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Aminosäuren: Aufgaben, Tagesbedarf und Vorkommen

Aminosäuren sind die Bausteine der Proteine, haben aber auch noch viele weitere Funktionen im Körper. Manche Aminosäuren sind essentiell, müssen also mit der Nahrung aufgenommen werden, andere können vom Körper selbst hergestellt werden. Finden Sie bei uns alle Informationen rund um Aminosäuren und ihre Aufgaben.

Fachärztliche Prüfung: Gert Dorschner
Stand: 15 November 2024

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Aminosäuren: Die Definition

Aminosäuren (auch Aminocarbonsäuren) sind organische Verbindungen. Organisch bedeutet, dass es sich um Verbindungen handelt, die Kohlenstoff enthalten. Aminosäuren bestehen aus einem zentralen Kohlenstoffatom (C), das mit einem Wasserstoffatom (H), mindestens einer Aminogruppe (NH2), mindestens einer Carboxylgruppe (COOH) und einer variablen Seitenkette (dem sogenannten Rest) verbunden ist.

Die Art der Seitenkette entscheidet über die Art der Aminosäure. Bei der Aminosäure Glycin besteht die Seitenkette beispielsweise nur aus einem Wasserstoffatom (H). Es ist daher jene Aminosäure mit dem einfachsten Aufbau. Eine ebenfalls recht einfache Aminosäure ist Alanin. Ihre Seitenkette besteht nur aus einer Methylgruppe, also einem weiteren Kohlenstoffatom mit drei Wasserstoffatomen. Bei anderen Aminosäuren kann die Seitenkette sehr viel länger sein. Bei Lysin beispielsweise besteht sie aus vier weiteren Kohlenstoffatomen (und deren jeweiligen Wasserstoffatomen) sowie einer weiteren Aminogruppe am Ende der Kette.

Aminosäuren kommen in allen Lebewesen vor, im Menschen, in Tieren, Pflanzen, Pilzen, Viren und Bakterien. Im menschlichen Körper dienen Aminosäuren z. B. als Neurotransmitter, als Hormone, als Enzyme oder als Bausteine für Proteine.

Wie viele Aminosäuren sind bekannt?

In der Natur gibt es über 400 Aminosäuren, die in proteinogene und nicht-proteinogene Aminosäuren unterteilt werden. Die proteinogenen Aminosäuren sind die Bausteine der Proteine («-gen» bedeutet bildend, so dass proteino-gen protein-bildend bedeutet). Menschen, Tiere und Pflanzen benötigen nur 21 Aminosäuren, um Proteine zu bilden.

Nicht-proteinogene Aminosäuren haben die unterschiedlichsten Aufgaben. Das Schilddrüsenhormon Thyroxin und der Neurotransmitter GABA gehören zum Beispiel zu den nicht-proteinogenen Aminosäuren. GABA ist auch als Nahrungsergänzungsmittel gegen innere Unruhe zu haben und soll beim Abschalten helfen.

Ist ganz generell von Aminosäuren die Rede, sind damit meist die proteinogenen Aminosäuren gemeint. Auch in diesem Artikel geht es hauptsächlich um diese Gruppe der Aminosäuren.

Unterschied: Peptide und Proteine

Aminosäuren können einzeln, also frei vorliegen (freie Aminosäuren) oder sich zu langen Ketten verbinden. Sind es weniger als 100 Aminosäuren in einer Kette spricht man von Peptiden; bei mehr als 100 Aminosäuren von Proteinen. Bei den Peptiden unterteilt man in:

  1. Dipeptid: Besteht aus 2 Aminosäuren
  2. Tripeptid: Besteht aus 3 Aminosäuren
  3. Oligopeptid: Besteht aus bis zu 10 Aminosäuren
  4. Polypeptid: Besteht aus 11 bis 100 Aminosäuren

Die Aminosäureketten können dabei aus unzähligen Aminosäurekombinationen bestehen (1). Obwohl es daher nur 21 proteinogene Aminosäuren gibt, können aus diesen 21 etwa 100.000 unterschiedliche Proteine entstehen, die wiederum unterteilt werden in z. B. Transportproteine, Strukturproteine, Bewegungsproteine etc. – siehe nächster Abschnitt.

Was passiert mit Aminosäuren im Körper?

Aminosäuren gelangen meist in Form von Proteinen in unseren Körper, die während der Verdauung in einzelne Aminosäuren zerteilt werden. Diese nun freien Aminosäuren werden über die Darmschleimhaut aufgenommen und ins Blut abgegeben. (In Lebensmitteln kommen freie Aminosäuren nur in geringen Mengen vor (35) ).

Jetzt kann sich unsere Körper aus den einzelnen Aminosäuren jene Proteine bilden, die ER benötigt. Unser Organismus brauch also im Grunde keine kompletten Proteine, sondern «nur» Aminosäuren, aus denen er seine körpereigenen Proteine herstellen kann.

Zudem werden vom Körper auch bereits vorhandene Proteine ständig wieder abgebaut und erneuert, wodurch ebenfalls wieder freie Aminosäuren zur Verfügung stehen, die dann recycelt werden, also immer wieder neu zusammengebaut werden können.

Ein Teil der Aminosäuren wird aber auch direkt in der Darmschleimhaut verwendet. Die Schleimhautzellen, die der Nährstoffaufnahme und der Abwehr von Krankheitserregern dienen, sind auf eine hohe Zufuhr von Aminosäuren angewiesen und haben Vorrang vor der Muskulatur. Ein weiterer grosser Teil der Aminosäuren (etwa die Hälfte) gelangt in die Leber, da dort zahlreiche körpereigene Proteine produziert werden.

Die sogenannten verzweigtkettigen Aminosäuren Isoleucin, Leucin und Valin (mit BCAA abgekürzt für Branched Chain Amino Acids) werden dagegen vorwiegend direkt in der Muskulatur verarbeitet und dort zum Aufbau und zur Regeneration der Muskeln verwendet.

Wie werden aus Aminosäuren körpereigene Proteine hergestellt?

Die Herstellung körpereigener Proteine wird Proteinbiosynthese genannt. Es handelt sich um einen hochkomplexen Vorgang, den wir hier vereinfacht wiedergeben:

Damit ein Protein hergestellt werden kann, braucht es einen Bauplan. Dieser ist im Zellkern in Form unserer DNA gespeichert. Wird nun ein bestimmtes Protein benötigt, dann wird jener Abschnitt auf der DNA, der den jeweiligen Bauplan des gewünschten Proteins enthält, zunächst einmal «abgeschrieben». Denn der Bauplan befindet sich im Zellkern, die Proteinherstellung aber wird ausserhalb des Zellkerns im Zellplasma stattfinden – und der Bauplan darf den Zellkern nicht verlassen.

Das Abschreiben übernimmt ein Enzym (die sog. RNA-Polymerase). Sie fertigt eine Kopie des Bauplans an. Diese Kopie des benötigten DNA-Abschnitts heisst mRNA – ein Begriff, den inzwischen jeder kennt, weil der Grossteil aller Leute weltweit mittlerweile einen mRNA-Impfstoff erhalten hat. Dieser enthält die mRNA (den Bauplan) für das Spikeprotein des SARS-CoV2-Virus (das natürlich kein körpereigenes Protein ist, hier nur als mittlerweile bekanntes Beispiel für die mRNA-Funktion aufgeführt wird).

Sobald die mRNA von der RNA-Polymerase fertiggestellt ist, kommen die Ribosomen ins Spiel, kleine Zellorganellen, die nun genau nach Bauplan die einzelnen Aminosäuren zusammensetzen, bis das Protein fertig ist. Unterstützt werden sie dabei von der sog. tRNA, wobei das «t» für transfer steht. Es handelt sich um die «Handlanger» der Ribosomen, kleine Moleküle, die den Ribosomen die benötigten Aminosäuren herbeischaffen.

Welche Aufgaben haben Aminosäuren?

In Form von Proteinen haben Aminosäuren zahlreiche Aufgaben im Körper:

Transportproteine

Transportproteine schleusen andere Stoffe von A nach B, z. B.

  1. Transferrin, das im Körper Eisen transportiert
  2. Low Density Lipoprotein (LDL), das für den Cholesterintransport zuständig ist (und neben einem Protein auch aus Fetten besteht, daher das «Lipo» für Fett in der Bezeichnung)
  3. Hämoglobin, unser roter Blutfarbstoff, der Sauerstoff transportiert

Strukturproteine

Strukturproteine sind meist faserartige Proteine und daher sehr stabil, z. B.

  1. Kollagen in Knochen, Knorpeln, Sehnen und Bändern
  2. Keratin in Nägeln und Haaren (bei Tieren in Hörnern, Geweihen, Krallen, Hufen, Federn)

Manchmal werden auch die Bewegungsproteine zu den Strukturproteinen gezählt.

Bewegungsproteine

Bewegungsproteine (auch Motorproteine oder kontraktile Proteine genannt) sorgen dafür, dass sich die Muskeln bewegen können (Myosin und Actin) oder auch dass andere Strukturen im Körper zu Bewegungen fähig sind, z. B. die Flimmerhärchen in den Lungen und Atemwegen, die auf diese Weise eine Strömung entstehen lassen, mit der z. B. Schleim transportiert und schliesslich aus dem Körper entfernt (abgehustet) werden kann.

Hormone, Enzyme und Antikörper

Manche Hormone (z. B. Insulin und Glucagon), die meisten Enzyme sowie alle Antikörper zählen ebenfalls zu den Proteinen.

Was bedeutet das L vor den Aminosäuren?

Aminosäuren kommen in der sogenannten L- und in der D-Konfiguration vor, was auf ihren räumlichen Aufbau zurückgeht. Die D-Aminosäuren sind nicht proteinogen – alle proteinogenen Aminosäuren sind L-Aminosäuren. Der Einfachheit halber wird das L in Texten jedoch häufig weggelassen. Ist also beispielsweise von Tryptophan die Rede, so ist damit L-Tryptophan gemeint. Dasselbe gilt für alle anderen L-Aminosäuren.

Die Konfiguration einer Aminosäure hängt davon ab, wie die Aminogruppe räumlich zum zentralen Kohlenstoffatom angeordnet ist. Bei der L-Konfiguration (L von lat. laevo = links) befindet sich die Aminogruppe auf der linken Seite des zentralen Kohlenstoffatoms. Die D-Konfiguration (D von lat. dextro = rechts) ist spiegelbildlich dazu aufgebaut – die Aminogruppe befindet sich auf der rechten Seite des zentralen Kohlenstoffatoms.

* Hier finden Sie einen ausgewogenen Aminosäuren-Komplex

Warum kann der Körper nicht alle Aminosäuren selbst herstellen?

Manche Aminosäuren können vom Körper hergestellt werden, andere nicht. Warum aber können nur manche Aminosäuren gebildet werden? Forscher vermuten, dass der Mensch seine Fähigkeit, alle proteinogenen Aminosäuren selbst herzustellen, im Laufe der Evolution verloren hat. Auf diese Weise wird sein Energiehaushalt geschont, was einen Überlebensvorteil darstellt. Gleichzeitig ist der Mensch nun aber darauf angewiesen, diese Aminosäuren anderweitig aufzunehmen.

Zum Bedarf der einzelnen Aminosäuren finden Sie hier unsere Tabelle als PDF: Tabelle mit dem Bedarf an Aminosäuren pro Tag

Welche Aminosäuren kann der Körper nicht selbst herstellen?

Aminosäuren, die der Körper nicht selbst herstellen kann, werden unentbehrliche (früher essentielle) Aminosäuren genannt. Sie müssen mit der Nahrung aufgenommen werden.

Die unentbehrlichen/essentiellen Aminosäuren

Insgesamt gibt es 9 essentielle Aminosäuren:

  1. Isoleucin
  2. Leucin
  3. Lysin
  4. Methionin
  5. Phenylalanin
  6. Threonin
  7. Tryptophan
  8. Valin
  9. Histidin (galt früher nicht als essentiell)

Histidin wurde erst als semi-essentielle und erst später als essentielle Aminosäure klassifiziert. Aus diesem Grund wird manchmal nur von 8 essentiellen Aminosäuren gesprochen. Auf Histidin gehen wir im übernächsten Absatz genauer ein.

Welche Aminosäuren kann der Körper selbst herstellen?

Aminosäuren, die der Körper selbst herstellen kann, werden entbehrliche Aminosäuren genannt (früher nicht-essentielle Aminosäuren). Sie müssen nicht zwangsläufig über die Nahrung aufgenommen werden, kommen darin aber ebenfalls vor.

Die entbehrlichen/nicht-essentiellen Aminosäuren

Es gibt 12 nicht-essentielle Aminosäuren, wobei 8 davon häufig als semi-essentiell bezeichnet werden:

  1. Alanin
  2. Arginin (semi-essentiell)
  3. Asparagin (semi-essentiell)
  4. Asparaginsäure
  5. Cystein (semi-essentiell)
  6. Glutamin (semi-essentiell)
  7. Glutaminsäure
  8. Glycin (semi-essentiell)
  9. Prolin (semi-essentiell)
  10. Serin (semi-essentiell)
  11. Selenocystein
  12. Tyrosin (semi-essentiell)

Die semi-essentiellen Aminosäuren

Über die Einteilung der Aminosäuren herrscht in der Wissenschaft leider keine Einigkeit, weshalb sich manche Quellen in ihren Angaben unterscheiden. Einigkeit besteht immerhin darin, dass es neben essentiellen und nicht-essentiellen Aminosäuren auch sogenannte semi-essentielle Aminosäuren gibt (lat. semi = halb). Diese Aminosäuren kann der Körper normalerweise selbst herstellen, aber nicht immer. In bestimmten Situationen reicht die eigene Produktion nicht aus, weshalb semi-essentielle Aminosäuren in diesen Situationen aus der Nahrung bezogen werden müssen.

Zu den semi-essentiellen Aminosäuren werden in der Literatur stets Cystein, Tyrosin und Arginin gezählt:

Cystein

Cystein kann der Körper aus der essentiellen Aminosäure Methionin herstellen. Ist ausreichend Methionin in der Nahrung vorhanden, stellt der Körper auch ausreichend Cystein her. Wird jedoch kein oder zu wenig Methionin aus der Nahrung aufgenommen, so muss die Nahrung auch ausreichend Cystein enthalten. Da jedoch die meisten Lebensmittel, die Cystein enthalten, auch Methionin enthalten bzw. umgekehrt, nimmt man mit dem einen immer auch das andere auf. Ein isolierter Methionin- oder Cysteinmangel ist daher kaum möglich.

Tyrosin

Auch Tyrosin ist eine semi-essentielle Aminosäure. Tyrosin wird aus der essentiellen Aminosäure Phenylalanin hergestellt. Fehlt Phenylalanin, muss auch auf eine ausreichende Tyrosin-Zufuhr geachtet werden. Dies ist bei Personen mit der angeborenen Stoffwechselstörung Phenylketonurie der Fall. Sie müssen phenylalaninarm essen und daher auf eine gute Tyrosinversorgung achten. Auch kleine Kinder müssen Tyrosin aus der Nahrung beziehen, da ihnen noch ein Enzym fehlt (die sog. Phenylalaninhydroxylase), die aus Phenylalanin Tyrosin machen könnte.

Arginin

Säuglinge können Arginin nicht in ausreichender Menge selbst herstellen. Sie nehmen die Aminosäure daher über die Muttermilch auf. Aus demselben Grund wurde Histidin früher zu den semi-essentiellen Aminosäuren gezählt. Später fand man jedoch heraus, dass die körpereigene Produktion auch bei Erwachsenen nicht ausreicht und Histidin daher nicht nur von Säuglingen, sondern auch von Erwachsenen vorwiegend aus der Nahrung bezogen wird. Heute gilt Histidin deshalb für alle Menschen als essentielle Aminosäure.

Glycin, Prolin, Serin, Glutamin, Asparagin

Weiter werden in manchen Forschungsbeiträgen auch die Aminosäuren Glycin, Prolin, Serin, Glutamin und Asparagin zu den semi-essentiellen Aminosäuren gezählt, in anderen wiederum nicht – es gibt also keine einheitliche Einschätzung, ob es sich bei diesen tatsächlich um semi-essentielle Aminosäuren handelt oder nicht:

Man hat jedoch festgestellt, dass einige Bereiche des Körpers im Krankheitsfall, bei Verletzungen oder bei erhöhtem Stress nur unzureichend mit diesen Aminosäuren versorgt werden. Beispielsweise verbrauchen Krebszellen grosse Mengen an Glutamin, Serin und Asparagin (40). weshalb diese Aminosäuren in der Umgebung von Tumorzellen oft nur noch mangelhaft vorhanden (41) sind.

In manchen Situationen ist ausserdem der Bedarf an Aminosäuren erhöht ( 42 ), so dass die Produktionskapazitäten des Körpers dann nicht mehr ausreichen: Etwa haben Verbrennungsopfer oder generell Personen mit grossflächigen Verletzungen einen erhöhten Prolin- und Glutamin-Bedarf, da Prolin ein Bestandteil des Bindegewebes ist und die Wundheilung und die Gewebereparatur durch die Verbrennungen stark hochgefahren werden. Glutamin dient den Zellen des Immunsystems als Energiequelle (43), weshalb Personen mit schweren Erkrankungen häufig einen niedrigeren Glutaminspiegel (44) haben als gesunde Personen.

Weiter plädieren manche Forscher dafür, dass Glycin eine semi-essentielle Aminosäure ist (46) weil der Bedarf der Mutter ab der 35. Schwangerschaftswoche womöglich nicht mehr durch die körpereigene Produktion gedeckt werden könne. Glycin ist ein Hauptbestandteil vieler Proteine wie etwa Kollagen. Kollagen wird wiederum für die Haut, die Knochen, Knorpel, Sehnen und Bänder benötigt. Die Wissenschaftler vermuten deshalb, dass der Fötus höhere Glycin-Mengen benötige, um ausreichend Kollagen für seine Entwicklung zu bilden.

Unterschied: Semi-essentiell und bedingt-essentiell

Im deutschsprachigen Raum wird manchmal zusätzlich die Unterscheidung zwischen semi-essentiellen Aminosäuren und bedingt-essentiellen Aminosäuren getroffen:

Als semi-essentiell gelten nach dieser Unterscheidung jene Aminosäuren, zu deren Herstellung der Körper essentielle Aminosäuren benötigt. Als bedingt-essentiell bezeichnet man Aminosäuren, bei denen der Organismus nur in bestimmen Lebenssituationen nicht genügend herstellen kann.

Die Aufgaben der unentbehrlichen/essentiellen Aminosäuren

Nachfolgend gehen wir genauer auf die essentiellen Aminosäuren ein und erklären deren Aufgaben im Körper.

Isoleucin, Leucin und Valin (BCAA)

Die drei essentiellen Aminosäuren Isoleucin, Leucin und Valin sind die verzweigtkettigen Aminosäuren, die aufgrund ihres chemischen Aufbaus mit BCAA (engl. für “branched chain amino acids”) abgekürzt werden. Ihre Aufgaben sind die folgenden ( 2 ) ( 3 ) ( 4 ) ( 5 ) ( 6 ):

  1. BCAA sind zu einem Grossteil am Muskelaufbau, sowie an der Regeneration und am Erhalt des Muskelgewebes beteiligt.
  2. BCAA werden direkt in der Muskulatur verarbeitet und nicht wie die anderen Aminosäuren vorwiegend in der Leber.
  3. BCAA sind ein wichtiger Bestandteil der kontraktilen Proteine (v. a. Aktin und Myosin), die dafür sorgen, dass die Muskeln sich zusammenziehen können, wodurch der Mensch sich überhaupt erst fortbewegen kann. Etwa 35 Prozent der Proteine in den Muskeln bestehen aus BCAA.
  4. BCAA fördern die Ausschüttung des Wachstumshormons Somatotropin. Dieses regt wiederum die Muskeln, Knochen und Knorpel zum Wachstum an.
  5. Gleichzeitig senken die BCAA die Freisetzung von Cortisol (Stresshormon), was den Muskelabbau bremst und die Aufnahme von Aminosäuren in die Muskeln fördert.
  6. Wenn die Glucosereserven aufgebraucht sind (z. B. beim Ausdauer- oder Kraftsport), werden die BCAA in der Muskulatur über mehrere Zwischenstufen zur Neubildung von Glucose verwendet.
  7. BCAA stimulieren die Ausschüttung von Insulin. Insulin regt wiederum die Aufnahme von Glucose und Aminosäuren aus dem Blut in die Muskelzellen an, was den Proteinaufbau in der Muskulatur verstärkt (3).
  8. BCAA sind auch für das Immunsystem wichtig. Leucin beispielsweise kann manche Abwehrzellen (T-Zellen oder Killerzellen genannt) aktivieren. Die Forschung steht hier noch weitgehend am Anfang – klar ist jedoch, dass die BCAA die Immunfunktion massgeblich beeinflussen.
  9. BCAA müssen dem Körper alle gemeinsam zugeführt werden, um optimal wirken zu können. Für ihre Verarbeitung benötigt der Körper ausserdem noch weitere Vitalstoffe, u. a. ausreichend Biotin, Vitamin B5 und Vitamin B6.

Viele Kraftsportler nehmen BCAA als Nahrungsergänzung ein, um bessere Trainingserfolge zu erzielen. Dass die Einnahme von BCAA aber nicht in jedem Fall gesund ist, erklären wir in unserem Artikel Wer proteinarm isst, ist gesünder.

Weshalb Personen, die an Leukämie erkrankt sind, Valin meiden sollten, erklären wir Ihnen unter vorigem Link.

* Hier finden Sie einen ausgewogenen Aminosäuren-Komplex

Lysin

Die Aufgaben von Lysin sind:

  1. Lysin ist ein wichtiger Baustein verschiedenster Proteine (8), etwa für Transportproteine im Blut, Antikörper, Hormone, Enzyme, Strukturproteine der Haut, Sehnen und Knochen (z. B. Kollagen) sowie kontraktiler Proteine (z. B. Myosin und Aktin).
  2. Lysin ist ein Bestandteil von Kollagen und sorgt in dieser Funktion für die Stabilität von Bindegewebe und Gefässen. Zudem dient es als Klebstoff für Schäden an den Gefässwänden.
  3. Lysin reguliert Erkrankungen des Nervensystems (7)
  4. Lysin fördert die Kalziumaufnahme im Darm und hat damit einen positiven Einfluss auf die Zähne und Knochen.
  5. Lysin ist der «Gegenspieler» der entbehrlichen Aminosäure Arginin: So kann Arginin z. B. Herpesinfektionen befeuern, während Lysin den gegenteiligen Effekt hat. Lysin kann daher bei Herpes eingesetzt werden.
  6. Aus Lysin, Methionin und weiteren Stoffen kann der Körper den vitaminähnlichen Stoff L-Carnitin herstellen, der zu einer Steigerung der Fettverbrennung führt. Einen ausführlichen Artikel zu L-Carnitin finden Sie unter vorigem Link.

Methionin

Die Aufgaben von Methionin sind:

  1. Methionin ist eine der Hauptschwefelquelle in der menschlichen Ernährung (9). Schwefel säuert den Urin an und kann dadurch das Bakterienwachstum im Urin hemmen. Deshalb kann Methionin bei der Behandlung von Harnwegsinfekten helfen.
  2. Methionin fördert die Schwermetallentgiftung, da sich Schwefel mit Schwermetallen verbindet und so deren Ausleitung ermöglicht.
  3. Aus Methionin, Lysin und weiteren Stoffen kann der Körper L-Carnitin herstellen (siehe Link bei Lysin.)
  4. Über mehrere Zwischenschritte kann aus Methionin das Stresshormon Adrenalin, das Strukturprotein Kreatin (Bestandteil der Nägel und Muskeln) und die Aminosäure Taurin hergestellt werden.
  5. Methionin hat Auswirkungen auf die Verlängerung der Lebensspanne (10)
  6. Methionin wird benötigt, um Selen zu verwerten.
  7. Aus Methionin kann der Organismus die Aminosäure Cystein herstellen, die deshalb nicht zu den essentiellen Aminosäuren gehört. Aus diesem Grund wird der Tagesbedarf für die beiden Aminosäuren in Nährwerttabellen im Allgemeinen immer auch gemeinsam angegeben.

Weshalb Sie Methionin bei Autoimmunerkrankungen meiden sollten, erfahren Sie unter vorigem Link.

Phenylalanin

Die Aufgaben von Phenylalanin (11) sind:

  1. Phenylalanin ist die Vorstufe der entbehrlichen/nicht-essentiellen Aminosäure Tyrosin. Aus diesem Grund wird der Tagesbedarf für die beiden Aminosäuren in Nährwerttabellen meist gemeinsam angegeben.
  2. Phenylalanin ist indirekt an der Synthese vieler Hormone und Stoffe beteiligt, für die Tyrosin benötigt wird (Botenstoff Dopamin, Stresshormone Adrenalin und Noradrenalin sowie Schilddrüsenhormone Trijodthyronin (T3) und Thyroxin (T4)). Tyrosin wird ebenfalls zur Bildung von Melanin benötigt (Pigmentfarbstoff in der Haut, der für Bräune sorgt, gehäuft in Muttermalen auftritt und so für deren braune Farbe verantwortlich ist).
  3. Es wird vermutet, dass Phenylalanin als Ausgangsstoff für Tyrosin und damit auch für den Botenstoff Dopamin (löst Glücksgefühle aus und hebt die Stimmung an) bei der Behandlung von Depressionen von Bedeutung sein könnte.

Personen mit der erblichen Stoffwechselkrankheit Phenylketonurie sind nicht in der Lage aus Phenylalanin Tyrosin zu bilden, weil ihnen die passenden Enzyme fehlen. Für diese Personen wird Tyrosin zur essentiellen Aminosäure und muss über die Nahrung zugeführt werden (12). Phenylalanin muss dagegen durch eine phenylalaninarme Ernährung gemieden werden (13) damit es sich nicht im Körper anreichert und dann zu schweren Schäden im Gehirn führen kann (insbesondere im Säuglingsalter).

Was Phenylalanin mit Aspartam zu tun hat und weshalb Personen mit Phenylketonurie den Süssstoff meiden sollten, erfahren Sie unter vorigem Link.

Threonin

Die Aufgaben von Threonin sind (14):

  1. Threonin ist ein wichtiger Bestandteil vieler Proteine (u. a. von Antikörpern, Kollagen und Muzinen). Muzine sind Schleimstoffe, die von den Schleimhäuten zu deren Schutz abgesondert werden. Threonin macht 30 Prozent des Aminosäuregehalts der Darmschleimhaut aus.
  2. Threonin dient wie Lysin als Klebstoff für Schäden an den Gefässwänden. Es glättet Risse, wodurch sich keine Cholesterinablagerungen bilden können.
  3. Threonin benötigt Vitamin D, Vitamin B3 und Vitamin B6, um optimal wirken zu können.
  4. Aus Threonin können auch die semi-essentiellen Aminosäuren Glycin und Serin gebildet werden.

Tryptophan

Die Aufgaben von Tryptophan sind:

  1. Tryphtophan ist wichtig für eine gesunde Funktion der Darmschleimhaut (15) (der Wirkmechanismus ist nicht genau erforscht, jedoch wird ein Tryptophanmangel mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen in Verbindung gebracht).
  2. Tryptophan ist ein Ausgangsstoff für den Neurotransmitter Serotonin und dadurch auch für das Hormon Melatonin (das wiederum aus Serotonin hergestellt wird): Tryptophan beeinflusst damit den Schlaf-Wach-Rhythmus (16) reguliert die Stimmung, den Appetit und das Schmerzempfinden.
  3. Tryptophan ist die Vorstufe von Vitamin B3 (Niacin) (17), was bedeutet, dass Vitamin B3 unter den Vitaminen ein Sonderfall darstellt. Denn normalerweise können Vitamine nicht vom Körper selbst hergestellt werden. Allerding ist sehr viel Tryptophan nötig, um Vitamin B3 zu bilden (aus 60 mg Tryptophan kann 1 mg Vitamin B3 hergestellt werden), so dass dies nur möglich ist, wenn ausreichend Tryptophan verzehrt wird. Doch ist Tryptophan gerade jene Aminosäure, die in Lebensmitteln immer nur in kleinen Mengen vorkommt, was aber meist ausreicht (wenn nicht gerade ein Vitamin-B3-Mangel vorliegt).

Bei einem Tryptophanmangel kann es zu depressiven Verstimmungen, Ängstlichkeit und Nervosität kommen, da die Aminosäure im Gehirn für die Bildung von Serotonin benötigt wird. Tryptophan wird deshalb häufig in Form einer Nahrungsergänzung als Stimmungsaufheller eingenommen. Da Tryptophan aber nicht so leicht die Blut-Hirn-Schranke passieren kann, eignet sich bei Depressionen die Einnahme von 5-HTP besser, da dieses leichter ins Gehirn gelangt. Tryptophan müsste im Gehirn auch erst zu 5-HTP umgewandelt werden.

Histidin

Die Aufgaben von Histidin (18) sind:

  1. Histidin ist ein Bestandteil der kontraktilen Proteine Aktin und Myosin in den Muskelzellen.
  2. Histidin ist am Aufbau des Eisen-Speicherproteins Ferritin beteiligt und ist ein Bestandteil von Hämoglobin (sorgt für die rote Farbe des Blutes).
  3. Histidin ist der Ausgangsstoff für die Bildung von Histamin – einem Neurotransmitter, der Entzündungsreaktionen gegen Fremdstoffe auslösen kann, in übermässiger Menge bei Allergien. Auch bei der Histaminintoleranz ist Histamin ein Problem.
  4. Histidin verbessert die Aufnahme von Zink im Darm.

Histidin wurde früher zu den semi-essentiellen Aminosäuren gezählt, da Säuglinge und Kinder die Aminosäure nur unzureichend selbst herstellen können und sie Histidin deshalb über die Nahrung aufnehmen müssen. Später fand man heraus, dass auch der Körper von Erwachsenen Histidin nicht ausreichend herstellen kann, weshalb sie die Aminosäure auch über die Nahrung aufnehmen müssen. Aus diesem Grund wird Histidin mittlerweile den essentiellen Aminosäuren zugeordnet.

Die Aufgaben der entbehrlichen/nicht-essentiellen Aminosäuren

Nachfolgend gehen wir genauer auf die nicht-essentiellen Aminosäuren ein und erklären deren Aufgaben, Funktionen und Eigenschaften im menschlichen Körper.

Alanin

Die Aufgaben von Alanin sind (19):

  1. Alanin kann vom Körper recht leicht hergestellt werden. Er benötigt dazu lediglich das Salz der Glutaminsäure (Glutamat) und Pyruvat (entsteht im Gucosestoffwechsel: Wird Glucose «verbrannt» entstehen in der Zelle Energie (ATP) und Pyruvat).
  2. Bei Glucosemangel kann der oben beschriebene Vorgang wieder rückwärts ablaufen, so dass aus Alanin auch wieder Glucose entstehen kann.
  3. Alanin regt die Ausscheidung des Hormons Glukagon an. Glukagon ist der direkte Gegenspieler von Insulin, sorgt also für die Zuckerfreisetzung aus der Leber und erhöht somit den Blutzuckerspiegel, wenn dieser sinkt.
  4. Muskelfasern bestehen zu bis zu 6 Prozent aus Alanin.
  5. Alanin kommt in der Prostata in hohen Konzentrationen vor, so dass die Gabe von Alanin bei der gutartigen Prostatavergrösserung im Gespräch ist.

Arginin (semi-essentiell)

Die Aufgaben von Arginin sind (20):

  1. Arginin fördert die Freisetzung von Wachstumshormonen, weshalb die Aminosäure auch am Muskelaufbau beteiligt ist und gerne im Kraftsport eingesetzt wird.
  2. Aus Arginin wird Stickstoffmonoxid gebildet, das wiederum die Durchblutung reguliert und sich positiv auf das Herz-Kreislauf-System (z. B. bei Bluthochdruck) und sich auch günstig auf die erektile Dysfunktion auswirken kann.
  3. Arginin regt den Aufbau von Kollagen an und fördert dadurch die Wundheilung.
  4. Arginin regt die Bildung weisser Blutkörperchen an und unterstützt damit das Immunsystem.
  5. Bei Arginin handelt es sich um eine semi-essentielle Aminosäure. Säuglinge können die Aminosäure nur unzureichend selbst herstellen, weshalb sie auf die Zufuhr aus der Nahrung angewiesen sind.

Unseren ausführlichen Artikel darüber, wie Arginin den Muskelaufbau unterstützen und die Potenz steigern kann, finden Sie unter vorigem Link.

Asparagin (semi-essentiell)

Die Aufgaben von Asparagin sind (21):

  1. Asparagin wird mit Hilfe von Glutamin aus der Asparaginsäure gebildet und kann mit Hilfe von Enzymen auch wieder in Asparaginsäure zurückverwandelt werden (siehe nächster Absatz).
  2. Jedoch reicht die Eigenproduktion von Asparagin im Falle von Krankheiten und Verletzungen nicht aus, weshalb Asparagin ebenfalls zu den semi-essentiellen Aminosäuren gezählt wird. Asparagin muss dann aus der Nahrung aufgenommen werden.
  3. Entgiftung: Asparagin regt die Aktivität der Nieren an und gilt deshalb als blutreinigend und harntreibend.
  4. Asparagin ist ein Bestandteil von Insulin und wird somit auch für die Regulation des Blutzuckerspiegels benötigt.

Asparaginsäure

Die Aufgaben der Asparaginsäure sind (49):

  1. Die Asparaginsäure zählt gemeinsam mit der Glutaminsäure zu den wichtigsten Botenstoffen des Gehirns und beeinflusst daher die geistige und körperliche Leistungsfähigkeit.
  2. Die Asparaginsäure ist ausserdem der Ausgangsstoff für weitere Neurotransmitter (z. B. Aspartat, das gemeinsam mit Glutamat am Harnstoffzyklus beteiligt ist).
  3. Asparaginsäure dient den Schleimhautzellen des Darms gemeinsam mit der Glutaminsäure und Glutamin als Energiequelle.
  4. Asparaginsäure ist die Vorstufe des Coenzyms A, das am Abbau von Fettsäuren beteiligt ist.

Cystein (semi-essentiell)

Die Aufgaben von Cystein sind (22):

  1. Cystein ist gemeinsam mit Glycin und Glutaminsäure Bestandteil des Glutathions. Glutathion ist ein Tripeptid, was bedeutet, dass es sich um eine Verbindung aus drei Aminosäuren handelt. Glutathion ist ein körpereigenes Antioxidans, das in jeder Körperzelle vorhanden ist und die Zellen vor oxidativem Stress schützt.
  2. Cystein sorgt für die Stabilität von Strukturproteinen, wie z. B. Keratin, das in den Nägeln, Haaren und in der Haut vorkommt.
  3. Cystein ist der Vorläufer von Taurin (Taurin ist u. a. wichtig für die Herzfunktion, das Nervensystem und die Sehzellen).
  4. Cystein ist gemeinsam mit Vitamin B5 an der Bildung von Fettsäuren beteiligt.
  5. Bei Cystein handelt es sich um eine semi-essentielle Aminosäure, da sie aus der essentiellen Aminosäure Methionin hergestellt werden kann. Daneben wird sie in geringeren Mengen auch über die Nahrung aufgenommen. Sofern genügend Methionin vorhanden ist, muss Cystein jedoch nicht über die Nahrung aufgenommen werden.

Glutamin (semi-essentiell)

Die Aufgaben von Glutamin sind ( 23 ) ( 24 ) ( 40 ):

  1. Glutamin ist eine der vielseitigsten Aminosäuren und mit einem Anteil von 20 Prozent die mengenmässig bedeutendste freie Aminosäure im Blutserum. Sie kann in beinahe jeder Körperzelle verwendet werden.
  2. Glutamin ist eine wichtige Energiequelle (v. a. für die Zellen des Immunsystems und des Verdauungstrakts). Bei Unfällen und Operationen verbrauchen die Immunzellen vermehrt Glutamin, weshalb Glutamin als semi-essentiell gilt und die Aminosäure Patienten manchmal als Nahrungsergänzung vor oder nach Operationen gegeben wird.
  3. Bestandteil der Muskelzellen: Glutamin fördert den Aufbau von Muskelproteinen, unterstützt die Muskelregeneration und kann z. B. Muskelkater vorbeugen.
  4. Glutamat (Neurotransmitter und Salz der Glutaminsäure) kann zu Glutamin umgewandelt werden: Wurde Glutamat ausgeschüttet, muss es erst zu Glutamin umgewandelt werden, um wieder zurück in die Nervenzellen zu gelangen. Dort wird es dann wieder zu Glutamat umgewandelt.
  5. Glutamin ist für die Wucherung von Krebszellen erforderlich, weshalb manche Krebstherapien darauf abzielen, den Glutamintransport in die Krebszellen zu stoppen.

Glutaminsäure

Die Aufgaben der Glutaminsäure sind ( 25 ):

  1. Glutaminsäure zählt gemeinsam mit der Asparaginsäure zu den wichtigsten Botenstoffen des Gehirns.
  2. Glutaminsäure ist gemeinsam mit Cystein und Glycin and der Glutathion-Herstellung beteiligt.
  3. Die Aminosäure ist der Ausgangsstoff für den Neurotransmitter Glutamat, der mit Aspartat (Salz der Asparaginsäure) am Harnstoffzyklus beteiligt ist und wiederum die Vorstufe des Neurotransmitters GABA ist (GABA wirkt beruhigend auf das Zentralnervensystem).
  4. Die Glutaminsäure kann Glutamat zu Glutamin umwandeln.
  5. Sie ist an der Bildung von Arginin und Prolin beteiligt.
  6. Glutaminsäure bindet das Zellgift Ammoniak, wobei wiederum Glutamin entsteht.

Glycin (semi-essentiell)

Die Aufgaben von Glycin sind (27):

  1. Glycin ist gemeinsam mit der Glutaminsäure und Cystein an der Glutathion-Herstellung beteiligt.
  2. Glycin ist ein Bestandteil des Hämoglobinstoffwechsels und damit am Sauerstofftransport im Blut beteiligt.
  3. Macht ein Drittel der Aminosäuren in Kollagen aus und ist damit ein wichtiger Bestandteil der Haut, Haare, Knorpel, Sehnen und Bänder.
  4. Energiequelle: Glycin kann bei Bedarf zu Glucose umgewandelt werden und hilft somit, den Blutzuckerspiegel konstant zu halten ( 26 ).
  5. Glycin hilft bei der Fettverdauung, indem es das Absondern von Gallensäure aus der Gallenblase in den Dünndarm reguliert.
  6. Es kann als Neurotransmitter das Zentralnervensystem beruhigen und ist an der Verarbeitung von Informationen beteiligt, die ermöglichen, dass der Mensch sich bewegen sowie sehen und hören kann.
  7. Glycin gilt als semi-essentielle Aminosäure, da vermutet wird, dass die körpereigene Produktion gegen Ende der Schwangerschaft nicht mehr ausreicht.

Prolin (semi-essentiell)

Die Aufgaben von Prolin sind (28):

  1. Eines der Zwischenprodukte von Prolin (Hydroxyprolin) ist ein wichtiger Bestandteil von Kollagen (hierfür benötigt Prolin Vitamin C, um optimal zu wirken).
  2. Prolin spielt daher auch eine wichtige Rolle bei der Gewebereparatur, der Zellerneuerung sowie der Regeneration von Knochen- und Knorpelentzündungen und schützt vor Gelenk- und Kollagenabbau.
  3. Prolin kann aus Glutamat (dem Salz der Glutaminsäure) gebildet werden. Ausdauertraining, Stress, Krankheiten und Verletzungen können jedoch dazu führen, dass die Prolin-Produktion des Körpers nicht ausreicht. Daher gilt Prolin als semi-essentiell.

Serin (semi-essentiell)

Die Aufgaben von Serin sind (29):

  1. Serin ist Bestandteil der Verdauungsenzyme Trypsin und Chymotrypsin.
  2. Serin ist Bestandteil der Zellmembranen (v. a. im Gehirn), da es in die Phospholipide eingebaut wird, die die Zellen umgeben und schützen.
  3. Der Neurotransmitter Acetylcholin wird über mehrere Zwischenschritte aus Serin gebildet. Acetylcholin sorgt u. a. für die Kontraktion der Skelettmuskulatur und ist an Lernprozessen beteiligt.
  4. Serin kann sowohl aus Threonin als auch aus Glycin hergestellt werden, weshalb ein Mangel (bei gesunden Personen) selten vorkommt. Aus Serin wird wiederum Selenocystein hergestellt (siehe nächster Absatz).
  5. Im Krankheitsfall (z. B. bei Krebs) reicht die körpereigene Produktion jedoch nicht aus, weshalb Serin als semi-essentielle Aminosäure gilt.

Selenocystein

Selenocystein ist die sogenannte 21. Aminosäure und wurde erst vor rund 50 Jahren entdeckt, weshalb viele Fragen zu dieser Aminosäure noch offen sind:

Die Aufgaben von Selenocystein sind (30):

  1. Selenocystein ist ein zentraler Baustein vieler Enzyme (z. B. der Dejodase, die die Schilddrüsenhormone aktiviert).
  2. Wird aus Serin hergestellt (nicht aus Cystein, wie der Name vermuten lässt).
  3. Selenocystein enthält Selen und ist somit die einzige Aminosäure, die einen Mikronährstoff enthält.

Tyrosin (semi-essentiell)

Die Aufgaben von Tyrosin sind (31):

  1. Tyrosin ist die Vorstufe der Schilddrüsenhormone Trijodthyronin (T3) und Thyroxin (T4) und ist damit massgeblich an der Funktion der Schilddrüse beteiligt.
  2. Tyrosin ist auch die Vorstufe für den Botenstoff Dopamin, der als Neurotransmitter Glücksgefühle auslöst und die Stimmung anhebt.
  3. Tyrosin ist ebenfalls die Vorstufe für die Stresshormone Adrenalin und Noradrenalin, wodurch Tyrosin sich auch auf kognitive Funktionen auswirkt. In unserem ausführlichen Artikel über Tyrosin erfahren Sie, wie die Aminosäure etwa die Leistungsfähigkeit verbessern kann.
  4. Der Pigmentstoff Melanin wird aus Tyrosin synthetisiert. Melanin sorgt für die braune Färbung der Haut, der Muttermale, Augen und Haare.
  5. Tyrosin wird aus Phenylalanin hergestellt und gehört zu den semi-essentiellen Aminosäuren. Solange ausreichend Phenylalanin aufgenommen wird, stellt der Körper genügend Tyrosin her.

Kleine Kinder können Tyrosin nicht herstellen, da ihnen das Enzym Phenylalaninhydroxylase fehlt. Dieses Enzym wird für die Umwandlung von Phenylalanin zu Tyrosin benötigt. Auch Personen mit der angeborenen Stoffwechselstörung Phenylketonurie können Tyrosin nicht herstellen, da sie Phenylalanin nicht abbauen bzw. umwandeln können. Personen mit Phenylketonurie und Kinder müssen daher ausreichend Tyrosin über die Nahrung aufnehmen.

Tabelle: Aminosäurebedarf und Lebensmittel mit Aminosäuren

Der Tagesbedarf an essentiellen Aminosäuren ist von Aminosäure zu Aminosäure unterschiedlich. Er reicht von 4 mg pro Kilogramm Körpergewicht für Tryptophan bis hin zu 39 mg pro Kilogramm Körpergewicht für Leucin (bei Erwachsenen). Der genaue Bedarf an Aminosäuren wird jedoch kontrovers diskutiert und viele Fragen sind noch ungeklärt. (33)

Da der Körper nicht-essentielle Aminosäuren selbst herstellen kann, ist für sie kein Bedarf festgelegt. Sie sind jedoch ebenfalls und dazu noch meist in grossen Mengen in proteinhaltigen Lebensmitteln enthalten.

Im folgenden PDF finden Sie unsere Tabelle mit dem Aminosäurebedarf sowie einigen Lebensmitteln und deren Aminosäuregehalt.

Wie sind Aminosäuretabellen im Falle von Cystein und Tyrosin zu lesen?

Der Tagesbedarf für Methionin und Cystein sowie für Phenylalanin und Tyrosin wird in der Regel gemeinsam angegeben, da der Körper Methionin in Cystein und Phenylalanin in Tyrosin umwandeln kann.

Die gemeinsamen Werte beziehen sich auf die Methionin- bzw. Phenylalaninzufuhr, was bedeutet, dass man keinen Cystein- bzw. Tyrosinmangel entwickeln würde, wenn die angegebene Menge in Form von Methionin und Phenylalanin aufgenommen wird. In diesem Fall würde also auch dann kein Cystein- bzw. Tyrosinmangel entstehen, wenn überhaupt kein Cystein und Tyrosin aufgenommen würde (was aber in der Realität nicht vorkommen wird, da in jedem proteinhaltigen Lebensmittel immer auch gewisse Cystein- und Tyrosinmengen enthalten sind (34).

Personengruppen mit erhöhtem Aminosäurebedarf

Schwangere und stillende Frauen, ältere Menschen sowie Babys, Kinder und Jugendliche haben einen erhöhten Bedarf an Aminosäuren (35) (wie beim Protein). Der Tagesbedarf von Kleinkindern ist z. B. um etwa 90 % höher als der von Erwachsenen, der von Kindern um 25 % und der von Jugendlichen um 10 %. Auch Leistungssportler und Personen mit Sportverletzungen haben einen leicht erhöhten Bedarf an Aminosäuren.

* Hier finden Sie einen ausgewogenen Aminosäuren-Komplex

Wie äussert sich ein Mangel an Aminosäuren?

Aminosäuren werden für alle Körperfunktionen benötigt, weshalb sich ein Mangel auf den gesamten Körper auswirken würde. Fehlt bereits eine Aminosäure oder trifft von ihr regelmässig zu wenig im Organismus ein, so können auch die anderen Aminosäuren nur noch unzureichend zum Proteinaufbau genutzt werden. Stattdessen werden sie abgebaut und es entwickelt sich ein Proteinmangel (Eiweissmangel).

Bei einem Eiweissmangel beginnt der Körper zunächst damit, Muskelmasse abzubauen, um wieder Aminosäuren bereitzustellen. Bei länger anhaltendem Eiweissmangel reicht dies jedoch nicht aus. Nachfolgend finden Sie einige Beschwerden, die aus einem langfristigen Mangel an Aminosäuren hervorgehen können:

  1. Appetitlosigkeit
  2. Erbrechen
  3. Beeinträchtigung von Aufnahme, Speicherung und Transport von Nähr- und Vitalstoffen
  4. Verminderte Synthese von Neurotransmittern
  5. Emotionale Störungen (Stimmungsschwankungen, schwere Depressionen und Angstzustände)
  6. Reizbarkeit
  7. Schlaflosigkeit
  8. Hormonungleichgewicht (z. B. verringerte Konzentration von Insulin und Schilddrüsenhormonen)
  9. Wachstums- und Entwicklungsverzögerungen bei jungen Menschen
  10. Vermehrte Ansammlung von weissem Fettgewebe
  11. Körperliche Müdigkeit und Schwäche
  12. Libidoverlust, verminderte Fruchtbarkeit
  13. Erhöhter oxidativer Stress und die Folgen davon (schneller auftretende Alterserscheinungen, erhöhte Anfälligkeit des Immunsystems, erhöhtes Sterberisiko durch Infektionskrankheiten, Herzversagen, Bluthochdruck usw.)

Was passiert mit überschüssigen Aminosäuren?

Nehmen wir mehr Aminosäuren auf, als der Körper verwenden kann, verbrennt er sie zu Energie, da Aminosäuren nicht gespeichert werden können. Man unterscheidet zwischen glucogenen Aminosäuren und ketogenen Aminosäuren. Aus den Abbauprodukten von glucogenen Aminosäuren kann Glucose hergestellt werden. Aus den Abbauprodukten von ketogenen Aminosäuren können wiederum Ketonkörper hergestellt werden. Sowohl Glucose als auch Ketonkörper dienen dem Körper als Energiequelle. Manche Aminosäuren sind sowohl glucogen als auch ketogen.

Beim Abbau von Aminosäuren entsteht das ab einer gewissen Menge schädliche Ammoniak, das von der Leber zu harmlosem Harnstoff umgewandelt wird. Die Nieren filtern den Harnstoff aus dem Blut und geben ihn an den Urin ab, mit dem er dann den Körper verlässt.

Aminosäuren einnehmen

Wie Sie in den Absätzen „Der Proteinbedarf“ und „Der Bedarf an essentiellen Aminosäuren und in welchen Lebensmitteln sie vorkommen“ gesehen haben, haben bestimmte Personengruppen einen höheren Bedarf an Proteinen und Aminosäuren. Zudem vermutet man, dass der Aminosäurebedarf vieler Aminosäuren im Krankheitsfall höher ist (39), da die freien Aminosäuren im Körper schneller verbraucht werden.

Falls Sie denken, dass Sie über die Ernährung nicht so viele Aminosäuren aufnehmen können, wie Sie benötigen, könnten Sie in Betracht ziehen, eine Nahrungsergänzung einzunehmen. Es gibt beispielsweise Nahrungsergänzungen, die alle essentiellen Aminosäuren enthalten.

Eine Alternative wäre ein pflanzliches Proteinpulver. Unter dem vorigen Link vergleichen wir die Proteinqualität von Hanfprotein, Lupinenprotein, Reisprotein und Erbsenprotein und erklären, welches Pulver sich für wen eignet. Proteinpulver bieten den Vorteil, dass sie einfach einzunehmen sind (am besten mit pflanzlicher Milch und einer Banane mixen oder in Saft oder ins Müsli rühren) und dass die Aminosäuren darin so vorliegen, wie sie auch in der Nahrung vorkommen.

Wie Sie mit den pflanzlichen Proteinpulvern wie Hanfprotein, Reisprotein oder Lupinenprotein den Muskelaufbau unterstützen, erfahren Sie unter vorigem Link.

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Wichtiger Hinweis

Dieser Artikel wurde auf Grundlage (zur Zeit der Veröffentlichung) aktueller Studien verfasst und von MedizinerInnen geprüft, darf aber nicht zur Selbstdiagnose oder Selbstbehandlung genutzt werden, ersetzt also nicht den Besuch bei Ihrem Arzt. Besprechen Sie daher jede Massnahme (ob aus diesem oder einem anderen unserer Artikel) immer zuerst mit Ihrem Arzt.

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