Störung der Darmflora: Mögliche Ursache des Restless Legs Syndrom
Die sog. Dünndarmfehlbesiedlung (DDFB) kann bei Patienten mit Restless Legs Syndrom häufiger beobachtet werden als bei Menschen ohne dieses Syndrom. Bei der DDFB handelt es sich um eine Form der Darmflorastörung ( Dysbiose), die den Dünndarm betrifft.
Darmbakterien, die normalerweise nur in geringen Zahlen den Dünndarm besiedeln, nehmen dort plötzlich überhand und führen zu Symptomen, wie etwa stundenlanges Unwohlsein mit Blähbauch nach den Mahlzeiten, Durchfall oder Verstopfung oder auch eine Art Benebeltsein nach dem Essen.
Dünndarmfehlbesiedlung kommt besonders häufig bei RLS-Patienten vor
Das Restless Legs Syndrom nun ist eine Erkrankung des Nervensystems, die mit entzündlichen Prozessen einhergeht und auch als mögliche Autoimmunerkrankung diskutiert wird. Man verspürt den unwiderstehlichen Drang, die Beine zu bewegen – begleitet von Schmerzen, einem Stechen oder Kribbeln. Meist treten diese Symptome vorwiegend nachts auf, so dass das RLS mit massiven Schlafstörungen verbunden ist. Sobald man am Morgen wieder auf den Beinen ist, verschwindet der Spuk.
In einer kleinen Studie ( 1 ) mit 7 Teilnehmern, die am Restless Legs Syndrom (RLS) litten, bestätigte sich das oben Gesagte. Alle Teilnehmer – und somit 100 Prozent – hatten eine Dünndarmfehlbesiedlung. In der Allgemeinbevölkerung hingegen kommt die DDFB „nur“ bei etwa 15 Prozent der Menschen vor.
Studienautor Daniel Jin Blum vom Stanford Center for Sleep Sciences und Medicinein Redwood City, Kalifornien ist der Meinung, dass hier ein grosses Potenzial für die künftige RLS-Therapie verborgen liegt: „Wenn wir die Details zum Zusammenhang zwischen RLS und DDFB erforschen, dann wird uns dies ganz neue Wege in Sachen Diagnose, Prävention und Therapie des RLS und anderer Schlafstörungen eröffnen“, sagte der Schlafpsychologe.
Probiotika waren bei einer Dünndarmfehlbesiedlung bislang kontraindiziert
Eine Darmflorastörung könnte also zu den massgeblichen Ursachen des Restless Legs Syndrom gehören, so dass man in die RLS-Therapie auch eine Sanierung der Darmflora miteinbinden könnte. Während man nun bei einer „normalen“ Dysbiose mit einer gesunden Ernährung und hochwertigen Probiotika den Darm sanieren und die Darmflora wieder in ein gesundes Gleichgewicht bringen kann, galt dies bei einer Dünndarmfehlbesiedlung bislang als nicht empfehlenswert.
Denn im Jahr 2018 war eine Studie ( 2 ) veröffentlicht worden, in der Personen an einer starken DDFB litten, offenbar weil sie extrem grosse Mengen an Probiotika eingenommen hatten. Sie sollten die Probiotika sodann absetzen und erhielten ein Antibiotikum, das die übermässige Bakterienansiedlung im Dünndarm eliminieren sollte, woraufhin es den Betreffenden besser ging und man die probiotischen Bakterien für die DDFB verantwortlich machte.
Da erstens exzessive Mengen an Probiotika eingenommen wurden, zweitens diese häufig in Form von Joghurt genommen wurden und drittens bei vielen Teilnehmern noch weitere Risikofaktoren für die Entstehung einer DDFB vorlagen (so nahm beispielsweise mehr als ein Drittel Säureblocker ein), ist fraglich, ob es tatsächlich – wie in den Mainstreammedien seinerzeit breitgetreten – die probiotischen Bakterien waren, die zur DDFB geführt hatten.
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Probiotika können zur Eliminierung der Dünndarmfehlbesiedlung eingesetzt werden
Unsere einstigen Zweifel wurden nun von einer Studie ( 3 ) der University of Athens bestätigt, die im Juni 2019 veröffentlicht wurde. Teilnehmer dieser Untersuchung waren Patienten, die entweder ein Reizdarmsyndrom und eine DDFB hatten oder ein Reizdarmsyndrom ohne DDFB.
Alle Teilnehmer erhielten 30 Tage lang alle 12 Stunden je eine Kapsel mit einem Probiotikum aus Saccharomyces boulardii, Bifidobacterium lactis, Lactobacillus acidophilus und Lactobacillus plantarum.
Als die Studie nach einem Monat beendet war, hatten die DDFB-Patienten einen Rückgang ihrer Beschwerden um über 70 Prozent erlebt, während die Reizdarm-Patienten ohne DDFB nur von einem etwa 10prozentigen Rückgang ihrer Beschwerden berichteten.
Probiotika – zumindest die in der Studie verwendete Mischung – können daher offenbar sehr gut zur Therapie einer DDFB und so auch zur Therapie eines RLS eingesetzt werden ( 4 )