Zentrum der Gesundheit
  • Strahlentherapie
3 min

Strahlentherapie verursacht zusätzliches Leid

Ein wesentlicher Anteil von Patienten mit Krebs im Endstadium profitiert - laut einer aktuellen Studie - nicht von einer palliativen Strahlentherapie, und das, obwohl die Betroffenen oft einen Grossteil ihrer verbleibenden Lebenszeit mit einer solchen Bestrahlung verbringen. Dieser Artikel ist älter als 10 Jahre.

Fachärztliche Prüfung: Gert Dorschner
Aktualisiert: 19 Juni 2023

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Strahlentherapien haben oft nicht die versprochene Wirkung

Eine Analyse, die in der Zeitschrift Cancer veröffentlich wurde, ergab, dass viele Krebspatienten im Endstadium den Grossteil ihrer letzten Tage und Wochen damit verbringen müssen, sich zermürbenden nicht wirksamen Strahlentherapien zu unterziehen.

Wenn diese Therapien wenigstens irgendeinen Nutzen hätten, müsste kein Wort darüber verloren werden. Die palliative Bestrahlung von sterbenden Krebspatienten aber hat in den meisten Fällen nicht die geringste positive Wirkung. Im Gegenteil, Strahlentherapien vergrössern das Leid am Lebensende dieser Menschen – nicht zuletzt deshalb, weil es ihnen verwehrt wird, zu Hause in Frieden zu sterben.

Palliative Strahlentherapie funktioniert in der Theorie – nicht aber in der Praxis

Die palliative Strahlentherapie soll für Patienten, für die es keine Heilchancen mehr gibt, krebsbedingte Schmerzen und andere Symptome lindern können, indem die Anzahl der Krebszellen reduziert wird. Primäres Ziel dabei ist die Verbesserung der Lebensqualität, nicht aber die Verlängerung der Lebenszeit des Patienten.

In der Theorie kann diese Behandlung bei den Patienten Schmerzen und Blutungen reduzieren sowie Luftnot mindern und den Betroffenen eine bessere Lebensqualität in ihren letzten Monaten und Tagen verschaffen. In der Praxis aber funktioniert das leider viel zu oft nicht. In ihrer neuen Studie haben deutsche Forscher dokumentiert, wie düster die Ergebnisse der palliativen Strahlentherapie ( 1 ) wirklich sind.

Studie zeigt: Strahlentherapie erfüllt Erwartungen nicht

Professor Stephan Gripp, ausserplanmässiger Professor für das Fach Strahlentherapie und Radiologische Onkologie am Düsseldorfer Universitätsklinikum und seine Kollegen nahmen die Auswirkungen der Strahlentherapie bei 33 Patienten mit Krebs im Endstadium genauer unter die Lupe. Die Patienten waren zwischen Dezember 2003 und Juli 2004 zur Strahlentherapie in die Universitätsklinik verlegt worden und verstarben innerhalb von dreissig Tagen nach oder während der Strahlentherapie ( 1 ).

Bei den meisten Patienten war die Behandlung nicht wirksam. Schlimmer noch: Jene Patienten die kurz vor ihrem Tode standen und in ihren eigenen vier Wänden sterben wollten, mussten im Krankenhaus bleiben, damit sie dort bestrahlt werden konnten und wo sie an den Auswirkungen der Strahlentherapie schliesslich qualvoll verstarben.

Die Mehrheit der Patienten klagte über zunehmende Beschwerden

Professor Gripp teilte mit, dass eine palliative Strahlentherapie bei 91 Prozent der Patienten verordnet wurde und dass die Hälfte der Patienten mehr als 60 Prozent ihrer verbliebenen Lebenszeit mit der Strahlentherapie verbrachten. Nur bei 58 Prozent der Patienten konnte die Therapie beendet werden – die übrigen starben vor Beendigung der Therapie. Was nun die angekündigte Verbesserung der Lebensqualität betrifft, so konnten die Schmerzen bei lediglich 25 Prozent der Patienten gelindert werden, während 52 Prozent der Patienten – trotz Therapie – sogar über zunehmende Beschwerden klagten.

Ärzte überschätzen Lebenserwartung und unterschätzen Therapie-Nebenwirkungen

Das Hauptproblem, so Professor Gripp, liege in der mangelnden Fähigkeit der Ärzte, die noch verbleibende Lebenszeit ihrer Patienten richtig einschätzen zu können. Sie verordneten langatmige palliative Strahlentherapien, weil sie sowohl die Überlebenszeit der Patienten als auch die Wirksamkeit der Therapie überschätzten, gleichzeitig aber die Nebenwirkungen dieser Therapien deutlich unterschätzten.

Kurzzeittherapien würden gar nicht in Erwägung gezogen. Von den untersuchten Patienten, die bekanntlich innerhalb von 30 Tagen verstorben waren, hatten 20 Prozent von ihrem Arzt gesagt bekommen, ihre noch verbleibende Lebenserwartung betrage noch mindestens sechs Monate.

Strahlentherapeuten sind zum aktuellen Zeitpunkt nicht in der Lage, so erklärte Professor Gripp, die Überlebenszeit ihrer Patienten korrekt vorherzusagen. Das führt zu unnötig langen Strahlentherapien, die oft nur aufgrund des zwischenzeitlichen Todes der Patienten beendet werden. In anderen Fällen bitten die Patienten selbst um Abbruch der palliativen Strahlentherapie.

Update 16.2.2023: Strahlentherapie für ältere Brustkrebspatientinnen

Eine Strahlentherapie verbessert die Überlebenschancen älterer Patientinnen mit Brustkrebs im Frühstadium nicht. Das legen neue Forschungsergebnisse nahe. Die Therapie zusätzlich zur brusterhaltenden Operation und Hormontherapie - der derzeitigen Standardbehandlung - hatte keinen Einfluss auf die Sterblichkeitsrate bei Patientinnen im Alter von 65 Jahren und älter, so die Forscher. Allerdings war das Weglassen der Strahlentherapie mit einer erhöhten Inzidenz von Lokalrezidiven verbunden. Lediglich auf die Sterblichkeit und das Auftreten von Metastasen hatte der Verzicht auf Strahlentherapien keine nachteiligen Auswirkungen ( 2 ).

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Wichtiger Hinweis

Dieser Artikel wurde auf Grundlage (zur Zeit der Veröffentlichung) aktueller Studien verfasst und von MedizinerInnen geprüft, darf aber nicht zur Selbstdiagnose oder Selbstbehandlung genutzt werden, ersetzt also nicht den Besuch bei Ihrem Arzt. Besprechen Sie daher jede Massnahme (ob aus diesem oder einem anderen unserer Artikel) immer zuerst mit Ihrem Arzt.