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Probiotika und ihre Nebenwirkungen

Probiotika gelten als äusserst gesund. Im Sommer 2018 war dann plötzlich von einer „dunklen Seite der Probiotika“ die Rede. Können Probiotika Nebenwirkungen haben? Und wie lassen sich diese verhindern?

Fachärztliche Prüfung: Gert Dorschner
Aktualisiert: 04 Februar 2023

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Können Probiotika auch Nebenwirkungen haben?

Probiotika erhält man in Kapseln, als Pulver oder auch in flüssiger Form. Alle diese Präparate enthalten – je nach Hersteller – ganz unterschiedliche Mischungen verschiedener Bakterienstämme. Da jeder Bakterienstamm sehr individuelle Eigenschaften und Wirkungen hat und überdies in der Kombination mit anderen Bakterienstämmen wieder andere Eigenschaften haben kann, ist es im Grunde nicht möglich, pauschal von DEN Probiotika zu sprechen, da jedes Präparat anders wirken und somit auch andere Nebenwirkungen haben kann.

Zusätzlich kommt es sehr auf den Zustand des jeweiligen Menschen, den Zustand seiner Gesundheit und seiner Darmflora an. Denn wer beispielsweise unter dem sog. Kurzdarmsyndrom leidet, verträgt Probiotika häufig nicht sehr gut. Dieses Syndrom beschreibt einen zu kurzen Dünndarm, der deshalb so kurz ist, weil man operativ Teile entfernt hat – etwa aufgrund einer Morbus-Crohn-Erkrankung.

Das Kurzdarmsyndrom aber ist eher selten. Können Probiotika auch ohne Kurzdarmsyndrom zu Nebenwirkungen führen?

Was sind die häufigsten Nebenwirkungen von Probiotika?

Probiotika können laut wissenschaftlicher Studien bei so vielen Beschwerden helfen, dass es kaum vorstellbar ist, dass diese Präparate auch Nebenwirkungen haben können. Gelegentlich kommt es jedoch zu

  1. Blähungen und/oder
  2. Durchfall oder
  3. Verstopfung,

was sich meist nach wenigen Tagen oder Wochen wieder legt, nämlich dann, wenn die probiotischen Stämme die Darmflora reguliert haben und es zum erwünschten Gleichgewicht der unterschiedlichen Bakterienstämme gekommen ist.

Handelt es sich um unerwünschte Nebenwirkungen oder um eine Erstverschlimmerung?

Denkbar ist bei Nebenwirkungen naturheilkundlicher Mittel stets auch, dass es sich gar nicht unbedingt um Nebenwirkungen im Sinne von unerwünschten Ereignissen handelt, sondern vielleicht auch um eine Erstverschlimmerung, die ja dann ein Zeichen für eine gute Wirkung wäre und dafür, dass es bald aufwärts geht.

Eine Erstverschlimmerung verstärken sich kurzfristig bzw. vorübergehend bestehende Symptome, auch können neue Symptome auftreten, bevor es zu einer Besserung kommt. In der Naturheilkunde wird eine Erstverschlimmerung daher mit dem Einsetzen des Heilprozesses gleichgesetzt.

Eine Erstverschlimmerung könnte bei der Einnahme von Probiotika dann entstehen, wenn diese beispielsweise die körpereigene Entgiftungsfähigkeit verstärken und dadurch plötzlich grosse Mengen Stoffwechselabbauprodukte entstehen, die nun den Organismus belasten und zu Beschwerden führen können. Sobald diese "Schlacken" ausgeschieden sind, geht es bergauf.

Eine Erstverschlimmerung sollte daher im Grossen und Ganzen nicht länger als zwei Wochen dauern. Zeigt sich dann kein deutlicher Wandel, handelt es sich nicht mehr um eine Erstverschlimmerung, sondern eher um eine Unverträglichkeit des eingenommenen probiotischen Präparates bzw. um eine zufällig zeitgleiche Verschlechterung des Zustandes.

Wie eine Erstverschlimmerung gemildert werden kann, beschreiben wir ganz am Ende im Abschnitt über das Verhindern von Nebenwirkungen bei Probiotikaeinnahme.

Können Probiotika zu einer Gewichtszunahme führen?

An mancher Stelle heisst es, Probiotika könnten zu einer Gewichtszunahme führen oder das Abnehmen vereiteln ( 3 ). Entsprechende Studien sind jedoch im Ergebnis sehr uneinheitlich, stimmen jedoch darin überein, dass allein die Einnahme von Probiotika eher keinen oder nur geringen Effekt auf das Gewicht hat ( 4 ) ( 5 ), man also Probiotika auch nicht zum Abnehmen einnehmen kann (wie es ebenfalls an mancher Stelle heisst ( 6 )). Will man abnehmen, dann sind dazu die üblichen Massnahmen erforderlich (ob mit oder ohne Probiotika): Ernährung anpassen, tägliche Bewegung, Vitalstoffmängel beheben und gutes Stressmanagement mit u. a. ausreichend Schlaf.

Sollten Sie jedoch beobachten, dass Sie durch die Einnahme von Probiotika zunehmen, obwohl Sie sonst nichts verändert haben, nicht krank geworden sind, keine Medikamente nehmen und auch nicht in eine andere Lebensphase vorgerückt sind ( Wechseljahre, Schwangerschaft, Rente ), dann setzen Sie die Mittel ab.

Wenn Sie Probiotika in Ihr Konzept zur Gewichtsabnahme integrieren möchten (denn manche Studien zeigen ja, dass auch das möglich ist), dann ist es wichtig, nicht einzelne probiotische Stämme zu nehmen, sondern ein Präparat mit vielen verschiedenen Stämmen. Denn in manchen Studien zeigte sich z. B. dass L. acidophilus zu einer Gewichtszunahme führen können soll. Nahm man den Stamm aber gemeinsam mit anderen Bakterienstämmen ein, dann konnte damit eine Gewichtsabnahme unterstützt werden ( 7 ).

Können Probiotika zu einer Dünndarmfehlbesiedlung führen?

Im Juni 2018 erschien im Fachjournal Clinical and Translational Gastroenterology eine Untersuchung ( 2 ), derzufolge Probiotika zu einer sog. Dünndarmfehlbesiedlung führen könnten. Dankbar griffen die Medien das Thema auf und berichteten von „der dunklen Seite der Probiotika“ ( 1 ) oder von „Der ernüchternden Wahrheit“, da „Forscher nun am Ruf der Probiotika kratzen“ würden.

Bei einer Dünndarmfehlbesiedlung kommt es zu einem Blähbauch mit Bauchschmerzen, weil die entstehenden Gase nicht abgehen, manchmal kommt es auch zu Blähungen und Durchfall. Die Symptome stellen sich deshalb ein, weil sich grosse Mengen Milchsäurebakterien (Laktobakterien) im Dünndarm aufhalten und dort unter Gasbildung Kohlenhydrate fermentieren. Dabei können – abhängig von der Art der im Probiotikum enthaltenen Laktobakterien – auch grössere Mengen D-Milchsäure entstehen.

Der Dünndarm sollte normalerweise nur von wenigen Milchsäurebakterien besiedelt werden, da deren bevorzugter Lebensraum der Dickdarm ist, wo sie keine Beschwerden verursachen.

Was sind die Folgen einer Dünndarmfehlbesiedlung?

Während nun die sog. L-Milchsäure auch vom Körper selbst im Rahmen natürlicher Stoffwechselaktionen gebildet und leicht wieder abgebaut werden kann, ist dies bei der D-Milchsäure nicht der Fall. Sie wird nur langsam abgebaut und kann über die Darmschleimhaut ins Blut gelangen und dieses ansäuern, also den pH-Wert des Blutes senken. Man spricht von einer Laktatazidose – einer Übersäuerung durch Milchsäure.

In genannter Studie hatte Dr. Satish Rao – Leiter der Neurogastroenterologie an der Augusta University in Georgia – mit seinem Team 30 Personen untersucht. 22 von ihnen litten nicht nur an einem Blähbauch und Blähungen, sondern auch an Verwirrtheit und Konzentrationsstörungen. Da sie alle auch exzessive Mengen (!) Probiotika nahmen, lag der Verdacht nahe, dass es hier einen Zusammenhang geben könnte.

Denn ausgerechnet die D-Milchsäure gilt als toxisch für die Gehirnzellen. Sie kann kognitive Störungen verursachen sowie Denkprozesse und das Zeitgefühl negativ beeinflussen. Manche der Patienten hatten zwei- bis dreimal mehr D-Milchsäure im Blut als gesunde Menschen. Ihre geistige Verwirrtheit setzte stets etwa eine halbe Stunde nach dem Essen ein (oft auch schon wenige Minuten danach) und konnte bis zu einige Stunden lang anhalten.

Problematisch ist der exzessive Einsatz von Probiotika

Rao und sein Team sind der Meinung, dass Probiotika in manchen Situationen sehr hilfreich seien, etwa zum Aufbau der Darmflora nach einer Antibiotikatherapie, bei Magen-Darm-Entzündungen oder bei einer Magen-Darm-Grippe. Sie raten jedoch von einem exzessiven und unbedachten Einsatz ab.

Nun ist natürlich von einem exzessiven Einsatz ganz gleich welcher Mittel immer abzuraten, da Überdosierungen dafür bekannt sind, Nebenwirkungen zu verursachen, die ein und dasselbe Mittel bei korrekter Dosierung eben meist nicht verursacht.

Mangelhafte Beratung von Seiten der Ärzte

„Probiotika”, so Rao, „sollten als Arzneimittel betrachtet werden und nicht als Nahrungsergänzungsmittel, das sich jeder wahllos selbst verordnet.“ Aus unserer Sicht (ZDG-Redaktion) ist jedoch leider genau DAS ein Problem.

Denn die meisten Menschen würden sehr gerne den Einsatz von Probiotika oder Nahrungsergänzungsmitteln mit ihrem Arzt besprechen, WENN sich dieser mit der Anwendung dieser Mittel auskennen und entsprechend kompetent beraten würde, was jedoch meist nicht der Fall ist. Infolgedessen bleibt der Patient auf der Suche nach hilfreichen Massnahmen sich selbst überlassen – wobei er selbstverständlich gar nicht erst auf der Suche wäre, hätte ihm die Schulmedizin mit ihren Therapien helfen können.

Wann können Probiotika zu Nebenwirkungen führen?

In Raos Studie stellten die Forscher ferner fest, dass die Einnahme von Probiotika offenbar nur in ganz bestimmten Fällen problematisch werden und zu Nebenwirkungen führen kann, nämlich insbesondere dann, wenn eine Person an einer eingeschränkten Darmmotilität (Darmperistaltik und damit einer verlängerten Darmpassagezeit) leidet, was man meist an einer Neigung zur Verstopfung erkennt.

Dies kann bei Diabetes der Fall sein oder aufgrund von Medikamenten, die die Darmmotilität verlangsamen (also verstopfend wirken), z. B. manche Antidepressiva, Parkinson-Medikamente, Diuretika (Wassertabletten) oder auch Eisenpräparate. Bei langer Darmpassagezeit aber verbleiben die eingenommenen probiotischen Bakterien zu lange im Dünndarm und können sich dort häuslich niederlassen, anstatt zügig weiter in den Dickdarm zu wandern.

Auch wenn PPI (Säureblocker) genommen werden, können Probiotika u. U. nicht mehr so gut vertragen werden und die Gefahr einer Dünndarmfehlbesiedlung wächst. Denn PPI reduzieren die Magensäure so weit, dass diese nicht mehr verhindern kann, dass übermässig viele probiotischen Bakterien in den Darm gelangen. Dies zeigt ausserdem, dass es nicht unbedingt sinnvoll ist, Probiotika in magensaftresistenten Kapseln einzunehmen.

Auch eine Operation aufgrund von Übergewicht kann zu einer Dünndarmfehlbesiedlung führen.

Kann man bei Diabetes Probiotika nehmen?

Gerade in Bezug auf einen Diabetes aber können Probiotika auch sehr hilfreich sein, denn man weiss, dass eine gesunde Darmflora vor Diabetes schützen kann, da Diabetiker nachweislich häufiger an einer Darmflorastörung leiden als gesunde Menschen. Falls hier eine Neigung zu Verstopfung (langsamer Darmpassagezeit) vorliegt, sollte erst die Verstopfung mit wirksamen Mitteln und gesunder ballaststoffreicher Ernährung behoben werden, bevor Probiotika eingesetzt werden. Auf diese Weise umgeht man die Gefahr einer Dünndarmfehlbesiedlung.

Auch kann man zunächst niedriger dosierte Probiotika wählen, wie z. B. Flüssigprobiotika, die im Gegensatz zu Kapselprobiotika eine geringere Menge probiotischer Stämme enthalten.

Eine Dünndarmfehlbesiedlung entsteht meist ohne vorherige Einnahme von Probiotika

Allerdings entsteht eine Dünndarmfehlbesiedlung in den meisten Fällen ohne die Einnahme von Probiotika. Die oben genannten Risikofaktoren reichen bereits vollkommen aus, um zu einer Dünndarmfehlbesiedlung zu führen.

Wenn Sie direkt nach den Mahlzeiten unter den oben beschriebenen Symptomen leiden (Blähbauch mit oder ohne Blähungen, Bauchschmerzen und womöglich auch Verwirrtheit und Konzentrationsstörungen), dann lassen Sie sich auf eine Dünndarmfehlbesiedlung hin untersuchen.

Eine solche kann leicht über einen Atemtest diagnostiziert werden. Meist wird dann ein Antibiotikum verordnet, dass ausschliesslich im Darm wirkt, also kaum in den Blutkreislauf aufgenommen wird. Das Antibiotikum wirkt sehr schnell und die Betroffenen sind zunächst von ihren lästigen Symptomen befreit. Oft aber kehren die Symptome nach einigen Wochen oder Monaten wieder zurück. Denn das Antibiotikum bekämpft natürlich nicht die Ursachen der Dünndarmfehlbesiedlung und zerstört überdies noch die erwünschte Dickdarmflora.

Wie man eine Dünndarmfehlbesiedlung auf naturheilkundliche Weise angehen kann, lesen Sie in unserem in Kürze erscheinenden Artikel zur Dünndarmfehlbesiedlung.

Wie kann man Nebenwirkungen von Probiotika verhindern?

Wenn Sie zu einer Risikogruppe für die Entstehung einer Dünndarmfehlbesiedlung gehören, dann gehen Sie wie unter „Kann man bei Diabetes Probiotika nehmen?“ vor.

Wichtig zu beachten

Wählen Sie keine Probiotika in magensaftresistenten Kapseln. Beginnen Sie überdies mit einer kleinen Dosierung, z. B. mit der halben vom Hersteller empfohlenen Dosis und bleiben Sie einige Tage dabei. Erst wenn diese Dosis gut vertragen wird, steigern Sie sie auf die empfohlene Dosierung.

Da Probiotika auch entgiftende Wirkung haben und somit Gifte und Stoffwechselschlacken lösen können, die dann den Organismus belasten (Erstverschlimmerung), empfiehlt sich auch die Einnahme einer bindenden Mineralerde (Zeolith, Bentonit, Heilerde). Diese Erden binden die gelösten Schlacken, so dass diese rasch mit dem Stuhl ausgeschieden werden können und daher kaum noch Beschwerden verursachen können.

Die Erden nimmt man am besten 30 Minuten vor den Mahlzeiten ein oder aber zwei bis drei Stunden nach den Mahlzeiten - und zwar ein- bis zweimal täglich jeweils 1/2 Teelöffel, eine Dosis, die langsam auf je 1 TL gesteigert werden kann.

Um die harmlosen Nebenwirkungen von Probiotika wie kurzfristige Blähungen, kurzfristiger Durchfall oder kurzfristige Verstopfung zu verhindern, nehmen Sie Probiotika bitte immer entweder kurz vor dem Essen oder zum Essen. Hier haben wir die Details zur richtigen Einnahme und Anwendung von Probiotika ausführlich besprochen.

Postbiotika: Wenn Probiotika nicht in Frage kommen

Wenn Probiotika definitiv nicht vertragen werden, können als Alternative sog. Postbiotika eingesetzt werden - inaktivierte probiotische Bakterienstämme mit ihren Metaboliten (Stoffwechselprodukten). Im vorigen Link lesen Sie alle Details zu dieser speziellen Gruppe der "Biotika". Postbiotika können jedoch auch zusätzlich, also gemeinsam mit Probiotika eingenommen werden, da sie deren Wirkung unterstützen und verstärken.

Update 26.11.2022

Wir haben den Abschnitt "Können Probiotika zu einer Gewichtszunahme führen" eingefügt.

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Wichtiger Hinweis

Dieser Artikel wurde auf Grundlage (zur Zeit der Veröffentlichung) aktueller Studien verfasst und von MedizinerInnen geprüft, darf aber nicht zur Selbstdiagnose oder Selbstbehandlung genutzt werden, ersetzt also nicht den Besuch bei Ihrem Arzt. Besprechen Sie daher jede Massnahme (ob aus diesem oder einem anderen unserer Artikel) immer zuerst mit Ihrem Arzt.