Arterienverkalkung entwickelt sich schon bei Kindern
Arteriosklerose (im Volksmund „Arterienverkalkung“ genannt) ist keine Krankheit, die irgendwann im Alter kommt. Schon seit vielen Jahren weisen Wissenschaftler darauf hin, dass sich die Ablagerungen in den Blutgefässen schon in der Kindheit bilden und sich dann – zumeist unerkannt – im Laufe der Jahrzehnte weiterentwickeln, bis es dann mit 40, 50 oder 60 Jahren „urplötzlich“ zu Brustschmerzen, verringerter Leistungsfähigkeit oder gar einem verfrühten Tod durch Herzinfarkt und Schlaganfall kommt.
Schon Kinderärzte sollten die Arterienverkalkung behandeln
Bereits im Jahr 1998 las man im American Journal of Cardiology: „Obwohl wir wissen, dass eine Arterienverkalkung in der Kindheit beginnt (nicht zuletzt, weil Kinder viel zu viel Fett bekommen), möchten Kinderärzte und Ernährungsberater nichts von einer fettarmen Ernährung für Kinder wissen.“
Dabei sollten genau diese Fachleute – so die Autoren der Studie – ihre Patienten zu einer pflanzenbasierten und fettarmen Ernährungsform motivieren (1).
Schon bei 20- bis 30-Jährigen sind 20 Prozent der Innenseiten der Arterien mit Fettablagerungen ausgekleidet. Deshalb haben sich Pathologen – und das schon vor 60 Jahren (1961) – gefragt, ob Herz-Kreislauf-Erkrankungen tatsächlich erst bei älteren Menschen von Kardiologen oder nicht besser schon in der Kindheit von Kinderärzten behandelt werden sollten (11).
Fettstreifen in den Arterien von Kindern
2012 veröffentlichte der Kardiologe Dr. Steven Grundy gemeinsam mit Dr. Daniel Steinberg von der University of California San Diego einen Artikel, in dem es hiess: Wir dürfen nicht vergessen, dass Arteriosklerose schon in der Kindheit mit sog. fatty streaks beginnt. Diese „Fettstreifen“ sind ein frühes Anzeichen einer Arterienverkalkung. Die ersten mit Cholesterin gefüllten Zellen sammeln sich dabei streifenförmig an den Gefässwänden (3).
Die Fettstreifen bleiben zunächst völlig asymptomatisch, stören den Blutfluss noch nicht und führen auch nicht zu Thrombosen. Dennoch handelt es sich um eine Vorstufe, die sich im Laufe der Jahre weiterentwickelt und später zu Thrombosen und Herzinfarkt führen kann.
Prävention sollte schon bei Kindern beginnen
Ja, man weiss es seit noch früherer Zeit, nämlich seit 1911, als zwei Wissenschaftler der University of Pittsburg im The Journal of Pathology and Bacteriology schrieben: „Die frühen Stadien einer Arterienverkalkung zeigen sich sehr häufig in Form von gelben Fettstreifen und Fettpunkten bei ganz jungen Leuten.“
Seit über einem Jahrhundert weiss man also, dass eine Arteriosklerose schon bei jungen Menschen beginnt. Pathologen erinnern immer wieder daran, dass man doch viel früher mit präventiven Massnahmen durchstarten sollte. Dennoch interessiert sich die Medizin nicht sonderlich dafür und behandelt erst, wenn es meist schon fast zu spät ist (4).
Junge Menschen mit fortgeschrittener Arterienverkalkung
Im Jahr 2008 stand im Fachjournal Circulation: 77 Prozent der jungen Männer, die mit durchschnittlich 22 Jahren im Koreakrieg getötet wurden, hatten eine deutliche Arterienverkalkung. 18 Jahre später sah es bei den Opfern des Vietnamkrieges nicht viel anders aus.
Die Fettstreifen in der Kindheit sind bei jungen Erwachsenen bereits zu bindegewebigen Ablagerungen geworden, so dass sie in ihren Dreissigern dann oft schon eine fortgeschrittene Koronararteriosklerose haben – und zwar bereits mit jenen weichen Ablagerungen, die ein besonders hohes Risiko für Thrombosen darstellen (7).
Fastfood verantwortlich für Arteriosklerose bei jungen Leuten
Auch Pathologen der University of Brasilia, die im Jahr 2011 junge Opfer von Gewaltverbrechen untersuchten (12- bis 33-Jährige, also Menschen, die als vollkommen gesund galten), gaben an, dass nur 3 Prozent noch gesunde Arterien hatten. 55 Prozent der Opfer hatten eine Arteriosklerose ersten Grades und 40 Prozent hatten eine Arteriosklerose zweiten Grades (von insgesamt vier Graden). Die Pathologen vermuteten, dass es die schlechten Ernährungsgewohnheiten sind, das Fastfood, das aus den Industrienationen auch in Brasilien Einzug gehalten hatte (8).
1969 stand im Journal Atherosclerosis: Präventionsprogramme, die bei Menschen mittleren Alters mit dem Ziel durchgeführt werden, Herz-Kreislauf-Erkrankungen vorzubeugen, sollten unbedingt auf Menschen ab 20 Jahren ausgeweitet werden (12). Des Weiteren sollten Ernährungsmassnahmen, die eine Arterienverkalkung verlangsamen können, schon in der Kindheit zur Anwendung kommen.
Kaum ein Mensch – ob jung oder alt – lebt gesund
Nur einer von knapp 2.000 Erwachsenen erfüllt alle 7 Kriterien der American Heart Association für eine herzgesunde Lebensweise, stellte man in einer Untersuchung von 2011 fest (13). Diese Kriterien sind:
- 1. Nicht rauchen
- 2. viel Sport
- 3. mindestens 3 Portionen Obst und Gemüse pro Tag
- 4. Gesamtcholesterin unter 200 mg/dl
- 5. systolischer Blutdruck unter 120 mmHg
- 6. diastolischer Blutdruck unter 80 mmHg
- 7. Nüchternblutzucker unter 100 mg/dl (jeweils natürlich ohne medikamentöse Behandlung)
Lebenserwartung könnte wieder sinken
Bei den Teenagern sieht es keinesfalls besser aus: In einer Studie von 2013, die in Circulation erschien, zeigte sich, dass von 4.673 Jugendlichen zwischen 12 und 19 Jahren kein einziger die 7 Kriterien erfüllen konnte.
Zwar rauchten nur wenige, auch waren nur wenige übergewichtig, doch ernährte sich kaum einer gesund. Weniger als 1 Prozent der jungen Leute erfüllte das Minimum einer gesunden Ernährungsweise. Auch kümmerten sich nur wenige um sportliche Betätigung, was dann – wenn die jungen Leute älter werden – zu Übergewicht, Bluthochdruck etc. führen wird (2).
Die nächste Generation könnte somit seit langer Zeit mal wieder die erste sein, die weniger gesund ist und eine kürzere Lebenserwartung haben wird als ihre Eltern (9) – so stand es schon 2005 im New England Journal of Medicine.
Achtjährige mit Statinen behandeln
2012 schrieben niederländische Forscher: „Da eine Arteriosklerose mit darauffolgender Herz-Kreislauf-Erkrankung schon in der Kindheit beginnt, müsste schon bei 2- bis 10-jährigen Kindern der Cholesterinspiegel überprüft und rechtzeitig behandelt werden – mit einer Ernährungsumstellung und mehr Sport.“ Sollten diese Massnahmen erfolglos bleiben, könnten ab einem Alter von 8 Jahren auch Arzneimittel gegeben werden (5).
Arterienverkalkung natürlich vorbeugen und behandeln
Wer aber will seinen Kindern schon nebenswirkungsreiche Medikamente geben? Wie genau Sie daher Ihre Kinder und sich selbst gesund und vitalstoffreich ernähren können, um ganz ohne Medikamente gesunde Arterien zu behalten oder zu bekommen und welche weiteren Massnahmen es gibt, um dieses Ziel zu erreichen, erklären wir hier: Wie Sie Ihre Arterien wieder reinigen können.
Bei der präventiven Therapie der Arterienverkalkung von Kindern sollte unbedingt auch an Vitamin D gedacht werden (bei Erwachsenen natürlich ebenfalls), da ein Vitamin-D-Mangel in der Kindheit im Erwachsenenalter verursachen oder verstärken kann.
Video: Arterienverkalkung geht schon in der Kindheit los
Unten verlinken wir Dr. Gregers Video zum Thema "Arterienverkalkung in der Kindheit", auf dem dieser Artikel beruht. Dr. Michael Greger ist Arzt, Ernährungsmediziner und Bestseller-Autor.
Seine bekanntesten Werke sind * Vitamin-D-Mangel in der Kindheit Arteriosklerose (Wie man nicht stirbt), * Das How Not to Die Kochbuch(das Wie-man-nicht-stirbt-Kochbuch) und * How Not to Diet (Wie man keine Diät macht).
Eines seiner neuesten Werke erschien 2020 und trägt den Titel * How Not to Die in a Pandemic (Wie man in einer Pandemie nicht stirbt). Wir haben jeweils die deutschen Ausgaben seiner Bücher verlinkt. Die Einkünfte aus dem Verkauf seiner Bücher und DVDs sowie aus seinen Vorträgen spendet Dr. Greger zu 100 Prozent für wohltätige Zwecke.