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Wie kurzkettige Fettsäuren die Gesundheit stärken

Kurzkettige Fettsäuren werden von der Darmflora gebildet und haben einen großen Einfluss auf die Gesundheit unseres gesamten Körpers. In diesem Artikel erhalten Sie einen Überblick über die vielfältigen gesundheitsförderlichen Wirkungen und erfahren, wie Sie Ihre Versorgung mit diesen besonderen Fettsäuren sicherstellen können.

Fachärztliche Prüfung: Gert Dorschner
Aktualisiert: 20 April 2024

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Kurzkettige Fettsäuren wirken auf den gesamten Körper ein

Kurzkettige Fettsäuren werden von nützlichen Bakterien im Dickdarm produziert. Das Ausmaß der Bildung hängt dabei insbesondere von unserer Ernährungsweise und der Zusammensetzung unserer Darmflora ab.

Kurzkettige Fettsäuren wirken einerseits lokal im Darm und sind die Hauptnahrungsquelle für die Zellen des Dickdarms. Andererseits werden Sie aber auch über die Darmschleimhaut in den Körper aufgenommen und wirken so auf den gesamten Körper.

Neuere Studien zeigen vielfältige Zusammenhänge zwischen einem Mangel an kurzkettigen Fettsäuren und dem Auftreten von chronischen Erkrankungen wie z. B. Diabetes Typ 2, chronisch entzündlichen Darmerkrankungen wie Morbus Crohn und Colitis ulcerosa, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und neurodegenerativen Erkrankungen wie z. B. Demenzerkrankungen oder Parkinson.

Was sind kurzkettige Fettsäuren?

Fettsäuren bestehen aus einer Kette von Kohlenstoffatomen (C), deren weitere Bindungsstellen mit Wasserstoffatomen (H) gesättigt sind. Am Ende dieser Kohlenwasserstoffkette folgt eine sogenannte Carboxygruppe oder Säuregruppe (COOH), die wasserlöslich ist.

Je nach Zahl der Kohlenstoffatome unterscheidet man langkettige, mittelkettige und kurzkettige Fettsäuren. Kurzkettige Fettsäuren besitzen weniger als 6 Kohlenstoffatome ( 1 ).

Wegen ihrer geringen Masse sind kurzkettige Fettsäuren bei Raumtemperatur flüssig. In der Regel verströmen sie dabei auch einen intensiven und oft auch unangenehmen Geruch. Bekannte Beispiele sind die nach ranziger Butter riechende Buttersäure oder die stechend bzw. nach Essig riechende Essigsäure.

Falls Sie das Thema recherchieren, werden Sie höchst wahrscheinlich auch auf den Begriff SCFAs stoßen. Das ist die Abkürzung für die englische Bezeichnung „Short Chain Fatty Acids“. Diese Abkürzung findet sich auch in deutschsprachigen Fachtexten.

*Hier finden Sie geeignete Nahrungsergänzungen mit Natriumpropionat und Natriumbutyrat.

Welche kurzkettigen Fettsäuren gibt es?

Die drei wichtigsten kurzkettigen Fettsäuren sind:

  1. Essigsäure, Acetat (2 Kohlenstoffatome)
  2. Propionsäure, Propionat (3 Kohlenstoffatome)
  3. Buttersäure, Butyrat (4 Kohlenstoffatome)

Essigsäure, Propionsäure und Buttersäure machen gemeinsam etwa 90 bis 95 % der im Dickdarm gebildeten kurzkettigen Fettsäuren aus. Weitere Beispiele sind Valeriansäure oder spezielle verzweigtkettige Fettsäuren (1).

Die Begriffe, die jeweils hinter den Namen der Säuren aufgeführt sind (Acetat, Propionat, Butyrat), bezeichnen die entsprechenden Anionen. Ein Anion ist ein negativ geladenes Ion, also ein Atom oder Molekül, das mehr negativ geladene Elektronen als positiv geladene Protonen besitzt.

So liegen Essigsäure, Propionsäure und Buttersäure im Darm bzw. in wässriger Umgebung nicht als Säure vor, sondern als das entsprechende Anion. Das bedeutet, dass sie ein Proton abgegeben haben und nun eine negative Ladung tragen. Die Fettsäure-Anionen sind im Wasser bzw. im Darminhalt gelöst.

Wenn Sie nun eine Nahrungsergänzung mit kurzkettigen Fettsäuren kaufen, dann sind dort weder die Säuren enthalten noch die Anionen in wässriger Umgebung. Stattdessen handelt es sich um Kapseln, die ein Pulver enthalten.

Dieses Pulver entsteht, wenn man die Fettsäure-Anionen mit Natrium-Ionen oder anderen Metall-Ionen zu einem Salz auskristallisieren lässt. Aus Buttersäure oder Propionsäure wird dann z. B. Natriumbutyrat bzw. Natriumpropionat – und genau diese Verbindungen sind dann in Ihren Kapseln enthalten.

Wenn Sie die Kapseln schlucken (oder in ein Glas Wasser geben), dann löst sich das Pulver wieder auf, sodass die Fettsäure-Anionen und die Natrium-Ionen wieder separat vorliegen. Genau das gleiche passiert übrigens, wenn Sie ein anderes Salz in Wasser geben. Beim Auflösen von Speisesalz (Natriumchlorid) liegen schließlich Natrium- und Chlorid-Ionen separat in Lösung vor.

Im Folgenden sprechen wir daher von Acetat, Propionat und Butyrat.

Wie entstehen kurzkettige Fettsäuren?

Kurzkettige Fettsäuren werden im Darm aus unverdaulichen Kohlenhydraten gebildet. Unverdauliche Kohlenhydrate sind Ballaststoffe wie z. B. Inulin, Pektin und Fructooligosaccharide sowie verdauungsresistente Stärke.

Diese Ballaststoffe können im Dünndarm nicht verdaut werden, da der Mensch die dafür benötigten Enzyme nicht selbst bilden kann. Daher gelangen die unverdaulichen Kohlenhydrate in den Dickdarm und werden dort von den Bakterien der dortigen Darmflora verstoffwechselt. Man spricht hierbei auch von Fermentation bzw. von fermentierbaren Kohlenhydraten. Bei diesem Prozess entstehen die kurzkettigen Fettsäuren.

Verschiedene Bakterienspezies produzieren dabei verschiedene Fettsäuren. So bilden z. B. Bakterien der Gattung Akkermansia Acetat und Propionat, während Bakterien der Gattung Lactobacillus nur Acetat bilden und die Gattung Bifidobacterium alle 3 Fettsäuren zu bilden vermag ( 2 ).

Wie wichtig ist das richtige Verhältnis der Fettsäuren?

Für unsere Gesundheit ist neben der Gesamtmenge an kurzkettigen Fettsäuren auch ein stabiles Verhältnis der Fettsäuren wichtig. Eine gesunde Darmflora bildet zu etwa 60 % Acetat und zu jeweils knapp 20 % Propionat und Butyrat. Eine stark davon abweichende Verteilung kann auf eine Störung der Darmflora hinweisen (2).

Wie wirken kurzkettige Fettsäuren?

Kurzkettige Fettsäuren sind Gegenstand zahlreicher Forschungsarbeiten der letzten Jahre. Im Folgenden stellen wir Ihnen die wichtigsten Wirkungen dieser besonderen Fettsäuren vor.

Ernährung der Darmzellen

Kurzkettige Fettsäuren sind eine wichtige Energiequelle für die Epithelzellen der Dickdarmschleimhaut. Insbesondere Butyrat ist von großer Bedeutung, da es etwa 70 % des Energiebedarfs der Darmzellen deckt ( 3 ).

Eine ausreichende Energieversorgung der Darmzellen ist wichtig für deren Funktionsfähigkeit und Vitalität. Ein Energiemangel schwächt z. B. die Darmbarriere und stört die Aufnahme von Nährstoffen aus dem Darminhalt.

Schutz der Darmbarriere

Die Zellmembranen benachbarter Darmzellen sind durch spezielle Verschlusskontakte, sogenannte Tight Junctions, eng miteinander verbunden. Die Tight Junctions verhindern, dass schädliche Substanzen zwischen den Zellen hindurchgleiten und in den Blutkreislauf gelangen.

Bei entzündlichen Reaktionen in der Darmschleimhaut kommt es zu einer erhöhten Durchlässigkeit der Darmbarriere. Dies liegt unter anderem an einer verstärkten Bildung des porenbildenden Proteins Claudin-2. Dieses Protein bildet Poren im Bereich der Tight Junctions und stört somit deren Barrierefunktion ( 4 ).

Butyrat kann die übermäßige Bildung des porenbildenden Claudin-2 regulieren und fördert zudem die Bildung von Proteinen, die für den Bau der Tight Junctions erforderlich sind ( 5 ). Butyrat kann also eine durchlässige Darmbarriere wieder dichter machen.

Neben einer Stärkung der Tight Junctions fördert Butyrat auch die Bildung der Schleimschicht im Darm, die wichtig für die Abwehr von Krankheitserregern ist. Weiterhin reduziert Butyrat die Auswirkungen von oxidativem Stress auf die Darmzellen, indem es u. a. die verfügbare Menge an Glutathion, einem wichtigen körpereigenen Antioxidans, erhöht ( 6 ).

Auch andere kurzkettige Fettsäuren schützen vor dem Eindringen von Infektionserregern bzw. vor einer Vermehrung von schädlichen Keimen im Darmlumen. So schützt beispielsweise Propionat vor einer Infektion mit Salmonellen, indem es den pH-Wert innerhalb der Bakterien senkt und dadurch deren Vermehrung verlangsamt ( 7 ).

*Hier finden Sie geeignete Nahrungsergänzungen mit Natriumpropionat und Natriumbutyrat.

Positiver Einfluss auf Darmflora

Die Bildung von kurzkettigen Fettsäuren senkt den pH-Wert im Dickdarm und fördert dadurch die Vermehrung von gesundheitsförderlichen Darmbakterien wie Laktobazillen und Bifidobakterien. Diese Bakterien sind wiederum entscheidend für die Bildung der kurzkettigen Fettsäuren.

Wirkung gegen chronisch entzündliche Darmerkrankungen

Colitis ulcerosa und Morbus Crohn sind die beiden Hauptformen der chronisch entzündlichen Darmerkrankungen ( 8 ). Studien zeigen, dass Nahrungsergänzungen mit kurzkettigen Fettsäuren das Ausmaß der Entzündungen im Darm reduzieren können ( 9 ). Insbesondere für Butyrat wurde ein erfolgreicher Einsatz bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen gezeigt ( 10 ).

Eine Studie, an der 25 Personen mit Colitis ulcerosa teilnahmen, ergab beispielsweise, dass der tägliche Verzehr von 15 g präbiotischen Ballaststoffen (Oligofruktose und Inulin) über einen Zeitraum von neun Wochen die Symptome deutlich verbesserte und die Zahl der Butyrat produzierenden Bakterien im Darm signifikant erhöhte ( 11 ).

Auch bei Morbus Crohn ( 12 ) ( 13 ) ist der Einsatz von kurzkettigen Fettsäuren vielversprechend.

Regulierung des Körpergewichts

Kurzkettige Fettsäuren versorgen nicht nur die Darmzellen, sondern auch den restlichen Körper mit Energie. So decken sie etwa 10 % des täglichen Kalorienbedarfs ( 14 ). Kurzkettige Fettsäuren sind außerdem am Stoffwechsel wichtiger Nährstoffe wie Kohlenhydrate und Fette ( 15 ) beteiligt und beeinflussen – wie nachfolgend erklärt – als Signalmoleküle den Energiestoffwechsel ( 16 ).

Studien haben gezeigt, dass es spezielle Rezeptoren (z. B. GPR41, GPR43) für kurzkettige Fettsäuren im Körper von Säugetieren gibt ( 17 ). Diese Rezeptoren kommen auf den Zellen des Darmepithels vor, aber auch auf Fettzellen, verschiedenen Immunzellen und Nervenzellen ( 18 ).

Binden kurzkettige Fettsäuren innerhalb des Fettgewebes an diese Rezeptoren, so kann dies u. a. dazu führen, dass die Fettverbrennung gesteigert wird und die Fettspeicherung verringert wird ( 19 ). Weiterhin konnte gezeigt werden, dass kurzkettige Fettsäuren die Ausschüttung von Sättigungshormonen wie Leptin erhöhen und dadurch die Nahrungsaufnahme reduzieren ( 20 ).

Forscher vermuten, dass diese Wirkungen dazu beitragen, dass kurzkettige Fettsäuren der Entstehung von Übergewicht und metabolischen Erkrankungen entgegenwirken ( 21 ), auch wenn sie dem Körper zusätzliche Kalorien liefern.

Wirkung gegen Diabetes Typ II

Sowohl Tierstudien als auch Humanstudien zeigen einen Zusammenhang zwischen dem Auftreten von Diabetes Typ 2 und einer Störung der Darmflora ( 22 ). Die mangelnde Produktion an kurzkettigen Fettsäuren durch die gestörte Darmflora scheint dabei eine entscheidende Rolle zu spielen ( 23 ).

Wesentliche Merkmale von Diabetes Typ 2 sind eine zunehmende Insulinresistenz der Gewebe, ein dauerhaft erhöhter Blutzuckerspiegel und chronische Entzündungsvorgänge im Körper. Mit Insulinresistenz ist gemeint, dass die Zellen (z. B. Muskulatur) weniger gut auf Insulin ansprechen und somit schlechter Glukose aus dem Blut aufnehmen können. Dadurch bleibt der Blutzuckerspiegel chronisch erhöht, was wiederum Entzündungen begünstigt.

Untersuchungen zeigen, dass kurzkettige Fettsäuren dazu beitragen können, den Blutzuckerspiegel zu kontrollieren und die Insulinsensitivität bei Menschen mit Typ-2-Diabetes zu verbessern ( 24 ).

In einer kleinen Studie erhielten 12 übergewichtige Erwachsene mit hohem Risiko für die Entwicklung von Diabetes Typ 2 täglich 20 g einer Kombination aus Propionat und dem Präbiotikum Inulin für 42 Tage lang.

(Es handelte sich dabei um eine spezielle chemische Verbindung, einen Inulin-Propionat-Ester. Diese Verbindung wird erst im Dickdarm abgebaut, sodass das Propionat erst dort freigesetzt wird. Pro Tag haben die Teilnehmer dadurch etwa 5,4 g Propionat direkt in den Dickdarm erhalten.)

Die Insulinsensitivität der Probanden verbesserte sich deutlich im Verlauf der Studie und die Marker für systemische Entzündungen gingen zurück ( 25 ).

Andere Humanstudien haben ebenfalls Zusammenhänge zwischen fermentierbaren Ballaststoffen wie Inulin und einer verbesserten Blutzuckerkontrolle und Insulinempfindlichkeit beschrieben ( 26 ).

Für Propionat wurde außerdem nachgewiesen, dass es die Funktion der insulinproduzierenden Beta-Zellen der Bauchspeicheldrüse verbessern kann und die Insulinproduktion dadurch anregt ( 27 ).

Schutz vor Herz-Kreislauf-Erkrankungen

Ein hoher Cholesterinwert (insbesondere LDL-Cholesterin) zählt zu den wichtigsten Risikofaktoren für die Entstehung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Zahlreiche Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass kurzkettige Fettsäuren den Cholesterinspiegel senken können, indem sie u. a. die körpereigene Cholesterinproduktion reduzieren ( 28 ) und den Abbau und die Ausscheidung von Cholesterin fördern ( 29 ).

In einer Studie an Mäusen, die eine fettreiche Fütterung erhielten, konnte weiterhin nachgewiesen werden, dass Butyrat vor der Entstehung von Arteriosklerose und einer Fettleber schützt ( 30 ).

Ein wichtiger Mechanismus bei der Entstehung von Arteriosklerose ist die Anlagerung sogenannter Schaumzellen an den Gefäßwänden, wodurch es zur Plaquebildung kommt. Schaumzellen sind Makrophagen, die viel Cholesterin enthalten, das sie aus der Umgebung aufgenommen haben.

Butyrat verhindert die Entstehung solcher Schaumzellen und reduziert somit auch die Ausbildung arteriosklerotischer Plaques. Dadurch sinkt u. a. das Risiko für Erkrankungen wie Herzinfarkt und Schlaganfall ( 31 ).

Für Propionat und Butyrat wurde außerdem gezeigt, dass sie den Blutdruck senken können und das Risiko für die Entstehung von Thrombosen minimieren ( 32 ).

*Hier finden Sie geeignete Nahrungsergänzungen mit Natriumpropionat und Natriumbutyrat.

Antientzündliche Wirkung und Einfluss auf Immunzellen

Kurzkettige Fettsäuren beeinflussen das Immunsystem auf vielfältige Weise. Wie in den vorigen Abschnitten erklärt, befinden sich spezielle Rezeptoren für kurzkettige Fettsäuren auf der Oberfläche verschiedener Immunzellen.

Binden die Fettsäuren an den entsprechenden Rezeptor, so kommt es zu einer Beeinflussung der Genaktivität der Immunzellen, wodurch bestimmte Zellfunktionen ausgelöst werden (20).

Zahlreiche Untersuchungen zeigen beispielsweise, dass kurzkettige Fettsäuren eine entzündungshemmende Wirkung haben, indem sie die Bildung von entzündungshemmenden Zellbotenstoffen steigern und dadurch das Ausmaß von Entzündungsvorgängen im Körper reduzieren (20).

Besonders interessant ist auch die Entdeckung, dass Propionat und Butyrat die Bildung von regulatorischen T-Zellen stimulieren ( 33 ). Regulatorische T-Zellen sind spezielle Immunzellen, die die Selbsttoleranz des Immunsystems regulieren und damit das Risiko für die Entstehung von Autoimmunerkrankungen und Allergien senken. Außerdem regulieren sie die Stärke von Immunreaktionen und sind wichtig, um Entzündungsvorgänge zu beenden.

Ein gesundes Mikrobiom ist demnach von größter Relevanz für die korrekte Funktion unseres Immunsystems.

Wirkung gegen Krebs

Kurzkettige Fettsäuren könnten eine Schlüsselrolle bei der Vorbeugung und Behandlung bestimmter Krebsarten spielen, vor allem bei Dickdarmkrebs ( 34 ).

Labor- und Tierstudien zeigen, dass Butyrat dazu beiträgt, Dickdarmzellen gesund zu halten, das Wachstum von Tumorzellen zu verhindern und die Zerstörung von Krebszellen im Dickdarm zu fördern ( 35 ).

Schutz des Nervensystems

Immer mehr Studien belegen, dass die Gesundheit unseres Darms eine wichtige Rolle bei der Entstehung von Erkrankungen wie Parkinson, Demenz oder Multipler Sklerose (MS) spielt. Die im Darm gebildeten kurzkettigen Fettsäuren sind dabei ein zentrales Bindeglied zwischen der Darmflora und dem Nervensystem ( 36 ).

Studien am Menschen konnten z. B. nachweisen, dass bei MS-Patienten im Blut und Stuhl ein Mangel an Propionat vorliegt. Die Einnahme von Propionat als Nahrungsergänzung erhöht u. a. die Menge an entzündungshemmenden Immunzellen (regulatorischen T-Zellen) und kann dadurch die Entzündungsvorgänge im Nervensystem deutlich reduzieren ( 37 ).

MS-Patienten, die 1000 mg Propionat pro Tag einnahmen in Kombinationen zu ihrer bestehenden Therapie, hatten in einer Studie weniger Krankheitsschübe als Patienten, die kein Propionat einnahmen. Im MRT konnte sogar festgestellt werden, dass die Propionateinnahme zur Bildung von neuem Hirngewebe führt und damit zu einer Regeneration des Nervengewebes (37).

Verbesserungen (z. B. höhere Konzentration an entzündungshemmenden Immunzellen und geringere Konzentrationen an entzündungsfördernden Zellen) konnten bereits nach 2 Wochen festgestellt werden. Die Patienten wurden noch über einen Zeitraum von 3 Jahren nachverfolgt. Die Studie umfasste etwa 100 Teilnehmer (37).

Andere Studien zeigten außerdem, dass kurzkettige Fettsäuren die Blut-Hirn-Schranke schützen ( 38 ) und der Entstehung von Alzheimer ( 39 ) und Parkinson entgegen wirken ( 40 ).

Wie kommt es zu einem Mangel an kurzkettigen Fettsäuren?

Um ausreichend kurzkettige Fettsäuren zu bilden, müssen verschiedene Faktoren erfüllt sein:

1) Die Bakterienarten, die kurzkettige Fettsäuren bilden können, müssen in ausreichender Menge vorhanden sein.

2) In der Nahrung müssen ausreichend viele fermentierbare Ballaststoffe vorkommen, die als Ausgangsstoff für die Bildung der Fettsäuren dienen.

3) Der pH-Wert im Darm muss die Vermehrung und das Überleben von günstigen Darmbakterien fördern. Ein gesunder pH-Wert im Dickdarm liegt zwischen pH 5,8 und 6,5.

Eine ungesunde Ernährungsweise mit hohem Gehalt an Zucker, schadstoffbelasteten Lebensmitteln, Konservierungsstoffen usw. ist ein wichtiger Einflussfaktor für die Gesundheit des Mikrobioms. Doch auch durch einen zu hohen Gehalt an Fett und Eiweiß in der Nahrung, der ja auch durch vermeintlich gesunde Lebensmittel (z. B. Bio-Fleisch, Nüsse) erreicht werden kann, kommt es zu einer negativen Beeinflussung der Darmflora.

Eine Studie, bei der gesunde menschliche Probanden ihren Kalorienbedarf über einen Zeitraum von 6 Monaten entweder zu 20 %, 30 % oder 40 % über Fett deckten, zeigte, dass mit steigendem Fettgehalt die Zahl der nützlichen Bakterienarten im Darm abnimmt und die Menge an produzierten kurzkettigen Fettsäuren sinkt. Gleichzeitig nimmt die Menge an potentiell schädlichen Darmkeimen zu und Entzündungsmarker im Blut steigen an ( 41 ).

Neben der Ernährung sind auch chronischer Stress, Schlafmangel und Bewegungsmangel wichtige Einflussfaktoren auf das Mikrobiom, die auf Dauer zu einer Störung der Darmflora führen können.

Laboruntersuchung: Habe ich genug kurzkettige Fettsäuren?

Die Menge der im Dickdarm gebildeten kurzkettigen Fettsäuren kann im Stuhl direkt gemessen werden oder indirekt anhand der Zusammensetzung der Darmflora analysiert werden. Außerdem besteht die Möglichkeit die systemisch wirksamen Anteile der Fettsäuren im Blut zu bestimmen.

Referenzbereiche

Folgende Referenzbereiche gelten für die Menge an kurzkettigen Fettsäuren im Blut und im Stuhl (2).

Stuhl:

  1. Acetat: > 95 µmol/g
  2. Propionat: > 22 µmol/g
  3. Butyrat: > 20 µmol/g

Blut:

  1. Acetat: > 97 µmol/l
  2. Propionat: > 12,2 µmol/l
  3. Butyrat: > 6,7 µmol/l

Wie kann man die Produktion von kurzkettigen Fettsäuren steigern?

Je nach individuellem Gesundheitszustand können unterschiedliche Maßnahmen erforderlich sein, um die Produktion an kurzkettigen Fettsäuren im Darm zu steigern.

Allgemein sind u. a. folgende Maßnahmen förderlich für eine gesunde Darmflora:

  1. Erhöhen Sie den Gehalt an fermentierbaren Ballaststoffen (= präbiotische Lebensmittel) in Ihrer Ernährung – siehe weiter unten.
  2. Vermeiden Sie eine Überversorgung mit Fett und Protein.
  3. Reduzieren Sie Ihren Konsum an Zucker und Alkohol sowie stark verarbeiteten Lebensmitteln.
  4. Achten Sie auf eine ausreichende Schlafdauer und gute Schlafqualität.
  5. Integrieren Sie genügend Erholungszeit und Entspannung in Ihren Alltag.
  6. Bewegen Sie sich täglich, am besten an der frischen Luft – denn Sport beeinflusst die Darmflora positiv.

Falls eine gestörte Darmflora, entzündliche Veränderungen der Darmwand sowie eine erhöhte Durchlässigkeit der Darmwand (Leaky-Gut-Syndrom) vorliegen, können auch weitere individuell abgestimmte Maßnahmen erforderlich sein. Diese umfassen beispielsweise die Einnahme bestimmter Probiotika (lebende Mikroorganismen) oder weiterer Präparate, die die Vermehrung schädlicher Keime hemmen oder Toxine im Darm binden können (z. B. Huminsäure, Zeolith).

Für Personen mit verminderter Bildung an kurzkettigen Fettsäuren kann auch die Einnahme der Fettsäuren als Nahrungsergänzungsmittel sinnvoll sein.

Präbiotische Lebensmittel

Die folgenden Arten von Ballaststoffen sind für die Produktion von kurzkettigen Fettsäuren im Dickdarm am besten geeignet:

  1. Inulin: z. B. in Schwarzwurzeln, Yakonwurzeln, Artischocken, Knoblauch, Lauch, Zwiebeln, Spargel (Liste mit Inulin-Gehalt) ( 42 )
  2. Fructooligosaccharide (FOS): z. B. in Artischocken, Chicorée, Zwiebeln, Lauch, Knoblauch und Spargel ( 43 )
  3. Resistente Stärke: z. B. Vollkorngetreide, Hülsenfrüchte, Kartoffeln ( 44 )
  4. Pektin: z. B. in Äpfeln, Aprikosen, Karotten, Orangen, Schale von Zitrusfrüchten
  5. Arabinoxylan: in der Schale von Getreidekörnern, z. B. in Haferkleie ( 45 )
  6. Guarkernmehl: wird aus der Guarbohne, einer Hülsenfrucht, gewonnen ( 46 )
  7. Beta-Glucan: z. B. in Hafer ( 47 )

Hinweis: Der Begriff „Resistente Stärke“ meint, dass dieser Anteil der Stärke nicht im Dünndarm verdaut wird (resistent gegenüber der Verdauung) und deshalb in den Dickdarm gelangt, wo er von den Bakterien abgebaut (fermentiert) werden kann. Resistente Stärke entsteht, wenn stärkehaltige Lebensmittel gekocht und dann abgekühlt werden. Dadurch verändert die Stärke ihre chemische Struktur. Der Prozess dauert etwa 12 bis 24 Stunden.

Weiterhin gibt es in den oben genannten Lebensmitteln auch im rohen Zustand bereits resistente Stärke in geringen Mengen. Durch den Koch- und Abkühlvorgang nimmt der Anteil weiter zu.

Wann sind kurzkettige Fettsäuren als Nahrungsergänzung sinnvoll?

Kurzkettige Fettsäuren, insbesondere Propionat und Butyrat, sind auch in Form von Nahrungsergänzungsmitteln erhältlich. Diese sind frei verkäuflich. Die Einnahme sollte jedoch idealerweise erst nach einer Darmuntersuchung (Mikrobiomanalyse, Stuhl- oder Blutuntersuchung hinsichtlich Fettsäure-Produktion) erfolgen.

Verschiedene Studien bestätigen die Wirksamkeit von oral eingenommenen kurzkettigen Fettsäuren. Die Einnahme ist insbesondere dann sinnvoll, wenn eine Dysbiose (Darmflorastörung) vorliegt und dem Körper somit die vielfältigen positiven Wirkungen der kurzkettigen Fettsäuren nicht zur Verfügung stehen.

Die eingenommenen Fettsäuren gleichen jedoch nicht nur die fehlenden Wirkungen der sonst im Darm gebildeten Fettsäuren aus, sondern unterstützen auch die Regeneration der Darmflora.

So zeigte eine Studie mit 49 Patienten mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen, die über 2 Monate hinweg Kapseln mit Natriumbutyrat einnahmen, dass die Einnahme von Butyrat als Supplement den Anteil an nützlichen Darmbakterien, die selbst kurzkettige Fettsäuren bilden können, im Darm erhöht ( 48 ).

Letztlich sollte aber das langfristige Ziel immer eine Regeneration der Darmflora und eine ausreichende Eigensynthese der kurzkettigen Fettsäuren sein.

Wie dosiert man und zu welcher Tageszeit nimmt man die Fettsäuren ein?

Übliche Dosierungen für Propionat liegen im Bereich von 750 mg pro Tag und für Butyrat zwischen 300 und 600 mg pro Tag. Propionat und Butyrat können gemeinsam eingenommen werden. Die Einnahme erfolgt üblicherweise zweimal täglich zu den Mahlzeiten.

Kann es zu Wechselwirkungen mit Medikamenten kommen?

Wechselwirkungen mit Medikamenten sind uns nicht bekannt. Doch ist es prinzipiell ratsam, bei vorliegenden Erkrankungen und/oder wenn Sie Medikamente nehmen, die Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln (gleich welcher Art) mit Ihrem Arzt zu besprechen.

*Hier finden Sie geeignete Nahrungsergänzungen mit Natriumpropionat und Natriumbutyrat.

Haben kurzkettige Fettsäuren Nebenwirkungen?

Verschiedene Tierstudien zeigen die schützende Wirkung von kurzkettigen Fettsäuren oder fermentierbaren Ballaststoffen wie Inulin gegen eine Krebsentstehung ( 49 ).

Eine Tierstudie an Mäusen aus dem Jahr 2018 zeigte jedoch, dass die verstärkte Aufnahme von Inulin bei Tieren, die aufgrund einer fettreichen Fütterung eine gestörte Darmflora aufwiesen, die Entstehung von Lebertumoren begünstigt. Bei keimfreien Mäusen, die die gleiche Fütterung erhielten, traten keine Lebertumoren auf. Ebenso traten keine Tumoren auf, wenn die Fermentation (Verstoffwechslung der Ballaststoffe) der Bakterien durch einen pharmakologischen Wirkstoff verhindert wurde ( 50 ).

Die Wissenschaftler stellten die Hypothese auf, dass ein hoher Butyratspiegel (erreicht durch das zugefütterte Inulin) bei gleichzeitigem Vorliegen einer gestörten Darmflora, einem erhöhten Gehalt an Gallensäuren im Blut und einem proentzündlichen Zustand der Leber, die Entstehung von Tumoren begünstigen kann (50).

Eine andere Studie an Mäusen, bei denen den Tieren Guarkernmehl gefüttert wurde, zeigte ebenfalls eine Belastung der Leber. In diesem Fall traten bei den Mäusen mit einer gestörten Darmflora vermehrt Leberentzündungen auf ( 51 ).

Die genauen Zusammenhänge zwischen der Leberschädigung und der vermehrten Aufnahme löslicher Ballaststoffe sind nicht geklärt. Es handelt sich hierbei um Tierstudien, in denen „extreme Bedingungen“ bestanden wie z. B. eine konstant fettreiche Fütterung bei gleichzeitiger hoher Aufnahme an Ballaststoffen. Eine Übertragung auf den Menschen ist daher nicht möglich.

Die Studien verdeutlichen jedoch die Wichtigkeit einer ganzheitlichen gesunden Lebensweise, die insbesondere eine vollwertige, abwechslungsreiche Ernährung mit reichlich Obst und Gemüse beinhaltet.

Fazit: Kurzkettige Fettsäuren haben viele Wirkungen

Die Gesundheit unseres Mikrobioms ist für die Gesundheit unseres gesamten Körpers äußerst wichtig. Kurzkettige Fettsäuren spielen dabei eine zentrale Rolle. Sie fördern die Vermehrung von nützlichen Bakterien, ernähren die Darmschleimhaut, liefern uns Energie, regulieren das Immunsystem und den Energiestoffwechsel, schützen unser Nervensystem und vieles mehr.

Eine Lebensweise und Ernährung, die die Produktion dieser besonderen Fettsäuren fördert, ist also entscheidend für die menschliche Gesundheit.

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Wichtiger Hinweis

Dieser Artikel wurde auf Grundlage (zur Zeit der Veröffentlichung) aktueller Studien verfasst und von MedizinerInnen geprüft, darf aber nicht zur Selbstdiagnose oder Selbstbehandlung genutzt werden, ersetzt also nicht den Besuch bei Ihrem Arzt. Besprechen Sie daher jede Massnahme (ob aus diesem oder einem anderen unserer Artikel) immer zuerst mit Ihrem Arzt.