Von den Krankenkassen empfohlene Ernährungsberatung kann riskant sein
Normalerweise nehmen Menschen eine Ernährungsberatung in Anspruch, wenn sie ihren Gesundheitszustand aktiv verbessern möchten.
In manchen Fällen jedoch kann eine Ernährungsberatung geradewegs zum Gegenteil führen und die Gesundheit sogar noch weiter schwächen.
Viele glauben, man brauche sich nur an solche Ernährungsberater wenden, die von den Kassen bezahlt werden und schon umgehe man das Risiko, einem Scharlatan in die Hände zu fallen.
Scharlatane sind diese ErnährungsberaterInnen zwar nicht. Sie vermitteln eben all das, was sie gelernt haben. Doch ist leider genau dies nicht immer gesund.
Ernährungsberatung in Deutschland wie vor 60 Jahren
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung DGE empfiehlt eine Ernährungsweise, wie sie möglicherweise noch für einen Grossteil der Bevölkerung in den 50er Jahren vorteilhaft gewesen wäre. Die Konstitution der Menschen damals war jedoch eine ganz andere als heute.
Während es in der Nachkriegszeit kaum Übergewichtige gab, gilt heute mehr als die Hälfte der Bürger als zu dick.
Seinerzeit war körperliche Bewegung noch an der Tagesordnung, heute sitzt man vorwiegend – entweder im Auto, im Büro oder vor dem Fernseher bzw. Computer.
Übergewicht und mangelnde Bewegung führen in Kombination mit fehlerhafter Ernährung nun dazu, dass die Menschen immer früher mit sog. Zivilisationskrankheiten – wozu insbesondere die Symptomatik des sog. Metabolischen Syndroms gehört – zu kämpfen haben.
Das Metabolische Syndrom betrifft allein in der Schweiz und auch in Deutschland mindestens 25 Prozent der erwachsenen Bevölkerung. Es umfasst vier krankhafte Funktionsstörungen, die sich zu lebensgefährlichen Gesundheitsproblemen entwickeln können: Bluthochdruck, Diabetes bzw. Insulinresistenz, hohe Blutfettwerte und Übergewicht.
Getreide, Milch und Zucker sind gut und richtig
Anstatt nun aber tatsächlich auf genau diese Problematiken einzugehen, bestehen die Empfehlungen der DGE in der Hauptsache darin, sich an die sog. Ernährungspyramide zu halten.
Deren Basis besteht neben Obst und Gemüse – was als positiv zu werten ist – aus Kohlenhydraten in Form von Brot, Back- und Teigwaren sowie Getreideflocken – was dagegen weniger günstig ist. Milchprodukte nehmen ebenfalls einen hohen Stellenwert ein. Und auch Zucker ist bis zu einer Menge von 50 bis 60 Gramm pro Tag erlaubt bzw. bis zu einer Menge von 10 % der täglichen Gesamtkalorien .
Darin ist noch nicht einmal jener Zucker enthalten, der naturgemäss beispielsweise in Früchten, Säften oder auch Honig enthalten ist, sondern nur freier Zucker, also Haushaltszucker, der von der Lebensmittelindustrie oder vom Konsumenten den Mahlzeiten oder Getränken hinzugefügt wird ( 3 ).
Herkömmliche Ernährungsberatung fördert Übergewicht, Diabetes und hohe Cholesterinwerte
Wenn jetzt ganz generell und immer wieder gepredigt wird, wie wichtig Getreide- und Milchprodukte sind und dass auch eine haushaltszuckerfreie Ernährung nicht praktikabel sei, dann wird damit jedoch nicht die Gesundheit der Menschen gefördert, sondern die Verbreitung des Metabolischen Syndroms.
Auch wer bereits mit Übergewicht ein Problem hat, wird bei der Umsetzung der DGE-Standards wenn überhaupt, so nur wenig Gewicht verlieren.
Und wer – möglicherweise unwissentlich – unter einem erhöhten Blutzuckerspiegel leidet, wird mit einer Ernährung, die reich an Kohlenhydraten und Zucker ist, in Riesenschritten zum Diabetiker werden.
Genauso wird jener, der mit hohen Cholesterinwerten durchs Leben geht, diese auch mit einer kohlenhydrat- und milchreichen Ernährung nicht loswerden.
Deutsche Krankenkassenverbände bestehen auf unzeitgemässe Ernährungsberatung
Nichtsdestotrotz bestätigte schon vor Jahren der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) in seiner damaligen (2010) und heute noch gültigen Fassung des "Leitfadens Prävention", dass Ernährungsberatungen nur dann unterstützt würden, wenn sie die Richtlinien der DGE einhielten ( 2 ).
Das heisst, wenn die entsprechenden Ernährungsberater nicht nach diesen Richtlinien ausgebildet wurden, werden sie auch nicht empfohlen. Ganzheitliche Ernährungsberater finden zu den Krankenkassen keinen Eingang.
In anderen Worten bedeutet das, die gesetzlichen Krankenkassen bezuschussen nur dann Ernährungsberatungen, wenn die Mitglieder daraus ziemlich sicher keinen gesundheitlichen Nutzen ziehen können und deren Gesundheitsrisiko (z. B. das Diabetesrisiko) – aufgrund einer stärkereichen Kost – damit sogar mit grosser Wahrscheinlichkeit steigt.
Jojo-Effekt nur nach kohlenhydratreicher Ernährung
Die von der EU mit 14,5 Millionen Euro geförderte und in der renommierten Fachzeitschrift The New England Journal of Medicine veröffentlichte Diogenes-Studie ( 4 ), bei deren Durchführung und Auswertung acht europäische Forschungszentren beteiligt waren, gelangte zu einem ähnlichen Ergebnis.
Bei dieser Untersuchung wollte man herausfinden, welche Ernährungsweise den berüchtigten Jojo-Effekt nach Diäten verhindern könne bzw. welche ihn fördere.
Dabei zeigte sich, dass nur diejenigen Studienteilnehmer (von insgesamt 558) keinen Jojo-Effekt erlebten, die nach Abschluss ihrer Diät eine kohlenhydratarme Ernährungsform praktizierten.
Im Gegensatz dazu stellte sich der unerwünschte Effekt besonders in jener Gruppe ein, die sich kohlenhydratreich und gleichzeitig proteinarm ernährte. Bei ihnen stieg das Körpergewicht nach einer Diät wieder deutlich an.
Eine Vision
Erhielten also allein die deutschen Diabetiker (mind. 5 Millionen) sowie diejenigen Menschen mit Diabetesrisiko (10 Millionen) eine individuelle und richtige Ernährungsberatung, dann liessen sich die Ausgaben der Krankenkassen auffallend senken und gleichzeitig stiege ganz enorm die Lebensqualität der Betroffenen.
Die einzig Leidtragenden wären die Pharmakonzerne. Doch liesse sich mit vereinten Kräften sicher auch für diese eine sinnvolle Aufgabe finden.
(1) Diogenes: Zusammengesetztes Wort aus Diet, Obesity and Genes = Ernährung, Übergewicht und genetische Veranlagung