Früchte reduzieren Diabetes-Risiko
Bei Typ-2-Diabetes sind Betroffene häufig unsicher, was sie nun essen dürfen und was nicht. Besonders kritisch scheinen Früchte zu sein. Denn Früchte enthalten bekanntlich Zucker – und werden daher von vielen Menschen mit Diabetes gemieden.
Dabei sind Früchte im Grunde sehr gesunde Lebensmittel, die viele Krankheiten – und somit auch Diabetes – vorbeugen und therapieren helfen. Sie sind reich an Vitaminen, Antioxidantien sowie löslichen und unlöslichen Ballaststoffen. Zusätzlich schmecken sie fein, so dass diese Art der Gesundheitsprävention keinerlei Überwindung kostet.
Früchte helfen beim Abnehmen und bessern Bluthochdruck
Eine Ernährung aus reichlich Früchten und Gemüsen kann beispielsweise das Risiko für Bluthochdruck, Herzkrankheiten, Schlaganfall, Übergewicht und manche Krebsformen merklich reduzieren. Gerade Diabetiker sind häufig auch von diesen Problemen betroffen. Sie sind oft übergewichtig und gehören zu den Bluthochdruckpatienten, so dass ihnen eine früchte- und gemüsereiche Ernährung helfen kann, diese Beschwerden leichter in den Griff zu bekommen.
Nimmt ein übergewichtiger Diabetiker sodann an Gewicht ab, dann bessert sich meist auch sein Diabetes. Verbessert sich ausserdem der Zustand seines Herz-Kreislauf-Systems, dann reguliert sich natürlich auch sein Blutzuckerspiegel viel leichter.
Früchte wirken sich positiv auf den Darm aus
Früchte und ihre Ballaststoffe wirken sich ausserdem vorteilhaft auf den Darm und die Verdauung aus. Je gesünder jedoch der Darm und die Darmflora sind, umso höher die Chancen, nie einen Diabetes zu bekommen bzw. seinen Blutzuckerspiegel viel leichter unter Kontrolle halten zu können. Denn man weiss, dass eine gesunde Darmflora die Voraussetzung für eine gute Allgemeingesundheit ist und daher vor Krankheiten aller Art schützen kann.
Früchte und ihr Zuckergehalt
Was aber ist mit dem Zucker, der zweifellos reichlich in Früchten enthalten ist? Schliesslich weiss man, dass Zucker den Blutzuckerspiegel steigen lässt.
Um den Einfluss eines Lebensmittels auf den Blutzuckerspiegel einschätzen zu können, gibt es die Werte der sog. glykämischen Last. Als Richtwert gilt die glykämische Last der reinen Glucose (Traubenzucker) mit 100.
Glykämische Last von Früchten und anderen Lebensmitteln
Nachfolgend, in dem PDF, finden Sie eine kleine Auswahl verschiedener Lebensmittel und ihrer jeweiligen glykämischen Last. Je höher die Werte, umso stärker lassen die jeweiligen Lebensmittel den Blutzuckerspiegel steigen. Werte bis 10 gelten als niedrig, Werte über 20 als hoch:
- Glucose (Traubenzucker) 100
- Saccharose (Haushaltszucker) 70
- Fructose (Fruchtzucker) 20
- Weissbrot 38,8
- Vollkornbrot 18
- Weisser Reis 55
- Vollkornreis 39
- Marmelade (normal mit Zucker) 42
- Marmelade ungezuckert 4,5
- Honig 49
- Schokoriegel (normale Milchschokolade) 35
- Schokolade 70 Prozent Kakaoanteil 6,9
- Kartoffeln (Pellkartoffeln, Kartoffelpüree) 10
- Blattgemüse und Salate meist unter 1
- Beeren 1,3 - 2
- Aprikose frisch 2,6
- Aprikose getrocknet 19,2
- Aprikose aus der Dose (mit Zucker) 42,6
- Orange 3,5
- Apfel 4
- Orangensaft (ungezuckert) 5
- Wassermelone 4,5
- Kiwi 5,5
- Mango 6,5
- Trauben 7,2
- Banane 12
Die Tabelle als PDF zum Ausdrucken finden Sie hier unter diesem Link.
Früchte beeinflussen den Blutzuckerspiegel weniger als Vollkornbrot
Sie sehen also, dass Früchte eine sehr niedrige glykämische Last aufweisen, ja dass selbst Bananen, von denen Diabetikern oft abgeraten wird, deutlich niedrigere GL-Werte besitzen als beispielsweise die Vollkornvarianten von Brot, Pasta und Reis.
Nicht einmal Fruchtsäfte – wenn ungesüsst und im Idealfall frisch gepresst – weisen auffällig hohe GL-Werte auf. Die GL-Werte von Säften im Vergleich zur frischen Frucht steigen höchstens um 2 Punkte.
Obige Tabelle zeigt Ihnen zusätzlich, welche Lebensmittel aus dem Bereich der Kohlenhydrate tatsächlich bei Diabetes gemieden werden sollten, nämlich Süssigkeiten, Gezuckertes sowie Teig- und Backwaren aus Weissmehl. Früchte aber können problemlos verzehrt werden – natürlich unter Berücksichtigung der gewünschten Gesamtkalorien- und -kohlenhydratmenge.
Studie: Hoher Früchteverzehr – seltener Diabetes
Im April 2017 stellten Forscher der University of Oxford im Fachjournal PLOS Medicine eine Studie zum Thema Früchteverzehr und Diabetes vor ( 1 ) ( 2 ) . In ihrer Einleitung schrieben sie:
Die Tatsache, dass Früchte Zucker enthalten, führte in letzter Zeit häufig dazu, dass man annahm, Früchte könnten die Gefahr für Diabetes und auch für diabetesbedingte Gefässkrankheiten erhöhen.
Um diesen Vorwurf zu überprüfen, analysierten Dr. Huaidong Du und Kollegen annähernd 500.000 Personendaten, die über einen Zeitraum von 7 Jahren in der China Kadoorie Biobank – einer chinesischen Studie zur Erforschung chronischer Erkrankungen – dokumentiert wurden.
Die Wissenschaftler schauten nun, wie sich die Studienteilnehmer ernährten, wie viele Personen an Diabetes erkrankten, wie viele davon Gefässkrankheiten entwickelten und wie viele der Diabetiker starben. Es zeigte sich, dass diejenigen Personen, die besonders viele frische Früchte assen, seltener an Diabetes erkrankten als andere Studienteilnehmer.
In der Gruppe der bereits erkrankten Diabetiker entdeckten die Forscher, dass diejenigen, die nur wenig frische Früchte gegessen hatten, ein erhöhtes Sterberisiko hatten. Diabetiker, die viele Früchte assen, hatten wiederum ein niedrigeres Risiko an den typischen Diabeteskomplikationen der Gefässe zu erkranken.
Früchte sind keine Diabetes-Ursache
Da es sich um eine reine Beobachtungsstudie handelte, lässt sich natürlich nicht sagen, ob nicht auch andere Ernährungsgewohnheiten für dieses Ergebnis verantwortlich sein könnten. Denn wer Früchte mag, isst vielleicht auch gerne Gemüse. Und Personen, die nur wenige Früchte essen, essen möglicherweise mehr Fleisch – und verarbeitete Fleischprodukte erhöhen nachweislich das Diabetesrisiko, während ein hoher Gemüse- und Ballaststoffverzehr das Diabetesrisiko senken kann.
Einen wichtigen Hinweis gibt die vorgestellte Studie jedoch: Früchte sind nicht die Ursache von Diabetes und Diabetesfolgeerkrankungen. Früchte erhöhen auch nicht das Risiko für diese Beschwerden und können somit auch bei Diabetes mit gutem Gewissen gegessen werden.
Obst verhindert zu hohen Insulinspiegel
Bestätigt werden obige Ergebnisse auch von einer Studie vom Juni 2021 ( 6 ). In dieser Untersuchung zeigte sich anhand von 7.675 Teilnehmern, dass Personen, die täglich zwei Portionen Obst essen, ein um 36 Prozent reduziertes Risiko hatten, in den folgenden 5 Jahren einen Diabetes Typ 2 zu bekommen (im Vergleich zu jenen Personen, die weniger als eine halbe Portion Obst pro Tag zu sich nehmen). Das reduzierte Risiko liess sich jedoch nur bei frischem Obst erkennen, nicht bei (gekauften, also verarbeiteten oder erhitzten) Fruchtsäften!
Die beteiligten Forscher konnten zeigen, dass Personen, die reichlich Obst assen, bessere Insulinwerte hatten, was bedeutet, bei diesen Personen war weniger Insulin erforderlich, um einen ausgeglichenen Blutzuckerspiegel aufrecht zu erhalten. Ein chronisch erhöhter Insulinspiegel hingegen (wenn also häufig viel Insulin zur Senkung des Blutzuckers erforderlich ist) kann Blutgefässe schädigen und nicht nur einen Diabetes begünstigen, sondern auch Bluthochdruck, Übergewicht und Herzerkrankungen, so Dr. Nicola Bondonno, Studienautorin und Wissenschaftlerin am Institut für Ernährungswissenschaften der Edith Cowan University in Perth, Australien.
Krebs und die Fructose aus Früchten
Wenige Wochen vor der Veröffentlichung der chinesischen Studie war bereits eine andere Studie zu einem ähnlichen Thema erschienen. Darin hatte sich anhand der Daten von 2 Millionen Menschen ergeben, dass jene Menschen sehr viel besser vor den üblichen Todesursachen (Herzinfarkt, Schlaganfall, Krebs) geschützt waren, die am meisten Obst und Gemüse gegessen hatten.
Auch wenn Früchte also Fructose (Fruchtzucker) enthalten, eine Zuckerart, die mit einer Förderung des Krebsgeschehens in Zusammenhang gebracht wird, führt ein hoher Früchteverzehr nicht zu Krebs, sondern schützt vielmehr davor. Studienergebnisse, die sich aus Untersuchungen mit einem isolierten Einzelstoff (hier Fructose) ergeben haben, lassen sich somit nicht auf frische und naturbelassene Lebensmittel übertragen, nur weil diese ebenfalls diesen Stoff enthalten. Denn frische und naturbelassene Lebensmittel wirken in ihrer Gesamtheit und mit all ihren Vitalstoffen meist wieder ganz anders.
Genausowenig muss man sich bei reichlichem Früchteverzehr vor einer Fettleber fürchten. Zwar heisst es, Fructose würde zu einer Entwicklung der nichtalkoholischen Fettleber beitragen. Dies trifft jedoch nur dann zu – so eine Studie aus dem Jahr 2014 – wenn ein Mensch insgesamt zu viele Kalorien zu sich nimmt ( 3 ).
Fruchtsäfte besser nur selten trinken
Fruchtsäfte sollten trotz niedriger GL dennoch nicht häufig getrunken werden – weder vom Diabetiker noch vom gesunden Menschen. Über Fruchtsäfte nimmt man sehr schnell relativ viele Kohlenhydrate und Kalorien zu sich. Wollte man dieselbe Menge Früchte verzehren, dann würde man dies oft gar nicht schaffen.
Je nach Saftgehalt der Früchte benötigt man beispielsweise ein halbes Kilogramm Äpfel, um daraus ein Glas Apfelsaft (250 ml) zu gewinnen. Der Saft ist in einer Minute getrunken und liefert 125 kcal sowie 28 g Kohlenhydrate. Ballaststoffe enthält er kaum.
Schon allein für den Verzehr eines einzigen Apfels benötigt man deutlich länger – im Idealfall eine Viertelstunde. Denn ausführlich kauen sollte man die Frucht ja in jedem Fall. Ein halbes Kilogramm Äpfel werden hingegen die wenigsten Menschen auf einmal essen.
Ein grosser Apfel (130 g) liefert nun 85 kcal und 19 g Kohlenhydrate. Es ist also sinnvoller, in aller Ruhe einen Apfel zu essen, anstatt ein Glas Apfelsaft hinunterzuschütten – zumal der Apfel aufgrund der Ballaststoffe und des langsamen Essens auch viel besser sättigt.
Wenn Sie daher einmal einen Saft trinken möchten, dann trinken Sie ein kleines Glas (100 bis 150 ml) und betrachten Sie es als Zwischenmahlzeit, also nicht als Durstlöscher. Das ideale Getränk ist und bleibt Wasser.
Früchte bei Diabetes – roh oder gekocht
Rohes Gemüse – so weiss man – kann einen zu hohen Blutdruck besser senken als gekochtes Gemüse ( 4 ). Genauso hat sich in einer Untersuchung aus dem Zeitraum zwischen 1994 und 2003 ergeben, dass rohes Gemüse besser vor Krebs schützen kann als gekochtes Gemüse ( 5 ).
In Bezug auf Früchte und Diabetes gibt es noch keine entsprechende Studie, doch ist davon auszugehen, dass auch hier rohe Lebensmittel die bessere Wahl sind. Denn rohe Früchte sind im Vollbesitz all ihrer Vitalstoffe, während bei gekochten Früchten die Vitalstoffmenge reduziert ist. Früchte sind ferner sehr wichtige Vitamin-C-Quellen – und gerade das Vitamin C ist äusserst hitzeempfindlich.
Früchte aus der Dose sind nicht nur gekocht und häufig gezuckert, sondern meist auch geschält. Gerade aber die Schalen der Früchte sind wichtige Antioxidantien- und Ballaststofflieferanten, so dass Konservenfrüchte auch bei Diabetes auf keinen Fall verzehrt werden sollten.
Update - 3. Juni 2021
Wir ergänzten den Text um Quelle (6). Den entsprechenden Abschnitt finden Sie oben unter "Obst verhindert zu hohen Insulinspiegel".