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Reifenabrieb - Giftig und gefährlich

Autoreifen können bis zu einer Trillion ultrafeiner Partikel pro Kilometer ausstoßen. Dieser Reifenabrieb enthält zahlreiche Schadstoffe wie Schwermetalle und die giftige Chemikalie 6PPD. Gefährdet sind dadurch Ozeane, Wasserlebewesen und nicht zuletzt die menschliche Gesundheit.

Fachärztliche Prüfung: Gert Dorschner
Stand: 30 Juli 2024

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Reifenabrieb: gefährlich für Umwelt und Gesundheit

Die zunehmende Erkenntnis, dass Reifenabrieb eine erhebliche Gefahr für die Umwelt und die menschliche Gesundheit darstellt, hat in den letzten Jahren zu intensiven Untersuchungen geführt.

Während die Aufmerksamkeit bisher hauptsächlich auf die Schadstoffemissionen aus dem Auspuff gerichtet war, rücken nun die schädlichen Partikel in den Fokus, die durch den Abrieb von Autoreifen entstehen ( 1 ).

Reifen umweltschädlicher als Auspuff-Abgase!

Eine Untersuchung der britischen Firma Emissions Analytics ergab sogar, dass Reifen eine bis zu 2000-mal höhere Partikelverschmutzung verursachen als Auspuffrohre ( 2 ).

Elektroautos – 20 % mehr Reifenabrieb

Besonders problematisch sind Elektroautos. Aufgrund ihrer schnelleren Beschleunigung und ihres größeren Drehmoments verschleißen die Reifen bei Elektrofahrzeugen schneller und stoßen schätzungsweise 20 % mehr Reifenpartikel aus als ein Auto mit Verbrennungsmotor (1).

Mikroplastik in den Ozeanen besteht zum Großteil aus Reifenabrieb

Insgesamt soll sogar mehr als drei Viertel des Mikroplastiks, das in die Ozeane gelangt, aus dem Reifenabrieb stammen (1). Der Reifenabrieb ist außerdem eine wesentliche Ursache der Feinstaubbelastung in der Luft.

Fischsterben durch Chemikalie 6PPD aus Reifen

Besonders besorgniserregend ist dabei die Chemikalie 6PPD-Chinon, die aus dem Reifenzusatzstoff 6PPD entsteht und für das Fischsterben, insbesondere bei Lachsen, verantwortlich gemacht wird.

Aber nicht nur die aquatische Fauna ist gefährdet, auch Menschen, die in der Nähe von stark befahrenen Straßen leben oder arbeiten, sind potenziell von den gefährlichen Stoffen betroffen (1).

Die Entstehung von 6PPD-Chinon

6PPD ist ein Antioxidans, das in nahezu allen Autoreifen verwendet wird, um die Lebensdauer der Reifen zu verlängern. Diese Chemikalie schützt das Gummi vor dem Zerfall durch Ozon und andere Umweltfaktoren.

Wenn Reifen auf Asphalt reiben, wird 6PPD freigesetzt und gelangt in die Umwelt. Hier reagiert es mit Ozon zu der Substanz 6PPD-Chinon. Ozon entsteht u. a. aus Stickoxiden, die aus Fahrzeugabgasen stammen. Die Umwandlung von 6PPD zu 6PPD-Chinon ist besorgniserregend, da 6PPD-Chinon deutlich gefährlicher und toxischer ist als seine Ausgangsverbindung (1).

Auswirkungen auf Lachse: Ein empfindliches Ökosystem in Gefahr

In den Gewässern des nordwestlichen Pazifiks in den USA, insbesondere in der Umgebung von Seattle, wurden vermehrt tote Lachse gefunden, deren Todesursache lange Zeit unklar war. Forscher entdeckten schließlich, dass 6PPD-Chinon für das massenhafte Sterben der Lachse verantwortlich ist (1).

Diese Fischart zeigt bereits bei geringen Konzentrationen des Stoffes Symptome wie Desorientierung und Atemnot, und verendet nach kurzer Zeit. Dies hat weitreichende Folgen für die Natur, da Lachse eine Schlüsselrolle im Ökosystem spielen. Sie transportieren Nährstoffe aus dem Meer in die Flüsse und sind eine wichtige Nahrungsquelle für viele andere Arten (1).

Warum ist Abrieb so gefährlich für den Menschen?

Neben den offensichtlichen ökologischen Auswirkungen stellt der Abrieb auch ein Gesundheitsrisiko für den Menschen dar, unmittelbar insbesondere für diejenigen, die in der Nähe von viel befahrenen Straßen leben oder arbeiten. Aber auch alle anderen Menschen sind betroffen.

Schadstoffe aus Reifenabrieb sind überall

Denn die entstehenden Partikel enthalten neben 6PPD-Chinon noch viele weitere schädliche Stoffe wie Schwermetalle (z. B. Kupfer, Blei, Cadmium und Zink). Die Partikel gelangen in die Luft, ins Wasser, in die Nahrung und werden so auf verschiedenen Wegen aufgenommen (1).

Partikel aus Reifenabrieb gelangen direkt ins Gehirn

Ein besonderes Problem sind die entstehenden ultrafeinen Partikel. Diese dringen tief in die Lungen ein und können sogar direkt ins Gehirn gelangen (1).

Reifenabrieb schädigt massiv die Gesundheit

Ein 2023 veröffentlichter Bericht von Forschern des Imperial College London kommt zu dem Schluss, dass die Mikropartikel aus dem Reifenabrieb massive Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit haben können. Die Partikel schädigen das Herz, die Lunge und die Fortpflanzungsorgane und können sogar Krebs verursachen (1).

Giftstoff aus Reifenabrieb könnte Schwangeren schaden

Welche Auswirkung 6PPD-Chinon auf den Menschen hat, ist bisher nicht geklärt. Eine chinesische Studie entdeckte jedoch, dass besonders hohe Konzentrationen des Stoffs im Urin von schwangeren Frauen nachgewiesen werden können ( 3 ).

Warum dieser toxische Stoff in der Studie besonders bei Schwangeren nachzuweisen war, ist bisher nicht geklärt. Denkbar ist, dass die Veränderungen im Stoffwechsel und Hormonsystem, die während der Schwangerschaft auftreten, eine Rolle spielen.

Auf diese Weise kann es zu einer verstärkten Aufnahme, Umwandlung und Ausscheidung von Giftstoffen kommen. Weiterhin könnte auch die erhöhte Nahrungsaufnahme bei Schwangeren eine Rolle spielen oder eine unbekannte Ursache, die in dieser Studie zu einer höheren Exposition der Schwangeren mit dem Giftstoff geführt hat.

Herausforderungen und Lösungsansätze

Die Regulierung und Reduktion des Abriebs stellen eine komplexe Herausforderung dar. Während die Autoindustrie und die Regulierungsbehörden in einigen Ländern beginnen, sich mit dem Problem auseinanderzusetzen, gibt es bisher keine umfassenden Lösungen.

Reifenhersteller müssen Alternativen suchen

In Kalifornien wurde beispielsweise beschlossen, dass Hersteller nach sichereren Alternativen zu 6PPD suchen müssen. Finden sie keine Alternative, so können sie den Stoff weiterhin verwenden (1).

Eine besondere Herausforderung besteht außerdem darin, dass die genaue Zusammensetzung von Reifen, die als Firmengeheimnis gilt, nicht vollständig offengelegt wird. Dies erschwert die Forschung und Entwicklung sicherer Ersatzstoffe.

Dennoch haben einige Hersteller begonnen, Reifen aus nachwachsenden Rohstoffen zu entwickeln, die weniger schädliche Chemikalien enthalten sollen. Solche Innovationen könnten langfristig dazu beitragen, die Umweltbelastung durch Reifenabrieb zu reduzieren.

Bessere Straßenreinigung und Abwasserklärung

Zusätzlich könnten Maßnahmen zur Verbesserung der Straßenreinigung und der Abwasserbehandlung dazu beitragen, die Menge an Reifenabrieb, die in die Umwelt gelangt, zu reduzieren.

Umweltbewusstes Fahrverhalten

Auch die Förderung eines umweltbewussteren Fahrverhaltens und die verstärkte Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs könnten dazu beitragen, die Gesamtbelastung zu senken – zwei Maßnahmen, die jeder einzelne von uns umsetzen kann.

Ein umweltbewusster Fahrstil, der den Reifenabrieb vermindert, umfasst sanftes Beschleunigen und Abbremsen, um den Verschleiß der Reifen zu minimieren.

Es ist ratsam, gleichmäßige Geschwindigkeiten zu halten und abruptes Lenken zu vermeiden. Regelmäßige Wartung der Reifen, wie das Überprüfen des Luftdrucks und das Auswuchten, kann ebenfalls dazu beitragen, den Abrieb zu reduzieren.

So wenig wie möglich Auto fahren

Umweltfreundliche Autoreifen gibt es bisher nicht zu kaufen und in Zukunft wird es vermutlich auch nur geringe Verbesserungen von einigen Prozent weniger Abrieb geben.

 Die wirksamste Maßnahme ist und bleibt der Verzicht auf häufiges Autofahren. Wann immer möglich, sollte man zu Fuß gehen, das Fahrrad nehmen oder die öffentlichen Verkehrsmittel benutzen.

Fazit – Reifenabrieb vermutlich schlimmer als Abgase

Der Abrieb von Autoreifen ist eine oft übersehene, aber bedeutende Quelle für Umweltverschmutzung und stellt eine ernsthafte Bedrohung für die menschliche Gesundheit dar.

Auch wenn die Zusammensetzung von Reifen in (ferner) Zukunft verbessert wird, verschlimmern Maßnahmen wie die Einführung und Vermarktung von Elektroautos die Gesamtsituation zusätzlich.

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Wichtiger Hinweis

Dieser Artikel wurde auf Grundlage (zur Zeit der Veröffentlichung) aktueller Studien verfasst und von MedizinerInnen geprüft, darf aber nicht zur Selbstdiagnose oder Selbstbehandlung genutzt werden, ersetzt also nicht den Besuch bei Ihrem Arzt. Besprechen Sie daher jede Massnahme (ob aus diesem oder einem anderen unserer Artikel) immer zuerst mit Ihrem Arzt.