Barcelona vom Mai 2022 ergab, dass die Aminosäure Prolin (gemeinsam mit der Darmflora) einen bedeutenden Einfluss auf die Entstehung von Depressionen haben kann (1) – ein Aspekt, der bei künftigen Therapien berücksichtigt werden könnte.

Darmflora entscheidet, ob Aminosäure zum Problem wird

Es zeigte sich, dass Patienten, die viel Prolin über ihre Ernährung zu sich nahmen, auch häufiger an Depressionen litten. Aber nicht jeder, der viel von der Aminosäure zu sich nahm, war depressiv. Offenbar kam es auf die Zusammensetzung der Darmflora an, ob eine prolinreiche Ernährung das Risiko für Depressionen erhöhte oder nicht.

Das Risiko für Depressionen stieg nämlich erst, wenn durch die prolinreiche Ernährung auch der Spiegel der Aminosäure im Blut stieg. Dieser wiederum war von der Zusammensetzung der Darmflora abhängig.

Bestimmte Darmflora macht gemeinsam mit Prolin depressiv

Um zu überprüfen, ob ein hoher Spiegel der Aminosäure im Blut tatsächlich die Ursache oder womöglich nur die Folge depressiver Stimmung war, wurde die Darmflora der Studienteilnehmer in Mäuse transplantiert.

Wenn die Tiere die Darmflora von Personen mit hohem Prolinspiegel bekamen, wurden sie depressiv, was darauf hinweist, dass die Aminosäure ursächlich mit Depressionen in Verbindung gebracht werden kann

– so Dr. Rafael Maldonado, Neuropharmakologe an der UPF und Studienleiter.

Da Fruchtfliegen ( Drosophila melanogaster) dem Menschen wider Erwarten in etlichen Belangen sehr ähnlich sind, werden sie u. a. in der Alzheimerforschung eingesetzt, aber auch in der Erforschung von Depressionen und ihren Ursachen. Die spanischen Wissenschaftler gaben den Fliegen nun (mit dem Futter) zwei bestimmte Bakterienstämme, die man zuvor der Darmflora von prolinreich essenden Menschen entnommen hatte.

Eine Fliegengruppe erhielt Milchsäurebakterien (Lactobacillus plantarum), die zu den nützlichen Darmbakterien zählen und auch bei Mäusen beispielsweise mit einem geringeren Risiko für Depressionen in Zusammenhang stehen. Diese Fliegen wurden keinesfalls depressiv und flogen weiterhin hochmotiviert ihren Obstsalat an.

Die Fliegen aber, die Enterobacter-Bakterien (E. cloacae) erhalten hatten, waren eindeutig depressiv (lustlos und ignorierten süsse Lebensmittel). Auch beim Menschen wird der genannte Enterobacterstamm mit Depressionen in Verbindung gebracht.

Darmflora von Depressiven bildet zu wenig GABA

Weitere Darmbakterien, die höchstwahrscheinlich den Prolinspiegel erhöhen und so zu Depressionen beitragen können, sind Parabacteriodes- und Prevotella-Bakterien. Die als nützlich geltenden Bifidobakterien sind hingegen bei Menschen mit einem hohen Spiegel der Aminosäure in der Minderheit.

Möglicherweise liegt es auch an der Fähigkeit der Bakterien, GABA zu bilden, ob sie nun depressiv oder antidepressiv wirken. E. cloacea kann eindeutig wenig GABA bilden, während L. plantarum reichlich GABA bildet.

GABA (Gamma-Aminobuttersäure) ist ein Neurotransmitter (Botenstoff), der viele wichtige Funktionen im Körper erfüllt, beispielsweise beruhigend auf das Nervensystem wirkt und dadurch Angst und Unruhe reduziert. Zu viel Prolin hingegen hemmt die Produktion von GABA. GABA muss dabei vom Darm nicht unbedingt ins Gehirn transportiert werden, zumal noch ungewiss ist, ob GABA die Blut-Hirn-Schranke passieren kann. Nichtsdestotrotz kann GABA im Darm über die sog. Darm-Hirn-Achse (über Nerven und Hormone) den GABA-Spiegel im Gehirn beeinflussen.

Gelangt die Aminosäure ins Gehirn, kann sie depressiv machen

Die Darmflora ist also entscheidend, ob aus einer prolinreichen Ernährung auch tatsächlich viel von der Aminosäure aufgenommen wird. Gelangt die Aminosäure nun ins Gehirn, kann sie dort depressive Zustände hervorrufen – so die These, die von weiteren Untersuchungen mit Fruchtfliegen bestätigt wurde. Denn wenn Fruchtfliegen, die gentechnisch so verändert wurden, dass die Aminosäure nicht ins Gehirn transportiert werden konnte, Prolin verspeisten, dann blieben sie gut gelaunt, waren also resistent gegen eine Depression.

„Unsere Ergebnisse zeigen die Bedeutung der Aminosäure und ihren Einfluss auf die depressive Stimmung beim Menschen – ein Faktor, der bisher noch nicht berücksichtigt wurde“, betont Dr. José Manuel Fernández-Real von der Forschungsgruppe Nutrition, Eumetabolism and Health am IDIBGI und gemeinsam mit Dr. Maldonado Leiter der Studie.

Welche Mengen sind schädlich?

Um eine passende Ernährung praktizieren zu können, muss man natürlich erst einmal wissen, welche Lebensmittel viel Prolin enthalten und welche eher wenig und man sollte wissen, welche Menge davon problematisch sein könnte und welche nicht. Denn die Aminosäure ist ja nicht automatisch schädlich, sondern hat im Organismus wichtige Funktionen inne. Lediglich ein Übermaß sollte vermieden werden.

Laut der WHO liegt die durchschnittliche tägliche Einnahme von Prolin bei 5,2 Gramm. Einnahmemengen die über diesem Wert liegen, wurden in obiger Studie als hohe Verzehrmenge bezeichnet und können demzufolge abhängig von der Zusammensetzung der Darmflora Depressionen begünstigen.

Welche Lebensmittel enthalten Prolin?

Im Folgenden finden Sie Auswahl an Lebensmitteln und ihren Prolingehalt pro 100 g (3):

  1. Emmentaler 3671 mg
  2. Camembert 2160 mg
  3. Weizenmehl (Type 1050) 1610 mg
  4. Erdnüsse 1455 mg
  5. Tofu 1150 mg
  6. Schweinefleisch 1070 mg
  7. Linsen 1039 mg
  8. Rindfleisch 936 mg
  9. Garnelen 870 mg
  10. Seelachs 710 mg
  11. Hühnerei 590 mg
  12. Butter 69 mg
  13. Bananen 40 mg
  14. Tomaten 16 mg
  15. Äpfel 10 mg

Vor allem Milchprodukte, Fleisch und Hülsenfrüchte enthalten somit große Mengen der Aminosäure. Wenig davon ist hingegen insbesondere in Obst und Gemüse enthalten, so dass eine pflanzenbasierte Ernährung – wie an anderer Stelle unserer Website schon häufig betont ( Ernährung bei Depressionen ) – auch bei Depressionen die ideale Ernährungsform darstellt.

Bei Depressionen: Prolinarm essen und Darmflora sanieren

Zur Prävention und Therapie von Depressionen könnten somit künftig zwei weitere Aspekte eingesetzt werden: Eine prolinarme Ernährung sowie Massnahmen, die für eine gesunde Darmflora sorgen.

Da Milchsäurebakterien ( Laktobakterien ) und Bifidobakterien laut der oben vorgestellten Erkenntnisse schützend zu wirken scheinen, könnten Probiotika, die meist aus Bakterien dieser beiden Gruppen bestehen (z. B. * Combi Flora), die Therapie bei Depressionen begleiten.

Depressionen entstehen zudem aufgrund vieler verschiedener Umstände, sodass neben der Ernährung immer auch weitere ganzheitliche Maßnahmen in Anspruch genommen werden sollten. In unserem Artikel Depression: Diese Maßnahmen können helfen finden Sie viele ganzheitliche Ansätze, Erklärungen und Tipps zu Depressionen.

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Wichtiger Hinweis

Dieser Artikel wurde auf Grundlage (zur Zeit der Veröffentlichung) aktueller Studien verfasst und von MedizinerInnen geprüft, darf aber nicht zur Selbstdiagnose oder Selbstbehandlung genutzt werden, ersetzt also nicht den Besuch bei Ihrem Arzt. Besprechen Sie daher jede Massnahme (ob aus diesem oder einem anderen unserer Artikel) immer zuerst mit Ihrem Arzt.