Titandioxid – das weiße Pigment
Titandioxid ist ein beliebter Zusatzstoff – ein weißes bis durchscheinendes Pigment, das z. B. in den folgenden Produkten zur Aufhellung Einsatz findet:
- Dragees, Kaugummis und Hustenbonbons: Überall, wo helle glänzende oder glatte Überzüge zu sehen sind
- Arzneimittel: Tabletten, die glatte Überzüge haben
- Süßigkeiten, Schokolade, Kekse
- Käse und helle Saucen
- Nahrungsergänzungsmittel, z. B. Magnesium- oder Calciumtabletten
- Zahncremes, Sonnenschutzmittel und andere Kosmetika: In Sonnenschutzmitteln dienen die winzigen weißen Partikel als sog. mineralische Lichtschutzfilter, die UV-Strahlung reflektieren, so dass diese der Haut nichts anhaben kann.
- Ölfarben und weiße Wandfarben: Als weißes Pigment hat Titandioxid ungewöhnlich hohes Deck- und gleichzeitig hervorragendes Aufhellvermögen
- und viele weitere Produkte mehr, wie Lacke, Kunststoffe, Textilien etc.
Da der Stoff so häufig in Bonbons, Desserts, Kaugummis und anderen Naschereien enthalten ist, nehmen Kinder im Allgemeinen zwei- bis viermal so viel Titandioxid zu sich wie Erwachsene! ( 7 )
Update Mai 2023: Im Januar 2022 wurde der Einsatz von Titandioxid in Lebensmitteln und Nahrungsergänzungsmitteln verboten. Im Handel dürfen Produkte aber noch bis zum Ablauf ihres Mindesthaltbarkeitsdatums bleiben. In Arzneimittel, Zahncreme und Kosmetika (auch in Kinderprodukte) darf der Stoff aber weiterhin ohne Einschränkungen zugegeben werden.
Titandioxid heißt auch E171 und CI 77891
Bei Arzneimitteln und Nahrungsergänzungsmitteln wird auf der Packung bzw. im Beipackzettel meist konkret "Titandioxid" angegeben. Im Lebensmittelbereich aber steht auf der Inhaltsstoffliste häufig die E-Nummer (E171), bei Kosmetika wird der Stoff mit dem Kürzel CI 77891 und im Farbenbereich mit PW6 für Pigment White 6 angegeben.
5 bis 10 Gewichtsprozent der Titandioxid-Partikel – so schätzt man – sollen in Nanogröße vorliegen, also kleiner als 100 Nanometer (nm) sein. Davon nun soll ein großer Teil wieder ausgeschieden werden. Ein anderer Teil aber verteilt sich im Körper.
Update August 2021: Eine Laboranalyse von 10 Lebensmitteln mit E171, die von Plusminus (ARD) in Auftrag gegeben wurde, ergab bei zwei Produkten (Kakaopulver und Zuckerperlen (z. B. zum Verzieren von Süßigkeiten oder Kuchen)) einen Nano-Anteil von 84 Prozent (Kakaopulver) und 67 Prozent (Zuckerperlen). Die geschätzten 5 bis 10 Prozent werden also gelegentlich deutlich überschritten ( 8 ).
Nanopartikel sind besonders gefährlich
Nanopartikel weisen andere Eigenschaften auf als derselbe Stoff in größerer Partikelgröße und haben nun aufgrund ihrer vergrößerten Oberfläche eine viel höhere biologische Aktivität und somit eine intensivere Wirkung auf den Konsumenten. Das aber könnte ungeahnte Gefahren für Mensch und Umwelt bergen, worauf Nano-Kritiker seit Jahren hinweisen.
So können Nanopartikel beispielsweise bei äußerlicher Anwendung u. U. über die Haut bzw. Schleimhaut in den Körper gelangen. Selbst kurzes Zähneputzen könnte so schon ausreichen, um täglich eine Portion Titandioxid abzubekommen ( 3 ). Was Sonnenschutzprodukte betrifft, haben wir im folgenden Link erklärt, dass insbesondere Partikel in einer Größe von unter 100 nm eine Gefahr bedeuten könnten: Sonnencreme: gesund oder riskant
Schon im Jahr 2010 entdeckten Schweizer und französische Wissenschaftler, dass Nano-Titandioxid in menschlichen Zellen ähnliche Vorgänge in Gang setzten kann wie andere hochgiftige Stoffe, z. B. Asbest – so Amir Yazdi von der Universität Lausanne im Fachjournal PNAS. Beide Stoffe lösen Entzündungsreaktionen aus und führen zu einem hohen oxidativen Stress, der sowohl Gewebe als auch die Erbsubstanz (DNA) beschädigen kann ( 5 ).
Möglicherweise könnte daher auch die nun seit einigen Jahren immer häufiger verwendeten Nanopartikel zu der immer stärker steigenden Zahl der chronischen Lungenkranken beitragen.
E171 – ungiftig oder schädlich?
Bis heute ist dennoch nahezu überall zu lesen, dass E171 ungiftig sei und unverändert ausgeschieden werde.
Eine weitere Studie widerlegt erneut diese Ansicht. Forscher vom französischen National Institute for Agricultural Research (INRA) berichten im Journal Nature (Januar 2017), dass bei einer oralen Aufnahme des Stoffs zunächst gutartige Tumoren entstünden, die sich zu bösartigen Tumoren weiter entwickeln könnten.
Sie hatten Ratten 100 Tage lang Titandioxid ins Trinkwasser gemischt – und zwar in jenen Dosen, wie sie im Verhältnis von Menschen tagtäglich über Lebensmittel und kosmetische Produkte aufgenommen werden ( 1 ) ( 2 ).
E171 reichert sich im Körper an
Frühere Studien von der International Agency for Research on Cancer hatten gezeigt, dass das Einatmen von Titandioxid krebserregend sei. Denn die Teilchen können über die Lungen in den Blutkreislauf und mit dem Blut in die Leber, die Milz, die Nieren, das Herz und selbst in das Gehirn gelangen.
Auch vier Wochen nach dem Einatmen waren die Nanopartikel noch in den gleichen Mengen in den Organen vorhanden wie am ersten Tag, was darauf hindeutet, dass sich der Stoff im Körper anreichert und nicht so ohne weiteres ausgeleitet werden kann.
Schädlich für Darm und Immunsystem
Die aktuelle Studie ist jedoch die erste, die sich dem Krebspotential des Stoffes bei der oralen Aufnahme widmet. Darin stellten die Forscher fest, dass Titandioxid vom Darm resorbiert und in den Blutkreislauf aufgenommen wird. Mit dem Blut gelangt der Stoff nun in alle Teile des Körpers. Krebsvorstufen entwickeln sich nach regelmäßiger Aufnahme zunächst im Darm. Gleichzeitig schwächt die Substanz das Immunsystem, so dass man für alle anderen Krankheiten ebenfalls viel empfänglicher wird.
Die regelmäßige Aufnahme von E171 geht mit einem erhöhten Risiko für chronisch entzündliche Darmprozesse und einer Krebsentstehung einher. Schon nach einer Woche konnte der Stoff in den Immunzellen der Darmschleimhaut entdeckt werden. Die Zahl spezieller Immunzellen (die regulatorischen T-Zellen), die normalerweise Entzündungen bekämpfen, war nach kurzer Zeit merklich reduziert. Nach 100 Tagen waren nicht nur eine deutliche Entzündung der Darmschleimhaut erkennbar, sondern auch erste präneoplastische Läsionen (Vorstufen).
Die Forscher weisen darauf hin, dass E171 aufgrund dieser Eigenschaften und Auswirkungen – wenn regelmäßig über die Nahrung aufgenommen ( 4 ) – nicht nur die Anfälligkeit für Darmkrebs, sondern möglicherweise auch für bestimmte Autoimmunerkrankungen erhöhen könnte. Daraufhin ordnete die französische Regierung eine sofortige Untersuchung zur Sicherheit von E171 an.
Entzündungen und Leaky Gut Syndrom
Im Juli 2017 wurden die Ergebnisse der französischen Forscher von einem Team um Dr. Gerhard Rogler, Gastroenterologe am Universitätsspital Zürich, bestätigt ( 6 ). In der Fachzeitschrift Gut schrieben die Forscher, dass sich Titandioxid in Darmschleimhautzellen einlagere, daraufhin Entzündungsprozesse verschärfe, zu einer verstärkten Freisetzung freier Radikale im Darm beitrage und infolgedessen zu einer Störung der Schleimhautbarriere führe oder eine solche verstärke (Leaky Gut Syndrom). Auch habe man eine höhere Konzentration des Stoffs in der Milz finden können, wo er sich offenbar besonders gern einlagere.
Bei der Untersuchung von Blutproben, die Patienten mit Colitis ulcerosa entnommen wurden, zeigte sich zunächst keine Auffälligkeit in Bezug auf Titandioxid. Erst als man erneut Blutproben während eines Schubs entnahm, entdeckte man dort erhöhte Werte der Substanz.
Die Wissenschaftler vermuten daher, dass die Verbindung bei Menschen mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen einen Schub verursachen könnte. Natürlich – so Rogler – stehe der ultimative Beweis dafür noch aus. Er rate dennoch den entsprechenden Patienten, Lebensmittel mit E171 zu meiden.
Störungen der Darmflora
Ende Juni 2020 erschien eine weitere Studie, die vor E171 in Lebensmitteln warnt ( 7 ). Bei Mäusen habe der Stoff die Darmflora signifikant verändert, im Darm Entzündungen verursacht und auch in der Leber zu Veränderungen geführt, so Forscher der University of Massachusetts.
"Unsere Studie bestätigt, dass es einen deutlichen Zusammenhang zwischen Titandioxid in der Nahrung und nachteiligen Auswirkungen auf die Gesundheit gibt", erklärt Hang Xiao, Professor für Ernährungswissenschaften und Autor der Studie. "Es sind insbesondere die Teilchen, die kleiner als 100 Nanometer sind, die uns Sorgen bereiten. Die größeren werden nicht resorbiert. Die kleinen jedoch gelangen ins Gewebe und reichern sich irgendwo an."
Allerdings können auch die größeren Partikel zu Störungen der Darmflora führen, wobei die schädlichen Auswirkungen der Nanopartikel in Hang Xiaos Studie jedoch stärker ausgeprägt waren als die der größeren Partikel. In Gegenwart von E171 konnte die Darmflora nicht mehr so viele kurzkettige Fettsäuren bilden, die für eine gesunde Darmschleimhaut wichtig wären. Gleichzeitig nahm im Darm die Zahl der entzündungsfördernden Abwehrzellen und auch der Entzündungsbotenstoffe (Zytokine) zu, was eindeutig auf einen Entzündungsprozess hinweist.
Xiao empfiehlt nun, die langfristigen Auswirkungen des Titandioxids zu erforschen, auch jene, die sich vielleicht erst über Generationen hinweg zeigen könnten.
Titandioxid besser meiden
Wer bis zum endgültigen Beweis nicht warten möchte, sollte (so unsere Meinung) – auch wenn er keine chronisch entzündliche Darmerkrankung hat – Titandioxid besser meiden. Denn Lebensmittel mit E171 gehören in den allermeisten Fällen sowieso nicht zu den gesunden und empfehlenswerten Lebensmitteln, so dass man letztendlich aus dieser Maßnahme nur einen Gewinn ziehen kann.
Überprüfen Sie also die Inhaltsstoffliste ihrer Lebensmittel, Arzneimittel, Nahrungsergänzungsmittel, Süßigkeiten, Kaudragees und Kosmetika und ersetzen Sie sodann jene, die E171 enthalten, mit unbedenklichen Alternativen. Im Falle von Arzneimitteln bitten Sie Ihren Arzt, Ihnen ein Präparat ohne Titandioxid zu verschreiben.
In der EU ist es überdies Pflicht, Produkte mit Nanotechnologie zu kennzeichnen. In der Schweiz fordern Konsumentenschutzverbände diese Maßnahme ebenfalls. Ab Mai 2017 soll es auch hier soweit sein, doch gelten Übergangsfristen von vier Jahren, so dass man sich erst ab 2021 auf die Kennzeichnungspflicht verlassen kann.
Titandioxid jedoch ist in jedem Fall deklariert – entweder als Titandioxid, als E171 oder CI 77891. Schauen Sie daher stets auf die Zutatenliste Ihrer Lebensmittel, Nahrungsergänzungsmittel, Arzneimittel und Kosmetika.
In Frankreich ist Titandioxid seit dem 1. Januar 2020 verboten. Das Risiko für den Verbraucher sei zu hoch, so die französischen Ministerien für Wirtschaft und Umwelt. Wie die Geschichte rund um E171 weiter geht, lesen Sie in unserer Fortsetzung vom August 2021: Titandioxid ist nun doch gefährlich
Wie Sie die körpereigenen Entgiftungsfähigkeiten stärken und unterstützen können, um möglicherweise eingelagerte E171-Partikel wieder auszuleiten, lesen Sie hier: Die ganzheitliche Entgiftung