Was ist Wasserstoffperoxid?
Wasserstoffperoxid ist eine klare, geruchlose und farblose Flüssigkeit, die chemisch gesehen aus zwei Wasserstoff- und zwei Sauerstoffatomen besteht. Die Summenformel lautet H2O2. Wasserstoffperoxid ist also dem Wasser (H2O) von der chemischen Zusammensetzung her sehr ähnlich. Es besitzt lediglich ein Sauerstoffatom mehr pro Molekül. Die chemischen Eigenschaften unterscheiden sich jedoch deutlich vom Wassermolekül.
Wasserstoffperoxid ist im Handel, insbesondere in Apotheken, Drogerien und im Internet, in Form von wässrigen Lösungen erhältlich. Übliche Konzentrationen sind z. B. 1,5 oder 3 %. Für den industriellen Einsatz werden auch höhere Konzentrationen verwendet.
Die wässrigen Lösungen von H2O2 sind relativ stabil, jedoch zerfällt Wasserstoffperoxid im Laufe der Zeit langsam zu Wasser und Sauerstoff, besonders unter Einfluss von Licht, Wärme und Verunreinigungen. Daher ist es wichtig, Wasserstoffperoxid richtig zu lagern, um seine Stabilität zu erhalten.
Die Lagerung sollte in dunklen, gut verschlossenen Behältern erfolgen. Der Lagerort sollte kühl und vor direkter Sonneneinstrahlung geschützt sein, um den Zerfall zu minimieren. Weiterhin sollte auch das Haltbarkeitsdatum beachtet werden, da im Laufe der Zeit auch bei optimalen Lagerungsbedingungen die Konzentration sinkt.
* Hier erhalten Sie ein Büchlein mit den Anwendungsmöglichkeiten von Wasserstoffperoxid als Hausmittel.
Wie wirkt Wasserstoffperoxid?
Das zusätzliche Sauerstoffatom im Wasserstoffperoxid ermöglicht es dieser Substanz, als starkes Oxidationsmittel zu wirken. Das bedeutet, dass H2O2 Elektronen von anderen Stoffen aufnehmen kann.
Diese Eigenschaft macht es zu einem effektiven Desinfektionsmittel, da es die äußere Hülle von Mikroorganismen (bei Bakterien ist es eine Zellmembran oder Zellwand; bei Viren ist es eine Kapsel) oxidieren kann. Durch diese Oxidation wird diese äußere Hülle zerstört, was zum Absterben von Krankheitserregern wie Bakterien, Viren oder Pilzen führen kann.
Wasserstoffperoxid zählt zu den sogenannten reaktiven Sauerstoffspezies (ROS = reactive oxygen species). ROS sind Sauerstoff-enthaltende Teilchen mit einer hohen Reaktionsbereitschaft. Sie sind maßgeblich an der Entstehung von oxidativem Stress beteiligt und können in einer kettenartigen Reaktion zur Bildung zahlreicher freier Radikale führen.
Die Begriffe ROS und freies Radikal sind nicht das Gleiche. Ein freies Radikal ist ein instabiles Teilchen, dem ein Elektron in seiner Hülle fehlt. Aufgrund des fehlenden Elektrons ist das Radikal hochreaktiv und greift deshalb Moleküle in der Umgebung an. Freie Radikale, die in ihrer chemischen Struktur Sauerstoff enthalten, zählen zu den ROS.
(Hinweis: Es gibt auch freie Radikale, die keinen Sauerstoff enthalten, sondern Stickstoff. Man spricht hier von nitrosativem Stress.)
Zu den ROS zählen aber nicht nur Sauerstoff-Radikale, sondern auch Stoffe wie H2O2, die Sauerstoff enthalten und eine hohe Bereitschaft zu Oxidationsprozessen haben, ohne dass ihnen ein Elektron fehlt. H2O2 ist also ein ROS, aber kein Radikal. Es kann selbst Stoffe in der Umgebung angreifen und zudem zur Bildung von Radikalen beitragen, was den Gewebeschaden potenziert.
Wasserstoffperoxid kommt auch im Körper vor
Wasserstoffperoxid entsteht auch natürlicherweise im menschlichen Körper. Es wird während verschiedener Stoffwechselprozesse in den Zellen produziert, insbesondere bei der Zellatmung in den Mitochondrien.
Ein bekannter Ausgangsstoff für H2O2 ist das Superoxid-Anion, ein freies Radikal das während der Zellatmung entsteht und besonders reaktiv ist. Wird es nicht entgiftet, kann es in einer Kettenreaktion massive Schäden im Körper anrichten.
Das Enzym Superoxiddismutase entgiftet Superoxid-Anionen und wandelt sie in das weniger schädliche Wasserstoffperoxid um. Dieses wird schließlich durch das Enzym Katalase zu Wasser und Sauerstoff abgebaut.
H2O2 als Botenstoff
Doch Wasserstoffperoxid ist nicht nur eine schädliche Substanz, die der Körper entgiften muss. Es ist auch ein wichtiges zelluläres Signalmolekül und ist an der Steuerung von verschiedenen zellulären Prozessen beteiligt ( 1 ).
Eine gesunde Zelle, in der alle Stoffwechselvorgänge korrekt ablaufen können, verwendet H2O2 also als Botenstoff, um verschiedene zelluläre Abläufe zu koordinieren, und kann sich dabei durch antioxidative Enzyme vor den möglichen Schadwirkungen der Substanz schützen.
H2O2 als Teil des Immunsystems
Wasserstoffperoxid spielt außerdem eine wichtige Rolle in der Immunabwehr des menschlichen Körpers. Es wird von Zellen des Immunsystems, insbesondere den neutrophilen Granulozyten und Makrophagen, während der sogenannten "Respiratory Burst"-Reaktion produziert und freigesetzt.
Diese Zellen setzen H2O2 gezielt als Teil eines Mechanismus ein, um eindringende Mikroorganismen wie Bakterien, Viren und Parasiten zu zerstören. Durch die Produktion von H2O2 und weiteren ROS erzeugt das Immunsystem also eine oxidative Umgebung, die Krankheitserreger abtötet.
Herstellung von H2O2
Die industrielle Herstellung von Wasserstoffperoxid erfolgt hauptsächlich durch das Anthrachinon-Verfahren. Dabei wird die Substanz Antrachinon in einem Lösungsmittel gelöst und zunächst mit Wasserstoff versetzt. Dabei entsteht Anthrahydrochinon, das nun unter Druck mit Sauerstoff reagiert. Bei dieser Reaktion entstehen H2O2 und der Ausgangsstoff Anthrachinon.
Das Verfahren ist effizient und kostengünstig, da das Anthrachinon kontinuierlich wiederverwendet wird. Andere Methoden wie die Elektrolyse von Schwefelsäure oder die direkte Synthese aus Wasserstoff und Sauerstoff sind weniger verbreitet.
Das Anthrachinon-Verfahren gewährleistet eine zuverlässige Versorgung mit H2O2 für vielfältige Anwendungen in Medizin, Industrie und Haushalt.
Übliche Konzentrationen von H2O2
Wasserstoffperoxid wird in verschiedenen Konzentrationen hergestellt, die jeweils für spezifische Zwecke verwendet werden ( 2 ):
- 1,5 - 3 %: Diese Konzentrationen werden typischerweise zur Reinigung oder Desinfektion kleiner Wunden verwendet und sind in Drogerien und Apotheken erhältlich.
- 6 – 12 %: Diese Konzentrationen werden häufig zum Bleichen von Haaren oder Zähnen verwendet und sind in einigen Haarfärbemitteln und Zahnaufhellungsprodukten enthalten. In Deutschland sind Konzentrationen bis 12 % frei verkäuflich. Diese können z. B. über Apotheken bezogen werden.
- 30 %: 30-prozentiges H2O2 eignet sich zur Desinfektion von Gegenständen. Bei Anwendungen am Körper sollte man diese Konzentration immer verdünnen, da es zu schweren Reizungen bzw. Verätzungen kommen kann. Diese Variante ist in Deutschland nicht frei an Privatpersonen verkäuflich, sondern nur für Gewerbekunden erhältlich.
- 90 %: 90-prozentiges H2O2 ist auch als industrielles Wasserstoffperoxid bekannt und wird zur Bleichung von Papier und Textilien, zur Herstellung von Schaumgummi oder Raketentreibstoff sowie als Chlorersatz in der Wasser- und Abwasserbehandlung verwendet.
Anwendungen von Wasserstoffperoxid
Im Folgenden stellen wir möglichen Anwendungen von H2O2 im Alltag vor und erklären, worauf Sie dabei achten sollten.
* Hier erhalten Sie ein Büchlein mit den Anwendungsmöglichkeiten von Wasserstoffperoxid als Hausmittel.
Desinfektion von Gegenständen
Aufgrund seiner oxidierenden Eigenschaften eignet sich Wasserstoffperoxid zur Desinfektion. Verwenden Sie beispielsweise 3%iges H2O2 oder höhere Konzentrationen für die Desinfektion von Oberflächen oder Gegenständen.
Ideal geeignet ist dies auch für die Desinfektion der Zahnbürste. Dazu füllt man etwas 3%iges Wasserstoffperoxid unverdünnt in ein Glas und taucht den Zahnbürstenkopf für etwa 15 min hinein. Dadurch werden vorhandene Keime abgetötet und deren Vermehrung gestoppt. Dies wirkt sich förderlich auf die Mundgesundheit aus. Geeignet ist dies auch für Zahnspangen oder herausnehmbare Zahnprothesen. Vor der Benutzung sollte man den Bürstenkopf (oder sonstiges) mit Wasser abspülen.
Hier gibt es keine einheitlichen Empfehlungen, wie oft man eine solche Reinigung von z. B. der Zahnbürste durchführen sollte. Wenn Sie Probleme mit der Mundgesundheit haben, ist eine tägliche Reinigung sinnvoll, ansonsten ist z. B. einmal pro Woche ein günstiges Intervall.
Immer wieder wird auch das Sprühen von H2O2 empfohlen, um z. B. den Kühlschrank oder andere Oberflächen zu reinigen. Hierbei sollte man jedoch darauf achten, dass man den Sprühnebel nicht einatmet oder auf die Haut sprüht, da es zu Reizungen der Atemwege und der Haut kommen kann.
Bleichen und Reinigen der Wäsche
Wasserstoffperoxid hat bleichende Eigenschaften und kann unerwünschte Gerüche beseitigen. Dies kann helfen, Ihre weiße Wäsche aufzuhellen, sie frisch riechen zu lassen und Flecken zu entfernen.
Für eine Ladung weißer Wäsche können Sie eine Tasse Wasserstoffperoxid (etwa 250 ml) mit einem Flüssigwaschmittel ins Waschmittelfach geben. Alternativ können Sie auch eine Mischung aus H2O2 und Backpulver oder eine Mischung von H2O2 und einem Flüssigwaschmittel direkt auf befleckte Kleidungsstücke auftragen, kurz einwirken lassen und dann normal waschen.
Wasserstoffperoxid in der Wundheilung
Bekannt ist Wasserstoffperoxid besonders für den Einsatz zur Desinfektion kleiner Hautwunden. Da die Substanz jedoch nicht nur Mikroorganismen angreift, sondern auch gesunde Zellen schädigen kann, die für die Wundheilung wichtig sind, wird der Einsatz heutzutage kritischer gesehen.
Weder in der Human- noch in der Tiermedizin ist der Einsatz von H2O2 zur Behandlung von Wunden verbreitet. Üblich ist stattdessen die Verwendung von Jodlösung oder Wundspüllösungen mit Octenidin. Für zu Hause können auch milde Kernseifenlösungen verwendet werden.
Der Einsatz von H2O2 wird aus genannten Gründen offiziell nicht empfohlen. Erfahrungswerte beim Einsatz können hier natürlich variieren und auch die Konzentration des H2O2 und die Art der Verletzung spielen sicherlich eine Rolle. Daher möchten wir hier weder zu- noch abraten, H2O2 zur Wunddesinfektion zu verwenden. Statt H2O2 könnte man zur Wundreinigung und Desinfektion eher z. B. eine Kernseifenlösung oder Jodlösung verwenden.
Gegen Akne?
Neben der Wunddesinfektion wird H2O2 auch immer wieder zur Behandlung von Akne empfohlen. Doch auch hier gilt das Gleiche. Anstatt der potenziell reizenden Substanz, die sämtliche Zellen angreifen kann, egal ob dies Zellen der Haut oder Mikroorganismen sind, sollte man besser auf hautfreundliche Präparate zurückgreifen, die für diese Indikation gedacht sind ( 3 ).
Bei seborrhoischer Keratose?
Eine weitere mögliche Anwendung auf der Haut ist die Behandlung der seborrhoischen Keratose. Das sind gutartige Hautveränderungen, die man auch als Alterswarzen bezeichnet, da sie vor allem in der zweiten Lebenshälfte auftreten. Seborrhoische Keratosen zeigen sich als bräunliche, flächige Erhebungen auf der Haut.
Das Auftragen von 40%iger H2O2-Lösung kann Alterswarzen erfolgreich entfernen. Diese Behandlung wird natürlich nur unter ärztlicher Aufsicht durchgeführt ( 4 ). Doch auch hier ist die Verwendung von Wasserstoffperoxid nicht die erste Wahl. Stattdessen empfiehlt sich die Abtragung mit einem dermatologischen Laser.
Der Laser entfernt die Hautveränderung vollständig innerhalb weniger Sekunden. Es kommt i. d. R. zu einer schnellen Abheilung ohne Narbenbildung. Die Verwendung von H2O2 ist hingegen langwieriger. Die Substanz muss länger einwirken und man benötigt ggf. mehrere Anwendungen. Außerdem dauert die Abheilung länger und das kosmetische Ergebnis ist voraussichtlich weniger gut als mit dem Laser.
Mundhygiene
Wasserstoffperoxid eignet sich zum Einsatz als Mundspülung, da es die Vermehrung von schädlichen Keimen im Mundraum reduzieren kann. Um eine solche Mundspülung herzustellen, verdünnt man eine 3%ige Lösung mit gleichen Teilen Wasser oder verwendet direkt eine 1,5%ige Lösung.
Die Flüssigkeit wird für 30 Sekunden im Mund umher gespült und dann ausgespuckt. Ein Runterschlucken von Teilen der Spülflüssigkeit sollte unbedingt vermieden werden. Im Anschluss wird der Mund gründlich mit Wasser ausgespült. Diese Spülung kann bei Bedarf täglich durchgeführt werden und hat sich insbesondere bei Zahnfleischentzündungen bewährt.
Als Alternative oder zusätzliche Methode zur Verbesserung der Mundflora und Zahnfleischgesundheit empfehlen wir außerdem das tägliche Durchführen von Ölziehen. Unter vorigem Link erfahren Sie alles Wichtige dazu.
Zum Bleichen der Zähne
Wasserstoffperoxid ist in der Lage den Zahnschmelz aufzuhellen und wird deshalb oft in Produkten zur Zahnaufhellung eingesetzt ( 5 ). Eine mögliche Nebenwirkung ist eine erhöhte Empfindlichkeit der Zähne.
Bei unsachgemäßer Anwendung kann es auch zu einer Schädigung des Zahnschmelzes kommen. Dies spielt insbesondere bei niedrigeren Konzentrationen von Bleichmitteln, die über einen längeren Zeitraum angewendet werden, eine Rolle ( 6 ). Also z. B. bei Einsatz eines Gels zum Bleichen, das jeden Abend über 14 Tage eingesetzt wird. Dies ist ein übliches Regime zur Zahnaufhellung.
H2O2 kann überdies Füllungen und Zahnersatz angreifen und zu Reizungen mit Wärmeempfindlichkeit führen.
Falls Sie Interesse an einer Zahnaufhellung haben, sollten Sie dies in jedem Fall beim Zahnarzt durchführen lassen und nicht in Eigenregie. Der Zahnarzt wird Sie beraten und feststellen, ob eine Zahnaufhellung bei Ihnen geeignet ist und wie man diese am besten durchführen sollte.
Üblich ist es z. B., das Bleaching alle 2 bis 3 Jahre zu wiederholen. In den Wochen nach dem Bleaching sollte auf färbende Lebensmittel möglichst verzichtet werden (z. B. Kurkuma, Rote Bete).
Zu bedenken ist dabei, dass jede Bleaching-Behandlung den Zahnschmelz und das Zahnfleisch belastet. In welchem Intervall die Bleaching-Behandlung für einen Patienten geeignet ist, hängt von dessen Mundgesundheit ab und kann variieren.
Bleichmittel für die Haare
Wasserstoffperoxid ist ein häufiger Bestandteil von Färbemitteln für die Haare. Es hilft dabei die natürlichen Farbpigmente aus dem Haar zu entfernen und trägt auch dazu bei, dass die künstlichen Farbpigmente aufgenommen werden. Je stärker die Aufhellung der Haare sein soll, desto höher ist der Gehalt an H2O2 im Färbemittel.
Auch hier sollte man keine eigenen Mischungen ansetzen, sondern nur fertige Präparate entsprechend der Anleitung auf der Verpackung verwenden oder einen Friseur aufsuchen.
Reinigung der Ohren
Die Ohren sind anfällig für die Ansammlung von Schmutz. Diese Verunreinigungen zusammen mit der übermäßigen Produktion von Ohrenschmalz begünstigen die Vermehrung von Bakterien und Pilzen, wodurch das Risiko für Infektionen im Ohr steigt. Entsprechend ist es sinnvoll die Ohren regelmäßig zu reinigen.
Der medizinische Begriff für Ohrenschmalz lautet Cerumen. Wasserstoffperoxid ist ein sogenanntes Cerumenolytikum, was bedeutet, dass es Ohrenschmalz auflösen kann. Aus diesem Grund ist die Substanz mitunter in Ohrentropfen enthalten.
Man sollte natürlich nur vorgefertigte Ohrentropfen (nach ärztlicher Empfehlung) einsetzen und sich keine H2O2-Lösungen selbst zusammenmischen und ins Ohr tropfen.
Wasserstoffperoxid als Hausmittel
(Hinweis ZDG-Redaktion: Wie Sie H2O2 als Hausmittel bei verschiedenen Beschwerden einsetzen können, finden Sie demnächst an dieser Stelle. Beachten Sie aber auch dabei immer das mögliche Risiko für Nebenwirkungen bei höheren Konzentrationen. Verwenden Sie daher nie eine höhere Konzentration oder Dosis als angegeben.)
Innere Anwendung von Wasserstoffperoxid?
Einige Menschen sind der Auffassung, dass sich Wasserstoffperoxid auch zur inneren Anwendung eignen würde. Dabei werden einige Tropfen einer H2O2-Lösung mit weiterem Wasser verdünnt und dieses Gemisch dann getrunken.
H2O2 für mehr Sauerstoff im Körper?
Das H2O2-Wasser-Gemisch soll die Sauerstoffversorgung im Körper verbessern und bei einer Vielzahl an Erkrankungen helfen.
Allerdings gibt es keine wissenschaftlichen Beweise zur Unterstützung dieser Behauptungen. Stattdessen ist bekannt, dass die Produktion von H2O2 durch Krebszellen im Körper die begleitende Entzündung erhöht und die Krankheitsprogression beschleunigt ( 7 ). Letztlich ist Wasserstoffperoxid ein ROS, das entgiftet werden muss, da es sonst zu Schäden im Körper führt.
H2O2 kann beispielsweise im Magen Eisen, Fette und Ascorbat (Vitamin C) in reaktive Superoxidradikale umwandeln und so die Magenschleimhaut schwer schädigen. Wer daher H2O2 unbedingt innerlich einnehmen möchte, sollte dies keinesfalls gemeinsam mit einer Mahlzeit tun, sondenr im größtmögliche Abstand zum Essen (frühestens 3 Stunden nach einer Mahlzeit und - wenn der Magen leer ist - spätestens 30 Minuten vor der nächsten Mahlzeit.
Wenn nicht mit H2O2, wie dann für mehr Sauerstoff sorgen?
Möchte man die Sauerstoffversorgung im Organismus verbessern, dann sollte man Maßnahmen ergreifen, um die Durchblutung zu verbessern. Hierzu zählen z. B. körperliche Bewegung, Wechselbäder, Wechselduschen, Massagen, Faszienübungen, eine gesunde Ernährung, Stressreduktion und vieles mehr.
Bei der Einnahme einzelner Tropfen an stark verdünntem H2O2 ist nicht von einer gesundheitlichen Beeinträchtigung auszugehen. Nimmt man jedoch größere Mengen auf, wenn man z. B. die Mundspüllösung verschluckt, dann kann es zu ernsten Nebenwirkungen kommen.
Mögliche Schadwirkungen von Wasserstoffperoxid
Je höher das Wasserstoffperoxid konzentriert ist, desto schwerwiegender sind die möglichen Schadwirkungen, die beim Verschlucken, der Inhalation oder beim versehentlichen Kontakt mit der Haut oder den Augen auftreten können ( 8 ).
Kontakt mit der Haut
Wasserstoffperoxid reizt und verätzt auch in verdünnter Form die Haut und Schleimhaut. Die hellen Flecken an der Haut, die bei einem Kontakt auftreten, sind ein Resultat des bei der Zersetzung des H2O2 entstehenden Sauerstoffs. Dadurch entstehen Gasbläschen in den oberen Hautschichten. Diese Gasbläschen führen zu einer Embolie der Kapillaren (Gefäßverschluss), sodass die entsprechenden Hautbereiche weiß erscheinen, da ihre Blutversorgung unterbrochen ist.
Neben der verminderten Blutzufuhr trägt auch eine in Zusammenhang mit den Gasbläschen auftretende veränderte Lichtbrechung zu dem weißen Erscheinungsbild bei. Wenn das Blut wieder in die Kapillaren zurückfließt, nimmt die Haut wieder ihre ursprüngliche Farbe an. Die weißen Flecken verschwinden meist nach wenigen Minuten wieder.
Bei längerer Einwirkung von H2O2 oder höheren Konzentrationen kann es auch zu einer Schädigung der Hautoberfläche kommen mit für mehrere Tage bleibenden Rötungen und Ulzerationen (Geschwürbildung). Dies ist insbesondere bei vorgeschädigter Haut von Relevanz. Bei niedrig konzentrierten Lösungen wie 1,5 % oder 3 % sind solch gravierende Reaktionen jedoch unwahrscheinlich.
Bei ungewolltem Hautkontakt sollte man die entsprechende Stelle mit lauwarmem Wasser und Seife für einige Minuten abspülen.
Kontakt mit den Augen
Bei Kontakt mit den Augen kann es zu Reizungen des Auges bis hin zu schweren Schäden der Hornhaut und Bindehaut kommen. Die Augen sollten sofort mindestens für 15 Minuten unter fließendem Wasser gespült werden. Im Anschluss sollte ein Augenarzt aufgesucht werden.
Inhalation
Für die Reinigung von Oberflächen eignet sich das Sprühen von H2O2. Ist man hierbei nicht vorsichtig, kann es zum versehentlichen Einatmen kommen.
Dies kann auch durch das Verdampfen von H2O2 in Verneblern passieren, einer Maßnahme, die manche Personen zum Schutz vor Coronaviren durchführen, da Wasserstoffperoxid die Viren potenziell abtöten kann. Ob dies in der Raumluft tatsächlich erfolgreich klappt, ist unklar. Viel eher gefährdet man mit solchen Maßnahmen seine Gesundheit und sollte besser davon absehen.
Beim Einatmen der Dämpfe können Reizungen der Schleimhäute bis hin zu einem Lungenödem auftreten. Mögliche Symptome sind Halsschmerzen, Husten, Übelkeit, Schwindel, Kopfschmerzen und Kurzatmigkeit. Wer Wasserstoffperoxid eingeatmet hat, sollte umgehend einen Arzt kontaktieren.
Verschlucken
Das versehentliche Verschlucken einer kleinen Menge (z. B. ein kleiner Schluck) an dem im Haushalt üblichen 3%igen H2O2 verursacht in der Regel nur leichte Symptome wie Blähungen, leichte Magenschmerzen und in einigen Fällen Erbrechen.
Das Verschlucken größerer Mengen oder höherer Konzentrationen von Wasserstoffperoxid kann jedoch zu schwerwiegenden Komplikationen führen. Durch die Freisetzung von Sauerstoff im Magen kann es zu einer Überdehnung kommen. Bei gleichzeitiger Schaumbildung besteht die Gefahr des Erstickens.
Weiterhin kann es zu Verätzungen im Mund und Rachen, in der Speiseröhre, im Magen und im Dünndarm kommen. Im schlimmsten Fall kann dies sogar zur Perforation führen, was lebensbedrohlich ist.
Weiterhin kann es zu einem Übertritt von großen Mengen an Sauerstoff ins Blut kommen. Dies kann zu einer sogenannten Gasembolie führen. Damit ist gemeint, dass Ansammlungen von Gasbläschen in Blutgefäßen den Blutfluss stören, bis hin zum Gefäßverschluss. Dies kann im Schlimmsten Fall zum Herzinfarkt, Schlaganfall oder zur Lungenembolie führen ( 9 ).
Das ungewollte Verschlucken größerer Mengen oder höher konzentrierter Lösungen kann also ein medizinischer Notfall sein.
Laut einer retrospektiven Studie wurden in einem Zeitraum von zehn Jahren (2001 – 2011) 294 Menschen in den USA durch das Trinken von Wasserstoffperoxid vergiftet. Von diesen 294 Personen zeigten 41 Anzeichen von Embolien. Dazu zählen z. B. das Auftreten von Krampfanfällen, ein veränderter Bewusstseinszustand, Atemnot bis hin zum Schlaganfall. 20 Personen starben oder hatten eine bleibende Behinderung ( 10 ).
Die Personen hatten sich vergiftet in der Annahme, sie würden ihrer Gesundheit etwas Gutes tun. In einigen Fällen kam es auch zu einer versehentlichen Aufnahme von H2O2, wenn die Personen höher konzentrierte Lösungen für andere Anwendungen im Haushalt hatten.
Bei Schlaganfall - zu viel Wasserstoffperoxid im Gehirn
Eine EU-finanzierte Studie an Mäusen hat gezeigt, dass körpereigenes H2O2 ein vielversprechendes Zielmolekül für die Entwicklung von Medikamenten zur Behandlung von Schlaganfällen sein könnte.
Schlaganfälle entstehen durch eine Unterbrechung der Blutversorgung des Gehirns, was zu oxidativem Stress und Zellschäden führt. Wasserstoffperoxid spielt eine Schlüsselrolle bei diesen oxidativen Prozessen, da es in übermäßigen Mengen toxisch auf die Gehirnzellen wirkt.
H2O2 entsteht in größerer Menge im Gehirn nach einem Schlaganfall, was zu vielfältigen Schäden im Nervensystem führen kann. Zur übermäßigen Entstehung von H2O2 kommt es u. a. durch die Aktivität des Enzyms NOX4.
Die Forscher zeigten, dass das Abschalten des Gens für NOX4 die Folgen eines Schlaganfalls bei den Tieren deutlich reduzierte. Außerdem konnte gezeigt werden, dass ein Wirkstoff zur Hemmung des aktiven Enzyms, die gleichen Effekte hat. Die Hemmung der übermäßigen Bildung von H2O2 im Gehirn scheint eine vielversprechende Therapieoption, um die Folgeschäden eines Schlaganfalls zu reduzieren ( 11 ).
Fazit – Wasserstoffperoxid: vielseitig, aber mit Risiken
Wasserstoffperoxid hat viele Einsatzgebiete, insbesondere eignet es sich zur Desinfektion von Gegenständen und ist ein wichtiger Bestandteil von Präparaten zum Färben der Haare oder zur Zahnaufhellung.
Der medizinische Einsatz in der Hausapotheke, wie z. B. die Desinfektion von Hautwunden, ist nicht mehr unbedingt als eine Methode der ersten Wahl anzusehen. Hier gibt es bessere Alternativen, die im Gegensatz zu H2O2 gesunde Zellen nicht beeinträchtigen.
Der medizinische Einsatz von Wasserstoffperoxid, z. B. für die Mundgesundheit oder als Ohrspüllösung, sollte also idealerweise nur unter ärztlicher Anleitung erfolgen und man sollte hier nicht selbst „rumdoktern“. Eine zu hohe Dosierung kann schließlich schwerwiegende Nebenwirkungen hervorrufen.