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  • Frau prüft die Inhaltsstoffe auf Magnesiumstearat
7 min

Ist Magnesiumstearat in Nahrungsergänzungen schädlich?

Magnesiumstearat ist in manchen Nahrungsergänzungsmitteln enthalten. Oft heisst es, es sei schädlich und man solle es dringend meiden, da es die Aufnahme der entsprechenden Vitalstoffe verhindere. Ist das tatsächlich so? Oder stellt Magnesiumstearat kein Problem dar?

Fachärztliche Prüfung: Gert Dorschner
Aktualisiert: 10 September 2023

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Magnesiumstearat: Darum soll es schädlich sein

Magnesiumstearat wird manchen Nahrungsergänzungsmitteln zugesetzt, nicht etwa als Magnesiumquelle, sondern als Zusatzstoff. Denn als Magnesiumquelle würde sich die Verbindung gar nicht erst eignen, da sie nur zu 4 Prozent aus Magnesium besteht, der Rest, also 96 Prozent, besteht aus der Fettsäure Stearinsäure.

Nun wird immer wieder behauptet, Magnesiumstearat sei aus unterschiedlichen Gründen schädlich, weshalb man keinesfalls Nahrungsergänzungen einnehmen soll, die diesen Stoff enthalten. Die Vorwürfe lauten im Einzelnen folgendermassen:

  1. Magnesiumstearat schade dem Immunsystem.
  2. Magnesiumstearat verhindere, dass die Wirkstoffe der entsprechenden Nahrungsergänzungsmittel im Darm überhaupt aufgenommen werden können.
  3. Magnesiumstearat bilde einen schädlichen (schleimigen) Biofilm im Darm.
  4. Magnesiumstearat werde aus genmanipulierten Rohstoffen hergestellt (Baumwollsamenöl) und könne mit Pestiziden belastet sein.
  5. Magnesiumstearat könne Allergien auslösen.
  6. Magnesiumstearat ist giftig.

Treffen alle diese Behauptungen zu? Klären wir zuerst, was Magnesiumstearat ist und welche Eigenschaften es hat.

Was ist Magnesiumstearat?

Magnesiumstearat ist eine Verbindung aus Magnesium und Stearinsäure. Stearinsäure wiederum ist eine langkettige gesättigte Fettsäure, die auch in Rindfleisch, Kakaobutter und Kokosöl zu finden ist. Sie gilt als die einzige langkettige gesättigte Fettsäure, die selbst nach offizieller Meinung weder den Cholesterinspiegel noch das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöhen soll ( 1 )

Magnesiumstearat kann verschiedene Aufgaben erfüllen und wird daher je nach Einsatzgebiet als Füllmittel, Bindemittel, Trägersubstanz oder Mischungsvermittler bezeichnet – etwa bei der Herstellung von Tabletten, Kapseln und Pulvern. In seiner Funktion als Mischungsvermittler sorgt das Salz für das richtige Mischungsverhältnis der einzelnen Rohstoffe in Arzneimitteln und Nahrungsergänzungsmitteln.

Die Lebensmittelindustrie setzt Magnesiumstearat als Emulgator, Schaummittel oder Trennmittel ein. Und in Kosmetika dient es als Feuchthaltemittel, Farbstoff (weiss) oder Rieselhilfe.

Magnesiumstearat kann aber auch zum Schutz der Produktionsmaschinen eingesetzt werden, da es diese schmiert und deren Verkleben verhindert. Häufig heisst es daher, die Produktion von magnesiumstearatfreien Nahrungsergänzungen sei aufwändiger und kostspieliger und deute auf hochwertigere Präparate hin, während man Produkte mit Magnesiumstearat fast schon als billige Massenware bezeichnet.

Wie wird Magnesiumstearat deklariert?

Andere Bezeichnungen für Magnesiumstearat sind „Magnesiumsalz von Speisefettsäuren“ (wobei hiermit aber auch andere Fettsäuren gemeint sein können) oder E470b. Bei Kosmetikartikeln steht „Magnesium Stearate“.

Kommen wir nun zu den einzelnen gegen Magnesiumstearat vorgebrachten Vorwürfen und überprüfen, ob diese nun zutreffen oder nicht. Beachten Sie dabei immer, dass die in Nahrungsergänzungsmitteln verwendete Magnesiumstearatmenge minimal ist. Diese beträgt im Grossen und Ganzen nicht mehr als 1 Prozent des Kapselinhalts ( 2 ):

1. Schadet Magnesiumstearat dem Immunsystem?

Magnesiumstearat soll sich negativ auf das Immunsystem auswirken und dieses gewissermassen unterdrücken, wird manchmal angeführt. Als Beleg gilt eine Studie von 1990, die mit Stearinsäure, nicht aber mit Magnesiumstearat durchgeführt wurde – und ausserdem mit isolierten Mäusezellen ( 3 ).

Man badete die T- und B-Zellen (Immunzellen) der Mäuse in einer Petrischale in Stearinsäure (und anderen Komponenten) und beobachtete, dass die T-Zellen die Stearinsäure in ihre Zellmembran einbauten. Dies führte zu einer instabilen Zellmembran und die Zellen starben ab.

Da Stearinsäure, aber nicht Magnesiumstearat verwendet wurde, könnte man die Studie eher gegen Lebensmittel verwenden, die Stearinsäure enthalten (Rindfleisch, Schokolade, Kokosöl), aber nicht gegen Magnesiumstearat, zumal man vom Magnesiumstearat nicht annähernd so viel isst wie von einem Lebensmittel. Kokosöl enthält dabei nur 1 bis 3 Prozent Stearinsäure, Rinderfett immerhin um die 12 Prozent.

Im wirklichen Leben aber werden unsere Zellen auch dann nicht in Stearinsäure „gebadet“, wenn wir in unseren Speiseplan Kokosöl oder Kakaobutter integrieren, so dass man die Studie bzw. ihre Ergebnisse nicht auf reale Begebenheiten übertragen kann.

Mäusezellen reagieren in diesem Fall ausserdem anders als menschliche T-Zellen. Erstere können gesättigte Fettsäuren nicht desaturieren (entsättigen), menschliche T-Zellen können das jedoch sehr wohl, so dass sie – selbst wenn man sie in Stearinsäure badete – ihre gesunden Funktionen aufrecht erhalten könnten ( 4 ).

2. Kann Magnesiumstearat die Aufnahme von Wirkstoffen hemmen?

Besonders häufig heisst es, Magnesiumstearat sorge dafür, dass der Körper die über die Nahrungsergänzung eingenommenen Wirkstoffe gar nicht aufnehmen könne. Magnesiumstearat verschlechtere daher die Bioverfügbarkeit von Nahrungsergänzungsmitteln.

Und tatsächlich, in einer In-vitro-Studie von 2007 zeigte sich, dass sich Tabletten mit Magnesiumstearat in künstlicher Magensäure langsamer auflösen als Tabletten ohne Magnesiumstearat ( 6 ).

Doch schon in einer früheren Studie hatte sich ergeben, dass sich die erhöhte Auflösezeit nicht auf die Bioverfügbarkeit auswirke, was man am Blut der Probanden nachweisen konnte, wo sich ein zuverlässiger Spiegel des entsprechenden Wirkstoffes feststellen liess ( 7 ). Eine weitere Studie zeigte sogar, dass Magnesiumstearat die Auflösezeit von Tabletten nun doch nicht beeinflusse, woraus man schliessen könnte, dass es in Sachen Auflösezeit auch auf den Wirkstoff ankommt ( 8 ).

Selbst wenn aber Magnesiumstearat die Auflösezeit verlängern sollte, hat dies keine negativen Auswirkungen, da der Wirkstoff früher oder später dennoch vollständig im Blut eintrifft. Oft ist eine langsame Aufnahme überdies sogar erwünscht, damit der Wirkstoff kontinuierlich im Blut eintrifft und kurzfristige Peaks vermieden werden.

3. Bildet sich durch Magnesiumstearat im Darm ein schädlicher Biofilm?

Ein weiterer Vorwurf gegen Magnesiumstearat lautet, dass sich unter dessen Einfluss ein schädlicher Biofilm an der Darmschleimhaut entwickle. Ein Biofilm besteht aus Bakterienkolonien, die sich fest an eine Oberfläche (hier Darmschleimhaut) heften und sich mit einem schwer entfernbaren Schleim umgeben bzw. schützen. Man kennt derartige Biofilme z. B. aus Abflussrohren, aber auch Zahnbelag ist ein solcher Biofilm.

Vermutlich kommt die Biofilm-Aussage daher, dass Seifenschaum Magnesium und Calciumstearat enthält und im Abfluss zu Ablagerungen und Biofilmen beiträgt. Also glaubt man, dass sich auch aus Magnesiumstearat im Darm ein solcher Film entwickeln könne.

Allerdings sollte klar sein, dass sich zunächst einmal der Darm eines lebenden Wesens deutlich von einem relativ toten Abfluss unterscheidet und auch dass die Menge an Magnesiumstearat in einer Kapsel deutlich geringer ist als das, was an Duschgelen und Seifen täglich im Abflusskanal landet.

Biofilme im Darm gibt es natürlich dennoch, doch entwickeln sich diese infolge einer insgesamt ungünstigen Ernährungs- und Lebensweise inkl. Medikamenteneinnahme etc. Würde man nun bei einem bestehenden Biofilm z. B. regelmässig eine Kapsel mit darmreinigendem Zeolith einnehmen, die u. a. auch etwas Magnesiumstearat enthält, dann führt der Zeolith eher zum Abbau des Biofilms als dass das enthaltene Magnesiumstearat zum Aufbau desselben beitragen könnte.

4. Enthält Magnesiumstearat Pestizide? Wird es aus genmanipulierten Rohstoffen hergestellt?

Ein anderer Kritikpunkt ist, dass Magnesiumstearat wohl genmanipuliert und/oder mit Pestiziden belastet sei, da es oft aus Baumwollsamenöl hergestellt wird, auf das beides zutreffen kann.

Aus genmanipulierten Rohstoffen kann das Magnesiumstearat tatsächlich stammen, was man beim Hersteller erfragen müsste, da es meist auf dem Markt auch gentechnikfreie Varianten gibt, so dass Hersteller hier die Wahl haben müssten.

Da Magnesiumstearat eine isolierte, raffinierte und hochgereinigte Substanz ist, also keine weiteren Bestandteile des Baumwollsamenöls (oder anderer möglicher Herkunftsöle) enthält, ist davon auszugehen, dass auch keine Pestizide den Weg ins Magnesiumstearat bzw. Nahrungsergänzungsmittel fanden. Und selbst wenn dies der Fall sein könnte, wären die Mengen derart gering, dass es kaum relevant wäre. Hier wären die Pestizidbelastungen der Hauptzutaten der Nahrungsergänzungsmittel wahrlich wichtiger zu überprüfen.

5. Kann Magnesiumstearat eine Allergie auslösen?

In einer Studie von 2012 hiess es „Magnesiumstearat: ein unterschätztes Allergen“ ( 9 ). Darin wurde von einer 28-jährigen Frau berichtet, die auf Magnesiumstearat allergisch reagierte. Jeder weiss jedoch, dass Einzelfallberichte sich kaum dazu eignen, Aussagen über die Wirkung eines Stoffes bei der Allgemeinheit zu tätigen.

Natürlich sind individuelle Unverträglichkeiten immer möglich – und sollten allergische Reaktionen auftreten, dann wird man natürlich sofort versuchen, die Ursache zu finden. Magnesiumstearat – das bekanntlich lediglich aus Magnesium und einer Fettsäure besteht – wird jedoch selten der Auslöser sein.

6. Ist Magnesiumstearat giftig?

Wollte man sich mit Magnesiumstearat vergiften, wäre das mit magnesiumstearathaltigen Nahrungsergänzungsmitteln nicht möglich. Man müsste 2,5 g reines Magnesiumstearat pro Kilogramm Körpergewicht verzehren, also 175 g, wenn man z. B. 70 kg wiegen würde, um akute Unannehmlichkeiten durch eine Magnesiumstearatüberdosis zu verspüren.

In einer Kapsel mit einem Nahrungsergänzungsmittel sind jedoch ganz andere Mengen enthalten, nämlich – wie am Beispiel dieser Zeolith-Kapseln – nur 6 mg pro Kapsel.

Fazit: Kann man Nahrungsergänzungsmittel mit Magnesiumstearat einnehmen?

Ja, man kann, wie die obigen Daten zeigen. Nichtsdestotrotz enthalten Nahrungsergänzungsmittel, die Magnesiumstearat enthalten, oft aber auch viele andere überflüssigen Zusätze, wovon manche u. U. tatsächlich bedenklich sind. Wir würden daher stets zu Nahrungsergänzungen greifen, die ohne diese Zusätze und somit auch ohne Magnesiumstearat auskommen. Sollte es jedoch einmal ein Produkt nur mit Magnesiumstearat geben, dann würde dessen Einnahme vermutlich kein gesundheitliches Risiko darstellen.

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Lieben Dank, Ihre Redaktion vom Zentrum der Gesundheit

Quellen
  1. (1) Kresser C, Magnesium Stearate: 6 Supposed Dangers That Need Attention to Determine if It Is Harmful or Harmless, 31. Oktober 2019
  2. (2) Watson J, Cogan L, Calculations and Pharmaceutics in Practice, Elsevier, abgerufen am 7.12.2019
  3. (3) Tebbey PW et al., Molecular basis for the immunosuppressive action of stearic acid on T cells, Immunology. 1990 Jul; 70(3): 379–386
  4. (4) Anel A et al., Fatty acid metabolism in human lymphocytes. II. Activation of fatty acid desaturase-elongase systems during blastic transformation, Biochimica et Biophysica Acta (BBA) - Lipids and Lipid Metabolism, Volume 1044, Issue 3, 14 June 1990, Pages 332-339
  5. (5) Nährwertrechner Rinderfett
  6. (6) Uzunović A1, Vranić E, Effect of magnesium stearate concentration on dissolution properties of ranitidine hydrochloride coated tablets, Bosn J Basic Med Sci. 2007 Aug;7(3):279-83.
  7. (7) Rekhi GS et al., Evaluation of in vitro release rate and in vivo absorption characteristics of four metoprolol tartrate immediate-release tablet formulations, Pharm Dev Technol. 1997 Feb;2(1):11-24
  8. (8) Eddington ND et al., Identification of formulation and manufacturing variables that influence in vitro dissolution and in vivo bioavailability of propranolol hydrochloride tablets, Pharm Dev Technol. 1998 Nov;3(4):535-47.
  9. (9) Tammaro A et al., Magnesium stearate: an underestimated allergen, J Biol Regul Homeost Agents. 2012 Oct-Dec;26(4):783-4.