Fertigsalate – Nährstoffarme Keimschleudern?
Wir alle kennen diese Tüten oder Plastikbehälter mit Fertigsalaten. Beim Kauf muss man sorgfältig den Inhalt der Behältnisse in Augenschein nehmen. Denn teilweise ist dieser alles andere als frisch - und das, obwohl das Verfallsdatum noch Tage entfernt ist. Und selbst wenn der Salat frisch aussieht, fragt man sich, ob er nach der tagelangen Lagerung in den Verpackungen überhaupt noch einen nennenswerten Nährstoffgehalt hat?
Wir haben das Thema für Sie recherchiert und erklären alles Wichtige über die Fertigsalate und was Sie bei deren Verzehr beachten sollten.
Was ist Fertigsalat oder Tütensalat?
Abgepackte Fertigsalate - auch Tütensalate genannt - sind vorgefertigte Mischungen aus verschiedenen frischen Gemüsesorten wie z. B. Blattsalaten, Karotten, Kohl oder Tomaten, die in einer versiegelten Plastiktüte oder einem anderen Plastikbehälter verpackt sind. Bei einigen Produkten werden auch Dressings oder Gewürze mitgeliefert, die meist separat vom Salat verpackt sind.
Die Fertigsalate sind in vielen Variationen erhältlich, von klassischen grünen Salaten bis hin zu exotischeren Mischungen mit verschiedenen Kräutern und Gemüsesorten.
Wie wird Fertigsalat hergestellt?
Für die Fertigsalate beginnt alles mit der Ernte: Zunächst werden die Salatzutaten im Ursprungsbetrieb geerntet und zu den Verarbeitungsbetrieben transportiert, wo sie einer ersten Kontrolle unterzogen werden, um die Qualität und Frische sicherzustellen. Der Transport erfolgt in der Regel in gekühlten Lastwägen, um die Frische der Produkte zu erhalten.
In der Verarbeitungsanlage werden die Salatzutaten mehrmals gründlich gewaschen. Dazu wird kaltes Wasser verwendet. Dieser Waschvorgang ist für die Lebensmittelsicherheit von entscheidender Bedeutung und beinhaltet manchmal auch die Verwendung von lebensmittelgeeigneten Desinfektionsmitteln wie Chlor, um die mikrobielle Kontamination zu minimieren.
Nach dem Waschen werden die Salatzutaten getrocknet und zerkleinert. Je nach Umfang der Produktion erfolgt die Zerkleinerung mit automatischen Schneidemaschinen oder in Handarbeit.
Als nächstes werden die verschiedenen Salatzutaten gemischt und schließlich in Tüten oder Behälter verpackt. Einige Hersteller verpacken die Salate unter einer Schutzatmosphäre, wobei die Luft im Inneren des Beutels in ihrer Zusammensetzung verändert wird, um die Haltbarkeit zu verlängern. Dabei wird der Sauerstoffgehalt reduziert und z. B. der Kohlendioxid- oder Stickstoffgehalt in der Verpackung erhöht. Dadurch wird das Wachstum von sauerstoffabhängigen Mikroorganismen gehemmt. Man spricht hier auch von Schutzgasverpackungen.
In einigen Fällen können Fertigsalate mit Konservierungsmitteln oder antimikrobiellen Wirkstoffen behandelt werden, um ihre Haltbarkeit zu verlängern und das Risiko einer mikrobiellen Kontamination zu verringern. Zu den üblicherweise verwendeten Konservierungsmitteln gehören Zitronensäure, Ascorbinsäure (Vitamin C) und antimikrobielle Verbindungen wie Chlorwaschmittel oder organische Säuren.
Wie lange ist Fertigsalat haltbar?
Die Fertigsalate aus der Tüte sind normalerweise innerhalb von 48 Stunden nach der Verarbeitung im Supermarkt erhältlich. Wenn die Salatblätter während des gesamten Prozesses - vom Transport über das Geschäft bis nach Hause - gekühlt bleiben, sollten sie in der Tüte etwa sieben Tage lang haltbar sein.
Die durchgängige Kühlung des Fertigsalats ist wichtig, um die Vermehrung von potentiell vorhandenen Keimen zu minimieren.
Keimbelastung von Fertigsalaten
Rohes Obst und Gemüse trägt natürlicherweise Keime auf der Oberfläche. Die meisten davon sind unbedenklich für die menschliche Gesundheit. Doch es können auch Erreger von Lebensmittelinfektionen wie Escherichia coli, Bacillus cereus, Salmonellen oder Listerien vorkommen.
Die Kontamination kann zum Beispiel durch Tier- oder Insektenkontakte, Erde, verunreinigtes Bewässerungs- und Waschwasser, unhygienische Geräte oder durch die menschliche Handhabung erfolgen.
Fertigsalate sind ein idealer Nährboden für die Vermehrung von Keimen. Die Mikrobiologin Dr. Primrose Freestone von der Universität Leicester hat mit ihrem Team nachgewiesen, dass für die Keimbelastung insbesondere der aus den Schnittstellen austretende Pflanzensaft verantwortlich ist ( 1 ).
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Salatsaft fördert Keimvermehrung
Die Wissenschaftler zeigten, dass bevorzugt Salmonellen, gefährliche Erreger von Magen-Darm-Erkrankungen, vom Salatsaft profitieren. Außerdem hilft die Flüssigkeit Bakterien dabei, an der Verpackung und anderen Materialien besser haften zu bleiben (1).
Dr. Primrose Freestone, die die mikrobiologische Studie leitete, sagte: "Salatblätter werden bei der Ernte abgeschnitten, und wir haben festgestellt, dass selbst Mikroliter der Säfte, also weniger als 1/200 Teelöffel, die aus den abgeschnittenen Blattenden austreten, das Wachstum von Salmonellen in Wasser ermöglichen, selbst wenn dieses gekühlt ist“ ( 2 ).
Die Forscher zeigten, dass die Krankheitserreger mehr als tausendmal besser wachsen, wenn sie Säfte von Salatblättern erhalten, selbst wenn die Salattüte gekühlt ist. Außerdem ergab die Studie, dass die Virulenz der Bakterien bei Kontakt mit dem Pflanzensaft zunimmt. Unter Virulenz versteht man die Fähigkeit eines Krankheitserregers Infektionen auszulösen.
Salatsaft fördert Biofilmbildung
Der aus der Schnittware ausgetretene Salatsaft förderte in den Experimenten der englischen Forscher auch die Bildung von Biofilmen auf den Salatblättern. Als Biofilm wird ein bakterieller Belag bezeichnet. Bekannte Biofilme sind z. B. der Zahnbelag ("Plaques") oder auch einfach der schmierige Film in Abflussrohren. Allein durch Waschen lässt er sich kaum entfernen.
"Diese Säfte trugen auch dazu bei, dass sich die Salmonellen so stark an den Salatblättern festsetzten, dass ein kräftiges Waschen die Bakterien nicht entfernen konnte, und ermöglichten es dem Erreger sogar, sich am Behälter der Salattüte festzusetzen", so Freestone (2).
Wie häufig ist Fertigsalat keimbelastet?
Fertigsalate in Plastikverpackungen zählen zu den häufigsten Ursachen für Lebensmittelinfektionen. Die Stiftung Warentest hat bereits 2013 in einer Untersuchung festgestellt, dass fast die Hälfte der getesteten Tütensalate zu viele Keime enthielt und keines der Produkte von guter mikrobiologischer Qualität gewesen war ( 3 ).
Auch eine dreijährige Studie des Max-Rubner-Instituts in Karlsruhe, die 2018 veröffentlicht wurde und bei der 116 verzehrfertige Mischsalate analysiert wurden, bestätigte dieses Ergebnis. 42 % der untersuchten Fertigsalate überstiegen den Grenzwert für die Gesamtkeimzahl, der von der Deutschen Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie (DGHM) definiert wird ( 4 ).
Darüber hinaus hatten 16 % der Tütensalate einen erhöhten Gehalt des Bakteriums Bacillus cereus, das Magen-Darm-Beschwerden verursachen kann. 22 % der Salate wiesen außerdem einen erhöhten Gehalt an Schimmelpilzen auf (4).
Forscher des Julius Kühn-Instituts (Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen) haben 2018 sogar antibiotikaresistente Bakterien (v. a. E. coli) auf Fertigsalaten nachgewiesen. Einige der Keime waren multiresistent, sodass verschiedene antibiotische Wirkstoffe wie z. B. Tetracyclin, Penicillin und Amoxicillin nicht gegen sie wirksam waren ( 5 ).
Solche Bakterien sind nicht nur deshalb gefährlich, weil immer weniger Antibiotika gegen sie wirken, sondern sie können auch ihre für die Resistenz verantwortlichen Gene auf andere krankmachende Bakterien übertragen und dadurch neue resistente Keime erschaffen. Ein möglicher Eintragsweg für antibiotikaresistente Keime in den Salat sind tierische Ausscheidungen, die auf den Feldern als Dünger ausgebracht werden.
Lebensmittelinfektionen durch Fertigsalate
In den letzten Jahren wurden verschiedene Ausbrüche von Lebensmittelinfektionen mit abgepackten Fertigsalaten in Verbindung gebracht. Im Folgenden stellen wir Ihnen einige Beispiele mit unterschiedlichen Erregern vor:
- Shiga-Toxin bildende E. coli (STEC) in Fertigsalaten in Schulen in verschiedenen US-Bundesstaaten: Shiga-Toxin ist ein von den Bakterien gebildeter Giftstoff. STEC-Infektionen verursachen oft starke Bauchschmerzen und blutige Durchfälle. Sie können mild bis lebensbedrohlich verlaufen. Bei dem genannten Ausbruch kam es zu zwei Todesfällen ( 6 ).
- 21 Fälle von Yersinia enterocolitica Infektionen in Norwegen ( 7 ): Yersinien können Magen-Darm-Erkrankungen auslösen und zu Symptomen wie Durchfall, Erbrechen, Fieberund Bauchschmerzen führen. Die Übertragung erfolgt oft durch Schweine ( 8 ).
- Mehrere Ausbrüche von Cyclospora cayetanensis in den USA ( Fieber ): Cyclospora cayetanensis ist ein einzelliger Parasit, der Zellen des Dünndarms infiziert und vor allem wässrigen Durchfall verursacht. Die Übertragung erfolgt fäkal-oral, vor allem über kontaminiertes Wasser und Lebensmittel ( 10 ).
- 109 Fälle von Salmonella Typhimurium Infektionen in Schweden ( 11 ): Eine Infektion mit Salmonella Typhimurium kann zu Brechdurchfällen und Fieber führen. In 10 bis 20 % der Fälle kann es auch zu einer Erregerstreuung in andere Organe kommen ( 12 ).
Nährstoffverluste beim Fertigsalat?
Durch das Waschen und Zerkleinern des Salats und die Lagerungsdauer kann es zu einem Verlust an Mikronährstoffen kommen. Dies betrifft insbesondere Vitamine, die wasserlöslich und sauerstoffempfindlich sind, wie z. B. Vitamin C und verschiedene B-Vitamine.
Eine Studie ergab z. B., dass abgepackter Spinat nach acht Tagen Kühlung fast die Hälfte seines Gehalts an Folsäure verlor ( 13 ). Eine andere Studie verglich den Verlust an Vitamin C bei verschiedenen Salatbestandteilen und zeigte, dass reifer Spinat bereits nach drei Tagen Lagerung etwa 80 Prozent seines Vitamin-C-Gehalts verlor. Im Gegensatz dazu behielt Brunnenkresse nach zehntägiger Lagerung fast 60 Prozent ihres Vitamin-C-Gehalts, und Rucola verlor statistisch gesehen nur unwesentlich an Vitamin C ( 14 ).
Schadstoffe aus der Verpackung?
Da der Salat klein geschnitten ist und daher mehr Angriffsflächen bietet, können auch Schadstoffe (z. B. Phthalate) aus der Verpackung besser in das Gemüse eindringen. Details lesen Sie in unserem Artikel Schadstoffe in Verpackungen. Hochwertige Verpackungen sind jedoch phthalatfrei. Fragen Sie im Zweifel direkt beim Hersteller nach. Wie bei allen Plastikverpackungen besteht auch beim Fertigsalat u. U. die Gefahr einer Belastung mit Mikroplastik.
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Tipps zum Umgang mit Fertigsalat
Falls Sie trotz der hygienischen Risiken nicht auf die praktischen Fertigsalate verzichten wollen, helfen Ihnen folgende Tipps, die Keimbelastung zu minimieren:
- Vermeiden Sie Tüten bzw. Verpackungen mit matschigen, bräunlich verfärbten oder welk erscheinenden Blättern oder aufgequollene Tüten. Hier ist bereits eine mikrobielle Vermehrung in vollem Gange.
- Transportieren Sie den Salat in einer Kühltasche nach Hause, damit die Kühlkette nicht unterbrochen wird. Mit jeder Stunde, die er ungekühlt gelagert wird, ist der Salat aufgrund der forcierten Keimvermehrung einen Tag kürzer haltbar (als Richtwert). Die Kühltemperatur sollte 4 °C oder kälter sein. Bei höheren Temperaturen können sich z. B. Salmonellen bereits wieder vermehren.
- Verzehren Sie den Fertigsalat so früh wie möglich, um die Lagerzeit zu verkürzen. Nach dem aufgedruckten Verbrauchsdatum sollte man den Salat nicht mehr essen.
- Waschen Sie den Salat vor dem Verzehr nochmals gründlich.
Wer sollte keine Fertigsalate aus der Tüte essen?
Um potentiell vorhandene Krankheitserreger sicher zu beseitigen, müsste das Lebensmittel erhitzt werden, was bei Blattsalaten natürlich keine Option ist. Auch sieht man den Lebensmitteln die Verunreinigung mit Krankheitserregern nicht an (erst bei fortgeschrittenem Verderb) und schmeckt sie auch nicht.
Aus diesem Grund rät das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) schwangeren und immungeschwächten Personen vom Verzehr vorgeschnittener, abgepackter Blattsalate ab. Auch kleine Kinder und alte Menschen sollten vom Verzehr absehen ( 15 ) ( 16 ).
Fazit – Verzicht auf Fertigsalate schützt Gesundheit
Grünes Blattgemüse ist wichtig für unsere Gesundheit und sollte am besten täglich auf dem Speiseplan stehen. Optimal ist der Kauf von frischen, regionalen Produkten in Bioqualität. Falls Sie dennoch auf Fertigsalate oder sonstige abgepackte Gemüse zurückgreifen möchten, dann ist es wichtig die genannten Vorsichtsmaßnahmen zu ergreifen, um das Risiko für eine Lebensmittelinfektion zu minimieren.