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  • gekeimte Linsen
8 min

Phytinsäure in Lebensmitteln neutralisieren

Die Phytinsäure ist ein Pflanzenstoff, der in vielen Lebensmitteln vorkommt. Er soll die Aufnahme von Mineralstoffen und Spurenelementen negativ beeinflussen. Wir erklären, wie Sie die Phytinsäure in Ihren Lebensmitteln neutralisieren oder reduzieren können.

Stand: 27 Oktober 2024

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Wie Sie Phytinsäure im Essen neutralisieren

Die Phytinsäure ist ein sekundärer Pflanzenstoff, der immer wieder als Antinährstoff bezeichnet wird. Denn die Phytinsäure kann Mineralstoffe (Calcium, Zink, Eisen u. a.) an sich binden, so dass diese vom menschlichen Körper nicht mehr genutzt werden können, also nicht mehr bioverfügbar sind.

In unserem Hauptartikel zur Phytinsäure lesen Sie alle Details rund um den Pflanzenstoff – seine Vor- und Nachteile, in welchen Lebensmitteln wie viel davon enthalten ist und ob er tatsächlich Mineralstoffe in relevanter Menge bindet und auf diese Weise zu einem Mangel führen könnte.

Gerade das Risiko eines Mangels durch die Phytinsäure lässt sich sehr gut beeinflussen. Denn die Phytinsäure kann durch verschiedene Maßnahmen neutralisiert werden.

Phytinsäure mit der richtigen Zubereitung neutralisieren

Durch verschiedene Methoden der Lebensmittelzubereitung kann der Gehalt an Phytinsäure im Essen neutralisiert bzw. deutlich reduziert werden. Dies ist besonders relevant, wenn viele Lebensmittel auf dem Speiseplan stehen, die den Pflanzenstoff reichlich enthalten.

Kochen neutralisiert Phytinsäure unterschiedlich stark

Je nach Art des Lebensmittels hat das Kochen ganz variable Effekte auf die Inhaltsstoffe. So führte beispielsweise das Kochen verschiedener Hülsenfrüchte für 1 Stunde bei 95 °C zu einer Neutralisierung der Phytinsäure von 23 % bei gelben Erbsen, von 20 – 80 % bei Linsen und von 11 % bei Kichererbsen.

Bei schwarzen Bohnen wurde jedoch nur eine Verringerung um 0,29 % festgestellt ( 1 ). Neben dem Lebensmittel selbst sind die Temperatur, die Kochdauer und die Wassermenge weitere wichtige Einflussfaktoren. Wie beim Einweichen (siehe folgender Abschnitt), so tritt beim Kochen auch ein variabler Verlust an Mikronährstoffen auf.

Einweichen zur Neutralisierung von Phytinsäure

Beim Einweichen von Hülsenfrüchten und Getreide in Wasser wird die im Samen enthaltene Phytase aktiviert, also das Enzym, das die Phytinsäure bei der Keimung neutralisiert bzw. abbaut. Bei einer Einweichdauer von 24 Stunden reduzierte sich in einer Studie der Gehalt des Pflanzenstoffs in Hirse um 28 %, in Mais um 21 %, in Reis um 17 % und in Sojabohnen um 23 % ( 2 ).

Im Einweichwasser wurde keine Phytinsäure nachgewiesen, was darauf hinweist, dass der Pflanzenstoff enzymatisch abgebaut wurde und nicht ins Einweichwasser ausgewaschen wurde. Das Einweichen führte allerdings auch zu teils erheblichen Verlusten an Mikronährstoffen wie Eisen (bis 40 %) und Zink (bis 30 %) (2) ( 3 ).

Die Menge des Verlusts an Mikronährstoffen hängt u. a. davon ab, wie diese im Lebensmittel gebunden sind, wie viel Einweichwasser verwendet wird und wie oft dieses gewechselt wird sowie von der Temperatur und dem pH-Wert des Wassers. Die Verluste an Zink waren z. B. geringer als die von Eisen, da Zink oftmals in Enzymen und anderen Eiweißen gebunden vorliegt.

Ein häufigeres Wechseln des Einweichwassers führt zu einem größeren Verlust an Mikronährstoffen, da sich diese dadurch insgesamt in einem größeren Volumen an Wasser verteilen können. Je nachdem wie ein Stoff chemisch im Lebensmittel gebunden vorliegt, können unterschiedliche Temperatur- und pH-Bereiche dessen Löslichkeit verbessern oder mindern.

Um eine optimale Aktivität der pflanzeneigenen Phytase zur Neutralisierung der Pytinsäure zu gewährleisten, empfiehlt sich eine Temperatur zwischen 45 und 65 °C und ein pH-Wert zwischen pH 5 und 6 zum Einweichen ( 4 ).

Bioverfügbarkeit von Nährstoffen steigt

Durch den Abbau bzw. die Neutralisierung der Phytinsäure und durch weitere Stoffwechselvorgänge, die während des Einweichens ablaufen, kommt es zu einer verbesserten Bioverfügbarkeit von Nährstoffen. Das heißt, dass der prozentuale Anteil eines Vitalstoffs, der im Darm aufgenommen werden kann, im Vergleich zu dessen Gesamtmenge im Lebensmittel zunimmt. In einer Studie verbesserte sich durch das Einweichen z. B. die Bioverfügbarkeit von Eisen aus Weizenkleie von 3 zu 53 % ( 5 ). In einer anderen Untersuchung an Fababohnen (Dicke Bohnen/Ackerbohnen) verbesserte sich die Bioverfügbarkeit von Eisen um etwa 20 % und von Zink um 10 bis 20 % (3).

Je nach Lebensmittel und Ablauf des Einweichens kann es also sein, dass die verloren gegangene Menge an Mikronährstoffen durch die verbesserte Verfügbarkeit der noch vorhandenen Mikronährstoffe ausgeglichen wird. Es lässt sich also nicht abschließend sagen, ob Sie durch das Einweichen von Getreide und Hülsenfrüchten tatsächlich mehr Mikronährstoffe aufnehmen können oder nicht.

Insbesondere bei Hülsenfrüchten wie Bohnen stellt das Einweichen (und anschließende Kochen) jedoch einen essentiellen Schritt bei der Zubereitung dar. Hierbei geht es nicht nur um das Reduzieren der Phytinsäure, sondern auch um das Entfernen von anderen Inhaltsstoffen (z. B. cyanogenen Glykosiden, Lektinen, Enzymhemmstoffen), die die Hülsenfrüchte im rohen Zustand stark unverträglich oder gar giftig wirken lassen.

Im Gegensatz zu Getreide und Hülsenfrüchten hat das Einweichen von Nüssen und Mandeln keinen Effekt auf deren Phytinsäuregehalt, worauf wir im vorigen Link näher eingehen.

Keimen neutralisiert 60 Prozent der Phytinsäure

Wie beim Einweichen, so kann man sich auch beim Keimen von Hülsenfrüchten und Getreide die im Samen enthalte Phytase zu Nutze machen. Beim Keimen werden die Samen mit einer geringeren Menge Wasser eingeweicht, abgetropft und über mehrere Tage feucht gehalten bis sie zu keimen beginnen.

Im Unterschied zum Einweichen bleibt hierbei eine größere Menge an Mikronährstoffen erhalten ( 6 ). Wie viel Phytinsäure neutralisiert wird, ist abhängig von der Pflanzenart und -sorte, den Keimbedingungen und der Aktivität der Phytase ( 7 ). Es kann mit einer 60-prozentigen (oder mehr) Neutralisierung des Pflanzenstoffs gerechnet werden ( 8 ) ( 9 ).

Fermentieren neutralisiert Phytinsäure sehr gut

Beim Fermentieren werden Lebensmittel mit Mikroorganismen versetzt, die verschiedene Inhaltsstoffe im Lebensmittel abbauen. Durch die Fermentierung (z. B. Sauerteigbildung bei Brot) wird ein großer Teil der Phytinsäure neutralisiert.

Milchsäurebakterien führen durch eine Absenkung des pH-Werts auf pH 4 bis 5 zu einer Aktivierung der im Samen enthaltenen Phytasen und besitzen zudem bakterielle Phytasen, mit denen sie ebenfalls zum Abbau beitragen ( 10 ). Beim Fermentieren verbessert sich durch den Abbau der Phytinsäure und anderer Inhaltsstoffe außerdem die Verfügbarkeit von Eisen, Zink und Calcium ( 11 ).

Studien haben weiterhin gezeigt, dass sich die Aufnahme von Eisen aus phytinsäurereichen Mahlzeiten verbessert, wenn Milchsäurebakterien aus Nahrungsergänzungsmitteln oder aus fermentiertem Gemüse dazu eingenommen bzw. gegessen werden ( 12 ) ( 13 ).

* In unserem Kochkurs Fermentieren lernen erfahren Sie alles rund ums Fermentieren und stellen gesunde und aromatische fermentierte Lebensmittel her, darunter ein besonders einfaches Sauerteigbrot.

Weißmehl: Wenig Phytinsäure, aber auch wenige Mineralstoffe

Bei der Herstellung von Weißmehl und dem Polieren von Vollkornreis werden die phytinsäurereichen Randschichten entfernt. Dadurch wird der Gehalt des Pflanzenstoffs neutralisiert bzw. deutlich reduziert. Allerdings kommt es dabei auch zu erheblichen Verlusten an Mineralstoffen und Spurenelementen sowie nützlichen sekundären Pflanzenstoffen und Ballaststoffen.

So fehlen Weißmehlprodukten und weißem Reis etwa die Hälfte des ursprünglich enthaltenen Calciums und drei Viertel der Ausgangsmenge an Zink. Entsprechend führen diese Verarbeitungsschritte nicht zu einer Zunahme der aufnehmbaren Menge an Vitalstoffen.

Vitamin C hemmt die negative Wirkung der Phytinsäure

Durch eine geschickte Kombination von Lebensmitteln, können Sie die Hemmwirkung der Phytinsäure auf die Nährstoffaufnahme umgehen, ohne den Pflanzenstoff beseitigen zu müssen. Der Zusatz von Vitamin C entweder in Form von Vitamin-C-reichen Lebensmitteln oder als zum Essen eingenommenes Nahrungsergänzungsmittel verbessert die Verfügbarkeit von Eisen ( 14 ).

In unserem oben verlinkten Artikel zur Phytinsäure erfahren Sie weiterhin, welche große Rolle die Gesundheit unseres Darms für die Versorgung des Körpers mit Mikronährstoffen spielt und wie eine phytinsäurereiche Ernährung die Darmgesundheit (und die Mikronährstoffaufnahme) auf lange Sicht sogar günstig beeinflusst.

Traditionelle Zubereitung von Getreide

Die Phytinsäure-Problematik ist im Grunde keineswegs neu. Offenbar wissen manche Naturvölker – vermutlich ohne je von dem Pflanzenstoff gehört zu haben – ganz instinktiv, wie sie Getreide- und Bohnengerichte zubereiten müssen, damit diese dem Organismus bestmöglich nützen können und ihm – durch was auch immer – keinesfalls schaden.

Hirse wie in Afrika

Die Hirse wird über Nacht in Wasser eingeweicht und anschließend im Mixer/Mörser püriert (vermutlich mit demselben Wasser, sicherheitshalber können Sie aber auch das Einweichwasser durch frisches Wasser ersetzen).

Der entstandene Brei bleibt erneut eine Nacht stehen, und zwar an einem warmen Platz, damit die Fermentation starten kann. Milchsäurebakterien, die überall in der Luft vorhanden sind, werden den Hirsebrei alsbald bevölkern und die Phytinsäure neutralisieren bzw. abbauen. Am dritten Tage dann wird der Hirsebrei eine Viertelstunde leise gekocht.

Eine andere Möglichkeit wäre, den Brei mit Kräutern, Meersalz und fein geriebenem Gemüse zu mischen, auf ein Backblech (mit Backpapier ausgelegt) zu gießen und für einige Stunden in die Sonne zum Trocknen zu stellen. Nach dieser Methode lassen sich theoretisch auch andere Getreidearten einschließlich Vollkornreis zubereiten.

Weizen wie in Ägypten

In Ägypten und manchen arabischen Ländern werden auf ähnliche Weise auch Mais- und Weizengerichte hergestellt. Kishk zum Beispiel nennt man ein fermentiertes Gericht aus Parboiled Weizen und Milch.

Man kocht den Weizen, trocknet ihn dann wieder, mahlt ihn, siebt die Kleie aus und mischt ihn mit gesäuerter und gesalzener Milch. Nach 48 Stunden Fermentationszeit wird die Masse gut durchgemixt, zu Bällchen geformt und getrocknet.

Die richtige Zubereitung von Hülsenfrüchten

Bevor Hülsenfrüchte (z. B. Kidneybohnen und Kichererbsen ) gekocht werden, weicht man sie ein – am besten über Nacht oder noch besser 24 bis 48 Stunden lang. Ob Sie die Bohnen lange genug eingeweicht haben, erkennen Sie daran, dass die Bohnen bereits so weich sind, dass man sie zerkauen kann. Das Einweichwasser wird weggegossen und die Hülsenfrüchte werden (je nach Sorte unterschiedlich lange) in frischem Wasser leise geköchelt.

Durch die Kombination von Einweichen und Kochen kann man den Phytinsäuregehalt in Bohnen um etwa 60 % reduzieren ( 16 ). Bei Hülsenfrüchten aus dem Glas/aus der Dose soll der Gehalt des Pflanzenstoffs um etwa 40 % reduziert sein ( 17 ).

Wenn Sie einen Eintopf oder eine Suppe planen, dann kochen Sie die Hülsenfrüchte immer separat und geben Sie diese erst in fertig gegarter Form hinzu. Auf diese Weise leiden die anderen Zutaten (Gemüse) nicht unter den langen Garzeiten der Hülsenfrüchte.

Fazit: Phytinsäure lässt sich mit zahlreichen Maßnahmen neutralisieren

Verschiedene Methoden der Lebensmittelzubereitung können den Gehalt an Phytinsäure effektiv neutralisieren. Für den bestmöglichen Erhalt der Mikronährstoffe haben sich das Keimen und Fermentieren als besonders günstig erwiesen.

Neben einer Reduktion der Phytinsäure lässt sich auch ihre negative Wirkung z. B. durch einen Zusatz von Vitamin C zu den Mahlzeiten neutralisieren bzw. reduzieren. Entscheidend für die Versorgung des Körpers mit Mikronährstoffen ist überdies eine gute Darmgesundheit.

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Wichtiger Hinweis

Dieser Artikel wurde auf Grundlage (zur Zeit der Veröffentlichung) aktueller Studien verfasst und von MedizinerInnen geprüft, darf aber nicht zur Selbstdiagnose oder Selbstbehandlung genutzt werden, ersetzt also nicht den Besuch bei Ihrem Arzt. Besprechen Sie daher jede Massnahme (ob aus diesem oder einem anderen unserer Artikel) immer zuerst mit Ihrem Arzt.