Nikotin macht süchtig
Nikotin kann zweifelsohne süchtig machen. Deshalb fällt es Rauchern auch oft so schwer, mit dem Rauchen aufzuhören, auch wenn sie es gerne wollten. Nicht selten aber erzählen ehemalige Raucher, sie hätten von einem Tag auf den anderen das Rauchen an den Nagel gehängt. Die Erklärung dafür ist einfach: Menschen sind unterschiedlich und reagieren auch auf potenzielle Suchtmittel verschieden.
Allerdings sind Menschen, die problemlos mit dem Rauchen aufhören können, eher in der Minderheit. Jene, die in der westlichen Welt als süchtig gelten, machen hingegen 75 Prozent aller Raucher aus (6).
In Indien ergab eine Untersuchung von Bauarbeitern, dass es 60 Prozent der Raucher (91 Prozent der Bauarbeiter rauchten) schwer fiel, nicht zu rauchen (7).
64,6 Prozent der aktuellen deutschen Raucher versuchte schon einmal, das Rauchen aufzugeben, was aber nicht klappte (8). Nur weil es also einigen Menschen gelingt, mit dem Rauchen aufzuhören, ist dies kein Grund dafür, das Suchtpotenzial von Nikotin grundsätzlich anzuzweifeln. Der Stoff ist und bleibt für die meisten Konsumenten ein Suchtmittel - noch dazu ein äußerst ungesundes, wie die nachfolgenden Informationen zeigen.
Krebs kann sich besser ausbreiten
Tabak gilt als eine der wichtigsten Krebsursachen weit und breit. Die enthaltenen polyzyklischen Kohlenwasserstoffe und tabakspezifischen Nitrosamine (TSNA) sind starke Krebserreger. Ob Nikotin ebenfalls an der Krebsentstehung beteiligt ist, war lange nicht geklärt. Daher ging man auch davon aus, dass E-Zigaretten viel harmloser seien als Tabak. Denn sie enthalten den besagten Stoff zwar, nicht aber die tabaktypischen Krebserreger.
Mittlerweile mehren sich die Hinweise darauf, dass Nikotin im Körper durchaus zu Krebs führen kann. Der Stoff scheint zahlreiche Vorbereitungen dafür zu treffen, damit sich der Krebs erst so richtig wohl fühlt.
So kann er beispielsweise einen bestehenden Krebs verschlimmern, er kann die Metastasenbildung beschleunigen und auch die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass ein bereits als besiegt geltender Krebs wieder zurückkommt (4).
Genauso hat sich gezeigt, dass Krebstherapien in Gegenwart von Nikotin nicht so gut anschlagen. Der Stoff versucht den Krebs also regelrecht zu schützen (3).
Meist hatte man sich in der Vergangenheit auf das Suchtpotential des Nikotins konzentriert und dabei ganz die zelltoxischen und krebsfördernden Auswirkungen des Stoffes aus den Augen verloren.
Chronische Entzündungen entstehen
Eine Studie am Laboratory for Molecular Infection Medicine Sweden (MIMS) der schwedischen Umeå University hat im Juni 2016 einen Zusammenhang zwischen Nikotin und Entzündungsprozessen festgestellt.
Der Suchtstoff – so die Forscher – aktiviere ganz massiv bestimmte Abwehrzellen, die sog. neutrophilen Granulozyten. Es handelt sich dabei um die am häufigsten vorkommenden weißen Blutzellen. Sie zirkulieren im Blut, ständig auf der Suche nach Bakterien oder anderen körperfremden Eindringlingen, die es auszuschalten gilt.
Ihre Munition besteht aus sog. NETs (von engl.: Neutrophile Extracellular Traps), die sie beim Auftauchen eines Feindes in großer Zahl ausschütten und mit denen sie diesen unschädlich machen können (2).
Da aber nun nicht nur einmal pro Monat geraucht oder gedampft wird, sondern meist täglich, werden auch die NETs nicht nur einmalig oder nur über einen kurzen Zeitraum hinweg ausgeschüttet, sondern dauerhaft.
Und auch wenn NETs ursprünglich dafür da sind, den Körper zu schützen, können zu große NET-Mengen dem Körper auch schaden. Die permanente und vom Nikotin verursachte Dauerbelastung des Organismus mit NETs führt jetzt zu Gewebeschäden, infolgedessen zu chronischen Entzündungen und erklärt die gefährlichen Folgen des Nikotinkonsums für die menschliche Gesundheit.
Nikotin: Mitauslöser von schweren Lungenkrankheiten
Bekannt ist längst, dass das Rauchen und auch das Passivrauchen schwere chronisch entzündliche Lungenerkrankungen auslöst – wie zum Beispiel die COPD, die chronisch obstruktive Lungenkrankheit, die inzwischen 10 Prozent der erwachsenen westlichen Bevölkerung betrifft und zu einem langen qualvollen Tod führt.
Jetzt ist klar, dass an diesem Problem das Nikotin einen wesentlichen Anteil trägt – und nicht nur das Rauchen gefährlich ist, sondern das Dampfen mit entsprechenden Liquids ebenso.
Falls Sie sich für weitere gesundheitliche Folgen des Dampfens interessieren, möchten Sie vielleicht am Ende dieser Seite weiter lesen:
- E-Zigaretten: Schädlich für das Immunsystem
- E-Zigaretten: Schädlich oder eine Alternative
- E Zigaretten – Schädlich und zudem krebserregend
Und wenn Sie ein für allemal die Nase voll haben und das Rauchen bzw. Dampfen aufgeben möchten, finden Sie sicher am Ende dieser Seite den einen oder anderen wertvollen Tipp: Aufhören zu rauchen
Nikotin und Nikotinsäure: Der Unterschied
Gelegentlich wird behauptet, Nikotinsäure und Nikotin seien fast dasselbe. Da Nikotinsäure die Bezeichnung für Vitamin B3 (auch Niacin genannt) ist, würde das natürlich bedeuten, dass Nikotin eine sehr hilfreiche Substanz ist, was natürlich nicht der Fall ist.
Nikotinsäure (Vitamin B3) wurde deshalb auch in Niacin umbenannt, damit man eben nicht zu diesem Fehlschluss kommen kann. Der Name Nikotinsäure entstand auch nur deshalb, weil man die Nikotinsäure herstellen kann, wenn man Nikotin mit Salpetersäure vermischt und letzteres ersteres oxidiert. Im Körper aber entsteht aus Nikotin kein Vitamin B3!
Es handelt sich um zwei verschiedene Verbindungen. Sie unterscheiden sich in ihrer chemischen Struktur und in ihrer Funktion bzw. Wirkung.
- Nikotinsäure ist ein essenzielles Vitamin, dessen Fehlen zu einem Mangel führt (Pellagra) und die folgende chemische Formel hat: C 6H 5NO 2.
- Nikotin hingegen ist ein Alkaloid, welches insbesondere in der Tabakpflanze (Nicotiana tabacum) vorkommt und diese chemische Formel hat C 10H 14N 2. Wer kein oder zu wenig Nikotin zu sich nimmt, wird keine Mangelerscheinungen entwickeln.
"Nikotin macht doch gar nicht süchtig!"
Manchmal wird behauptet, Nikotin mache gar nicht süchtig, sondern andere Stoffe, die im Tabak enthalten seien, sog. MAO-Hemmer (Monoaminooxidase-Hemmer) (9) - so z. B. Wikipedia anhand einer Studie mit Ratten und Mäusen aus dem Jahr 2006.
Eine einzelne Tierstudie dürfte jedoch als Beleg eher unzureichend sein. Zumal eine Übersichtsarbeit von 2016 kaum Belege für die Hypothese fand, dass MAO-Hemmer die Suchtwirkung verstärken (10).
Eine kleine Studie hingegen lässt vermuten, dass E-Zigaretten sogar ein höheres Suchtpotenzial besitzen als klassische Zigaretten - und das obwohl sie keinen Tabak und keine MAO-Hemmer enthalten, jedoch Nikotin (11).
So macht Nikotin süchtig
Der auch weiter im Kapitel Long Covid beschriebene Mechanismus (Nikotin dockt an nikotinische Acetylcholinrezeptoren an) ist mit ein Grund für das Suchtpotenzial des Nikotins.
Nikotin führt zur Überaktivierung des Nervensystems
Nikotin dockt stärker an den Rezeptoren an als das vom Körper ursprünglich für diese Rezeptoren gedachte Acetylcholin.
Während Acetylcholin nur kurzzeitig an den Rezeptor bindet und dann schnell wieder abgebaut wird, ist das bei Nikotin anders. Es bleibt viel länger am Rezeptor und aktiviert ihn stärker und länger als Acetylcholin.
Dies führt zu einer Überstimulation und Überaktivierung des Nervensystems, insbesondere in den Belohnungszentren des Gehirns.
Nikotin setzt große Mengen Dopamin frei
In bestimmten Gehirnregionen (z. B. im Nucleus accumbens, dem „Belohnungszentrum“) bewirkt Nikotin eine verstärkte Dopaminfreisetzung. Dopamin ist der „Glücksstoff“, der für Wohlbefinden und Motivation sorgt.
Diese starke Dopaminfreisetzung macht süchtig nach dem jeweiligen Stoff - hier Nikotin. Denn das Gehirn bekommt mit jedem Konsum ein „Belohnungssignal“ und das Verlangen nach Nikotin wächst.
Langfristige Veränderung der Rezeptoren (Toleranzbildung)
Durch den häufigen Kontakt mit Nikotin verändern sich die Rezeptoren. Die Anzahl der Rezeptoren kann zunehmen, weil der Körper versucht, die Überstimulation auszugleichen. Gleichzeitig werden die Rezeptoren weniger empfindlich für Acetylcholin.
Das bedeutet: Ohne Nikotin fühlt sich der Raucher/Nikotinkonsument schlechter und es entstehen Entzugserscheinungen (z. B. Nervosität, Reizbarkeit, Konzentrationsprobleme).
Ist Nikotin essenziell?
Manche Podcaster (Stew Peters/Bryan Ardis) verbreiten Informationen, denen zufolge Nikotin essenziell, also sogar notwendig sei für eine stabile Gesundheit. Dafür gibt es jedoch keine zuverlässigen Quellen/Belege.
Nikotin kann Long Covid therapieren
Auch wird gesagt, Nikotin eigne sich zur ursächlichen Behandlung von Post oder Long Covid. Dies ist tatsächlich in ersten Studien überprüft worden.
Hier wird Nikotin aber ganz einfach als Medikament eingesetzt. Betroffene haben also nicht etwa einen Nikotinmangel, sind deshalb anfällig für Long Covid und werden nun durch die Behebung des vermeintlichen Mangels wieder geheilt.
Es verhält sich hingegen folgendermaßen:
Das SARS-CoV-2-assoziierte Spike-Glykoprotein (SGP) bindet u. a. an den nikotinischen Acetylcholinrezeptor (nAChR) (kurz: Nikotinrezeptor). Diese Rezeptoren sind wichtig für eine reibungslose Kommunikation zwischen den Nervenzellen.
Wenn das Spikeprotein an diese Rezeptoren andockt, wird die Signalübertragung gestört, was zu den typischen Long-Covid-Symptomen führt (Gehirnnebel, Muskelschwäche, Stimmungsschwankungen und autonome Störungen (wie Herzrasen oder Verdauungsprobleme)).
Normalerweise benutzt der Körper den Botenstoff Acetylcholin, um diese Rezeptoren zu aktivieren. Doch hat Nikotin eine bis zu 30-mal stärkere Bindungskraft an diese Rezeptoren als Acetylcholin. Daher wird nun vermutet, dass Nikotin das Virus vom Rezeptor verdrängen kann, sodass die Nervenkommunikation wieder normal funktioniert.
(Diese stärkere Bindungskraft von Nikotin an den nikotinischen Acetylcholinrezeptor (nAChR) ist ein zentraler Mechanismus der Nikotinabhängigkeit - siehe weiter oben "So macht Nikotin süchtig").
Update 7.9.2023
Wir fügten den Abschnitt "Nikotin und Nikotinsäure: Der Unterschied" hinzu.
Update 31.1.2025
Wir fügten den Abschnitt "Nikotin ist essenziell und kann heilen" hinzu sowie den Abschnitt "So macht Nikotin süchtig".