Zentrum der Gesundheit
  • Plastikflaschen in der Abfüllung
32 min

Mikroplastik - Eine Gefahr für die Gesundheit

Mikroplastik ist längst nicht nur im Meer, sondern überall: in der Luft, im Boden, in der Nahrung, in Kosmetika und im Wasser und stellt daher eine massgebliche Gefahr für die Gesundheit dar.

Fachärztliche Prüfung: Gert Dorschner
Aktualisiert: 21 September 2023

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Gesundheit in Gefahr durch Mikroplastik

Ob im Meer, in der Luft oder im Boden: Es gibt inzwischen keinen Umweltbereich mehr, der frei von Mikroplastik ist. Selbst in Kosmetika sowie Wasch- und Reinigungsmitteln stecken die winzigen Kunststoffpartikel.

Weltweit versuchen Forscher nun herauszufinden, wie gross der Schaden ist, den die Plastikteilchen bei Tier und Mensch anrichten. Wenn vonseiten der Politik, der Wirtschaft und des Verbrauchers kein Umdenken stattfindet, könnte dies gravierende Folgen für die Umwelt und unser aller Gesundheit haben.

Wie Sie das Plastik aus Wasser entfernen können und ob man es mit Chlorella aus dem Körper ausleiten kann, lesen Sie in unserem Artikel Wie Sie Mikroplastik aus Ihrem Trinkwasser entfernen.

Was ist Mikroplastik?

Der Begriff Mikroplastik wurde im Jahr 2008 erstmals definiert. Man versteht darunter Kunststoffteilchen, die eine Grösse von 0,1 Mikrometer bis 5 Millimeter aufweisen und spricht daher auch von Mikrokunststoffen.

Zur Veranschaulichung: 100 Mikrometer entsprechen ungefähr der Dicke eines Blattes Papier, während eine rote Ameise im Schnitt 5 Millimeter lang ist. Die winzigen Partikel und Fasern können verschieden geformt sein und aus ganz unterschiedlichen Kunststoffen bestehen.

Plastik ist ein umgangssprachliches Wort für Kunststoff. Man versteht darunter verschiedenste Werkstoffe, welche vordergründig aus Makromolekülen, also sehr grossen Molekülen bestehen. Es wird zwischen natürlichen (z. B. Zellulose), halbsynthetischen (z. B. Viskose) und synthetischen (z. B. Polyethylen) Kunststoffen unterschieden.

Der Begriff Kunststoff wurde erst Anfang des 20. Jahrhunderts geprägt, als die Entwicklung derartiger Werkstoffe so richtig Fahrt aufnahm. Es entstand eine ganze Reihe von Kunststoffen wie Polyethylen und Polypropylen, woraus heute die meisten Verpackungsmaterialien bestehen.

Es gibt in Bezug auf das Plastik generell zwar noch immer keine einheitlichen Definitionen, diese stehen aber vordergründig mit der Grösse der Kunststoffpartikel im Zusammenhang.

Laut der US-amerikanischen National Oceanic and Atmospheric Administration (Nationale Ozean- und Atmosphärenbehörde) umschreibt der Begriff Makroplastik grössere Kunststoff-Objekte, die mindestens eine Grösse von 25 Millimeter aufweisen. Es kann sich hierbei also um einen Gegenstand aus Kunststoff wie eine Plastiktüte, aber auch nur um ein Stück davon handeln ( 23 ).

Wie entsteht Mikroplastik?

Plastikpartikel, die zwischen 5 und 25 Millimeter gross und somit zwischen Mikro- und Makroplastik anzusiedeln sind, werden als Mesoplastik definiert. Sowohl aus Makro- als auch aus Mesoplastik kann durch verschiedenste Prozesse Mikroplastik entstehen.

Das Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik (UMSICHT) hat im Jahr 2018 eine umfassende Studie über Mikroplastik durchgeführt und unterscheidet hierbei zwischen primärem Mikroplastik Typ A und Typ B und sekundärem Mikroplastik.

Primäres Mikroplastik Typ A wird absichtlich erzeugt und kommt bei der Herstellung diverser Produkte zum Einsatz, besonders für Kosmetikprodukte. Allein in Deutschland werden pro Jahr bundesweit rund 500 Tonnen Mikroplastik in Kosmetika eingesetzt. Weitere 100 Tonnen landen in Wasch-, Reinigungs- und Strahlmitteln und ganze 100.000 Tonnen in Kunststoffwachsen, die als Trennmittel und zur Oberflächenbeschichtung angewandt werden.

Primäres Mikroplastik Typ B entsteht hingegen erst während der Nutzung, so etwa durch Reifenabrieb, beim Waschen (wo synthetische Fasern freigesetzt werden können) oder bei der Verwitterung von Farben. Die Freisetzung kann beabsichtigt sein oder ganz bewusst in Kauf genommen werden.

Sekundäres Mikroplastik entsteht aus Makroplastik. Ob an Land, im offenen Meer oder an den Küsten: Gelangen grössere Plastikteile in die Umwelt, verwittern und zerfallen sie, wobei nach und nach zahllose winzige Partikel entstehen. Als häufigster Entstehungsort von sekundärem Mikroplastik gelten Strände, da dort jede Menge Müll achtlos weggeworfen bzw. angeschwemmt wird. Da der völlige Abbau der Plastikpartikel Hunderte Jahre dauern kann, werden sie als persistent (dauerhaft fortbestehend) bezeichnet.

Warum enthalten Kosmetika Mikroplastik?

Ob in der Zahnpasta, im Duschgel, in Peeling-Produkten oder Lippenstiften: Es gibt zahllose Kosmetika, in denen Mikroplastik steckt. Kunststoffe dienen hierbei u. a. als Schleif-, Binde- und Füllmittel sowie als Filmbildner. Das Mikroplastik dient in Kosmetika u. a. dem Zweck, Schmutz, Schuppen oder Zahnbelag zu entfernen ( 16 ).

Woran erkennt man, ob Kosmetika betroffen sind?

Wenn Sie ein Kosmetikprodukt verwenden, merken Sie oft gar nicht, dass darin Kunststoff enthalten ist. Sie können dies nur festzustellen, wenn Sie alle Inhaltsstoffe genau unter die Lupe nehmen. Auf allen Produkten finden Sie eine Liste, die grundsätzlich laut Gesetz alle Inhaltstoffe in abnehmender Konzentration enthalten muss.

Die folgende Liste offenbart Ihnen, welche Kunststoffe laut dem Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (kurz: BUND) am häufigsten in Kosmetika landen und welche Abkürzungen dafür verwendet werden:

  1. Polyethylen (PE)
  2. Polypropylen (PP)
  3. Polyethylenterephthalat (PET)
  4. Nylon-12 (Nylon-12)
  5. Nylon-6 (Nylon-6)
  6. Polyurethan (PUR)
  7. Acrylates Copolymer (AC)
  8. Acrylates Crosspolymer (ACS)
  9. Polyacrylat (PA)
  10. Polymethylmethacrylat (PMMA)
  11. Polystyren (PS)
  12. Polyquaternium (PQ)

Für den Verbraucher ist es äusserst schwierig bis nahezu unmöglich abzuchecken, in welcher Form und Grösse die Kunststoffe in einem Produkt enthalten sind, da es eine dementsprechende Transparenz durch Kennzeichnungen noch immer nicht gibt. Wir empfehlen Ihnen deshalb den BUND-Einkaufsratgeber, dem Sie zahlreiche Kosmetikprodukte entnehmen können, die einen oder mehrere der gerade erwähnten Kunststoffe enthalten.

Schadet Mikroplastik in Kosmetika der Gesundheit?

Viele Forscher befassen sich derzeit mit der Frage, ob von Kunststoffpartikeln in Kosmetika eine Gefahr ausgeht, wenn diese mit der Haut in Berührung kommen oder unabsichtlich geschluckt werden. Das Bundesinstitut für Risikobewertung liess diesbezüglich auf Basis einer Recherche verlauten, dass dies in Hinblick auf den jetzigen Kenntnisstand unwahrscheinlich sei ( 5 ) ( 8 ).

Diese Bewertung wird damit begründet, dass die hierbei verwendeten Partikel grösser als 1 Mikrometer sind und eine Aufnahme über eine gesunde und intakte Haut somit nicht zu erwarten sei. Selbst wenn Zahnpasta verschluckt werde, sei aufgrund der Grösse der Partikel davon auszugehen, dass eine Aufnahme über den Magen-Darm-Trakt nur in geringem Masse stattfände und der überwiegende Teil der Partikel ohnehin über den Stuhl ausgeschieden werde ( 10 ).

Allerdings reicht die derzeitige Studienlage bei weitem nicht aus, um eine Gefährdung für die Gesundheit ausschliessen zu können. Ausser Frage steht, dass Mikroplastik im Meer und in der Umwelt grossen Schaden anrichtet, was sich am Ende natürlich auch auf die Gesundheit des Menschen auswirkt ( 42 ).

Verzichten Kosmetikhersteller nun auf Mikroplastik?

Um den Zusatz von Mikroplastik in Kosmetika zu unterbinden, ist natürlich ein Umdenken der Hersteller gefragt. Als der Industrieverband Körperpflege- und Waschmittel auf Drängen von Umweltschutzverbänden wie dem BUND oder Greenpeace erklärte, dass er seinen Mitgliedern empfehlen werde, Mikrokunststoffe aus Kosmetika zu entfernen, wurde dies zumindest als Teilerfolg gewertet ( 24 ).

Viele Produzenten wie L’Oréal oder Johnson & Johnson haben sich daraufhin direkt beim BUND gemeldet und den Mikroplastik-Ausstieg bis zum Jahr 2015 angekündigt. So verzichten inzwischen bereits einige Hersteller von Zahnpflegeprodukten auf den Einsatz von Mikrokunststoffen.

Doch leider bezieht sich dieser gute Vorsatz bislang lediglich auf die sogenannten Microbeads (feste, sichtbare Partikel), nicht aber auf Kunststoffe, die in gelöster oder flüssiger Form vorliegen, obgleich auch diese schwer bis gar nicht abbaubar sind. Paradox erscheint ausserdem, dass der BUND im Juli 2017 bekanntgab, dass nach wie vor Hunderte Mikroplastik-Kosmetika auf dem deutschen Markt im Umlauf seien, darunter viele Produkte besagter Unternehmen, die angeblich aussteigen wollten.

Was macht die Politik gegen Mikroplastik in Kosmetik?

Ein schnelles und striktes Handeln vonseiten der Politik ist demnach unumgänglich, um den Einsatz von Mikroplastik in Kosmetika zu unterbinden. Doch die Bundesregierung zeigt sich seit Jahren nachsichtig und setzt auf den Dialog mit der Kosmetikindustrie, um diese bis zum Jahr 2020 zu einem freiwilligen Ausstieg zu bewegen ( 14 ).

Einzig die Grünen üben in Politikerkreisen diesbezüglich eine deutliche Kritik. Denn die Erklärung der Bundesregierung, dass die in Kosmetik eingesetzte Mikrokunststoffmenge zwischen 2012 und 2015 um 70 Prozent reduziert wurde, basiere keineswegs auf Zahlen oder Untersuchungen der Regierung, sondern lediglich auf einer Umfrage von Cosmetics-Europe, dem Europäischen Kosmetikverband. Die Grünen argumentieren, dass die eingesetzte Menge von Mikroplastik sogar noch gestiegen sei und fordern ein gesetzliches Verbot dieser Kunststoffteilchen in Kosmetika ( 7 ) ( 13 ) ( 20 ).

In den USA ist die Herstellung von Kosmetika mit Mikrokunststoffen bereits seit dem Jahr 2017 untersagt. Im EU-Raum haben bislang lediglich Grossbritannien, Frankreich und Schweden ein entsprechendes Verbot für Kosmetikprodukte umgesetzt. Wenige andere Länder wie Italien und Belgien planen einen diesbezüglichen Gesetzesentwurf ( 9 ).

Woher stammt das Mikroplastik im Meer und in der Umwelt?

Während das Thema Mikroplastik in Kosmetika und dessen möglicher Risiken für die Gesundheit in aller Munde ist, wird über die grössten Quellen eher selten berichtet. Vorweg sei gesagt, dass die Daten je nach Studie variieren und natürlich auch von der jeweiligen Region abhängig sind.

Doch in einem sind sich die meisten Experten einig: Der Grossteil des primären Mikroplastiks ist auf den Reifenabrieb von Kraftfahrzeugen, das Waschen von synthetischen Textilien, Feinstaub aus Städten und die Überreste von Kunstrasenplätzen zurückzuführen. Dies wurde im Jahr 2018 durch die bereits erwähnte Studie des Fraunhofer-Instituts für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik erneut bestätigt ( 35 ).

Schweizer Forscher haben global untersucht, woher das meiste primäre Mikroplastik stammt, das letztendlich im Meer landet. Sie kamen zu folgendem Schluss: 35 Prozent sind auf das Waschen synthetischer Textilien, 28 Prozent auf den Abrieb von Reifen, 24 Prozent auf Feinstaub und nur 2 Prozent auf Kosmetika zurückzuführen ( 32 ).

Während das primäre Mikroplastik Typ A nur zu 11 Prozent emittiert wird, handelt es sich bei 89 Prozent um Typ B. Schauen wir uns einige der Hauptquellen etwas genauer an.

Wie viel Mikroplastik entsteht durch Autoreifen?

Reifen verlieren bei jeder Fahrt Kunststoffpartikel. Das Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik hat im Februar 2018 ein Projekt namens TyreWearMapping gestartet, wobei erstmals die Mengen und Verbreitungswege von Reifenabrieb in Deutschland und dessen Einfluss auf die Umwelt untersucht werden – mit folgenden Ergebnissen ( 3 ):

Ein gängiger Pkw-Reifen wiegt nach 4 Jahren bzw. 50.000 Kilometern rund 1 bis 1,5 Kilogramm weniger als nach dem Kauf. Rechnet man dies nun auf die 46 Millionen zugelassenen Pkws in Deutschland hoch, summiert sich der Reifenabrieb auf bis zu 276.000 Tonnen, was einer jährlichen Belastung von bis zu 69.000 Tonnen entspricht. Hinzu kommt noch der Reifenabrieb aller anderen Gefährte wie z. B. Lkws, Busse, Traktoren, Motor- und Fahrräder ( 18 ) ( 19 ).

Abgesehen davon, dass Reifenabrieb eine der grössten Quellen für Mikroplastik in der Umwelt ist, trägt er u. a. auch massgeblich zur Feinstaubbelastung in den Städten bei und schadet somit ganz enorm unserer Gesundheit.

Was haben Sportplätze mit Mikroplastik im Meer zu tun?

Die niedersächsische Landesregierung liess verlauten, dass die drittgrösste Quelle von Mikrokunststoffen in der Umwelt Überreste von Kunstrasenplätzen seien. Was kaum jemand weiss: Auf einem einzigen Fussballplatz können 40 bis 100 Tonnen Einstreumaterial liegen. Meist handelt es sich hierbei um Kügelchen, die aus Altreifen hergestellt werden.

In Schweden und Norwegen durchgeführte Untersuchungen haben gezeigt, dass pro Jahr 5 bis 10 Prozent dieses Einstreumaterials herausgelöst und durch neues ersetzt werden müssen. Allein in Schweden landen jährlich bis zu 4.000 Tonnen dieses Materials im Meer. In Norwegen gelten Kunstrasenanlagen bereits als der zweitgrösste Verursacher von Mikroplastik, etwa 3.000 Tonnen verschwinden im Meer.

Dazu sei gesagt, dass es sehr wohl umweltfreundlichere Alternativen gäbe, doch diese kosten etwa doppelt so viel wie Kunstrasenplätze aus Autoreifen. Auch hier wären entsprechende Gesetze gefragt. Das kleine österreichische Bundesland Vorarlberg macht es vor: Ab 2019 tritt hier ein neues Bodenschutzgesetz in Kraft, wobei erstmalig Grenzwerte für Kunststoffe im Boden festgelegt werden ( 28 ).

Warum entstehen beim Waschen die winzigen Plastikteilchen?

Billigmode ist deshalb so günstig, da sie nicht aus wertvollen Naturfasern, sondern aus halbsynthetischen und synthetischen Fasern besteht. Jedes Mal, wenn synthetische Textilien gewaschen werden, lösen sich daraus kleinste Fasern, also Mikroplastik. Eine englische Studie hat bereits im Jahr 2011 gezeigt, dass durch ein einziges Kleidungsstück pro Waschgang mehr als 1.900 Kunststofffasern im Abwasser landen können ( 26 ).

Im Jahr 2016 hat sich in einer Studie vom Marine Biology and Ecology Research Centre gezeigt, dass die grösste Menge an Fasern bei den ersten Waschgängen neuer Textilien freigesetzt wird ( 25 ).

Die betreffenden Wissenschaftler stellten fest, dass bei einem Waschgang mit 6 Kilogramm Wäsche aus Polyesterbaumwolle (Mischgewebe aus Polyester und Baumwolle) im Schnitt rund 138.000 Fasern, aus Polyester 496.000 Fasern und aus Acryl 729.000 Fasern freigesetzt werden. Schleudern, Waschmittel sowie höhere Temperaturen schwächen die Faserstruktur zusätzlich und führen zu einer noch höheren Freisetzung von Mikroplastik, das sich früher oder später in der Umwelt und im Meer wiederfindet.

Wie gelangt Mikroplastik ins Meer und die Umwelt?

Wissenschaftler entdeckten bereits in den 1970er Jahren Kunststoffpartikel im Meer, in der Umwelt und hier vor allem an den Stränden. Heute weiss man, dass Mikroplastik dorthin auf verschiedensten Wegen gelangen kann.

1. Verbreitung durch Kanalisation und Kläranlagen

Ausgespülte Kosmetika, industrielle Abwässer und weggeworfene Kunststoffe landen beispielsweise in der Kanalisation. Bei starken Regenfällen kann es zum Überlauf kommen, sodass das Mikroplastik direkt in die Gewässer gespült und gar nicht erst in die Kläranlage gepumpt wird. Laut des Fraunhofer-Instituts für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik liegt der Anteil des ungeklärten Abwassers innerhalb der Siedlungswasserwirtschaft bei 22 Prozent ( 36 ).

Die Abscheideeffizienz für Mikroplastik ist in Hinblick auf den gereinigten Kläranlagenablauf abhängig von der Grösse und der Form der Partikel sehr hoch und liegt im Idealfall bei 95 Prozent. Der Grossteil der winzigen Kunststoffteilchen findet sich somit im Klärschlamm wieder.

2. Verbreitung durch Klärschlamm

In Deutschland kommt rund ein Viertel der anfallenden Klärschlammmenge in der Landwirtschaft als Düngemittel zum Einsatz. Auf ganz Europa bezogen ergibt sich laut dem österreichischen Bundesumweltamt folgendes Bild:

  1. Ein Drittel des Klärschlamms wird als Dünger eingesetzt: Das darin gebundene Mikroplastik ist Wind und Regen ausgesetzt, was zu einer weiteren Verbreitung führen kann.
  2. Rund 40 Prozent des Klärschlamms werden deponiert: Mikroplastik kann über das Deponiesickerwasser austreten.
  3. 11 Prozent werden verbrannt: Bei Temperaturen über 300 °C werden Mikrokunststoffe thermisch komplett zersetzt, doch die Verbrennung ist oft nicht ökologisch vertretbar.

3. Verbreitung durch Abfalldeponien

Schätzungen zufolge finden sich alle Plastikprodukte der letzten 60 Jahre, die nicht verbrannt wurden, noch heute als Fragmente oder als Ganzes in der Umwelt wieder. In der EU wird jährlich nach wie vor die Hälfte aller Kunststoffabfälle, also rund 10 Millionen Tonnen, deponiert. Auch hier besteht die Gefahr des Austragens von Mikroplastikpartikeln in die Umwelt ( 44 ).

Im gesamten deutschsprachigen Raum, in Belgien, den Niederlanden, Dänemark, Norwegen, Schweden sowie Luxemburg gibt es inzwischen ein Deponierungsverbot. Die Energiegewinnung und das Recycling haben sich als gute Alternativen etabliert. Die Recyclingrate liegt durchschnittlich bei etwa 28 Prozent.

4. Verbreitung durch Wind, Regen und Gewässer

Gelangt Kunststoff – egal welcher Grössenordnung – in die Umwelt, kann er durch den Wind und den Regen in alle Himmelsrichtungen verbreitet werden. So landen z. B. achtlos weggeworfene Plastiktüten oder Zigarettenkippen, Fetzen von Polyethylen-Folien aus der Landwirtschaft, aber auch kleinste Kunststoffpartikel in Gewässern. Zudem werden Kunststoffabfälle bewusst auf illegale Weise direkt in Flüssen, Seen und Meeren entsorgt ( 12 ).

Ozeane sind von der Verschmutzung durch Plastik deshalb so stark betroffen, da es in Flüssen von der Gewässerströmung mitgenommen und bis zum Meer transportiert wird ( 31 ) ( 33 ).

Laut einer im Jahr 2015 veröffentlichten Studie sind allein im Jahr 2010 etwa 8 Millionen Tonnen Plastikmüll in die Ozeane gelangt, woraus sekundäres Mikroplastik entsteht. Ganze 80 Prozent der Kunststoffabfälle in den Meeren werden aber nicht einfach direkt ins Wasser gekippt, sondern stammen ursprünglich aus dem Binnenland ( 22 ) ( 39 ).

Wo in der Umwelt findet sich Mikroplastik?

Ob tief im Süden oder im hohen Norden, ob im Boden, in der Luft, im Meer, im Wasser oder im Eis: Mikroplastik ist mittlerweile weltweit in allen Umweltbereichen nachweisbar. Der diesbezügliche Erkenntnisgewinn hat seit dem Jahr 2000 deutlich zugenommen.

1. Mikroplastik im Boden

Da es über das Vorkommen von Mikroplastik in Böden und Sedimenten nach wie vor nur punktuelle Untersuchungen gibt, ist darüber noch wenig bekannt. Dies ist darauf zurückzuführen, dass es lange gar keine Methoden gab, um Plastikpartikel in einem Boden messen und quantifizieren zu können.

Forschern von der University of Bern ist es aber gelungen eine Methode zu entwickeln. Daraufhin haben sie 29 Auenböden in Schweizer Naturschutzgebieten analysiert. In 90 Prozent der Proben wurden Mikrokunststoffe entdeckt. Die Wissenschaftler kamen zum Schluss, dass sich in den Auenböden allein in den obersten 5 Zentimetern etwa 53 Tonnen Mikroplastik verbergen.

Hochrechnungen zufolge ist die Menge der winzigen Kunststoffteilchen, die allein mit dem Klärschlamm in den Boden gelangt, sogar grösser als jene, die im Meer landet. So mancher Sandstrand besteht ausserdem bereits zu 3 Prozent aus Mikrokunststoffen. Da selbst Böden in völlig abgelegenen Berggebieten kontaminiert sind, wird vermutet, dass die Verbreitung via Luft erfolgt.

2. Mikroplastik in der Luft

Da Mikrokunststoffe durch die Luft verbreitet werden kann, ist es dort natürlich auch zu finden. Wissenschaftliche Daten gibt es hierzu jedoch noch wenige. Wissenschaftler von der Shiraz University haben in Teheran 10 Feinstaub-Proben entnommen und fanden in 30 Gramm davon 88 bis 605 Mikroplastikpartikel. Kalkulationen haben ergeben, dass wir pro Jahr zwischen 1.063 und 3.223 Partikel einatmen – möglicherweise ein Grund für die zunehmende Zahl der chronischen Lungen- und Atemwegserkrankungen auch bei Nichtrauchern ( 34 ) ( 35 ).

Eine französische Studie hat im Jahr 2018 gezeigt, dass Mikroplastik in Form von Kunststofffasern in der Luft vorhanden ist und das sowohl im Freien als auch in Innenräumen ( 15 ) ( 41 ).

3. Mikroplastik im Meer und anderen Gewässern

Die meisten Analysen gibt es in Bezug auf Mikrokunststoffe in Gewässern. Es gibt inzwischen keinen See, Fluss und kein Meer mehr, das frei davon ist. Der BUND teilte im Jahr 2017 mit, dass jährlich über 3 Millionen Tonnen Mikroplastikpartikel ins Meer gelangen. So wurden z. B. rund um Grossbritannien zwischen 12.000 bis 150.000 Kunststoffpartikelchen pro Quadratkilometer eruiert ( 2 ).

Im Rhein wurden Konzentrationen zwischen 3 und 23 Mikroplastikpartikeln pro Kubikmeter gefunden, wobei Industriestandorte wie das Ruhrgebiet besonders belastet waren. Mit der Donau wandern täglich vier Tonnen Plastikmüll ins Schwarze Meer – pro 1.000 Kubikmeter Flusswasser wurden im Schnitt 317 Plastikpartikel, aber nur noch 275 Fischlarven geortet ( 21 ) ( 37 ).

4. Mikroplastik im Eis

Plastikmüll ist längst auch in der Arktis zum Problem geworden – die Region um den Nordpol mutiert immer mehr zu einer globalen Müllkippe. Vom Alfred-Wegener-Institut Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung durchgeführte Analysen von in der Zentral-Arktis gewonnenen Proben haben die bislang höchsten Konzentrationen von Mikroplastik zu Tage gebracht ( 30 ).

Die Wissenschaftler fanden über 12.000 Partikel pro Liter Meereis. Sie entdeckten dabei 17 verschiedene Kunststofftypen wie Verpackungsmaterialien (z. B. Polyethylen und Polypropylen), Polyester, Lacke und Nylon.

Warum belasten Mikrokunststoffe das Ökosystem und die Gesundheit?

Man muss wahrlich kein Experte sein, um zu wissen, dass sich ein derart grosses und ständig wachsendes Vorkommen von Mikroplastik in der Umwelt negativ auf das Ökosystem und die Gesundheit aller auswirkt. Dies ist u. a. darauf zurückzuführen, dass Kunststoffe meist nicht in Form von reinen Polymeren Verwendung finden, sondern mit anderen Stoffen angereichert werden.

Das Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik gibt an, dass dabei jährlich rund 15 Millionen Tonnen Zusatzstoffe (Additive, wie z. B. Weichmacher) und 16 Millionen Tonnen Füllstoffe zum Einsatz kommen. Dazu zählen z. B. Stoffe wie Bisphenol A sowie Phthalate, die an die Umwelt abgegeben werden und abhängig von den Stoffeigenschaften eine toxische, hormonelle und karzinogene Wirkung haben.

Plastikpartikel können überdies gefährliche Stoffe aus ihrer Umgebung akkumulieren und diese wieder an die Umwelt abgeben. Eine deutsche Studie hat gezeigt, dass in Mikrokunststoffen 3- bis 4-mal so viele Giftstoffe stecken wie im Meeresboden in der unmittelbaren Umgebung ( 38 ).

Ausserdem kann Mikroplastik von Mikroorganismen besiedelt werden (Biofilme) und in Folge als Vektor für krankmachende Keime dienen. So siedelt sich die oft Antibiotika-Resistenz ausbildende Bakteriengattung Sphingopyxis in Klärwerken verstärkt auf Plastikpartikeln an.

Wie wirken sich Kunststoffe auf die Gesundheit von Tieren aus?

Im Wasser treibende Plastikteile werden von Tieren gefressen, führen zu abnehmender Gesundheit, zu Verletzungen, Schwimmunfähigkeit oder Tod. Rund eine Million Seevögel und Hunderttausende andere Meerestiere fallen dem Plastikmüll laut OceanCare jährlich zum Opfer.

Doch während die Folgen von Makroplastik für die Meeresbewohner direkt sichtbar sind, stellt die Erforschung der Wirkweise von Mikrokunststoffen auf Lebewesen eine wahre Herausforderung dar. Bislang konnte durch Studien eindeutig nachgewiesen werden, dass Kunststoffpartikel weltweit von rund 800 Tierarten wie Fischen, Vögeln, Meeresschildkröten Meeressäugern, Muscheln, Würmern und Krebsen aufgenommen werden, u. a. da sie diese mit Plankton, Insektenlarven oder Fischeiern verwechseln.

Die meisten Partikel wurden im Magendarmtrakt nachgewiesen, fanden sich aber auch im Blut, in den Lymphen und sogar in Organen wie der Leber. Darum wird öfter argumentiert, dass dies ja kein Problem sei, da die Innereien ohnehin nicht mitgegessen werden. Anders verhält es sich aber bei kleinen Fischen wie den Sardellen und Sardinen, die oft im Ganzen verspeist werden. Eine einzige Sardelle enthält laut Analysen bis zu 2,3 und eine Sardine bis zu 4,6 Mikroplastikpartikel ( 54 ).

Zu den möglichen Folgen für die Gesundheit der Tiere zählen mitunter: Entzündungsreaktionen, Schädigung des Magendarmtraktes und der Leber, Verringerung der Futteraufnahme sowie Verhaltensauffälligkeiten. Zudem wird durch Mikroplastik die Fruchtbarkeit, das Immunsystem und die Sterblichkeit beeinflusst.

Mikroplastik in Lebensmitteln schwer zu analysieren

Bis vor wenigen Jahren konzentrierte sich die Forschung auf die Analyse von Mikroplastik in Meerestieren und Meersalz. Könnte es aber auch möglich sein, dass die Plastikteilchen auch über andere Lebensmittel und Getränke aufgenommen werden? Diesbezügliche Studien sind deshalb rar gesät, da einwandfreie Methoden zum Nachweis und zur Identifizierung der Plastikteilchen in Nahrungsmitteln noch fehlen ( 45 )

Dies ist zum einen darauf zurückzuführen, dass es unzählige Kunststoffarten gibt. Zum anderen stellt die Probenaufarbeitung für die Wissenschaft eine grosse Herausforderung dar. Will man nun Mikroplastik in Wasser entlarven, ist das noch relativ einfach, da es sich um kein zusammengesetztes Lebensmittel handelt. Geht es aber um komplexe Gemische aus vielen verschiedenen Stoffen, etwa um eine Gemüselasagne, dann sorgen Matrixeffekte für Probleme bei der Analytik ( 50 ).

Dazu kommt, dass noch nicht festgestellt werden kann, auf welchem Wege die Kunststoffteilchen in die untersuchten Lebensmittel gekommen sind, z. B. über die Luft oder den Boden, die Zubereitung oder die Verpackung. Darum konzentrieren sich Forscher zurzeit vordergründig darauf, neue Analysemöglichkeiten zu eruieren bzw. vorhandene zu optimieren ( 58 ).

Seit den 2020ern mehren sich aber die Studien, denen zu entnehmen ist, dass Lebensmittel – also nicht nur Fisch und Meeresfrüchte – mit Mikrokunststoffen belastet sind. Laut einem im Jahr 2020 durchgeführten Review wurde bereits bei einigen Studien festgestellt, dass Tafelsalz, Bier, Honig, Beuteltee, Zucker und Milch mit Mikroplastik kontaminiert waren. Die Konzentrationen reichten bis hin zu mehreren Tausend Partikeln pro Liter bzw. Kilogramm Lebensmittel. Beim Tafelsalz lag die Konzentration von Mikroplastik beispielsweise bei Null (n.d. für „nicht nachgewiesen“) bis hin zu 5.400 Partikeln pro Kilogramm.

Mikroplastik in Lebensmitteln

Im Jahr 2021 wurde ein Review erstellt, wobei insgesamt 108 Studien unter die Lupe genommen wurden ( 46 ). Darin zeigte sich, dass Tafelsalz auf der ganzen Welt kontaminiert sein kann. Meersalzproben aus dem asiatischen Raum waren am meisten belastet. Die Forscher kamen zum Schluss: Je mehr Mikroplastik im aquatischen System ist, desto mehr davon fand sich auch im Salz. Dies erklärt auch, warum See-, Stein- und Brunnensalz weniger belastet sind als Meersalz, das meist aus Küstengewässern mit hoher Bevölkerungsdichte stammt. Denn dort ist der Verschmutzungsgrad mit Mikroplastik viel höher als in Seen und unter Tage.

Zu den untersuchten Lebensmitteln zählten – neben den bereits erwähnten – auch Obst und Gemüse. Unter allen Proben waren Äpfel die am stärksten kontaminierten Früchte, während Karotten das am stärksten belastete Gemüse waren. Salate waren hingegen am wenigsten kontaminiert. Die Ergebnisse zeigten, dass Plastikpartikel in Früchten stärker konzentriert waren als im Gemüse. Der höhere Belastungsgrad der Früchte wurde dadurch erklärt, dass Obstbäume älter werden und ihr Wurzelsystem grösser sowie komplexer ist als das von Gemüsepflanzen.

Die Forscher gaben an, dass Mikrokunststoffpartikel in der Lage seien, die Pflanzenzellen in Samen, Wurzeln, Halmen, Blättern und Früchten zu durchdringen. Bei einer im Jahr 2021 durchgeführten Studie konnte ausserdem aufgezeigt werden, dass die Keimung und das Wachstum von Sojabohnen und Mungobohnen aufgrund einer chronischen Exposition mit Mikrokunststoffen negativ beeinflusst werden ( 53 ).

Immer mehr Wissenschaftler sind sich mittlerweile einig, dass die Aufnahme von Mikroplastik – ob durch Pflanze, Tier oder Mensch – keinesfalls ein zu vernachlässigender Faktor ist. Dabei sei es äusserst wichtig, bestimmen zu können, ob bzw. in welchem Ausmass die Lebensmittel schon vor der Verarbeitung oder erst währenddessen kontaminiert werden.

Verpackungen aus Kunststoff gefährden Lebensmittelsicherheit

Laut einer im Jahr 2022 durchgeführten Studie ist Mikroplastik in jedem Winkel der Umwelt zu finden, weshalb es leicht in die menschliche Nahrungskette gelangen kann. Lange Zeit wurde nur auf die Vorteile geachtet, die Kunststoffe im Zusammenhang mit der Vermarktung von Lebensmitteln mit sich gebracht haben ( 48 ).

Werden Tiere und Pflanzen in der Umgebung, in der sie leben, mit Mikroplastik kontaminiert, kann dies nicht verhindert werden. Wenn aber die Kontamination bei Verarbeitungsprozessen stattfindet, müsste vonseiten der Hersteller eingegriffen werden. Die Forscher der genannten Studie fordern, dass es aufgrund der Bedrohung der menschlichen Gesundheit durch Mikroplastik unerlässlich sei, die Lebensmittelsicherheit zu gewährleisten und die Verwendung von Kunststoffen durch strenge Vorschriften zu kontrollieren.

Im bereits weiter oben besprochenen Review aus 2021 wurde u. a. untersucht, wie es mit der Kontamination durch Kunststoffbehälter und Lebensmittelverpackungen bestellt ist ( 46 ). Es wurden u. a. Lebensmittel zum Mitnehmen, verpacktes rohes Fleisch, Tee im Beutel, Wasser in Plastikflaschen und Speisesalz unter die Lupe genommen. Die Analysen zeigten, dass die Eigenschaften der Partikel dieselben waren wie die der Verpackungsmaterialien. Dies weist darauf hin, dass das Mikroplastik möglicherweise sehr häufig von den Verpackungsmaterialien stammt.

Eine weitere interessante Entdeckung war, dass Mikroplastikpartikel auch beim Öffnen der Verpackung auf bzw. in die Lebensmittel gelangen können. Es wurde eine Einkaufstüte, eine Verpackungsfolie, eine Plastikflasche, ein Handschuh und Verpackungsschaum mit einer Schere durchtrennt sowie mit den Händen zerrissen. Dabei wurden rund 0,5 bis 250 Mikroplastikpartikel pro cm erzeugt, abhängig von der Beschaffenheit des Kunststoffmaterials. Je rabiater vorgegangen wurde, desto höher war die Mikroplastikkonzentration.

Wenn Sie daher in Plastik Verpacktes vorsichtig öffnen, können Sie schon allein dadurch die Belastung Ihrer Lebensmittel mit Kunststoffen verringern.

Mikroplastik in Getränken

Im Jahr 2022 wurde in einer polnischen Studie festgestellt, dass junge Menschen mit höherem Bildungsniveau zwar mehrheitlich wissen, was Mikroplastik ist und dass Gewässer damit belastet sind. Die Mehrheit von ihnen wusste aber nicht, dass sich Kunststoffpartikel auch in abgepacktem Wasser und sogar im Leitungswasser befinden ( 52 ).

Einer im Jahr 2022 durchgeführten Studie zufolge sind alle weltweit produzierten Getränke, darunter Bier, Mineralwasser und Tee, ausnahmslos mit Mikroplastik belastet ( 55 ). Zu den häufigsten darin gefundenen Kunststoffen zählen: Polypropylen, Polystyrol, Polyethylenterephthalat, Polyvinylchlorid, Polyethylen und Polyethylen ( 51 ).

Besser Plastik oder Glas?

Doch wie gelangt das Mikroplastik eigentlich in die Getränke? Zum einen über Verpackungsmaterialien. Am häufigsten wurden diesbezüglich Kunststoffe entdeckt, die von Flaschenverschlüssen stammen. Im Rahmen einer Studie wurde dieselbe Wassermarke (Gerolsteiner) in unterschiedlichen Verpackungsmaterialien (Kunststoff, Glas) untersucht. Man fand darin die folgende Kunststoffbelastung (Durchschnittswerte) ( 46 ):

  1. Wasser aus Glasflaschen: 204 Partikel pro Liter
  2. Wasser aus Plastikflaschen: 1.410 Partikel pro Liter

Darüber hinaus wurden unterschiedliche Behältnisse aus Kunststoffen miteinander verglichen:

  1. Wasser aus Mehrweg-Plastikflaschen: 118 Partikel pro Liter
  2. Wasser aus Einweg-Plastikflaschen: 14 Partikel pro Liter
  3. Wasser aus Getränkekartons: 11 Partikel pro Liter

Erstaunlich war, dass auch Wasser in Glasflaschen verschiedenster Marken im Schnitt immerhin 50 Partikel pro Liter enthielt. Dieses Phänomen wurde dadurch erklärt, dass durch das harte Glasmaterial eine zusätzliche Abnutzung des weichen Kunststoffmaterials (Flaschenverschluss und Dichtung) verursacht wird. Darüber hinaus können Mikroplastikpartikel durch den Reinigungsprozess von Glasflaschen entstehen.

Auf Heissgetränke in Einweg-Pappbechern sollte wirklich ausnahmslos verzichtet werden: Nach 15 Minuten fanden sich in einer Kunststoff-Tasse in 100 ml heissem Wasser 25.000 Mikroplastikpartikel.

Auch Trinkwasser enthält Mikroplastik

Wenn nun tatsächlich alle oder zumindest die meisten aller abgepackten Getränke mit Mikroplastik belastet sind, fragt man sich natürlich, ob das Trinkwasser frei davon ist. Denn schliesslich bestehen Getränke jedweder Art zum grössten Teil daraus. Leider hat sich der Verdacht bestätigt, dass auch hier eine deutliche Belastung zu verzeichnen ist. Bei einer Untersuchung von Leitungswasser in 14 Ländern wurden in 81 Prozent der 159 getesteten Proben Kunststoffteilchen gefunden. Der durchschnittliche Mittelwert lag bei rund 5,5 Partikeln pro Liter ( 46 ).

Studien zufolge stammen die Plastikpartikel im Leitungswasser einerseits aus dem Rohwasser, also dem unbehandelten Wasser, andererseits aber auch aus dem Prozess der Reinigung, des Transports und der Lagerung. So sind etwa die Lagertanks mit Epoxidharz beschichtet, um Korrosion zu verhindern und die Förderrohre bestehen meist aus Polyvinylchlorid (Plastikabrieb) ( 56 ). Die Tendenz, Kunststoffpartikel über Leitungswasser aufzunehmen, ist Wissenschaftlern zufolge gross ( 49 ).

Nichtsdestotrotz ist Leitungswasser in puncto Mikroplastik den abgepackten Getränken vorzuziehen. Denn bei Analysen hat sich herausgestellt, dass Leitungswasser zwischen 0 bis 61 Partikeln pro Liter, Wasser in der Glasflasche aber 0 bis hin zu 6.292 Partikeln pro Liter enthält.

Wie gelangt Mikroplastik in den Körper?

Nach dem heutigen Kenntnisstand sind Meerestiere am stärksten mit Mikrokunststoffen belastet, weshalb die daraus resultierende Aufnahme bislang am besten untersucht wurde. Nun könnte der eine oder andere glauben, man müsse hierbei einfach nur auf ausgenommenen Fisch oder Fischfilet ausweichen und ganzen Fisch (z. B. Sardellen) vermeiden, wenn man dem Mikroplastik aus dem Wege gehen möchte. Denn der Verdacht liegt nahe, dass die winzigen Kunststoffteilchen unverdaulich sind und daher den Körper ganz einfach wieder mit dem Stuhl verlassen. Das aber ist nicht grundsätzlich so ( 29 ).

Denn Mikrokunststoffpartikel sind in der Lage, vom Verdauungssystem in das Gewebe und die Organe zu gelangen. Daher findet man immer wieder auch bei ausgenommenem Fisch Mikroplastik im Fleisch. Wie genau der Wanderweg der Mikropartikel verläuft, ist unseres Wissens nach noch nicht umfassend erforscht.

Doch konnte man, wie schon im vorigen Absatz erwähnt, beobachten, dass Polyethylen- und Polystyrolpartikel in Grössen von 200 bis 600 Mikrometer vom Verdauungssystem der Fische in deren Leber gelangen können. In einer anderen Studie konnte man das ebenfalls nachweisen sowie eine Anreicherung der Partikel in den Kiemen. Bei Ratten zeigte man, dass Mikropartikel vom Darm in das Lymphsystem gelangen können.

Man geht davon aus, dass die Partikel von M-Zellen aus den Peyers Plaques (Ansammlungen von Lymphfollikeln in der Dünndarmschleimhaut) aufgenommen und so ins Gewebe gelangen können. M-Zellen sind spezialisierte Epithelzellen, die die Fähigkeit haben, Makromoleküle (z. B. Mikroplastikpartikel) aufzunehmen und weiter zu transportieren.

Ein anderer Mechanismus ist die sog. Persorption, was bedeutet, dass Partikel durch die Lücken der Epithelzellen der Dünndarmschleimhaut durchschlüpfen können, was im Falle von Säugetieren und Menschen besonders bei Vorliegen eines Leaky Gut Syndroms denkbar ist. In der jeweiligen Studie heisst es jedoch, dass dies explizit auch bei einer gesunden Darmschleimhaut möglich ist ( 1 ).

In-vitro-Studien haben bereits gezeigt, dass Mikroplastik das Wachstum des Lactobacillus signifikant hemmen und zu einem Ungleichgewicht der Darmflora führen könnte ( 57 ).

Welche Auswirkungen hat Mikroplastik auf die Gesundheit des Menschen?

In einer Pilotstudie des Umweltbundesamtes und der Medizinischen Universität Wien führten 8 internationale Probanden zwischen 33 bis 65 Jahren eine Woche lang ein Ernährungstagebuch und gaben dann eine Stuhlprobe ab. Sie alle konsumierten Lebensmittel oder Getränke in Kunststoffverpackungen, nicht alle verzehrten Fisch bzw. Meeresfrüchte ( 40 ).

In den darauffolgenden Analysen konnte im Jahr 2018 erstmals Mikrokunststoffe im menschlichen Stuhl nachgewiesen werden. Die Forscher entdeckten bei allen Studienteilnehmern im Schnitt 20 Mikrokunststoffpartikel pro 10 Gramm Stuhl. Es handelte sich um 9 verschiedene Kunststoffarten in der Grösse von 50 bis 500 Mikrometern ( 11 ).

Die bisherige Studienlage lässt es jedoch noch nicht zu, Aussagen darüber zu treffen, ob das Mikroplastik über die Luft, die Nahrung und/oder Verpackungsmaterialien aufgenommen wurde und wie es sich letztendlich auf die Gesundheit auswirkt. Nichtsdestotrotz sind Schäden laut Experten keinesfalls auszuschliessen. So liessen französische Forscher verlauten, dass sich über die Luft aufgenommene Kunststoffpartikel in der Lunge anreichern und dort z. B. zu Entzündungen führen könnten ( 6 ) ( 34 ).

Laut einer im Jahr 2022 durchgeführten britischen Studie deutet vieles darauf hin, dass Mikroplastik beim Menschen zu Immun- und Stressreaktionen sowie die Fortpflanzungs- und Entwicklungsstörungen führen kann ( 47 ).

Des Weiteren ist bekannt, dass Polymere als Trägerstoffe für Medikamente im Nanometerbereich über die Darmwand in den Blutkreislauf gelangen, zur Leber und Gallenblase transportiert und über den Darm und die Blase wieder ausgeschieden werden. Potenzielle Wirkungen von Mikroplastik werden jedoch vor allem den Additiven bzw. absorbierten Schadstoffen zugewiesen ( 38 ).

Wer ist für das Mikroplastikproblem verantwortlich?

Eine Umfrage des Fraunhofer-Instituts hat ergeben, dass Laien der Meinung sind, dass in erster Linie der Verbraucher, dann die Produktentwickler und schliesslich die Politik dafür verantwortlich seien. Experten vertreten hingegen die Auffassung, dass vordergründig die Produktentwickler, dann die Politik und erst an dritter Stelle die Verbraucher aktiv werden müssten.

Welche Massnahmen sind geplant, um das Problem einzudämmen?

Der Löwenanteil an Mikroplastik in der Umwelt ist der Fülle an Kunststoffprodukten zu verdanken, die unseren Alltag bestimmen. Hersteller werden die Produktion aber bestimmt nicht freiwillig einstellen. Es gibt zwar Ansätze von Produktentwicklern, etwa bei Reifen, doch eine Lösung zur Reduktion von Abriebpartikeln ist noch lange nicht in Sicht ( 4 ).

Wie schwerfällig gute Vorsätze von der Politik konkret umgesetzt werden, zeigt die Eindämmung von Plastiktüten, die einen grossen Teil des Plastikabfalls in der Umwelt ausmachen. So können diese von Händlern in fast allen EU-Ländern immer noch gratis verteilt werden. Lediglich in Italien und Frankreich sind nur noch vollständig biologisch abbaubare Plastiktüten erlaubt. Österreich will ab dem Jahr 2020 folgen und zudem das Mikroplastik aus Kosmetika und Reinigungsmitteln verbannen ( 17 ).

Immerhin hat das EU-Parlament im Dezember 2018 beschlossen, Einwegplastik wie Wattestäbchen, Plastikgeschirr, Verpackungen aus aufgeschäumtem Polystyrol und Strohhalme ab 2021 zu verbieten. Ausserdem sollen bis 2030 alle Kunststoffverpackungen auf dem EU-Markt recyclingfähig sein und die niedere Recycling-Quote von weniger als 30 Prozent soll auf 100 Prozent angehoben werden. Selbst die Hersteller sollen endlich zur Deckung der Kosten für die Abfallbewirtschaftung und die Säuberung der Umwelt in die Pflicht genommen werden ( 43 ).

Was kann der Verbraucher gegen Mikrokunststoffe tun?

Im Jahr 1930 wurden weltweit pro Jahr 10 Millionen Tonnen Kunststoff verbraucht – heute sind es rund 380 Millionen Tonnen. Jeder EU-Bürger verursacht im Schnitt rund 30 Kilogramm Plastikmüll pro Jahr. Allein diese Zahlen zeigen, dass vonseiten der Verbraucher ebenfalls Tatkraft gefragt ist, um das Mikroplastikproblem zu lösen.

Nachfolgend stellen wir Massnahmen vor, wie Sie zukünftig auf einfache und effektive Weise zum Umweltschutz beitragen können:

Tipp 1: Auto

Da Reifenabrieb zu den wichtigsten Quellen von Mikroplastik zählt, sollten Sie Ihr Auto so oft wie möglich stehen lassen und zu Fuss unterwegs sein, was direkt Ihrer Gesundheit zugutekommt. Setzen Sie auf Fahrgemeinschaften und nutzen Sie öffentliche Verkehrsmittel. Ein zurückhaltender Fahrstil trägt ebenfalls zur Reduzierung von Mikroplastik bei.

Tipp 2: Kleiderkauf

Überlegen Sie sich vor dem Kauf von Kleidern, ob Sie diese wirklich brauchen – das Motto lautet: Qualität statt Quantität. Bevorzugen Sie natürliche Materialien wie Baumwolle – am besten in Bio-Qualität – und meiden Sie Kunststofftextilien. Second-Hand-Kleidung mit synthetischen Fasern sind umweltverträglicher als entsprechende neue Kleidungsstücke.

Tipp 3: Waschen

Je seltener Sie Kleidungsstücke mit Kunststofffasern tragen, desto weniger oft müssen Sie diese waschen. Je niedriger die Temperatur und kürzer der Waschgang, desto umweltverträglicher. Bio-Waschmittel sind frei von Inhaltsstoffen auf Erdölbasis und enthalten kein Mikroplastik ( 27 ).

Tipp 4: Verpackungen

Reduzieren Sie den Kauf von Lebensmitteln, die verpackt sind und suchen Sie nach verpackungsfreien Geschäften in Ihrer Umgebung. Setzen Sie unbedingt auf Lebensmittel und Getränke im Glas. Verzichten Sie jetzt schon auf Einwegplastik sowie Plastiktüten und nutzen Sie Tragetaschen aus natürlichen oder biologisch abbaubaren Materialien.

Kaufen Sie Getreide, Samen, Tee, Gewürze und andere gut lagerfähigen Lebensmittel in grösseren Gebinden und halten Sie Ausschau nach Läden, wo diese Lebensmittel lose verkauft werden, Sie dorthin also Ihre eigenen Gefässe mitnehmen können.

Nehmen Sie Ihre eigene plastikfreie Tasse mit, wenn Sie Coffee-to-go kaufen möchten.

Kaufen Sie kein Wasser in Plastikflaschen, organisieren Sie sich einen Wasserfilter, damit Sie Ihr Leitungswasser nutzen können.

Verwenden Sie für Ihren Proviant Mehrwegdosen statt Plastiktüten.

Tipp 5: Kosmetika

Informieren Sie sich, welche Kosmetika frei von Mikroplastik sind oder setzen Sie ganz auf Bio-Produkte. Das freiwillige EU-Ecolabel, das Österreichische Umweltzeichen und der Blaue Engel stehen für Produkte ohne Mikroplastik. Auch kostenlose Smartphone-Apps wie Code Check verraten Ihnen, ob Produkte Mikroplastik enthalten.

Tipp 6: Kunststoffgegenstände

Bevorzugen Sie grundsätzlich Gegenstände aus natürlichen Materialien. Gerade in billigen Kunststoffprodukten stecken mehr Weichmacher und es kommen andere Prozesse zum Tragen, wobei mehr Mikroplastik entsteht. So sondern etwa sehr günstige Wasserkocher aus Kunststoff besonders viel Mikroplastik in das Wasser ab, das Sie dann trinken.

Meiden Sie Einweggeschirr. Mehrweggeschirr kann man oft bei Cateringfirmen leihen. Oder Sie bereiten für Ihre Party nur Fingerfood zu.

Tipp 7: Versteckte Mikroplastik-Quellen

Achten Sie auf versteckte Mikroplastik-Quellen. Dazu zählen z. B. Putzlappen, Schwammtücher, Kaugummis, Pfannen mit Teflon-Beschichtung, Glitter sowie Getränke in Plastikflaschen. Selbst Babywindeln enthalten Mikroplastik: Steigen Sie auf Stoff- oder Öko-Windeln um.

Kann man Mikroplastik ausleiten oder entgiften?

Konkrete Mittel zur Entgiftung von Mikroplastik sind noch nicht bekannt. Da man jedoch davon ausgeht, dass insbesondere die enthaltenen Chemikalien der Gesundheit schaden und im Körper zu verstärktem oxidativem Stress führen, sind auch hier – wie bei jeder Entgiftung – die üblichen Komponenten der ganzheitlichen Entgiftung sinnvoll:

  1. Entsprechende „Gifte“ meiden (d. h. wo immer möglich Kunststoffe meiden)
  2. Antioxidantien zum Schutz vor oxidativem Stress einsetzen
  3. Körpereigene Entgiftungsfähigkeiten fördern
  4. Für gesunde und leistungsfähige Entgiftungsorgane sorgen (Leber, Darm, Nieren)
  5. Gifte bereits im Darm binden, damit diese nicht in den Blutkreislauf gelangen
  6. Für eine möglichst schnelle Stuhlausscheidung sorgen (Verstopfung vermeiden)

Hier finden Sie Details zur Durchführung einer ganzheitlichen Entgiftung.

Update 17.2.2023

Wir haben die Abschnitte mit den folgenden Unterüberschriften eingefügt: Mikroplastik in Lebensmitteln schwer zu analysieren, Mikroplastik in Lebensmitteln, Verpackungen aus Kunststoff gefährden Lebensmittelsicherheit, Mikroplastik in Getränken, Besser Plastik oder Glas?, Auch Trinkwasser enthält Mikroplastik, Wie gelangt Mikroplastik in den Körper?

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Wichtiger Hinweis

Dieser Artikel wurde auf Grundlage (zur Zeit der Veröffentlichung) aktueller Studien verfasst und von MedizinerInnen geprüft, darf aber nicht zur Selbstdiagnose oder Selbstbehandlung genutzt werden, ersetzt also nicht den Besuch bei Ihrem Arzt. Besprechen Sie daher jede Massnahme (ob aus diesem oder einem anderen unserer Artikel) immer zuerst mit Ihrem Arzt.