Warum eine Überdosierung mit Vitamin B12 kaum möglich ist
Viele Vitamin-B12-Präparate sind hochdosiert im Handel, so dass häufig eine Überdosierung mit Vitamin B12 befürchtet wird.
Der offizielle Tagesbedarf an Vitamin B12 liegt zwischen 2,4 und 6 µg (je nach Institution/Quelle ( 18 )), in vielen Vitamin-B12-Präparaten aber sind 150 µg, 500 µg oder gar 1000 µg enthalten, was natürlich ein Vielfaches des angeblichen Bedarfs darstellt.
Dennoch ist eine Überdosierung mit Vitamin B12 insbesondere durch die orale Aufnahme kaum möglich.
Vitamin B12: Keine Hinweise auf Toxizität oder Überdosierung
Auf der Seite der Harvard Medical School (der medizinischen Fakultät der renommierten Harvard University) liest man, dass die Recommended Dietary Allowance (RDA) für Vitamin B12 – also jene Nährstoffmenge, die zur Deckung des täglichen Bedarfs ausreichend ist – für Erwachsene bei täglich 2,4 µg liege. Wenn möglich solle man aber 6 µg zu sich nehmen ( 17 ).
Einen offiziellen Grenzwert gäbe es jedoch nicht, da in Sachen Vitamin B12 keine Hinweise auf eine Toxizität oder die Möglichkeit einer Überdosierung vorliegen ( 19 ). Lediglich Personen mit der sog. Leberschen Optikusatrophie – einer seltenen Erbkrankheit des Auges – sollten eine Nahrungsergänzung mit Vitamin B12 meiden.
Vergiftungen oder Überdosierungserscheinungen aufgrund von Vitamin B12 sind somit nicht bekannt. Denn Vitamin B12 ist ein wasserlösliches Vitamin, so dass Überschüsse über die Nieren abgebaut und mit dem Urin ausgeleitet werden.
Mangel an Vitamin B12 ist eher eine Gefahr als Überdosierung
Viele Menschen leiden überdies deshalb an einem Vitamin-B12-Mangel, weil das Vitamin nur in sehr geringem Umfang aufgenommen werden kann, wodurch die Gefahr einer Überdosierung noch weiter verringert wird.
Für die Aufnahme von Vitamin B12 in den Blutkreislauf ist ein spezielles Transporterprotein erforderlich. Es nennt sich Intrinsic Factor und wird im Magen produziert. Bei chronischen Magenbeschwerden, durch die Einnahme mancher Medikamente oder auch generell bei älteren Menschen (65 plus) wird häufig zu wenig Intrinsic Factor gebildet. Folglich kann nun auch zu wenig Vitamin B12 aufgenommen werden. Eine Vitamin-B12-Aufnahmestörung liegt vor, z. B. wenn Säureblocker oder Metformin genommen werden.
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Pro Einnahme können nur geringe Vitamin-B12-Mengen aufgenommen werden
Doch selbst bei einer ausreichenden Intrinsic-Factor-Bildung können über diese sog. aktive Resorption pro Mahlzeit bzw. pro Nahrungergänzungsmitteleinnahme nur 1,5 µg Vitamin B12 resorbiert werden, wie wir schon in unserem Artikel zur Diagnose und Behebung eines Vitamin-B12-Mangels erklärt haben.
Auch wenn also eine Nahrungsergänzung 1000 µg Vitamin B12 enthält, können über die aktive Resorption nur 1,5 µg Vitamin B12 aufgenommen werden. Eine Überdosierung ist also gar nicht möglich, da der Körper hier selbstlimitierend agiert. Warum aber werden Nahrungsergänzungen mit Vitamin B12 dann überhaupt so hoch dosiert angeboten? Weil es neben der aktiven Resorption noch die passive Resorption gibt.
Überdosierung auch durch passive Resorption nicht möglich
Bei der passiven Resorption kann Vitamin B12 auch ohne Transporterproteine mittels Diffusion über die Darmschleimhaut aufgenommen werden und ist daher ideal für Menschen mit einer Vitamin-B12-Aufnahmestörung geeignet.
Die auf diese Weise resorbierten Vitamin-B12-Mengen betragen jedoch nur 1 Prozent des verzehrten/eingenommenen Vitamin B12 ( 1). Nimmt man die üblicherweise empfohlenen 2,4 bis 6 µg Vitamin B12 ein, merkt man von der passiven Resorption nichts, da 1 Prozent von 6 µg gerade einmal 0,06 µg ausmachen und damit vernachlässigbar sind.
Nimmt man stattdessen aber ein hochdosiertes Vitamin-B12-Präparat ein, mit z. B. 500 µg, dann können davon dank der passiven Resorption insgesamt 6,5 µg ins Blut gelangen und so wunderbar den Tagesbedarf decken. Die 6,5 µg setzen sich aus den 1,5 µg aus der aktiven Resorption und den 5 µg aus der passiven Resorption zusammen. Selbst bei einer Aufnahmestörung - wenn die aktive Resorption nicht mehr funktioniert - gelangen folglich immer noch 5 µg Vitamin B12 ins Blut, was den Bedarf deckt, aber von einer Überdosierung noch weit entfernt ist.
Vitamin-B12-Überdosierung durch Vitamin-B12-Spritzen?
Bei Vitamin-B12-Spritzen umgeht man die begrenzten Aufnahmekapazitäten im Verdauungstrakt und das Vitamin gelangt rasch ins Blut. Nichtsdestotrotz ist auch hier die Gefahr einer Überdosierung nicht höher als bei der oralen Aufnahme – wie zwei Studien zeigten ( 16), da selbst nach mehreren Vitamin-B12-Spritzen der Vitamin-B12-Spiegel nicht merklich höher stieg als bei der oralen Aufnahme des Vitamins.
In der einen (von 2003) erhielten die Probanden – die alle einen Vitamin-B12-Mangel hatten – 10 Tage lang täglich 1000 µg Vitamin B12, dann 4 Wochen lang einmal wöchentlich und dann dauerhaft einmal monatlich. Eine Gruppe erhielt diese Dosis oral, die andere intramuskulär, also als Spritze. Der Vitamin-B12-Spiegel erholte sich bei beiden Gruppen gleichermassen gut.
In der anderen Studie (von 1998) erhielt eine Gruppe Probanden – die ebenfalls einen Vitamin-B12-Mangel hatten – neunmal eine 1000µg-B12-Injektion im Laufe von vier Monaten, die andere Gruppe nahm täglich 2000 µg oral ein. Am Ende hatte sich der Vitamin-B12-Spiegel in der oralen Gruppe sogar besser erholt.
Allerdings liegen auch Fallberichte vor ( 15 ), die zeigen, dass Spritzen durchaus zu übermässig hohen Vitamin-B12-Blutspiegeln führen können. In einer Sammlung von fünf Fallberichten las man in zwei dieser Berichte, dass B12-Spritzenkuren den B12-Spiegel auf 2840 pg/ml bzw. auf 1839 pg/ml erhöhten. Als normal gelten Werte von 200 bis 900 pg/ml. Spritzen können daher sehr gut kurweise zur Behebung eines Mangels eingesetzt werden, zur regelmässigen Versorgung mit Vitamin B12 eignet sich die orale Einnahme jedoch besser.
Akne als Symptom einer Vitamin-B12-Überdosierung?
Nach der Einnahme von B-Vitaminen, insbesondere von B12-Präparaten tritt bei manchen Menschen unreine Haut mit Pickeln auf, eine Art Akne. Allerdings kann diese laut einzelner Fallberichte ( 13 ) auch schon bei geringen Vitamin-B12-Dosen von z. B. nur 20 µg auftreten, ist also kein Zeichen einer Überdosierung, sondern eher einer individuellen Unverträglichkeit (evtl. genetisch bedingt). Oft wurden in den entsprechenden Berichten auch nicht nur Vitamin B12 eingenommen, sondern auch noch andere B-Vitamine, die ebenfalls als Akne-Trigger in Frage kommen (etwa Vitamin B6).
Ein weiterer Grund für eine Akne nach Vitamin-B12-Einnahme könnte ein gleichzeitig vorhandener Biotinmangel sein, so wird auf der Seite von Dr. Schweikart erläutert ( 21 ). Gerade hohe Vitamin-B12-Einstiegsdosen könnten die Biotinvorräte aufbrauchen, denn Biotin ist ein Kofaktor von Vitamin B12, was bedeutet, dass sich beide Stoffe für eine optimale Wirksamkeit brauchen. Wenn sich bei Ihnen nach Vitamin-B12-Einnahme eine unreine Haut einstellt, probieren Sie, ob die Einnahme von Biotin (z. B. 100 bis 300 µg pro Tag) hier Besserung bringt.
Wer also einen Vitamin-B12-Mangel hat, ob aufgrund einer pflanzlichen Ernährung oder aufgrund einer Aufnahmestörung, kann diesen schneller beheben, wenn er zu hochdosierten Vitamin-B12-Präparaten zwischen 500 bis 1000 µg greift. Gerade bei einer Aufnahmestörung – so eine Studie – kommt es sogar erst ab Dosierungen von 500 µg zu einem steigenden Vitamin-B12-Spiegel ( 14, 20 ). Wer sich in diesem Fall an die offiziellen Kleinstmengen hält, wird daher nie aus seinem Mangel herauskommen und nach wie vor an den entsprechenden Mangelerscheinungen zu leiden haben.
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Überdosierung von Vitamin B12 in der Schwangerschaft
Auch in der Schwangerschaft ist keine Überdosierung an Vitamin B12 zu befürchten, wenn die werdende Mutter bei festgestelltem Mangel oder Mehrbedarf 500 bis 1000 µg Vitamin B12 einnimmt. Im Gegenteil, eine gute Vitamin-B12-Versorgung ist für die Gehirn- und Nervenentwicklung des Embryos von ausserordentlich grosser Wichtigkeit, während ein Vitamin-B12-Mangel das Risiko für Neuralrohrdefekte, Frühgeburten, Präklampsie und Fehlgeburten erhöhen kann.
Offiziell wird vor Überdosierung von Vitamin B12 gewarnt
Dennoch wird in letzter Zeit (2020) immer wieder vor Überdosierungen durch Vitamin B12 gewarnt. In der NDR-Sendung Visite erschien beispielsweise am 28.4.2020 eine Folge mit dem Titel „Nahrungsergänzungsmittel: Vorsicht bei B-Vitaminen“ ( 2 ). Darin wurde gesagt, viele Vitamin-B12-Präparate seien zu hoch dosiert. Sie enthielten deutlich höhere Mengen, als der tägliche Bedarf. Man habe dadurch ein Risiko (für eine Überdosierung), aber keinen Vorteil.
Der Vorteil liegt – wie Sie im Gegensatz zur NDR-Redaktion inzwischen wissen – in der passiven Resorption, die der Schlüssel zur Behebung eines Vitamin-B12-Mangels ist, insbesondere dann, wenn eine Aufnahmestörung vorliegt.
Riskant seien hohe Vitamin-B12-Dosierungen, da sie das Lungenkrebsrisiko und das Sterberisiko steigen lassen, wird in der NDR-Sendung erklärt. Wir haben die Thematik in unserem Artikel zum angeblich erhöhten Lungenkrebsrisiko durch B-Vitamine ausführlich überprüft und kamen zu den folgenden Ergebnissen:
1. Ursache von hohem Vitamin-B12-Spiegel unbekannt
Man entdeckte lediglich einen Zusammenhang zwischen Lungenkrebs und einem hohen Vitamin-B12-Spiegel, ohne jedoch untersucht zu haben, wodurch der Vitamin-B12-Spiegel gestiegen war und ohne untersucht zu haben, ob die betreffenden Personen überhaupt Vitamin B12 eingenommen hatten ( 3 ).
Denn ein Vitamin-B12-Spiegel kann auch aus ganz anderen Gründen übermässig steigen, z. B. wenn bereits chronische Erkrankungen vorliegen. Beispiele für diese Erkrankungen finden Sie weiter unten unter "Die tatsächlichen Ursachen eines zu hohen Vitamin-B12-Spiegels".
2. Rauchen ist das Problem - nicht die Vitamine
Zeigte sich tatsächlich ein Zusammenhang zu einer Nahrungsergänzung mit B-Vitaminen, dann lag das Problem entweder an einer Überdosierung mit Folsäure ( 4 ) oder daran, dass die betreffenden Personen Raucher waren ( 5 ). Im letzteren Fall den Schuldigen bei den Vitaminen zu suchen, ist jedoch paradox.
3. Studien zu einer Überdosierung durch Präparate werden nicht aufgeführt
Studien, die zeigen, dass eine langfristige Einnahme hochdosierter B-Vitamine kein erhöhtes Krebsrisiko nach sich ziehen und ebenfalls vorhanden sind, werden nicht genannt ( 6 ).
4. Personen, die B12 einnahmen, wurden aus der Studie ausgeschlossen
Prof. Dr. Martin Smollich (Fachapotheker), der in der NDR-Sendung zu Wort kam, nennt als Beleg für ein erhöhtes Sterberisiko durch Vitamin B12 eine Studie von 2020, in der sich zeigte: Je höher die Vitamin-B12-Plasmaspiegel, umso höher das Sterberisiko. Es ging also auch hier nur um erhöhte Vitamin-B12-Spiegel, deren Ursache niemand kennt.
Denn interessanterweise durften ausgerechnet jene Personen NICHT an der Studie teilnehmen, die Vitamin B12 als Nahrungsergänzung einnahmen, so dass eine Überdosierung durch Präparate ausgeschlossen werden kann ( 7 ).
5. Ergebnisse aus Zellversuchen lassen sich nicht einfach übertragen
Drei weitere Studien, die Smollich anführte, sind ausschliesslich Zellversuche, in denen sich zeigte, dass Vitamin B12 nicht nur von gesunden Zellen, sondern auch von Krebszellen genutzt wird und deren Ausbreitung und Vermehrung fördern kann ( 8 ) ( 9 ) ( 10 ).
Zellversuche aber werden im Allgemeinen nicht als repräsentativ gewertet, da man aus ihnen nicht schliessen kann, dass im lebenden Organismus dieselben Wirkungen eintreten.
Abgesehen davon nutzen Krebszellen nahezu jeden Stoff, den auch gesunde Zellen nutzen. Selbstverständlich aber sollte man übermässig hohe B12-Blutspiegel vermeiden. Das aber gilt für jeden Stoff!
Dieser Vitamin-B12-Wert gilt als zu hoch
Als übermässig hoch gelten Vitamin-B12-Werte (im Serum) von über 900 pg/ml bzw. über 665 pmol/l. Ein solcher Wert kann durch eine Überdosierung entstehen. Er kann aber noch viele andere Ursachen haben.
Die tatsächlichen Ursachen eines zu hohen Vitamin-B12-Spiegels
Wenn Professor Smollich und Kollegen recht haben und ein erhöhter B12-Serumspiegel auf ein erhöhtes Krebs- und Sterberisiko hinweisen, der B12-Spiegel aber selten durch eine Überdosierung (Einnahme von Vitamin B12) dermassen hoch steigt, sollten bei einem zu hohen B12-Serumsspiegel dringend die Ursachen abgeklärt werden. Denn ein steigender Vitamin-B12-Spiegel kann eher die Folge einer bestehenden oder sich entwickelnden Erkrankung sein, z. B.
- Rheuma ( 22 ),
- Leberkrankheiten (Hepatitis, Leberzirrhose, Leberkrebs),
- Nierenkrankheiten,
- Blutkrankheiten (z. B. Leukämie) oder
- Krebs (Brust-, Darm-, Magen-, Bauchspeicheldrüsenkrebs ) ( 23 ).
Natürlich könnte ein zu hoher Vitamin-B12-Spiegel auch andere noch unbekannte Gründe haben, muss also nicht immer auf eine Krankheit hinweisen.
Beachten Sie, dass der B12-Wert im Serum nicht dazu geeignet ist, um einen Vitamin-B12-Mangel aufzudecken. Dazu empfiehlt sich der sog. Holo-TC-Test, den wir in unserem Artikel zur Diagnose und Behebung eines Vitamin-B12-Mangel (siehe Link weiter oben) näher erklären.
* Vitamin-B12-Kapseln finden Sie hier unter diesem Link.
Überdosierung mit Vitamin B12 vermeiden
Wie oben erklärt, ist es durch die Einnahme von Vitamin B12 in Dosierungen von bis zu 1000 µg pro Tag kaum möglich, in eine Überdosierung zu gelangen und über ein gesundes Mass hinweg steigende Vitamin-B12-Blutspiegel zu erzielen. Um jedoch herauszufinden, ob man überhaupt Vitamin B12 einnehmen muss und wie viel, sollte ganz einfach ein Test durchgeführt werden (entweder beim Arzt und/oder mit einem Heimtest*).
Je nach Testergebnis kann man sich dann für die individuell passende Dosierung und Vorgehensweise entscheiden. Wie Sie einen Vitamin-B12-Mangel feststellen können, welche Werte einen Mangel zeigen, wie Sie eine Mangel beheben können und welche Präparate dazu zur Verfügung stehen, erklären wir in unserem weiter oben verlinkten Text zum Thema Diagnose und Behebung eines Vitamin-B12-Mangels.