Nährstoffverluste – Werden beim Kochen alle Vitamine vernichtet?
Wie steht es um die Nährstoffverluste in unserer Nahrung? Sicher haben Sie schon Sätze wie diesen gehört:
"Wenn du Gemüse kochst, gehen alle Vitamine kaputt."
Nun gibt es bekanntlich etliche Menschen, die fast nur Gekochtes essen. Müssten diese nicht längst an völliger Vitaminabwesenheit gestorben sein? Wie also verhält es sich beim Kochen, Braten und Backen? Werden wirklich alle Vitamine vernichtet?
Nein, denn nicht alle Vitamine reagieren auf Hitze gleichermassen. Es gibt hitzeempfindliche Vitamine und solche, die sich durch Hitze kaum beeindrucken lassen. Und auch hitzeempfindliche Vitamine werden beim üblichen Kochen nicht zu 100 Prozent vernichtet, sondern nur teilweise.
Hitzeempfindliche Vitamine
Vitamin B1 ( Thiamin), Vitamin B5 (Pantothensäure) und Vitamin C gehören beispielsweise zu den hitzeempfindlichsten Vitaminen. Besonders ab 100 Grad zeigen sich bei diesen Vitaminen herbe Verluste von bis zu 50 Prozent.
Das ist zwar ein hoher Verlust, doch bedeutet das auch, dass immer noch die Hälfte der ursprünglichen Vitaminmenge übrig bleibt.
Allerdings kommt es auch darauf an, welche Zubereitungsmethode angewandt wird. Denn 100 Grad (und mehr) entstehen sowohl beim Kochen als auch beim Braten, Backen, Schmoren und Frittieren (15).
Kocht man beispielsweise Brokkoli 5 Minuten lang, dann können die Vitamin-C-Verluste bis zu 65 Prozent betragen – denn hier führt nicht nur die Hitze zu Nährstoffverlusten, sondern auch die Tatsache, dass das Vitamin zusätzlich wasserlöslich ist und mit dem Kochwasser weggeschüttet wird.
Ja, die Verluste über das Kochwasser sind deutlich höher als durch die Hitze allein. Wird also das Kochwasser für Saucen, Suppen oder auch als Trinkbrühe verwendet, kann man sich viele Vitamine retten, die andernfalls in den Abfluss gelangen würden.
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Nährstoffverluste beim Vitamin C
Vitamin C ist überdies empfindlich gegen Licht und Sauerstoff, so dass es bei Lagerung immer weiter abnimmt. Werden z. B. Kartoffeln bei Raumtemperatur gelagert, reduziert sich der Vitamin-C-Gehalt monatlich um etwa 15 Prozent, während beim Spinat die Einbussen schon nach einem Tag bei 56 Prozent liegen.
Weitere interessante Informationen über den Nährstoffverlust bei der Lagerung erfahren Sie hier: Richtige Lagerung von Obst und Gemüse.
Selbst das Einfrieren wirkt sich am dramatischsten auf das Vitamin C aus. 30 Prozent gehen dabei verloren. Bei den meisten anderen Vitalstoffen liegen die Verluste beim Einfrieren lediglich bei 0 bis 5 Prozent, so dass dies eine aus gesundheitlicher Sicht hervorragende Lagermethode darstellt.
Beim Trocknen dagegen verlieren sich – natürlich abhängig von der Trocknungstemperatur und -dauer – bis zu 80 Prozent des Vitamin C. Die B-Vitamine verflüchtigen sich dabei zwischen 10 Prozent (Vitamine B2, B3 und B6), 30 Prozent (Vitamin B1) und 50 Prozent ( Folsäure, Vitamin B12).
Die verschiedenen Garmethoden wirken sich auf das Vitamin C im Schnitt wie folgt aus (1):
- Kochen: Verlust um 50 Prozent
- Dämpfen: Verlust um 30 Prozent
- Dünsten: Verlust um 25 Prozent
- Beim wieder Aufwärmen verlieren sich vom verbliebenen Vitamin C noch weitere 50 Prozent
Der Vitamin-C-Verlust variiert dabei je nach Gemüseart. Werden nun z. B. Kartoffeln gekocht, liegt der Verlust bei 27 Prozent, während beim Kochen von Kohlrabi ein Verlust von etwa 45 Prozent zu beklagen ist und beim Brokkoli wie oben erwähnt 65 Prozent. Wenn Sie die Kartoffeln ausserdem ohne Schale kochen, geht gleich doppelt so viel Vitamin C verloren.
Doch werden die meisten Kartoffeln bekanntlich in Form von Pommes Frites verzehrt. Beim Frittieren kommt es nun zwar zu hohen Temperaturen. Die Verluste durch diese Temperaturen sind jedoch nicht so hoch wie beim Kochen einer geschälten Kartoffel, da hier das Vitamin nicht nur durch Hitze zerstört wird, sondern auch ins Kochwasser "ausgewaschen" wird.
So findet man z. B. in einer halben geschälten und gekochten Kartoffel etwa 10 Milligramm Vitamin C, in derselben Menge Pommes Frites sind es 15 Milligramm.
Auch bei Früchten entscheidet der Zustand der Frucht: Solange eine Orange intakt ist, bleibt auch ein Grossteil der Vitamine darin am Leben. Schneidet man sie jedoch auf und presst einen Saft daraus oder verarbeitet die Frucht im Mixer zu einem Smoothie, dann kommt das Vitamin C mit Licht und Sauerstoff in Berührung.
Es wird sehr schnell zerstört – viel schneller und in viel höherem Mass als dies z. B. durch die Pasteurisierung geschieht, bei der ein Saft nur wenige Sekunden lang auf etwa 70 Grad erhitzt wird.
Da der Vitamin-C-Gehalt schon 15 Minuten nach der technischen Bearbeitung (Pressen, Mixen) um bis zu 10 Prozent reduziert wird, sollten frisch gepresste Säfte und Smoothies immer sofort getrunken werden.
Selbst der pH-Wert ist entscheidend für die Lebensdauer eines Vitamins. Vitamin C beispielsweise ist eine schwache Säure und bleibt daher in einem sauren Milieu (wie es z. B. in der Orange herrscht) lange stabil. In einem alkalischen Milieu hingegen würde es schnell abgebaut.
Nährstoffverluste bei den B-Vitaminen
Die Vitamin-B-Gruppe umfasst 8 Vitamine. Wie anfangs erwähnt sind Vitamin B1 (Thiamin) und Vitamin B5 (Pantothensäure) stark hitzeempfindlich. Auch die übrigen B-Vitamine einschliesslich Folsäure sind recht hitzeempfindlich, werden aber auch durch unsachgemässe Lagerung reduziert.
In einer Studie, die im November 2010 im Journal of the Pakistan Medical Association veröffentlicht wurde, zeigte sich, dass die Vitamine B1, B2, B3, B6 und Folsäure um 24 bis 36 Prozent verringert wurden, wenn beispielsweise Milch 15 Minuten lang gekocht wurde.
Darüber hinaus sind alle B-Vitamine wasserlöslich und gehen daher beim Kochen mehr oder weniger in das Kochwasser über.
Nährstoffverluste beim Vitamin A und Betacarotin
Weniger hitzeempfindlich und natürlich überhaupt nicht wasserlöslich sind die fettlöslichen Vitamine A, E und K. Es kommt beim Kochen hier also nur unwesentlich zu einer "Auswaschung" der Vitamine. Doch auch beim Vitamin A kommt es zu gewissen Nährstoffverlusten während des Erhitzens.
Kocht man beispielsweise Eier, die eine gute Vitamin-A-Quelle darstellen – kommt es beim Vitamin A zu Nährstoffverlusten bis zu 20 Prozent. Beim Betacarotin – aus dem der Körper Vitamin A herstellt – kann das Garen sogar dessen Bioverfügbarkeit steigern. Hier kommt es also zu keinen Nährstoffverlusten, ganz im Gegenteil (16).
In einer schwedischen Studie zeigten sich die folgenden Ergebnisse:
- Aus grob gestückelten rohen Karotten konnten lediglich 3 Prozent des enthaltenen Betacarotins resorbiert werden. Mit Öl stieg der resorbierte Betacarotinanteil nur um 1 Prozent auf 4 Prozent – und blieb bei diesem Wert, ganz gleich wie viel Öl man auch dazu gab.
- Aus grob gestückelten gegarten Karotten wurden 6 Prozent Betacarotin resorbiert. Gab man hier Öl dazu, stieg die resorbierte Betacarotinmenge auf höchstens 8 Prozent.
- Aus pürierten rohen Karotten konnten hingegen 21 Prozent Betacarotin resorbiert werden. Mit Öl stieg der resorbierte Betacarotinanteil auf 28 bis 34 Prozent – je nach Ölmenge.
- Aus pürierten gekochten Karotten waren es 27 Prozent Betacarotin. Wurde dann noch Öl dazugegeben, lag die Steigerung bei bis zu 45 Prozent (17).
Das bedeutet: Die immer wieder so sehr betonte Fettbeigabe zu betacarotinreichem Gemüse ist absolut zweitrangig. Sehr viel wichtiger ist, dass die entsprechenden Lebensmittel gut zerkleinert werden, damit das Betacarotin, das in den Pflanzenzellen "eingeschlossen" ist, befreit wird und sodann besser resorbiert werden kann (10).
Dabei ist es nicht so sehr ausschlaggebend, ob die Möhre (oder was auch immer) nun im rohen Zustand gemixt/püriert (oder auch gut gekaut) wird oder im gekochten (13).
Nährstoffverluste beim Vitamin E und Vitamin K
Eine Studie hat gezeigt, dass Vitamin E sehr hitzeresistent zu sein scheint und erst nach langem Frittieren zersetzt wird: Der Verlust lag nach 10 Stunden bei 50 bis 75 Prozent.
Beim Vitamin K betragen die Verluste durch das Garen und den Kontakt mit Sauerstoff nur etwa 5 Prozent.
Nichtsdestotrotz sind auch die fettlöslichen Vitamine nicht unantastbar. So sind sie sehr lichtempfindlich, weshalb Lebensmittel stets möglichst dunkel gelagert werden sollten.
Nährstoffverluste bei Antioxidantien & Co
Nun gibt es neben Vitaminen auch noch andere Stoffe in Lebensmitteln, auf die wir grossen Wert legen und die grosse gesundheitliche Vorteile bereithalten, wie z. B. die antioxidativ wirksamen Flavonoide, Anthocyane, Glucosinolate und Carotinoide.
In Bezug auf das Garen gilt es zu wissen, dass zahlreiche dieser Verbindungen leicht flüchtig sind und durch Hitze sowie Luftsauerstoff zerstört werden können. Aus diesem Grunde kommt hier der Empfehlung, öfter auf Rohkost zurückzugreifen, eine besondere Bedeutung zu (6) (7).
Eine Studie aus dem Jahr 2015 hatte nun ergeben, dass beispielsweise bei Kohlgemüse (Brokkoli und Blumenkohl) die Sous-vide-Methode ideal ist, um möglichst hohe Antioxidantienwerte zu bewahren (11).
Sous-vide oder Vakuumgaren ist eine Variante des Niedrigtemperaturgarens. Hier wird das Gargut in einen Kunststoffbeutel eingeschweisst. Anschliessend wird die Luft mit einem Vakuumiergerät abgesaugt und dann bei etwa 50 bis 85 °C gegart.
Es gibt spezielle Sous-vide-Geräte, mit denen das Wasserbad punktgenau auf der gewünschten Temperatur gehalten werden kann.
Verluste bei Anthocyanen
In einer Studie vom Dezember 2014 zeigte sich ebenfalls Interessantes: Dämpfen reduzierte den Anthocyangehalt um 88 Prozent, braten in der Pfanne um 86 Prozent und kochen um 77 Prozent. Krebshemmende phenolische Bestandteile – die ebenfalls starke Antioxidantien sind – nahmen nach dem Kochen mengenmässig dramatisch ab, nämlich um etwa 50 Prozent (12).
Verluste bei Glucosinolaten
Die gegen Krebs und auch Viren sowie Bakterien wirksamen Glucosinolate kommen z. B. in Brokkoli, Rotkohl oder Rosenkohl vor. Wird das Gemüse gekocht, vermindert sich der Glucosinolat-Gehalt um 18 bis 45 Prozent (14).
Verluste bei Phytosterinen
Die cholesterinsenkenden Phytosterine kommen z. B. in Sonnenblumenkernen, Sesam und Sojabohnen ( Edamame ) vor. Werden Öle raffiniert, sinkt der Phytosterin-Gehalt um ein Drittel, weshalb Sie auf kalt gepresste, native Öle zurückgreifen sollten.
Verluste bei Rutin
Studien haben gezeigt, dass beim entzündungshemmenden Rutin (z. B. in Petersilie) und beim antikarzinogenen Quercetin (z. B. in Kapern, Äpfel und Liebstöckel) gilt: Je mehr Wasser zum Kochen verwendet wird, umso mehr der genannten Stoffe geht verloren.
Keine Verluste bei Lycopin
Lycopin – ebenfalls ein Carotinoid – reduziert das Risiko eine Herz-Kreislauf-Erkrankung zu erleiden, beugt Brust- und Prostatakrebs vor und hilft, den weiblichen Hormonhaushalt zu regulieren. Es kommt in hohen Konzentrationen in Tomaten, Wassermelonen und Hagebutten vor.
Immer wieder heisst es, dass es aus gegarten Tomaten in viel höheren Anteilen resorbiert werden könnte. Das stimmt. Doch geht es auch hier – wie schon beim Betacarotin erklärt – eher darum, die Zellwände aufzubrechen, was nicht nur durch das Garen geschieht, sondern auch durch das Zerkleinern, so dass auch eine Rohkosttomatensauce eine hervorragende Lycopinquelle darstellt.
Wer also seine rohen Mahlzeiten gründlich kaut oder sie im Mixer zu Smoothies püriert, gelangt ebenfalls an hohe Lycopin- und Betacarotinwerte, wobei hier natürlich dann alle Vitalstoffe noch vollzählig vorhanden sind.
Bei gekochten Karotten und Tomaten hingegen können zwar die Carotinoide gut verwertet werden (8) doch wo ist das Vitamin C, wo die B-Vitamine, wo all die anderen hitzeempfindlichen Vitalstoffe?
Nährstoffverluste bei Mineralstoffen und Spurenelementen
Den Mineralstoffen und Spurenelementen kann die Hitze beim Kochen gar nichts anhaben, sie können also nicht zerstört werden. Das Problem ist aber, dass sie ausgespült werden, wenn beim Kochen viel Wasser verwendet wird.
Calcium und Magnesium
Wird das Kochwasser weggeschüttet, kommt es beim Calcium zu Nährstoffverlusten zwischen 2 und 18 Prozent und beim Magnesium zu Nährstoffverlusten zwischen 5 und 27 Prozent.
Also ist es auch in Bezug auf die Mineralstoffe und Spurenelemente wichtig, dass Garmethoden wie das Dünsten bevorzugt werden, bei denen das Kochwasser nicht weggegossen wird.
Eisen und Kalium
Wie bei den Vitaminen sind auch die Verluste von Mineralstoffen und Spurenelementen vom jeweiligen Lebensmittel abhängig. So haben Studien z. B. ergeben, dass durch das Kochen (und Weggiessen des Kochwassers) von Spinat 72 Prozent des Kaliums ausgelaugt wurden, während der Verlust beim Dämpfen nur 36 Prozent betrug.
Wurden hingegen grüne Bohnen gekocht, sind 30 Prozent Kalium ins Kochwasser übergegangen, während es beim Dämpfen lediglich 5 Prozent waren (9). In Bezug auf Eisen waren die Unterschiede zwischen den beiden Garmethoden geringer: Beim Blumenkohl lag der Verlust beim Kochen bei 13 Prozent und beim Dämpfen bei 10 Prozent.
Nährstoffverluste minimieren – Die Regeln
- Lebensmittel immer so kurz wie möglich, ausserdem kühl und dunkel lagern.
- Besser kurz und hoch erhitzen, als bei niedriger Hitze länger erhitzen.
- Besser dämpfen, dünsten, backen, frittieren und braten als kochen.
- Wenn gekocht wird, dann das Kochwasser für Suppen, Saucen oder basische Trinkbrühen weiter verwenden.
- Wenn das Kochwasser weggeschüttet werden soll, dann das Kochgut möglichst in grossen Stücken und mit Schale belassen, z. B. bei Kartoffeln oder Rote Beten.
- Da die grössten Vitaminverluste während der Ankochphase entstehen, sollten Sie die Lebensmittel stets in heissem bzw. kochendem und nicht in kaltem Wasser ansetzen.
- Frisch gepresste Säfte oder frisch gemixte Smoothies sofort trinken.
- Betacarotin- und lycopinreiche Lebensmittel – ob gekocht oder nicht – unmittelbar vor dem Verzehr gut zerkleinern, z. B. mixen oder pürieren.
- Anthocyane, Flavonoide und Phenolische Substanzen behalten ihre volle Aktivität nur, wenn sie mit Rohkost verzehrt werden.
Nährstoffverluste beim Kochen halten sich in Grenzen
Die Nährstoffverluste bei der Zubereitung in der Küche halten sich also in Grenzen, vor allem dann, wenn man wenig kocht, dafür mehr dünstet und dämpft und sich an die anderen oben genannten Regeln hält. Die immer wieder gepredigten Sätze wie
"Da werden doch alle Vitamine vernichtet"
sind folglich alles andere als korrekt und zeugen lediglich von geringer Sachkenntnis.