Statine verursachen Coenzym-Q10-Mangel
Statine sind Cholesterinsenker, also Medikamente, die bei einem zu hohen Cholesterinspiegel verordnet werden. Sie heissen Simvastatin (z. B. Zocor®), Atorvastatin (z. B. Sortis®), Pravastatin (z. B. Mevalotin)® oder auch Rosuvastatin (z. B. Crestor®).
Statine führen bei etwa 10 Prozent aller Patienten, die Cholesterinsenker einnehmen müssen, zu Nebenwirkungen in Form von Muskelbeschwerden (Myopathien). Diese können sich in Muskelschmerzen, Muskelkrämpfen, Muskelsteifheit oder auch in einer Muskelschwäche äussern. Im schlimmsten (und seltenen) Falle kann sich der Muskel unter Einwirkung der cholesterinsenkenden Medikamente immer weiter auflösen. Man spricht dann von einer Rhabdomyolyse, die zu akutem Nierenversagen führen und in diesem Fall tödlich enden kann.
Coenzym Q10 könnte bei diesen Beschwerden vorbeugend oder sogar therapeutisch eingesetzt werde. Coenzym Q10 ist ein wichtiger vitaminähnlicher Stoff, der insbesondere an der zellinternen Energiegewinnung in den Mitochondrien (den Kraftwerken der Zellen) beteiligt ist, aber auch antioxidativ und entzündungshemmend wirkt. Ein Mangel an Coenzym Q10 kann nicht nur den Alterungsprozess beschleunigen, sondern sich auch in Muskelbeschwerden und neurologischen Beschwerden äussern.
Was haben Muskelbeschwerden durch Statine nun mit den Muskelbeschwerden durch einen Q10-Mangel zu tun? Ganz einfach: Statine können einen Q10-Mangel verursachen und so zu Muskelbeschwerden führen.
Statine senken Coenzym-Q10-Spiegel um 40 bis 50 Prozent
In einer Studie konnte eine Dosis von täglich 80 mg Atorvastatin schon nach 14 bis 30 Tagen zu einer merklichen Reduzierung des Coenzym-Q10-Spiegels von ursprünglich 1,26 auf 0,67 µg/ml führen, was fast der Hälfte entspricht ( 1 ).
Von den Statinen Simvastatin und Pravastatin genügen bereits 20 mg pro Tag, um den Coenzym-Q10-Spiegel um 40 Prozent zu reduzieren.
Bei Patienten, die einen niedrigen Coenzym-Q10-Spiegel in den Muskeln hatten, konnte in den jeweiligen Untersuchungen eine verringerte Mitochondrien-Funktion beobachtet werden. Eine verringerte Mitochondrien-Funktion bedeutet weniger Energie für jede Zelle des Körpers. Es bedeutet Müdigkeit und Abgeschlagenheit – und es bedeutet schwache Muskeln, so dass man sich kaum bewegen will.
Allerdings gibt es auch Studien, in denen behauptet wird, dass auch nach 6-monatiger Simvastatin-Einnahme (täglich 20 mg) bei Muskelbiopsien keine Veränderung des Q10-Spiegels beobachtet werden konnte. Statine KÖNNEN also zu Muskelbeschwerden und Muskelschäden führen, sie tun das aber nicht immer.
So senken Statine Ihren Coenzym-Q10-Spiegel
Statine können über mindestens zwei Mechanismen zu einem Coenzym-Q10-Mangel führen. Erstens beeinträchtigen Statine die Bildung der sog. Mevalonsäure, die wiederum für die körpereigene Herstellung von Coenzym Q10 nötig wäre. Statine lassen auf diese Weise den Coenzym-Q10-Spiegel sinken – und zwar sowohl im Serum als auch im Muskelgewebe.
Zweitens schwimmt das Coenzym Q10 nicht frei im Blut umher, sondern ist im Serum meist gebunden an das LDL-Cholesterin. Wenn Statine jetzt den LDL-Cholesterinspiegel senken, dann führt das natürlich automatisch auch zu einer Senkung des Q10-Spiegels.
Schon eine geringe Erhöhung der Coenzym-Q10-Konzentration beschleunigt die Energiegewinnung
Es gibt auch gute Nachrichten: Da die körpereigene Q10-Bildung nicht dazu ausreicht, dass an alle Q10-Rezeptoren der Mitochondrien auch tatsächlich ein Q10-Molekül andocken kann, ist die Nahrungsergänzung mit Coenzym Q10 oft unmittelbar spürbar.
Schon eine geringfügige Erhöhung der Q10-Konzentration an den Mitochondrien-Membranen – durch die Einnahme einer Q10-Nahrungsergänzung – kann die Energiegewinnung in den Zellkraftwerken erhöhen. Man vermutet nun, dass dies der Grund dafür ist, dass Coenzym Q10 bei Muskelbeschwerden häufig so eine positive Wirkung zeigt, da es die Energieversorgung der Muskulatur verbessert.
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Coenzym Q10 bessert statinbedingte Muskelbeschwerden
Bereits im Mai 2007 erschien im American Journal of Cardiology eine Studie der New Yorker Stony Brook University. In der Einleitung hiess es, dass Statine zwar hilfreich in Sachen Cholesterinsenkung und Herz-Kreislauf-Prävention seien, dass sie aber oft zu den unterschiedlichsten Muskelbeschwerden und Muskelerkrankungen führen könnten. Zumindest teilweise sei der statinbedingte Coenzym-Q10-Mangel für diese Beschwerden verantwortlich. ( 3 )
Die Probanden erhielten in dieser Studie täglich 100 mg Coenzym Q10 oder 400 IE Vitamin E. Nach 30 Tagen hatte die Schmerzintensität in der Q10-Gruppe um 40 Prozent abgenommen. In der Vitamin-E-Gruppe hingegen kam es sogar noch zu einer geringfügigen Schmerzverschlimmerung.
Die Forscher kamen zum Schluss, dass eine Nahrungsergänzung mit Coenzym Q10 die Statin-Therapie begleiten sollte – nicht zuletzt, da sie möglicherweise das Absetzen der Statine verhindern könnte. Denn wer keine Schmerzen bekommt, bleibt den Medikamenten eher treu – und genau das ist ja das Ziel der meisten Ärzte.
Im September 2018 erschien eine weitere Studie zu diesem Thema, diesmal im Journal of the American Heart Association ( 2 ). Darin überprüfte man nun alle bisherigen Untersuchungen zu Q10 und seiner möglicherweise schützenden Wirkung bei statinb edingten Muskelerkrankungen. Es handelte sich um 12 randomisierte kontrollierte Studien mit insgesamt 575 Patienten. Die Hälfte nahm stets Q10 ein, die andere Hälfte ein Placebo-Präparat.
Auch in dieser Übersichtsarbeit verbesserte die Einnahme von Coenzym Q10 die statinbedingten Muskelbeschwerden, wie Muskelschmerzen, Muskelschwäche, Muskelkrämpfe und Muskelmüdigkeit. Die Kreatinkinase-Werte zeigten jedoch keine Veränderung durch Q10. Normalerweise steigt der Kreatinkinase-Spiegel bei Muskelerkrankungen, die mit Muskelzellzerfall einhergehen.
Allerdings leiden viele Statin-Patienten an Muskelbeschwerden, obwohl sich die Kreatinkinase nicht verschlechtert. Wenn sich bei diesen Patienten nun durch die Coenzym-Q10-Einnahme die Kreatinkinase nicht verändert, so spricht dies natürlich nicht gegen das Coenzym Q10, sondern eher dafür, dass sich in diesem Fall die Kreatinkinase nicht als Marker eignet.
Hinweis: In manchen Q10-Studien konnte keine Wirkung der Q10-Einnahme festgestellt werden. Oft wurden in diesen Studien jedoch sehr niedrige Q10-Mengen eingesetzt (nur 100 – 120 mg), so dass diese Unterdosierung mit ein Grund für die mangelhafte Wirkung sein könnte.
Wie Coenzym Q10 das Arteriosklerose-Risiko reduzieren kann
Wer Cholesterinsenker nimmt, hat im Allgemeinen ein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Und auch hier kann das Coenzym Q10 noch zusätzlich hilfreich sein. Denn es mildert nicht nur die Nebenwirkungen durch Cholesterinsenker, sondern reduziert auch direkt das Herz-Kreislauf-Risiko.
Wie oben erklärt, schwimmt das Coenzym Q10 eng verbunden mit dem LDL-Cholesterin durchs Blut. Da das Coenzym Q10 ein leistungsstarkes Antioxidans ist, verhindert es dabei die Oxidation des LDL-Cholesterins. Gerade aber das oxidierte LDL-Cholesterin gilt als enorm gefährlich, da es die Entstehung einer Arteriosklerose fördern kann.
Ein gesünderes Herz mit Coenzym Q10
Zusätzlich führt ein gesunder Q10-Spiegel auch zu einem starken Herzmuskel. Nimmt man Coenzym Q10 ein, dann verbessert sich insgesamt die Muskelleistung (was auch für Sportler interessant ist) – aber nicht nur die Leistung der Skelettmuskulatur, sondern auch die Leistung anderer Muskeln, etwa die des Herzens. Denn auch das Herz ist ein Muskel.
Ist man also gut mit Q10 versorgt, dann profitiert auch das Herz davon. Gleichzeitig verringert das antioxidativ wirksame Coenzym Q10 die Anfälligkeit des Herzens für oxidativen Stress.
In einer Studie gab man zur Überprüfung dieser Angelegenheit 322 Herzinsuffizienz-Patienten langfristig 2 mg Coenzym Q10 pro Kilogramm Körpergewicht oder ein Placebo.
Nach einem Jahr zeigte sich, dass aus der Q10-Gruppe viel weniger Personen wegen ihres Herzens ins Krankenhaus mussten (nur 73) als in der Placebogruppe (118). In der Q10-Gruppe traten ausserdem seltener Lungenödeme, Herzrhythmusstörungen und Herzasthma (Atemnot und Husten aufgrund von Herzschwäche) auf.
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So können Statine einen Diabetes verursachen
Statine können ausserdem das Risiko erhöhen, an einem Diabetes zu erkranken. Oft ist diese Problematik für den jeweiligen Arzt nicht mehr relevant, da der Patient, der jetzt Statine braucht, schon lange Diabetiker ist und entsprechende Medikament bekommt. Wenn das Statin den Diabetes nun verschlimmern würde, fiele es kaum auf bzw. man würde dies nicht auf das Statin zurückführen. Achten Sie daher darauf, wenn Sie Diabetiker sind, ob die Statineinnahme Ihren Diabetes noch weiter verschlechtert.
Viele Patienten sind jedoch noch keine Diabetiker, sind aber vielleicht übergewichtig und leiden bereits an einer Diabetesvorstufe (Insulinresistenz). Diese Patienten sind besonders gefährdet, durch die Statineinnahme nun tatsächlich zum Diabetiker zu werden.
Statine reduzieren die Zahl der Glucosetransporter namens GLUT4. Normalerweise verhält es sich folgendermassen: Sobald Insulin an der Zellmembran an seinen Rezeptoren andockt, sorgt GLUT4 (ebenfalls in der Zellmembran) dafür, dass Glucose in die Zelle eintreten kann. Wenn es nun weniger GLUT4-Transporter gibt, dann führt dies zur bekannten Insulinresistenz, auch Diabetes-Vorstufe genannt. Denn die Zelle kann trotz erhöhtem Blutzuckerspiegel und ausreichend hohem Insulinspiegel nur noch wenig Zucker aufnehmen.
Coenzym Q10 senkt Risiko eines statinbedingten Diabetes
Inwiefern kann Coenzym Q10 hier behilflich sein? In einer Laborstudie zeigte sich, dass Coenzym Q10, wenn es direkt zu den Zellen gegeben wird, der statinbedingten GLUT4-Reduktion vorbeugen kann. In Gegenwart von ausreichend Coenzym Q10 findet also die Abnahme der GLUT4-Transporter durch das eingenommene Statin nicht statt oder nicht im üblichen Umfang.
Da Statine aber auch den Coenzym-Q10-Spiegel senken können, fällt damit der körpereigene GLUT4-Schutz weg. Nimmt man Coenzym Q10 nun aber als Nahrungsergänzung ein, trickst man die Statine aus und reduziert ihren schädlichen Einfluss.
Nicht alle Statine erhöhen das Diabetesrisiko gleich stark
Allerdings hängt das statinbedingt erhöhte Diabetesrisiko auch von der Art des Statins ab, das eingenommen wird. Das niedrigste Diabetesrisiko soll bei der Einnahme von Pravastatin 40 mg bestehen, das höchste mit Rosuvastatin 20 mg. Bei Atorvastatin 80 mg wird das Risiko mittelmässig eingeschätzt. Bei Simvastatin soll es im Vergleich zu jenem bei Pravastatin höher sein.
Insgesamt heisst es, dass die lipophilen Statine das Diabetesrisiko erhöhen, hydrophile Statine aber nicht. Zu den hydrophilen Statinen zählt das Pravastatin, alle anderen der oben genannten sind lipophile Statine.
Bei älteren Menschen sinkt der Coenzym-Q10-Spiegel auch altersbedingt
Meist sind es ältere Menschen, die Statine einnehmen müssen. Gerade ältere Menschen aber weisen automatisch einen niedrigeren Q10-Spiegel auf, da dieser altersbedingt sinkt. Wenn jetzt auch noch Statine eingenommen werden, ist die Gefahr eines merklichen Q10-Mangels natürlich umso höher. Im Alter (spätestens ab den 70ern) steigt also der Q10-Bedarf ganz besonders.
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Coenzym Q10 begleitend zur Statin-Therapie einnehmen
Grundsätzlich sind sich die meisten Wissenschaftler einig, dass man – insbesondere begleitend zu einer Statin-Therapie, aber auch im Leistungssport – zur Einnahme von Coenzym Q10 raten sollte. Zwar bestünde die Möglichkeit, dass eine Wirkung in manchen Fällen ausbleibe. Dennoch überwiege der mögliche Nutzen, so dass man das Coenzym Q10 in jedem Falle ausprobieren könne, zumal keine schädlichen Nebenwirkungen von Q10 bekannt sind.
Als Dosis zur Prävention einer statinbedingten Myopathie wird zu mindestens 200 mg Coenzym Q10 geraten, wobei in vielen Studien (besonders in jenen mit Sportlern) 300 mg eingesetzt wurden.