Wie kann man den Biofilm im Darm entfernen?
Bevor man sich Maßnahmen sucht, die den Biofilm im Darm entfernen könnten, gilt abzuklären, wie weit Biofilme überhaupt verbreitet sind. Hat jeder einen Biofilm im Darm? Oder haben ihn vielleicht nur Kranke, also Menschen mit Beschwerden?
Auch stellt sich die Frage, ob jeder Biofilm schädlich ist oder ob vielleicht auch nützliche Bakterien einen Biofilm bilden. Dann sollte man ihn auch nicht in jedem Fall entfernen.
Eine weitere Frage ist, ob die zur Entfernung des Biofilms angepriesenen Kuren nachweislich wirken und welche anderen Mittel es gibt, die helfen könnten.
Was ist ein Biofilm?
Ein Biofilm ist eine Gemeinschaft von Mikroorganismen (Bakterien, Pilzen oder Algen), die sich auf Oberflächen ansiedeln, sich dort fest anheften (z. B. an der Darmschleimhaut) und eine schleimige Substanz um sich herum bilden (eine Matrix aus Polysacchariden, Proteinen (z. B. Fibrin) und DNA).
Diese Matrix schützt die Bakterien so gut, dass sie weder von Medikamenten (Antibiotika) noch von den Immunzellen des körpereigenen Abwehrsystems erreicht und bekämpft werden können.
Woraus besteht der Biofilm?
Bei den Bakterien im Biofilm handelt es sich meist um eine Mischung verschiedener Mikroorganismen. Dennoch kann die eine oder andere Art darin überwiegen, z. B. Staphylokokkus aureus oder Pseudomonas aeruginosa.
Die schleimige Matrix des Biofilms besteht aus:
Polysacchariden
Polysaccharide sind Zuckerstrukturen, die die Bakterien wie Klebstoff zusammenhalten.
Fibrin
Fibrin ist ein Protein, das typischerweise bei der Blutgerinnung beteiligt ist. Es kann aber auch in Biofilmen vorkommen und hilft dabei, den Film stabil zu halten.
DNA
DNA ist meist die Erbsubstanz im Zellkern von Zellen. Bei Biofilmen handelt es sich um extrazelluläre DNA. Es ist die bakterieneigene DNA, die meist aus abgestorbenen Bakterien freigesetzt wurde und den Biofilm festigt sowie dabei hilft, dass er an Oberflächen haften bleibt.
Schwermetalle
Die oben beschriebene Matrix kann Schadstoffe binden, darunter auch Schwermetalle wie Quecksilber, Blei, Cadmium oder Arsen - einerseits, weil die beteiligten Bakterien oft negative Ladungen an ihren Zellwänden aufweisen, die positiv geladene Ionen wie Schwermetalle anziehen und binden, andererseits weil Biofilme eine große Oberfläche und eine hohe Bindungskapazität haben.
Wo kommen Biofilme vor?
Jeder hat schon einmal Biofilme gesehen oder gefühlt, beispielsweise die schleimigen Beläge im Abfluss oder auch an den Stängeln von Blumen, die schon länger in der Vase stehen.
Im menschlichen Körper
Im menschlichen Körper ist der Zahnbelag der wohl bekannteste Biofilm. Doch kann es auch in der Blase, den Nasennebenhöhlen, den Lungen und eben auch im Darm zur Bildung eines Biofilms kommen.
In welchen Darmabschnitten?
In einer Studie überprüfte man mittels spezieller Methoden bei der Darmspiegelung das Vorkommen von Biofilmen bei Patienten mit Reizdarmsyndrom bzw. Colitis ulcerosa.
Am häufigsten konnte ein Biofilm im Blinddarm (bei 72 % der Patienten) und im letzten Stück vom Dünndarm (terminalen Ileum) (71 %) beobachtet werden (5).
Bei vielen Personen war die Matrix auch im aufsteigenden Dickdarm (45 %) zu finden, in geringerem Maße im Querdickdarm (18 %), im absteigenden Dickdarm (11 %), im Sigmadarm (8 %) und im Enddarm (6 %) (5).
Auf Implantaten
Auch auf medizinischen Geräten wie Herzklappen, Kathetern und Implantaten können sich Biofilme bilden, was zu schwerwiegenden Infektionen führen kann (9). Wenn beispielsweise künstliche Herzklappen betroffen sind, kann es zu einer Prothesenendokarditis kommen, einer Infektion der Herzklappenprothese (1 - 6 % der Patienten mit Klappenprothesen sind betroffen).
Welche Bakterien bilden den Biofilm?
Sowohl schädliche als auch nützliche (probiotische) Bakterien können Biofilme bilden.
Schädliche biofilmbildende Bakterien
Pseudomonas aeruginosa ist ein typischer Krankenhauskeim, der schwer zu behandeln ist, weil er dichte Matrixen bildet. Er verursacht Lungeninfektionen, Wundinfektionen und Infektionen auf medizinischen Geräten.
Staphylococcus aureus kommt ebenfalls auf medizinischen Geräten bzw. Implantaten vor. Er führt zu chronischen Infektionen und ist häufig resistent gegen Antibiotika.
Bestimmte Stämme von Escherichia coli können ebenfalls hartnäckige Matrixen bilden.
Nützliche (probiotische) biofilmbildende Bakterien
Bei probiotischen Bakterien (Lactobacillus reuteri, L. rhamnosus, L. plantarum, L. fermentum, Bifidobacterium longum, Streptococcus thermophilus) sind die Biofilme erwünscht, da diese schädliche Mikroben verdrängen und die Darmbarriere schützen (6).
Gleichzeitig wird bei einer erforderlichen Antibiotikatherapie die Darmflora nicht so sehr in Mitleidenschaft gezogen. Siehe auch weiter unten unter "Sind Biofilme immer schädlich?"
Bei welchen Krankheiten sind Biofilme beteiligt?
Biofilme spielen bei einigen Krankheiten eine große Rolle, z. B. bei Mukoviszidose, einer erblich bedingten Stoffwechselerkrankung, bei der zäher Schleim die Bauchspeicheldrüse und die Bronchien verstopft. Hier finden sich Biofilme aus Pseudomonas aeruginosa häufig in den Atemwegen und erschweren die Therapie maßgeblich.
Auch bei Borreliose, Lupus erythematodes und chronischen Darmerkrankungen (Reizdarmsyndrom und chronisch entzündliche Darmerkrankungen wie Morbus Crohn und Colitis ulcerosa) sind Biofilme beteiligt sowie bei Mittelohrentzündung, chronischer Prostatitis und Parodontitis.
Oft ist nicht geklärt, ob die Bakterienmatrix ursächlich wirkt oder lediglich als Folge der ohnehin bestehenden chronischen Entzündungen erst entsteht und dann die Symptomatik der jeweiligen Erkrankung verschlimmert.
Was sind die Ursachen und Folgen?
Ursachen und Folgen können identisch sein und nicht immer ist klar, wer zuerst da war, der Biofilm oder das ungünstige Darmmilieu.
Denn eine Dysbiose (Darmflorastörung), chronische Entzündungen, ein geschwächtes Immunsystem und ein Leaky Gut Syndrom können das Wachstum von Biofilmen fördern.
Umgekehrt kann auch ein bestehender Biofilm Entzündungen verstärken, die Darmflora verändern und die Darmschleimhaut schädigen. Er kann die Darmbarriere durchlässiger machen, was zu einem Leaky Gut Syndrom führt und Autoimmunreaktionen begünstigt.
Biofilmzellen können sich vom ursprünglichen Ort ablösen (z. B. von Implantaten) und an anderen Stellen im Körper zu Problemen führen, etwa zu Blut- und Harnwegsinfektionen oder sogar Embolien auslösen.
Innerhalb der schützenden Matrix können die Bakterien auch sog. Resistenzplasmide austauschen und auf diese Weise für eine verstärkte Resistenz gegen Medikamente sorgen.
Die Bakterien bilden schädliche Endotoxine, die die Gesamtgesundheit des Wirts schwächen.
Hat jeder Mensch einen Biofilm im Darm?
Manche Händler/Hersteller von Darmkuren, die angeblich Biofilme entfernen können, vermitteln den Eindruck, nahezu jeder Mensch habe heutzutage einen schädlichen Biofilm im Darm und müsse diesen entfernen – am besten einmal jährlich.
Entsprechende Kuren werden von den Händlern daher jedem nahegelegt, also nicht nur Personen, die chronisch krank sind oder Verdauungsbeschwerden haben, sondern auch Menschen, „die sich ein starkes Immunsystem wünschen“ oder auch einfach nur „ihre Gefäße und Nervenzellen gesund erhalten möchten“.
Die Kuren haben aus unserer Sicht (ZDG) sicher auch einen positiven Einfluss auf den Darm und die Allgemeingesundheit, ob sie dies aber haben, weil sie den Biofilm entfernen, darf bezweifelt werden. Auch hat nicht jeder Mensch einen Biofilm im Darm.
Nicht jeder hat einen Biofilm
In einem Artikel von 2018 im Fachjournal Trends in Microbiology heißt es zum Beispiel, dass nicht alles, was sich an die Darmwand heftet, gleich ein Biofilm ist (3).
Eine beeinträchtigte Darmschleimhaut, eine Dysbiose (Darmflorastörung) und entzündliche Prozesse können auch ganz ohne schädlichen Biofilm vorhanden sein, können aber natürlich dennoch von Darmkuren profitieren – aber nicht, weil diese den Biofilm entfernen, sondern weil sie zur Regeneration der Darmschleimhaut beitragen, zum Aufbau einer gesunden Darmflora und weil sie entzündungshemmend wirken.
Bei Gesunden haben nur 6 Prozent einen Biofilm
In einer Studie von 2021 untersuchte man in Österreich und Deutschland, bei welchen Personen Biofilme im Darm vorliegen (5). Es zeigte sich: Nicht einmal alle Personen mit Darmerkrankungen hatten einen Biofilm.
- Bei den Reizdarm-Patienten waren es 57 Prozent, die einen Biofilm hatten.
- Bei den Colitis-ulcerosa-Patienten waren es 34 Prozent.
- Bei den Patienten mit Adenom 13 Prozent.
- Bei Personen mit Dickdarmkrebs 10 Prozent.
- Bei Personen mit Divertikeln 4 Prozent.
- Bei gesunden Personen 6 Prozent.
(Ein Adenom ist eine zunächst gutartige Wucherung aus Drüsengewebe in der Darminnenwand. Da ein Adenom zu Darmkrebs werden kann, werden Adenome auch als Darmkrebsvorstufen bezeichnet.)
Welche Medikamente fördern die Biofilm-Bildung?
Bei den gesunden Personen in obiger Studie fiel auf, dass ein Biofilm insbesondere bei jenen vorlag, die Säureblocker nahmen (Protonenpumpenhemmer PPI, z. B. Omeprazol oder Pantoprazol).
PPI können die Biofilmbildung fördern, weil sie die Produktion der Magensäure hemmen und so den pH-Wert im Magen-Darm-Trakt erhöhen. Ein weniger saurer pH-Wert kann veränderte Bedingungen für die Darmflora schaffen, wodurch sich potenziell pathogene Bakterien leichter ansiedeln und Biofilme bilden können.
Die Magensäure stellt überdies eine natürliche Abwehrbarriere des Körpers gegen schädliche Mikroorganismen dar. Ist diese Barriere geschwächt, kann es leichter zur Überwucherung bestimmter Bakterien und zur Entstehung von Biofilmen kommen.
Bei anderen Medikamenten, wie Schilddrüsenhormonen, nicht-steroidalen Entzündungshemmern (z. B. Ibuprofen, Diclofenac, Aspirin) oder Antibiotika ließ sich in genannter Untersuchung kein Zusammenhang entdecken.
Das bedeutet nicht, dass diese Mittel gesund sind. Sie können dennoch die Darmschleimhaut und Darmflora schädigen, hatten aber offenbar auf die Biofilmbildung keinen Einfluss.
Woher weiß man, ob man einen Biofilm im Darm hat?
Wie kann man herausfinden, ob man einen schädlichen Biofilm hat und vor allen Dingen, woher weiß man, dass man ihn nach dem Durchführen bestimmter Maßnahmen tatsächlich losgeworden ist?
Eindeutige Diagnoseverfahren gibt es dafür nicht, lediglich Tests oder Untersuchungen, die Hinweise auf einen Biofilm geben könnten. Denn die Matrixen sind sehr widerstandsfähig und gut in die Darmschleimhaut integriert, was es schwierig macht, sie mit konventionellen Diagnoseverfahren nachzuweisen.
Viele der aktuellen Methoden zur Biofilm-Erkennung sind zeitaufwändig und kostspielig und daher nicht für den routinemäßigen klinischen Einsatz geeignet. Sie werden nur zu Forschungszwecken eingesetzt.
Stuhluntersuchungen und mikrobiologische Tests
Stuhlproben können analysiert werden, um festzustellen, welche Bakterienarten und Pilze im Darm vorhanden sind. Diese Tests können jedoch oft nicht zwischen planktonischen (freischwimmenden) Bakterien und solchen, die Biofilme bilden, unterscheiden.
Endoskopie mit Biopsie
Bei einer Koloskopie kann der Arzt Gewebeproben (Biopsien) aus dem Darm entnehmen, insbesondere aus Bereichen, die entzündet oder verändert aussehen.
Diese Proben können dann unter dem Mikroskop untersucht werden, um zu prüfen, ob sich Matrixen gebildet haben. Hierfür kann eine spezielle Färbung oder elektronenmikroskopische Analyse verwendet werden, um die Biofilme sichtbar zu machen.
Der Nachteil ist, dass diese oft nur in bestimmten Abschnitten des Darms vorkommen, sodass sie möglicherweise bei einer Biopsie übersehen werden.
Es gibt keine zuverlässigen Diagnose-Tests
Derzeit ist die Diagnose von schädlichen Biofilmen im Darm noch eine Herausforderung, und es gibt keine einfachen, zuverlässigen Tests für die klinische Praxis. In vielen Fällen wird eine Kombination verschiedener Methoden benötigt, um Hinweise auf das Vorhandensein von Biofilmen zu erhalten.
Bis diese Verfahren weiterentwickelt sind, bleibt die Behandlung von Biofilm-assoziierten Problemen oft eine indirekte Strategie, die sich auf die Verbesserung der Darmgesundheit und die Behandlung der Symptome konzentriert.
Entfernen Biofilm-Darmkuren den Biofilm?
Die zur Entfernung des Biofilms oft beworbene Spezial-Darmreinigung aus Ölpalmfaser und Okra kann sicher in manchen Fällen positive Effekte haben, ob sie jedoch so wirkt, wie von den Herstellern/Händlern (sehr plausibel) beschrieben wird, ist unseres Wissens nach nicht geklärt oder gar belegt.
Zutaten der Kuren sind: Ölpalmfaserpulver, Erbsenprotein-Pulver, FOS Inulin, Okrapulver, Rotes Reismehl, Guarana, Mango Fruchtpulver, Vanillepulver.
Den Biofilm entfernen soll die Kombination aus Ölpalmfaserpulver und Okrapulver.
Die angebliche Wirkung
Die Ölpalmfaser dringe in den schädlichen Biofilm ein und ziehe das Okrapulver mit sich hinein. Letzteres kann im Biofilm ein Vielfaches seines Eigengewichts an Wasser binden. Der Biofilm quelle dadurch auf, löse sich im Ganzen von der Darmwand und könne nun ausgeschieden werden.
Der Biofilm der gesunden Darmflora hingegen bleibe unangetastet, da deren Schleim eine andere Zusammensetzung habe (nämlich eine nicht so dichte Struktur), so dass die Enzyme der Rindenfasern nicht eindringen bzw. sich dort nicht festsetzen können.
Da vom Händler u. a. behauptet wird, „Ernährungswissenschaftler, Chemiker und Labore haben die uralte Rezeptur jahrelang anhand ihrer Zusammensetzung und Wirksamkeit geprüft und daraufhin patentieren lassen“, baten wir um nähere Informationen, erhielten aber nur die Antwort, dem Kundenservice seien detaillierte Erklärungen nicht möglich.
Belegen „Erfolgsbilder“ die Entfernung des Biofilms?
Im Netz gibt es Bilder, die angeblich den ausgeschiedenen Biofilm zeigen, nachdem die Leute die für die Biofilm-Entfernung angepriesene Darmkur durchführten (aus Ölpalmfaser und Okra). Im Grunde sind es lediglich Stuhl-Bilder, die zeigen, dass etwas Schleimiges ausgeschieden wurde. Ob es ein Biofilm ist oder nicht, weiß vermutlich niemand.
Interessant ist, dass man Okra in der Lebensmittelindustrie zur Herstellung von schleimigen Filmen verwendet (2): Es ist also eher normal, dass man etwas ausscheidet, dass wie ein schleimiger Film aussieht, wenn man zuvor etwas eingenommen hat, mit dem sich genau das herstellen lässt.
Sind Biofilme immer schädlich?
Auch probiotische Bakterien können Biofilme bilden, die dann natürlich nicht entfernt werden sollten, da sie dem Organismus sehr nützen (14). (Welche Bakterien dies sind, lesen Sie oben unter "Nützliche (probiotische) biofilmbildende Bakterien").
Zwar gibt es auch probiotische Bakterien, die sich frei im Darm aufhalten (planktonische Bakterien), also nicht eingebunden in einen Biofilm, doch haben probiotische Biofilme Vorteile für den Menschen im Vergleich zu planktonisch vorkommenden Probiotika.
Die Vorteile probiotischer Biofilme
Eingebunden im Biofilm können sich probiotische Bakterien fest an die Darmschleimhaut heften und dort besser ihre vorteilhaften Effekte entfalten. Planktonische Bakterien werden hingegen oft schneller ausgeschieden, was ihre Wirkung einschränkt.
Im Biofilm können probiotische Bakterien länger überleben, da sie vor Gallensäuren und anderen antimikrobiellen Substanzen geschützt sind, die im Darm auftauchen könnten.
Probiotische Biofilme können Stoffwechselprodukte wie kurzkettige Fettsäuren kontinuierlich freisetzen. Diese tragen zur Gesundheit der Darmschleimhaut bei und hemmen das Wachstum von pathogenen Bakterien.
Biofilme aus probiotischen Bakterien können auch die Immunantwort besser regulieren, indem sie direkt mit den Immunzellen der Darmschleimhaut interagieren. Auf diese Weise werden Entzündungen reduziert und die Darmbarriere wird gestärkt.
Wo überdies ein probiotischer Biofilm ist, ist kein Platz mehr für einen schädlichen Biofilm.
Wie kann man den Biofilm entfernen?
Wenn der Verdacht nun aber tatsächlich nahe liegt, dass man einen schädlichen (!) Biofilm beherbergt, was kann man dann tun? In der Medizin gibt es noch keine konkreten Mittel, die Biofilme zuverlässig abbauen und entfernen könnten. Hier wird derzeit emsig geforscht.
Im Bereich der Nahrungsergänzungsmittel sind inzwischen etliche Wirkstoffe bekannt, die Biofilme entfernen können sollen. Oft liegen dazu aber erst Laborstudien (zumeist Zellstudien) vor, so dass eine Wirksamkeit beim Menschen nicht belegt ist und daher auch keine konkreten Dosisangaben möglich sind.
Wichtig: Bei der Entfernung des Biofilms können nicht nur schädliche Bakterien und Bakteriengifte frei werden, sondern auch die oben genannten Schadstoffe/Schwermetalle, die in der Matrix eingelagert waren.
Integrieren Sie daher eine Mineralerde (Bentonit/Zeolith) in Ihre Therapie, die Schadstoffe und Gifte adsorbieren und mit dem Stuhl ausleiten kann. Weitere Komponenten aus einer Entgiftungskur können ebenfalls genutzt werden, z. B. Alpha-Liponsäure. Details im vorigen Link.
Besprechen Sie am besten mit Ihrem Arzt/Naturheilarzt oder Heilpraktiker, wie genau Sie vorgehen und welche Kombination der möglichen Mittel für Ihren individuellen Fall die beste Lösung darstellt.
Enzympräparate
Oft werden Enzympräparate empfohlen, denn es ist naheliegend, dass Amylasen (kohlenhydratabbauende Enzyme) die Polysaccharide und dass Proteasen (proteinabbauende Enzyme) die Proteine in der Matrix auflösen.
Von Kirkman Labs gibt es z. B. ein Enzympräparat mit der Bezeichnung „Biofilm Defense“. Die enthaltenen Enzyme sollen die Struktur von Biofilmen abbauen, wodurch schädliche Mikroorganismen freigelegt und für das Immunsystem oder antimikrobielle Behandlungen zugänglicher werden.
Zu den enthaltenen Enzymen zählen Serrapeptase, Nattokinase, Glucoamylase, Proteasen, Pectinase, Cellulase etc. Beachten Sie, dass Serrapeptase (8) in Deutschland (bzw. in der EU) nicht zugelassen ist und unter die Novel-Food-Verordnung fällt (13). Entsprechende Produkte sind unerlaubterweise dennoch im Handel und erhältlich - auch in manchen Apotheken.
Weitere Enzyme, die als matrixauflösend gelten, sind DNase und die Alginatlyase (7).
Kritiker von Enzympräparaten behaupten, der Biofilm müsse im Ganzen ausgeleitet werden, weil andernfalls zu viele schädliche Bakterien und ihre Toxine frei werden könnten, wenn man versuche, den Biofilm im Körper aufzulösen.
Daher ist es wichtig, zu Enzympräparaten immer auch eine Mineralerde (Bentonit/Zeolith) einzunehmen, die die Toxine und Schleimreste aufnehmen und ausleiten kann.
N-Acetylcystein (NAC)
N-Acetylcystein ist ein starkes (synthetisches) Antioxidans, das die extrazelluläre Matrix von Biofilmen abbauen kann. Es macht die Biofilme poröser, sodass das Immunsystem und Antibiotika besser wirken können.
Dies gilt jedoch insbesondere für Biofilme auf Wunden, denn NAC wirkt hauptsächlich bei sehr niedrigen pH-Werten von um 3, bei pH 4 schon nicht mehr (9). Derart niedrige pH-Werte sind im Darm aber nicht vorhanden, so dass NAC allenfalls bei Biofilmen im Magen helfen könnte (z. B. durch Helicobacter pylori oder Candida).
Weitere Untersuchungen mit NAC beziehen sich auf Biofilme in den Lungen (z. B. bei Mukoviszidose) (10). Studien am Menschen zeigten trotz hoher NAC-Dosen (z. B. 3-mal täglich 900 mg über 24 Wochen) keine übermäßige Besserung der Lungenfunktion.
Quercetin
Auch Quercetin hat Anti-Biofilm-Eigenschaften (11). In einem Artikel von 2019 heißt es, Quercetin hemmt die Biofilmbildung über verschiedene Mechanismen:
- verhindert die Adhäsion (dass sich Bakterien an Oberflächen bzw. Wirtszellen anheften)
- unterdrückt das Quorum Sensing (Quorum Sensing ist ein Kommunikationssystem unter Bakterien - siehe unten)
- schwächt die Schutzhülle von schädlichen Bakterien
- verhindert, dass Bakterien toxische Stoffe ausleiten können
- blockiert die Vermehrung der Bakterien durch Störung ihrer genetischen Prozesse
All das schwächt die Bakterien, so dass sie nicht mehr in der Lage sind, Biofilme zu bilden.
Quercetin hat dabei eine stärkere Wirkung auf pathogene als auf nützliche Bakterien, da bei probiotischen Bakterienarten z. B. das Quorum Sensing nicht so stark ausgeprägt ist und daher auch nicht entsprechend gestört werden kann.
Was passiert beim Quorum Sensing?
Bakterien stellen über kleine Signalmoleküle fest, wie viele gleichartige Bakterien in der Nähe sind. Sobald ein bestimmter Schwellenwert erreicht ist, schalten die Bakterien ihre Gene zur Bildung eines Biofilms ein. Wird also das Quorum Sensing unterdrückt, schwindet die Gefahr der Biofilmbildung.
Probiotika
Probiotika (nützliche Darmbakterien) können in jedem Fall dabei helfen, Biofilme zurückzudrängen bzw. ihre Entstehung zu verhindern. Je eher die probiotischen Bakterien im Darm überhand nehmen, umso gesünder das Milieu (ph-Wert, kurzkettige Fettsäuren) und umso schwerer kann sich ein schädlicher Biofilm bilden.
Wenn probiotische Bakterien den pH-Wert senken und kurzkettige Fettsäuren bilden, dann kann dies auch dazu beitragen, dass sich bestehende schädliche Biofilme langsam aber sicher auflösen.
Probiotische Präparate, die sich zur Verbesserung des Darmmilieus eignen, beschreiben wir z. B. in unserer Kur zum Aufbau der Darmflora.
In Studien zeigte sich der Bakterienstamm E. coli Nissle 1917 als hilfreich beim Auflösen von schädlichen Biofilmen (15). Der genannte Stamm findet sich z. B. im Probiotikum Mutaflor.
Berberin
Berberin ist ein pflanzlicher Wirkstoff, der u. a. in Berberitzen vorkommt. Er wirkt antibakteriell und entzündungshemmend und kann Biofilme schwächen, z. B. indem er das Anheften der Bakterien an Wirtszellen hemmt (Adhäsion) (12).
Zur Hemmung der Adhäsion ist auch eine geringere Dosis nötig (200 - 500 mg pro Tag) als für eine antibakterielle Wirkung (Tötung der Bakterien oder Hemmung ihrer Vermehrung) (1000 - 2000 mg) (12).
Oregano-Öl
Oregano-Öl ist reich an Carvacrol und Thymol. Beide Stoffe wirken nicht nur stark antimikrobiell, insbesondere Carvacrol gilt auch als Hilfsmittel beim Entfernen von Biofilmen (16). Denn Carvacrol kann u. a. das oben beschriebene Quorum Sensing hemmen.
Weitere biofilmhemmende Mittel
Weitere hemmende Mittel, zu denen vorwiegend Zell- oder Tierstudien vorliegen sind Knoblauchextrakt, Kurkuma (Curcumin), Ingwer, Gewürznelken, Neem und viele weitere.
Sie alle gelten als antibakteriell wirksam und sollen auf die ein oder andere Weise Biofilme auflösen helfen, zumeist über die Hemmung oder Störung des Quorum Sensing (siehe oben bei Quercetin).
Weitere unterstützende Maßnahmen
Bitterstoffe aus Kräutern wie Löwenzahn, Schafgarbe und Enzian können die Darmreinigung unterstützen und das Milieu für pathogene Biofilme verschlechtern.
Mineralerden (Bentonit oder Zeolith) oder Aktivkohle oder Heilerde sollten begleitend eingenommen werden (immer mit viel Wasser), da sie die bei der Auflösung des Biofilms freiwerdenden Bakteriengiftstoffe und andere Schadstoffe im Darm binden können, so dass diese nicht in die Blutbahn gelangen.
Fazit: Biofilm im Darm entfernen – Langsam vorgehen!
Biofilme im Darm können bei manchen Personen vorhanden sein, besonders bei Vorliegen von Darmerkrankungen, also keinesfalls bei allen Menschen.
Mittel, die (wissenschaftlich belegt) Bakterienfilme zuverlässig entfernen können, sind noch nicht bekannt.
Dennoch gibt es zahlreiche natürliche Wirkstoffe mit biofilmauflösenden Eigenschaften (wie erste Laborstudien zeigen), so dass Kombinationen dieser Mittel eingesetzt werden könnten.
Da die Auflösung von Biofilmen Bakterien und Giftstoffe freisetzen kann, ist es ratsam,
- die Dosierung der ausgewählten Mittel langsam zu steigern,
- die unter "Weitere unterstützende Maßnahmen" genannten Präparate zu berücksichtigen und
- immer genügend Wasser zu trinken, um die Ausscheidung zu unterstützen.