Schlafmittelverbrauch nimmt rasant zu
In Deutschland werden reichlich Schlafmittel genommen. Die Branche macht hier jährlich Umsätze in Höhe von 370 Millionen Dollar - mit steigender Tendenz. Denn das Stressniveau der Bevölkerung steigt, Schlafstörungen nehmen zu - und die Nachfrage nach Schlafmitteln steigt.
In Deutschland wird die Zahl der Schlafmittelabhängigen auf 1,5 Millionen Menschen geschätzt und auch in der Schweiz steigt die Anzahl der Menschen, die regelmäßig Medikamente zum Schlafen benötigen, stetig an.
Abhängig und krank durch Schlafmittel
Gerade das Wissen um Schlafmittel und ihre gravierenden Nebenwirkungen (inkl. Abhängigkeit) sind noch viel zu wenig verbreitet. Die Nebenwirkungen von Schlafmitteln reichen von Kopfschmerzen und Übelkeit über Tagesmüdigkeit und Konzentrationsstörungen bis hin zu Stoffwechselstörungen und Depressionen.
Die am häufigsten verschriebenen Schlafmittel sind so genannte Tranquilizer (Benzodiazepine), Antidepressiva und Neuroleptika.
Schlafmittel verändern das Schlafverhalten
Die Auswertung einiger Schlafstudien belegt, dass manche Schlafmittel die Schlafzyklen verändern, indem die R.E.M-Phase (Rapid Eye Movement) unterdrückt wird. Als REM-Phase bezeichnet man den zweiten Teil des Tiefschlafs - die Traumphase. Dieser Schlafabschnitt ist immens wichtig für das psychische Gleichgewicht, denn das Träumen ermöglicht eine psychische Entspannung und Gelöstheit.
Versuchsreihen haben gezeigt, dass Schlafunterbrechungen in der REM-Phase negative Auswirkungen auf die Psyche und die mentale Stimmung haben. Veränderungen der REM-Phase stehen auch mit Depressionen und anderen psychischen Leiden in Verbindung. Da Schlafmittel die REM-Phase beeinflussen, können diese ebenfalls zur Beeinträchtigung der psychischen Gesundheit führen.
Der gesunde Schlafzyklus
Ein erwachsener Mensch schläft etwa 6 bis 8 Stunden täglich, in denen er vier Schlafzyklen durchläuft. Diese Zyklen dauern insgesamt etwa 90 Minuten an. Danach wechseln sich der so genannte Delta-Schlaf und die REM-Phase - beides Zyklen der 4. Phase - gegenseitig ab.
Während in der ersten Hälfte des Schlafs der Delta-Schlaf überwiegt und der REM-Schlaf nur schwach ausgeprägt ist, kehrt sich dieses Verhältnis im Laufe der zweiten Schlafhälfte um. Jetzt dominieren intensive REM-Phasen und die Delta-Schlafphasen werden entsprechend kürzer und schwächer. Der vollständige Ablauf der einzelnen Schlafzyklen ist enorm wichtig für unsere Gesundheit.
Die einzelnen Schlafzyklen
In der frühen Einschlafphase befinden wir uns im Halbschlaf. Der Blutdruck, die Herzfrequenz und die Atmung werden gleichmäßiger; das Bewusstsein schwindet langsam.
Phase 1: Die erste Schlafphase wird in der Regel von Muskelspasmen begleitet, es folgt die Verlangsamung des Pulses und die Muskelentspannung tritt ein.
Phase 2: Sie tritt nach ungefähr 5 bis 10 Minuten ein. Jetzt werden die Hirnwellen aktiver und die Augen bewegen sich schnell von der einen zur anderen Seite. Nach weiteren 20 Minuten folgt die nächste Phase.
Phase 3: Die Hirnwellen verlangsamen sich. Die Muskeln sind vollständig entspannt, der Atem ist langsam und gleichmäßig.
Phase 4: Diese Phase bezeichnet man auch als den Delta-Schlaf. Nach etwa 20 Minuten beginnt dann die Phase des REM-Schlafs, in welcher es zu extrem schnellen Augenbewegungen kommt. Zu diesem Zeitpunkt ist der Herzschlag ungleichmäßig und die Hirnaktivität ähnelt jener des Wachzustandes. Wir befinden uns jedoch in einer Art Lähmungszustand der verhindert, dass die im Traum ausgeführten Bewegungen auch in der Wirklichkeit stattfinden.
Schlafmittel beeinträchtigen wichtige Körperfunktionen
Die Einnahme von Schlafmitteln bringt durch die Unterdrückung der REM-Phase den gesamten Schlafrhythmus durcheinander.
Auf diese Weise wird auch das komplexe Zusammenspiel verschiedener lebenswichtiger Körperfunktionen, die während des Schlafens stattfinden (Hormonproduktion, Aktivierung des Immunsystems, Zellerneuerung, Entgiftung etc.), immens beeinträchtigt, so dass die regelmäßige Einnahme von Schlafmitteln letztlich physisch und psychisch krank machen kann.
Erhöhtes Krebs- und Sterberisiko durch Schlafmittel
Schlafmittel können auch das Krebs- und Sterberisiko erhöhen. Besonders wenn Benzodiazepine, Nicht-Benzodiazepin-Agonisten, Barbiturate und beruhigende Antihistaminika verwendet werden. Das zumindest war das Ergebnis einer Studie von US-Forschern des Jackson Hole Center for Preventive Medicine in Wyoming und des Scripps Clinic Viterbi Family Sleep Center in Kalifornien.
Sie analysierten für ihrer Studie Daten von mehr als 33.000 Patienten. Ein Drittel dieser Patienten litt unter Schlafstörungen und nahm infolgedessen Schlaftabletten wie zum Beispiel Temazepam, Zopiclon, Zolpidem oder Zaleplon ein.
Nachdem die Wissenschaftler andere Risikofaktoren für einen verfrühten Tod ausschliessen konnten, zeigte sich, dass ungefähr zwei Jahre nach dem Beginn der Schlaftabletteneinnahme einer von 16 Schlaftablettenkonsumenten starb, wohingegen von jenen Personen, die keine Schlaftabletten nahmen, nur eine von 80 starb (1).
Weniger als 2 Schlaftabletten pro Monat erhöhen das Sterberisiko
Das Sterbe- und Krebsrisiko stieg jedoch nicht etwa – wie man vielleicht vermuten könnte - nur bei solchen Personen, die jeden Tag ihr Schlafmittel brauchen. Bereits die Einnahme von weniger als zwei Schlaftabletten pro Monat (nämlich 18 Einnahmen pro Jahr) führte dazu, dass sich die Gefahr, verfrüht zu sterben, verdreifachte.
Je grösser die jährliche Anzahl der eingenommenen Schlaftabletten-Dosen war, umso häufiger trat ein verfrühter Tod ein.
Der kausale Zusammenhang zwischen Schlaftablettenkonsum und erhöhter Sterblichkeit lässt sich infolgedessen nicht leugnen. Die Krebsgefahr hingegen stieg deutlich nur bei jenen Patienten, die sehr hohe Schlaftablettendosen zu sich nahmen. Das Risiko, an Krebs zu erkranken, stieg in dieser Gruppe um 35 Prozent (2).
Jährlich 500.000 Tote aufgrund von Schlafmitteln allein in den USA
Bei dieser eindeutigen Datenlage schlussfolgerten die Forscher:
Die wenigen guten Eigenschaften der Schlafmittel rechtfertigen keinesfalls deren sehr ernsthafte Risiken.
Schätzungen zufolge starben in den USA allein im Jahr 2010 zwischen 320.000 bis 507.000 Menschen nur aufgrund von Schlafmitteln. Wer an Schlafstörungen leidet, sollte daher besser erst sämtliche alternativen Möglichkeiten ausschöpfen, um auf die Einnahme von synthetischen Schlafmitteln verzichten zu können.
Was tun gegen Schlaflosigkeit?
Eine Studie aus dem Jahr 2006, die in der Zeitschrift Journal of the American Medical Association veröffentlicht wurde, zeigte sogar, dass eine einfache Therapie des kognitiven Verhaltens viel wirksamer gegen Schlafstörungen war als eine Behandlung mit synthetischen Schlafmitteln (3).
Eine kognitive Verhaltenstherapie, die bei Schlafstörungen aufgrund psychischer Beschwerden verschrieben wird, kann sehr gut von weiteren Therapien begleitet werden, etwa von Methoden der traditionellen chinesischen Medizin (TCM), der klassischen Homöopathie, der Lichttherapie oder Entspannungstherapien, die allesamt den Betroffenen helfen können, ohne Schlafmittel wieder zu einem gesunden Schlafverhalten zurückzufinden.
Begleitend können natürliche Mittel, wie die Schlafbeere Ashwagandha oder pflanzliche Zubereitungen wie z. B. Tinkturen oder Presslinge aus der Baldrianwurzel, Melisse, Kamille, Passionsblume, Hopfenblüten und Lavendel probiert werden. Sie sind oft äusserst wirkungsvoll und schlaffördernd – allerdings in manchen Fällen erst nach einer längeren Einnahmedauer von etwa zwei Wochen.
In den USA wird häufig das Hormon Melatonin als Einschlafhilfe empfohlen. Details dazu sowie zahlreiche weitere Tipps gegen Schlaflosigkeit finden Sie hier: Schlaflosigkeit natürlich beheben
Tipps für einen erholsamen Schlaf
Bevor Sie zu Schlafmitteln greifen, probieren Sie andere Lösungsansätze aus:
- Sorgen Sie tagsüber für ausreichend Bewegung.
- Nehmen Sie abends nur leichte Mahlzeiten zu sich, damit Ihr Verdauungssystem zur Ruhe kommt.
- Trinken Sie abends nur wenig, so dass Ihr Schlaf nicht unterbrochen wird, nur weil Sie zur Toilette müssen.
- Machen Sie vor dem Zubettgehen spezielle Atemübungen, die den Schlaf fördern.
- Ein warmes Vollbad am Abend mit entspannenden Zusätzen (Hopfen, Melisse, Baldrian etc.) kann wahre Wunder bewirken.
- Gehen Sie ins Bett, sobald Sie müde werden.
- Dunkeln Sie Ihr Schlafzimmer ab, aber lassen Sie nach Möglichkeit das Fenster geöffnet. Andernfalls lüften Sie das Zimmer gut durch, bevor Sie sich schlafen legen.
- Verscheuchen Sie Ihre negativen Gedanken und suchen Sie in Ihrer Phantasie nach einem schönen Ort, an dem Sie sich wohl und geborgen fühlen. Bleiben Sie in Ihren Gedanken genau dort und genießen Sie das wunderbare Gefühl, bis Sie zufrieden einschlafen oder nutzen Sie unsere Tipps zum Einschlafen.
Fazit: Schlafmittel sind keine Lösung
Anstatt sich in die Abhängigkeit von Schlafmitteln zu begeben, ist es daher wichtig, die Ursachen der Schlaflosigkeit anzugehen und mehrere Maßnahmen gleichzeitig umzusetzen, um ganzheitlich zu therapieren.
Auf diese Weise können Sie auch selbst einiges zu einem erholsamen Schlaf beitragen. Suchen Sie am besten ganzheitlich praktizierende TherapeutInnen/ÄrztInnen auf, die ihre PatientInnen nicht in erster Linie mit Schlafmitteln behandeln, sondern gemeinsam mit dem Betroffenen nach Alternativen suchen.